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GRIECHISCHE OSTRAKA
AUS AEGYPTEN UNI) XLIJIEX
GRIECHISCHE OSTRAKA
AUS AEGYPTEN UND Nl EIEN
EIN BEITRAG ZUE ANTIKEN WIRTSCHAFTSGESCHICHTE
D'' ULRICH WILCKEN
fiRD. PROF. BER ALTEN GESCHICHTE A. D. USIVEKSITÄT BRESLAf
ERSTES BUCH
LEIPZIG UND BEHLIN
yeela(t von GIESECKE ä DEVRIEXT
1899
337/
AI
^1884 3
THE01)01{ AlOMMSEN
GEWIDMET
'VC
VORWORT
Als ich v(ir tiinizehu Jahren als junger Student, von
MoMMSEN auf die damals noch jungfräuliche Berliner Papyrus-
sammlung hingewiesen, mich als Autodidakt in die griechische
Palaeographie einzuarbeiten anfing, reizten mich neben den
Papyri ganz besonders die Reproduetionen der Ostraka, die der
dritte Band des Corpus inscriptionum Graecarum bietet. Die
ersten kleinen Resultate meiner Entzifferungs versuche veröffent-
lichte ich noch in demselben Jahre 1883 in einem Aufsatz über
„Aegyptische Eigennamen in griechischen Texten" (Zeitschr.
Aeg. Spr. 1883 S. 15911'.). Die aegyptische Abteilung der könig-
lichen Museen zu Berlin , die jetzt dank den unausgesetzten
erfolgreichen Bemühungen des Directors, Adolf ERJtAN, eine
der bedeutendsten Ostrakonsammlungen enthält, Ixit damals fiir
diese Studien nur ein geringes Material. Einen Einblick in die
grosse Wichtigkeit, die diese Urkundenklasse für die antike Wirt-
schaftsgeschichte hat, gewann ich daher erst, als ich in den
Jahren 1886 und 1887, dank der Liberalität der königlich
preussischen Akademie der Wissenschaften, in die glückliche Lage
kam, die Sammlungen von Paris, London, Oxford, Leiden,
Rom und Turin kennen zu lernen. Damals fasste ich den Ent-
schluss, so etwas wie ein Corpus o-stracornm zu schaffen. In-
zwischen mehrte sich das Material von Jahr zu Jahr, von Monat
\'iil VORWORT.
ZU Monat. Viele Htnulerte von Ostraka kainen allein in das
Berliner Museum und konnten hier von mir studirt werden,
während ich auf die neueren ICrwerbungen der anderen Museen
zunächst vcrzicliten musste. Einen vorläufigen Bericht über die
Ostrakonlitcratur gab ich in der „Archaeologischen Gesellschaft"
im Mai 1889, nachdem ich vorher die Bonner Ostraka im
Rheinischen .Tahrbuch (s. unten) besprochen hatte. Durch meine
Uebersiedelung nach Breslau, wo der neue Wirkungskreis in den
nächsten Jahren meine Arbeitskraft vollständig absorbirte, kamen
die Arbeiten in's Stocken, und als ich mich endlich wieder
meinen wissenschaftlichen Untersuchungen zuwenden konnte,
waren inzwischen in Berlin und anderwärts epochemachende
Papyrussammlungen erworben worden, deren Bearbeitung mir
nicht nur verlockender, sondern auch zur Zeit notwendiger er-
scheinen musste. So ging der Druck der Ostrakontexte, der schon
1889 (!) begonnen hatte, in den folgenden Jahren nur ruckweise
vorwärts, mid erst im Sommer 1894 konnte ich mich der Aus-
arbeitung des Commentars zuwenden.
•Dass diese Genesis in der Publication selbst ihre Spuren
hinterlassen hat, ist selbstverständlich. Es gilt dies namentlich
vom IL Buch, wo Anhang an Anhang gefügt ist. Wenn aber
auch im Aeusseren Unebenheiten genug dadurch entstanden sind,
so ist es doch meinen Untersuchungen sehr zu statten gekommen,
dass die fortwährende Erweiterung unserer Kenntnisse durch
wichtige neue ISIaterialien — ich erinnere an die Flinders Petrie
Pap^^-i, den Londoner „Catalogue", den Revenue -Papyrus, die
Pnblicationcn von Grenfell und Hunt und unsere Berliner Edi-
tion — für die Ostraka noch verwertet werden konnte. Hier-
durch sowie durch das fortwährende Nachprüfen der früheren
Lesungen sind die „Zusätze und Berichtigungen", die am Schluss
des II. Buches gegeben sind, recht umfangreich geworden. Nament-
lich ist es von grossem Vorteil für mein Buch gewesen, dass ich
im Sommer 189."), wiederum unterstützt von der königlich
preussischen Akademie der Wissenschaften, Gelegenheit hatte,
die Lesungen, die ich neun Jahre zuvor in Leiden, London
VORWORT. IX
1111(1 (_)xlül'il gewoiiiifii hatlc, iiorliiiials am Oriüiiial zu jiriil'cn,
üiinz abgesehen (lavt)ii, tlass icli ülier ."iiK» neue Ostraka von
(lieser Reise heimbrachte. Ich möchte daher Jeden, der die
griechischen Texte benntzcn will, eindringlich auf die
„Zusätze und Berichtigungen" vorweisen, bemerke aber
zugleich, dass die Verbesserungen der Texte im Commentar
bereits stillschweigend mit verarbeitet sind.
Was so zu stunde gekommen ist, ist von einem Corpus
ostracorum weit entfernt. Der Gedanke, auch nur eine annühenule
Vollständigkeit zu erstreben, musste immer mehr zurückgedrängt
werden, denn fortwährend kamen neue blassen von Ostraka zu
Tage und wanderten in die verschiedenen Sanmilimgen. Nur eben
die, die mir gerade zugänglich waren, und auch von ihnen wieder
nur diejenigen, zu deren Entzitferung hinreichende Müsse vor-
handen war, konnten in mein Buch aufgenommen werden. So
l)ietet es trotz der stattlichen Zahl von 1624 Nummern, von
denen 1.355 hier überhaupt zum ersten Mal edirt worden sind,
doch immer nur eine Auswahl aus den augenblicklichen Beständen
der Museen und Privatsammlungen. Ja, nicht einmal die Berliner
Sammlung konnte vollständig mitgeteilt werden, da icli nach der
Üebersiedelung nach Breslau nur gelegentlich meine älteren Copieen
zu collationireu in der Lage war. Einisrermassen vollständig sind
vielleicht die älteren Bestände der Museen mitgeteilt worden,
aber auch dies gilt nicht von allen. A\'enn meine Hoffnung sich
erfiillt, dass diese Publieation mir Mitarbeiter erweckt und den
Anstoss dazu giebt, dass die vieler Orten vorhandenen Ostraka
nunmehr publicirt werden, so hätte ich wohl Lust, in späteren
Jahren weitere Bände von Texten diesem ersten folgen zu lassen.
Meine Sammlung beschränkt sich — abgesehen von einem
lateinischen Unicum (Nr. 1266) — auf die griechisch be-
schi-iebenen Ostraka und schliesst damit die Tausende von
Scherben aus, die mit der einheimischen, aegyptischen Cursive,
dem sogenannten Demotisch, beschrieben sind, wiewohl diese
inhaltlich durchaus zu ihnen gehören, ja oft die notwendige
Ergänzung dazu bieten. Zu dieser Beschränkung war ich genötigt,
VDKWOKT.
da ich selbst nidit in der Lage bin, demotisclie Ostraka zu ent-
ziffern, von aegyptologischer Seite aber bei der abgesonderton
Stellung, die die deniotischen Studien leider immer noch ein-
nehmen, erst wenige Texte der Art bearbeitet worden sind. Die
vereinzelten Uebersetzungen demotischer Ostraka, die Heinrich
Brugsch und Eug^ne Revillout ^- z. T. recht abweichend —
geliefert haben, habe ich gelegentlich in der Einleitung berück-
sichtigt. Dass das grosse und schwer übersehbare Werk von
Revillout, „Melanges", in dem er ausführlicher auf die demotische
Ostrakonliteratur eingeht, zu spät erschien, um so, wie ich es
gewünscht hätte, von mir durchgearbeitet zu werden, bedaure
ich im Interesse meines Buches. Die Aufgabe bleibt für die
Zukunft bestehen, die griecliischen und die demotischen Ostraka
mit einander zu verarbeiten.
Der Commentar, den ich im I. Buch vorlege, hat viel
grössere Dimensionen angenonmien, als ui'sprünglich geplant war.
Eine so abgeschlossene, in sich gleichmässige Urkundengruppe
wie diese Steuerquittungen kann auf allgemeineres Interesse nur
Anspruch erheben, wenn der lebendige Zusammenhang mit den
Bedürfnissen, aus denen sie hervorgegangen ist, nach allen Seiten
Idar zu Tage tritt. So wurde ich von selbst dazu geführt, die
wichtigeren Fragen der Steuergeschiclite in weiterem Rahmen zu
behandeln und die ganze Kette von Vorgängen darzustellen,
von der die auf den Ostraka vollzogene Quittirung der Steuer-
zahlungen nur ein einzelnes, an sich nicht bedeutendes Glied
bildet. Es schwebte mir als Ziel vor, die Steuern selbst un<I
das Steuersystem nach Möglichkeit zu erklären, die Älethodc,
nach der das Steuersoll des Einzelnen bestimmt wm-de, nach-
zuweisen und endlich den langen \\'eg, auf dem der einzelne
Steuerbetrag aus der Lehmhütte des Fellachen schliesslich in
die königliche Kasse in Alexandrien, resp. den kaiserlichen Fiscus
in Rom gelangte, in seinen einzelnen Etappen aufzudecken.
Hierzu war eine möglichst vollständige Verwertung der l'ajnrus-
urkunden sowie der sonstigen Nachrichten notwendig, und so
liictet (las L Buch zugleich einen Commentar zu diesen Texten,
VORWORT. XI
soweit siü tue Steuergescliiclito bcrülueii. Wenn ich mir sniren
miiss, dass icli oft weit iiinter mciiirm Ziel ziiriici<gcl)licl)eii liiii,
so darf icli woiil auch ilaraut liiii weisen, dass es Vorarlieiteii
nur wenige gab und das Meiste von Grund aus neu aufzubauen
war. JMöclitc dieser erste Versueii, so viele liücken und Irrtihncr
er im Einzelnen auch enthalten mag, recht Viele anregen, die
hier aufgeworfenen Probleme anzugreifen und weiter zu fcM'di in.
Manche Frage, deren Beantwortung ich oti'en lassen musste,
wird durch die in den Museen voriiandencn, aber noch nicht
edirten Papyrusschätze mit einem Schlage ihre Lösung finden.
Möchten die Hüter dieser Schätze sich hierdurch bewogen
fühlen, das ihnen anvertraute Gut recht bald uns Allen zugäng-
lich zu machen.
Ich habe noch die angenehme Pflicht, den zahlreichen Ge-
lehrten, die mich in meinen Ostrakonstudien durch Kat oder That
gefordert haben, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. A\'as
ich ihnen im Einzelnen verdanke, habe ich an den betreffenden
Stellen angemerkt. Der Museumsverwaltungen und Ostrakon-
eigentümer, die mir ihre Sarandungen zur Verfügung gestellt
haben, ist unten im II. Kapitel mit aufrichtigem Danke gedacht
worden. Meinem lieben Freunde Conrad Cichorius danke ich
herzlich, dass er für die Correcturen der letzten Bogen ein-
gesprungen ist, so dass ich ruhigen Herzens die ersehnte Fahrt
nach dem Süden antreten kann. Die fleissigen Indices zum
IL Buch verdanke ich meinem Schüler, stud. Karl Mittelh.\us,
der mich auch bei der Vollendung der ßegister des I. Buches
bestens unterstützt hat.
Zu ganz besonderem Dank fühle ich mich meinem
hochverehrten Freunde und Verleger, Herrn Commerzienrat
Hermann Giesecke, Seniorchef der Firma Giesecke & Devrient
in Leipzig, verpflichtet. Mit beispielloser Geduld und immer
gleicher Güte und Freundlichkeit hat er durch diese neun Jahre
hindurch alle Hindernisse, die sich dem baldigen Abschluss
des Werkes von meiner Seite entgegenstellten, hingenommen,
und ist dabei vor keinem Opfer zurückgeschreckt, um dieses
XII NIIKWOIIT.
Werk, dessen Dnirklcuiini;' ganz l)e-i>iulere Sclnvieriskeitoii bot,
in vortrefflielister A\'eise lierzustellen.
Mein tiefster Dauiv aber gebüln-t tk'ni allverehrten Kleister,
dem dies Biicii gewidmet ist. Abgesehen von den letzten Bogen,
deren Druck beschleunigt wei-den musste, iiat er von beiden
Bänden die zweiten Correcturen mitgelesen. Ich brauche nicht
zu sagen, wie diese ständige Anteilnahme — ganz abgesehen
von den positiven Beiträgen, die ich noch einflechten konnte — -
mich gefördert und über die ^lühseligkeiten der Arbeit er-
hoben hat.
Bresi.ai'. im Octoher 1S!)R.
Ulrich Wilcken.
I II li a 1 1.
Vorwort S. VII— XII.
Inhalt S. Xin— XVI.
I. Kapitel. Das Ostrakon als Schriftträger S. 3 — 19.
"OaTfjay.ov 3. Ostrakisiuos in Athen 4. Ostraka vur Kleisthenes 5. Verlireitunt;
der Ostralia C. Ostraka in Aegyjjten 7. Verwendung durcli die Behörden 10.
Sparsame Benutzung 12. Als Steueniuittungen selten nach Diokletian 13.
Keramologische Beobachtungen 13. Verscliicdene Färbungen 15. Veri^iehung 10.
Die Vorliiufer der Balalis 17. Eecto und Verso 18. Ostrakon -Archive 19.
II. Kapitel. Herkunft und Schicksale der Ostraka S. 20 — 57.
Dakkeh 20. Elephantine 20. Ilcrnumtliis 21. i;di'u und Geliclrn 2 1. Theben 22.
Koptos, Aselimune'in , Sedment 22. Faijftm, Sakkära 23. Erman über
Sedment 24. Maspero's Ausgrabungen in Karnak 25. Berliner Museum 27.
Louvre 38. Bibliothcque Nationale zu Paris 40. British Museum 40. Leidener
Museum 45. Rom 46. Turin, Florenz, Bonn, Münclien 47. Ashniolean
Museum, Wien, Lemgo 48. Appleton, Bankes, Cliester, Dodgson, Eisenlohr,
Finlay 49. Fröliner, Gau, Hess, Keene, Marcel, Flinders Petrie 50. Du
Kocher, Sayce 51. Walker, Wilcken 52. Besitzer unbekannt 53. Zer-
störung der Ostraka durch Salzkrystalle 54. Ostrakonliteratur 5G.
III. Kapitel. Die Formulare der Quittungen S. 58 — 129.
Xcue lnter|iretation öS. Theben und H e r m o n t h i s. G e 1 d z a li I u n gi' n.
Ptolemäerzeit. Erliebcrquittungen 60.' Bankcpüttungcn 63. tiejikoksv 04.
Die Holztafeln 65, 66, 67. Demotische Subscriptioneu 68. Die Bank-
quittungen dem Erheber ausgestellt 69. Weiterentwickelung der Formulare 69.
Der Erheber genannt, nicht der Zahler 72. Subscriptionen 75. Rand-
bemerkungen der Trapeziten 75. £::ay.oXo'j9'Stv 76. Wiederholung von
Quittungen 78. Kaiserzeit. Erhebeniuittungen 80. Wegfall von y_a£pstv 84.
Bankquittungen 87. tio.yfi'-fev/ 89. Die Bankquittuugen dem Erheber aus-
gestellt 93. Naturallieferungen. Ptolemäerzeit. Erheberquittungen 97.
Thesaurosquittungen 98. fiE;istprjiX'. 100. Spreulieterungeu 102. Kaiser-
zeit. Erheberquittungen 103. Thesaurosquittungeu 109. Elephantine und
Syene. Geldzahlungen. Ptolemäerzeit 118. Kaiserzeit 119. Erheber-
quittuugen 119. Naturallieferungen. Ptolemäerzeit 125. Kaiserzeit 12G.
Koptos 127. Sedment, Fselkis, K rokodil ojioli s 128. Arbeits-
quittungen 129.
XIV INHALT.
IV. Kapitel. Die Abgaben S. 130—421.
Die Abgaben in den Ostraka (§ 1—138) 131) — 344. Die Abgaben in den
Papyri, Insehriftcu und Klassiliern (g 139—218) 344 — 404. Schhisswort 405.
Dirccte und indirecte Abgaben 406. Abgaben - Tabelle 408^410. Die Ge-
samnitpinnahmen Aegyptens 411. Hieronymus über die Einnahmen des riiila-
delphos 412. Die Einnahmen des Auletes 413. Reichtum der Alexandriner
415. Der Schatz des Philadelphos 41 G. Geldgeschäfte der Konige 410. Ein-
künfte in der Kaiserzeit 420.
V. Kapitel. Die Steuerveranlagung S. 422—512.
§ 1. Die Steuerbezirke 422—435. Die Gaue 423. Die DreiteUuug
Aegyptens ist römisch 423. Die Hei)tanomis zwischen G8 und 130 n. Chr.
eingerichtet 427. Die Epistrategen 427. Die Gliederung des Gaues 428.
Toparchien 428. (ispiSsj 429. Metropole und Dörfer 429. Einführung der
Decuriouatsordnung im Jahre 202 n. Chr. 430. Die Amphodarchien 432.
Die (iriechenstiidtc 433.
!^ 2. Die Steuersubjeets-Deklarat ionen 435 — 455. In der Ptolemäer-
zeit 436. In der Kaiserzeit 438. Tabelle der erhaltenen Deklarationen 438/9.
Formular 440. Adresse 441. Description des Hauses 443. xax' olxtav
ä^iOYpa^pig 444. Aufzählung der Personen 445. Aegyptiseher Provinzial-
census 449. Urkunde aus Memphis 449. Urkunden aus Augustus' Zeit 450.
Geburtsanzeigen 451. Im militärischen Interesse eingefordert 453. Todes-
anzeigen 454.
§ .'i. Die Steuerobjects-Deklarationen 456 — 469. Ptolemäerzeit 456.
Kaiserzeit 461. Vergleichung mit den Subjects-Deklarationen 469.
§4. Controle der Deklarationen 470 — 477. Notwendigkeit einer Coutrole
470. Der Eid 471. Die amtliche Nachforschung 472. Coutrole der Subjects-
deklarationen 474. Controle der Object.sdeklarationeu 475.
§ 5. Die Steuerbücher 478 — 491. Grund- und Gebäudekataster 480.
Publicität der Steuerbücher 483. Ersatz für die Grundbücher 484. Volks-
zählungen 487. Diodor's Zeugnis 488.
S 6. Die Steuerberechnung 492 — 512. Die Steuerbehörden der Ptolemäer-
zeit 492. Der Eklogist 493. Die Steuerberechnung in der Ptolemäerzeit 495.
Die Steuerbehörden der Kaiserzeit 496. Der Eklogist 499. Competenz der
Ortsbehörden 503. Repartition der Steuern 504. Steuereinschätzungs-
eommissionen 505. Berechnung des nopoi^ 606. Zahlung der Steuern für
das laufende Jahr 510. Die ä7iaixTjat|j.a 511.
VI. Kapitel. Die Steuererhebung S. 513—663.
§ 1. l>ie Steuererhebung in der Ptolemäerzeit 513 — 570. A. Die
gesetzliche Grundlage 513 — 515. B. Die Steuerpacht 515 — 555.
Alle Steuern verpachtet 516. Keine Poleten 516. Verpachtung auf ein
.Tahr 518. Verpaehtungsreviere 520. Qualification der Pächter 522. Starke
Beteiligung der Juden 523. Analogie der Domanialpachten 525. Die
Verpachtung der Steuern 527. Pfandungsrechl der Pächter 531. Pacht-
contraet 531. Emolumente der Pächter 532. Die Pacht ein gutes Geschäft
534. Pachtgesellsehaften 535. Ihre Entstehung 537. Nur der äpx<«V7)5
liactirt mit dem Staat 538. Aufgaben der Gesellschafter 539. Ihre Rechte 541.
IMIALT. XV
(Jualification 542. Schliessung der Gesellschaft 543. Associirte Pächter 544
Afterpaeht 547. Hürgenstellung obligatorisch 547. Gegenstand der Bürg
Schaft 549. Mehrere Bürgen für einen Pächter 550. Haftung der Bürgen 551
Ihre Eraolumente 552. Hypotheken 553. Die Bürgen der Bürgen 553
('.Die Steuererhebung 555 — 569. Krliebungspersonal 555. Die Pachter
erheben auch die Geldsteucrn 558. Erliebung durch Kegicrungsbeanite 5C2
Die npaxxopiS 564. Uebcrnahme der Geschäfte durch den Päcliter 565
Erhebung für das laufende .Jahr 566. Ratenzahlungen 567. Zwangs^
mittel 567. Besehwerderecht der Steuerzahler 568. D. Die Recluiungs
legung 569 — 570.
S2. Die Steuererhebung in der Kaiser zeit 570 — 630. A. Die gesetz
liehe Grundlage 570 — 572. B. Die Erhel)ungssystenie 572 — 587
Die Erhebung im Reich 572. Tabelle der verpachteten Steuern 575, der nicht
verpachteten Steuern 578. Pacht und Regie 582. Allmähliches Vordringen
der Regie 585. C. Die Steuerpacht 587 — 601. Das Paehtangebot 587
Societates publicanorum 590. Eintreten des Erben für den Pächter 591
Gelegentlicher Pächtermangel 592. Die kaiserliche Controle 595. Controle
recht der ordentlichen Beamten 596. Die Controlebeamten 599. D. Die
kaiserliche Regie 601 — 617. Die npäxxopEg 601. Vicarii 606. Con
trolirung der TipäxxopEj 609. Die ä;tatx7jTa£ 609. Die maS-(Uxai tspäg ixüXvjs
i)ovjvr)j 611. Die Tipsaßüxspoi xtojivjs 613. Die Priester als Erhcber 614,
E. Die Steuererhebung 617 — 622. Erhebungspersonal 618. Raten
Zahlung 619. Die ä7taLxrj3i|ia 619. Zwangsmittel 620. Militärische Unter
Stützung 621. Das Tcpaxxöpetov 621. F. Die Rechnungslegung 622 — 623
G. Die Steuererhebung im 111. Jahrb. n. Chr. 623—630. Der
Stratege von Alexandrien 624. Beteiligung des Rates an der Steuer
erhebung 625. Die decemprimi 626. Erhebung durch die Gemeinden 629
S 3. Die Kassen 630—649. A. Ptolemäerzeit 630—641. Die Reichs-
hauptkasse in Alexandrien 631. Die königliche Bank 632. Die Trapeziten
sind Beamte 634. Geschäftsführung der Banken 638. B. Kaiserzeit
641 — 649. Der Fiscus 642. Der tSio; Xo^os 643. Der oOaiaxdg XöTfo? 644.
Die kaiserliche Bank 645. Geschäftsführung der Banken 647.
S 4. Die Magazine 649—663. A. Ptolemäerzeit 649—655. Die Thesauren
650. Verwaltung der Thesauren 652. Die Sitologen sind Thesaurosbeamte 653.
Geschäftsführung 654. B. Kaiserzeit 655 — 663. Die Thesauren 655. Aiot-
XYjai; und ispä 656. Verwaltungspersonal 657. Die Geschäftsführung 661.
VII. Kapitel. Wirtsohaftsgescliichtliclie Beobachtungen S. 664—704.
1. Geld- und Naturalwirtschaft 665 — 681. Bruch mit der Natural-
wirtschaft durch Darius 665. Haushalt der Ptolemäer und Kaiser 666. Aus-
gaben für Heer und Beamtenschaft 669. Haushalt der Tempel 673. Haus-
halt der Privaten 674. Rückkehr zur Naturalwirtschaft seit dem III. Jahrb.
n. Chr. 679.
2. Sklaverei und freie Arbeit 681 — 704. In Alexandrien 681. Im
Lande 681 ff. Seltene Erwähnung von Sklaven 682. Die Charta Borgiana 683.
Die Subjectsdeklarationen 683. Die Sklavinnen dominiren als Concubinen
685. Die Sklaven im Handwerk und in der Industrie 687. Taljelle der
XVl INHALT.
)5prulsarte!i CSS. Vorlicn-.sclieii der freien Arbeiter G9ö. Die königliclieii
KabriliPn arbeiten mit Freien 696. Die Tcmiielindustrieen 696. Keine Oiken-
wirtschaft 697. Die Sklaven in der Landwirtsehaft 698. Die jirivate Wirt-
schaft 698. Die königliehe und priesterlielie Wirtsehaft 700. Der Zwang
zur Pachtiiberiiahme nicht legal 701. Ergebnis 70ü.
VIII. Kapitel S. 705—708.
1. Die Ostraka aus Dakkeh-Pselkis 705—707.
2. Die Ostraka von Sedment 707 — 708.
:;. Varia 708.
IX. Kapitel. Die topographischen Angaben S. 709- 717.
l'lioinikon, Svene, Eleiihantiiie 7o'.i. l'.iluitliyia, Krokodilopolis 710. l'phion,
Henuonthis, Theben 711. Die thebanischen Stadtquartiero 712. Sedment 715.
X. Kapitel. I. Die Münzen S. 718 — 738. A. Ptolemäerzeit 718. Silber-
und Kupfergeld im III. Jahrh. v. Chr. 719. Kupferwährung im II./I. Jahrh.
V. Chr. 722. xaXxoO ou ä:XX(x."fi} 724. xo'^'^-'" ioovöiiou 724. x^^-^oS 725.
B. Kaiserzeit 725. Miinzwesen unter Augustus 726. Billonprägung, von
Tiberius eingeführt 727. Billontetradraelimen 729. Didraelimen und Drachmen
des Claudius 729. Kaiserliche Kupferdrachmen 730. Münzangaben der
Ostraka 730. Münzaugaben der Papyri 732. Römische Denarrechnung in
Aegypten 736. Neuordnung des Münzwesens durch Konstantin 737. II. D i i-
Masse S. 738 — 780. A. Trockeumasse 738. Artabe 738. Artabe uud
Choinix 740. (laxiov und -cptiiäxiov 751. odxy.oi, övoi, äyrayat, fOfio'. 754.
S£3Y°S ^^^- äsonat 757. B. Flüssigkeitsmasse 757. Metretes und
Chus 757. xspäfitov 759. IsaxT;; 762. xoöpt 763. -pixwpov und Siyuipov
763. Ko>.oa;cuvtov 764. 'PdSiov, Kv£d'.ov 765. ä8poy.(. . .), 'A;tiov, xoOyov.
XciY'jvo; 766. Unsicherheit auf metrologischem Gebiete 767. Staatliche
Prüfuug der Masse (.Eichung) 768. Die Masse im Privatverkelire 770.
C. Fluchenmasse 774. Arure 774. Ji/jX'-*; ^-^9-
XI. Kapitel. Die Daten S. 781—815.
1. Die .7 ahresziihlung 781. A. Ptolemäerzeit 781. Das aegyptische,
nicht das raakedonisclie Jahr ist das offizielle Steuerjahr der xö*?"" '82.
Das aegyptische Wandeljahr 782. Datirung nach den Regierungsjahren der
Könige 783. Die Datirungen der Ostraka 784. B. Kaiserzeit 786.
Datirung naeli den Regierungsjahreu der Kaiser 786. Aerenrechnung nach
der Kai3apo; Jtpäxrjais S'HoD uio5 788. Neuordnung des Kalenders durcli
Augustus 789. Fortbestehen des alten aegyptischen Wandeljalires 791. 2. Die
Monate 807. A. Die aegyptischen Monate 807. B. Monate mit
Ehrennamen 809. 3. Die Tage 812. oEßaaxal 812. Tagesdatirungen
über :t(i im Monat 813.
XII. Kapitel. Palaeographische Randbemerkungen S. 816 — 819.
Nachträge S. 820—823.
Register S. 824— 860. I. Saciiliches Register S. 824—830. Il.C.rie-
cliisclies Wörterverzeichnis S. 831 — 841. III. Regi.ster der be-
handelten Stellen S. 842— 860. A. Autoren S. 842— 846. B. Papyri
S. 846—858. C. Ostraka (in Band II nicht publieirt) S. 858. D. Holz-
tafeln S. 858. E. luscliritten S. 858 — 860.
I. BUCH
COMMENTAR
'iJz uf'nov; yr/yonitouti:
WiLCKEN, Ostraka.
I. KAPITEL.
Das Ostrakon als Schriftträger.
Mit dem Worte oaxpaxov bezeichneten die Griechen ursprünglich
(He Schalen der Schaltiere, wie der Schildkröte, der Muscheln, Krebse
u. s. w., daher auch Schildj)att und Perlmutter. Das Wort O'jZpBov,
die Auster, ist offenbar desselben Stammes. Im übertragenen Sinne
wurde Saxpaxov dann auch auf andere flachgewölbte, aber gleichfalls
harte Gegenstände, deren Aussenseite in ähnlicher Weise convex
sind, angewendet. So konnte das Wort passend auch auf die Scherben
rundlicher Gefässe bezogen werden, und da im gewöhnlichen Leben
das aus Thon gefertigte Gefass gegenüber den kostbareren Metall-
gefassen domiuirte, so finden wir in der Literatur das Wort im
Besonderen gern auf die Scherben thönerner Gefässe augewendet,
wiewohl man gewiss auch z. B. das Bruchstück einer kupfernen
Kanne als Ostrakon hätte bezeichnen können. Schliesslich wurde
öaxpax.ov ein allgemeiner Ausdruck fiir das Thongeschirr überhaujit,
und schon sehr fi'üh kommen Ableitungen wie daxpay.eu; (der
Töpfer) vor.')
A^'ährend das vollständige Thongefäss seine Bedeutung als Auf-
bewahrungsmittel für flüssige und trockene Gegenstände hatte, die
Bemalungen aber oder die Aufschriften secundärer Natur waren,
spielten die Scherben allein dadurch eine Rolle, dass sie zur Aufnahme
von Schriftzügen tauglich waren, sei es dass diese mit einem spitzen
Gegenstand in den Thon eingeritzt oder aber vom Kalamos mit Tinte
aufgetragen wurden. Wohl wurden auch die unbeschriebenen und
') Vi;!. H. Blümner, Tcrmüiolos.'ir u. T.-r-lmologic" il. Gew. II S. 34.
1*
I. KAPITEL.
unlirinalten Selierhen als Ostraka liezeiclinet. Unsere Piiblieation he-
srliäfiigt sich aber nur mit beschriebenen Seherben thiinernerGefässe.
Doch damit sind die Grenzen unseres Themas noch nicht scharf geniiu
bezeiclinet. Wir haben es nicht mit Scherben zu thun, die schon
als Teil des vollständigen Gefasses beschrieben waren, also Mitteilungen
über das Gefäss selbst, über Inhalt, Herkunft u. s. w. oder über die
Darstellung der Malerei enthielten, sondern lediglich mit Scherben, \
(leren Auftcliriften mit dem Gefass als solchem nichts zu thun haben
und erst nach Zusammenbruch des Gefasses auf die Scherbe
als eine selbstständige Einheit gesetzt worden sind.i) Wiewohl
also unsere Ostraka Bruchstücke von Gefassen sind und als solche die
unregelmässigsten Contouren zeigen (vgl. die Tafeln), ist doch jedes
Einzelne als Träger der Schrift etwas Vollständiges, es sei denn,
dass nachträglich die beschriebene Scherbe din-ch weiteres Abbrecluii
fi-agmentarisch geworden sei. Das Ostrakou in unserem Sinne ist
also, losgelöst von seiner ursprünglichen Existenz, lediglich als ein
Beschreibstoff zu betrachten, der sich von den anderen Schreib-
materialien wie Pajiyrus, Pergament, Holz, Wachstafeln, Leinwand,
Stein u. s. w. in seiner Zweckbestimmung nicht unterscheidet.
Dass man im Altertum in der hier angegelienen Weise die
Ostraka als Beschreibstoff verwendet hat, war von jeher bekannt.
Der athenische Ostrakismos ist das berühmteste, aber nicht das
einzige Beispiel eines derartigen Gebrauches im grossen Massstabe.
Die leider auch jetzt noch von Einigen-) vertretene Meinung, dass
diese athenischen Ostraka ad hoc hergestellte thönerne Täfelchen
gewesen seien, ist jüngst mit Recht von Valeton'') zurückgewiesen
worden; vielmehr sind auch diese ganz wie die unsrigen nichts als
Gefassselierben gewesen. Jeder Zweifel wird durch die Originale,
') Den von uns l)diaiulelt(?n Aufselirifteii komuicn wohl jene Kritzeleien
am nächsten , die die Töpfer gelegentlieh auf die Gefiisse gesetzt haljen , in-
sofern sie keine Beziehung zu dem Gefiiss halien. Allerdings sind sie auf die
noch unversehrten Gefösse geschrieben. Vgl. O. .Talm, Berieht. Sachs. Ges. Wiss.
1854. S. 36 ff.
-) Vgl. Gilben, Ilandbueh d. Grieeh. Slaatsaltcrt. I, 2. Aufl. S. 340, der von
Tlioutäfelehen spriclit. Ebenso Busolt, Gricch. Gesch. II, 2. Aull. (1895) S. 439,
der zwar Valeton citirl, alier seine Mahnung nicht berücksicliligt, sondern ruhig
weiter von Tlioutäfelehen redet.
') Mneniosyne, N. S. XVI 1888, S. 1 fl'. Den Hinweis auf diese lehrreiche
Abhandlung verdanke ich Franz Studniczka.
DER ATHENIöCllK OSTRAKISMOS.
lue jüngst in Athen gefunden und von Benndorf, Studniczka uml
Kavviiilias hcnuisgcgeben sind,') genommen. Alle drei Ostrakii, anf
denen der Name des zu Verbannenden nocli erhalten ist, sind nach
der Angabc der Heransgeber, die durch die Keproductionen illu-
strirt wird, unverkennbar yehcrben vou einstigen Gctiisseu. Nur das
von Benndorf" herausgegebene Stück zeigt eine Eigentümlichkeit,
für die ich unter den uns vorliegenden aegyptischen Ostraka keine
Analogie finde: es ist „rund zugeschnitten", doch aber ohne Zweifel
ein ,,Gefiissstück". Ich möchte darin nichts anderes als eine Docu-
nientirung des griechischen Formensinnes erkennen.
Wenn Kleisthenes anordnete, dass die schriftliche Abstimmung
über den zu Verbannenden auf solchen Geftissstücken zu erfolgen
habe, so setzt das m. E. als selbstverständlich voraus, dass schon vor
ihm und vor seiner Gesetzgebung die Verwendung der Ostraka als
Schreibmaterial in Athen ganz allgemein verbreitet war. Valeton
(S. 20) nimmt im Gegenteil an, dass es Kleisthenes' Erfindung sei,
die Ostraka in dieser Weise zu benutzen. Dafür liegt aber weder
ein Zeugnis vor, noch ist es sachlich wahrscheinlich. Das Novum,
das der Staatsmann Kleisthenes brachte, war ausschliesslich die
Bedrohung der politisch Gefahrlichen, nicht auch das Beschreiben
der Topfscherben. Das geht auch aus unserer Tradition hervor.
Keiner der alten Autoren, der über die Gesetzgebung des Kleisthenes
berichtet, spricht von der Anordnung, dass die Namen auf Ostraka
zu schreiben seien, in der Art, dass man annehmen müsste, die
Benutzung der Scherben zum Schreiben sei etwas Neues gewesen.
Kein Wort wird über die Beschatteuheit der Ostraka oder über
die Art, wie mau sie beschreibt, verloren. Die sämmtlichen
Testimonia über den athenischen Ostrakismos erwecken den Eindruck,
dass diesen Autoren, und ebenso natürlich den alten Quellen, auf
die sie zurückgehen, die Sitte, Ostraka als Schreibmaterial zu ver-
werten, als eine selbstverständliche und nicht erst durch einen Gesetz-
gebungsact geschaffene erschienen ist. Ich glaube daher, wir werden
diese Sitte in Athen schon vor Kleisthenes, also gewiss schon für
das VI. Jahrhundert anzusetzen haben.
Aus welchen Gründen Kleistheues die Verwendung gerade dieses
Schreilimateriales zu dem bestimmten Zweck angeordnet hat, darüber
Vi Vgl. jetzt CIA IV 1, 3. S. 192 f. Nr. 569 — .i71.
6 I. KAPITEL.
kiuiii kein Zweifel sein. Wie sclion oft hervorgeholien wurden is^t, war
es die völlige Kosteulosigkeit, verbunden mit der grossen Brauchbar-
keit, die hier, w-o auch die ärmeren Bürgersleute Mann für Mann ein
bcscliriebenes Stück abliefern sollten, diesem Material vor allen anderen
den Vorzug geben musste. Irgend welche Topfscherben befanden
sich wohl auch im primitivsten Haushalt, oder konnten nötigenfalls
vom nachbarlichen Müllhaufon entnommen werden. Dass die Seherben
zu Hause, und nicht erst auf dem Markt beschrieben wurden, mit
anderen Worten, dass sie vom Bürger selbst zu liefern waren, hat
Valeton a. a. O. gezeigt.
Aber nicht nur in Athen ist man auf die Idee gekommen, die
alten Topfscherben als Besebreibstoff zu verwerten. Wenn die Autoren ' )
sagen, dass der Ostrakismos nicht nur in Athen, sondern auch in
Argos, Milet und Megara bestanden habe, so sprechen sie zw'ar
nur von der politischen Institution; zugleich setzt die Bemerkung
aber doch voraus, dass man auch dort, also auch in Klcinasien
und in der Peloponnes, auf Topfscherben zu schreiben gewohnt
war. Dass man es auch hier nicht nur bei den Abstimmungen und
auch gewiss nicht er-^t seit der Uebernahme des Kleisthenischen
Gedankens gethan hat, ist mir wahrscheinlich, und ich glaube nicht
zu viel zu behaupten, wenn ich sage, dass die Verwendung der
Topfscherbe als Schreibmaterial durch die ganze griechische Welt
schon seit früher Zeit die allerweiteste Verbreitung gehabt hat.
Wenn dies für die älteren Zeiten einstweilen natürlich Hypothese
bleiben muss, so liegen für die jüngere, im Besonderen für die
hellenistische Zeit, directe Zeugnisse auch in der Literatur dafür vor.
Bekannt ist die Anekdote vom Stoiker Kleanthes, der so arm war,
dass er sich nicht PapjTus kaufen konnte imd daher auf Ostraka
oder Leder schrieb (Diog. Laert. VII •173/4). Eine ganz ähnliche
Geschichte wird vom Apollonios Dyskolos erzählt, worauf Egger zuerst
hingewiesen hat. Vgl. Vita des Herodian bei Sturz, Etymologicuiu
Gudianum Lips. 1818 p. 730 und daraus Leptz im Herodian I
]). VI.-) — Ausserdem fand ich das Ostrakon als Beschreibstofl'
in einer Fabel des Babrius (127 ed. Crusius) erwähnt, wo es heisst:
') Aristotel. Pcilil. VIII (V) 1302''. Schol. Ari-topli. Ritt. 855.
-; Diese Citate verilaiike ich Friedricli Marx. Nachtriiglicli fand idi
Sache auch von Kgger erwähnt.
VERBREITUNG DER OSTEAKÄ.
'Oatpäxtp Ypä-^ovTa xöv 'Ep|xf;v «[lapita; exeXeuaev 6 Zsuj £■;
xtßwTÖv xauTas awpsüetv, l'v' Ipavbac; ixäaTOU xag S£xa; ävaTipäaoTfj.
— Auf den er:>teii Blick i^clicint auch in den Zauberpapyri die
Scherbe melirfach als Bcschrcibstofl' genannt zu werden. So bei
Kenyon (Catal. Gr. Pap.) S. 94, 300; 96, 374; 99, 467. E.s handelt
sich hier aber überall um ein Gaxpay.ov dnö •S-aXaaar/c; oder ähnlich.
Damit dürfte doch wohl eine Seemuschel gemeint sein.') Dagegen
wird man in dem X(x,piy(oo ocxpa/wOV (Pap. Leid. V II, 1 U ) wohl
die Scherbe eines Pökelfasses zu sehen haben.-)
Belesenere werden wohl noch weitere Hinweisungen in der Ijite-
ratur finden. Doch wozu sollen wir nach Körnern suchen, wo die
reichen Goldadern vor uns liegen? Unsere Sammlung von 1624
Ostraka, die, wie oben bemerkt, nur eine Auswahl der gegenwärtigen
Bestände der Museen und Privatsammlungeu darstellt, ist geeignet,
uns eine Vorstellung davon zu geben, in wie weitem Umfange die
Ostraka in dieser späteren Zeit als Schreibmaterial benutzt worden
sind. Unsere Texte reichen vom III. Jahrhundert vor Chr. (von
der Zeit des Philadelphos) bis in's VII. Jahrhundert nach Chr.,
erstrecken sich also über einen Zeitraum von etwa 1000 Jahren. Davon
sind in unserer Samndung die ersten sechs Jahrhunderte (also bis
in's III. Jahrhundert n. Chr. hinein) am stärk.sten vertreten, während
sie für die späteren Jahrhunderte nur wenige Beispiele bietet. Unsere
Texte stammen sämmtlich aus Aegypten, wo die Kunst mit Kalamos
und Tinte zu schreiben schon vom IV. oder III. Jahrtausend an
verbreitet war und seitdem nie abhanden gekommen ist. Wenn
die Aegypter sich auch in dem Papyrus, diesem bewunderungs-
würdigsten Kunst23rodukt des Nilthals, ein Schreibmaterial par ex-
cellence geschaffen hatten, so haben sie doch daneben gelegentlich
auch andere nicht verschmäht, wie Leder, Leinwand, Holz, Kalkstein-
fragmente. ^) Zu diesen subsidiären Sehreibmaterialien ist auch die
') Wessely, Neue gr. Zauberpap. S. 11, sieht es für eine Sclierbe, ein
„Ostrakon", an.
'^) So noXixTiS in Byzant. Zeitsehr. I (1892) S. 558. Dietericli, Pap. magiea
Mus. Lugd. Bat. 1888 S. 789, will -aptxog als „Mumie" fassen.
^) Diese Kalksteinfragmente sind wüld meist durch die Sounenglut vom
Kalksteinfelsen abgesplittert worden. Man pflegt auch diese als Ostraka zu be-
zeichnen, wiewohl der Ausdruck ungenau ist. Aber auch die Aegypter selbst
haben gelegentlich beide BeschreibstoiFe mit demselben Namen benannt. Ich
verdanke dem Kojitologen Mr. Crum in London die interessante Mitteilung, dass
8 I. KAPITEL.
thönerue Topfscherbe zu rechnen, die sieh in dieser Verwendung,
wenn auch nur vereinzelt, schon für die früheren Zeiten nachweisen
liisst. Wir sehen natürlich unserer Definition gemäss von denjenigen
Ostraka ab, deren Aufschriften sieh auf das vollständige Gefass oder
seinen Inhalt beziehen. Dahin gehören z. B. die hieratisch beschrie-
benen Scherben, die Wiedemann in der Zeitschr. f aeg. Sprache 1883
S. 33 f. publicirt hat.') Sie sind nichts anderes als die Etiquetten,
die über den Inhalt der Weinkrüge Auskunft gaben. Ueber das
Vorkommen der Ostraka (in unserem Sinne) in den alten Zeiten
verdanke ich Adolf Erraan folgende Nachrichten: ,, Topfscherben als
Schreibmaterial sind im neuen Reich (II. Jahrtausend vor Chr.)
wohl etwas seltener als die Kalksteinscherbeu Die Londoner
Publication enthält deren nur zwei, und auch bei uns (in Berlin)
in ilen koptischen Texten das thönerne Ostrakon als rA-XG bezeic-hnut winl,
dass danc'lien alier auch dasselbe Wort das Kalksteinfragmeut liezeichnen kann.
In der Sammlung, die Mr. Crnm im vorigen Sommer in Bearbeitung hatte, fand
sich die erstere .\nwendung des Wortes 4 Mal, die zweite 3 Mal. Auch in der
griechisch-koptischen Scala, die Krall in Mitth. Pap. Rain. IV S. 129 publicirt hat,
findet sich die Gleichung OCTpXKCJDN : flBxXe (hier nacli Krall's Lesung
als Masculinum, während es bei Crum regelmässig und auch in einem meinem
Freunde Alfred Schiff gehörigen koptischen Ostrakon als Femininum begegnet).
Dagegen wurde in derselljen Londoner Sammlung daneben das Kalksteinfragment
nicht weniger als 12 Mal mit dem griechischen Lehnwort TtXoit bezeichnet (im Kopt.
masc). üeber die Verwendung dieser icXäxEg in der alten Zeit verdanke ich Adolf
Erman folgende freundliche Mitteilung: ,,Die Sitte, Unwichtigeres auf Kalkstein-
splitter zu sclirei1)en, ist sehr alt. Das Londoner Stück Nr. 5641 llnseript. in the
hierat. charact. pl. VIII) entstammt, der Schrift nach zu urteilen, dem Mittleren
Reich (NB. um 2000 v. Chr.) oder noch früherer Zeit (es seheint ein Brief zu sein).
Ans dem Neuen Reich sind derartige Kalksteinostraka in grosser Anzahl erhalten.
Mehr als ein viertel Hundert ist z. B. in der genannten Londoner Publikation
veröflentlicht. Es sind Abrechnimgen , Listen, Protokolle u. älinlichcs. Viele
entstammen auch Schulen und enthalten scfhlechte Abschriften aus der kla.ssischen
Literatur. So steht z. B. der Anfang der Sinuhcgcschichte auf einem grossen Kalk-
steinostrakon in Kairo, das in einem thebanisehen Grabe der XX. Dynastie
gefunden wurde, während ein Londoner Stück den Schluss desselben Te.\tes
trägt." — Während die späteren Acgypter, die Kopten, gleichfalls sehr gern
auf diesen Kalksteinsplittern geschrieben haben, kenne ich nur wenige griechische
Texte auf diesem Material. In unserer Sammlung sind sie nicht lierücksichtigt.
•| Audi in Teil cl-Amarna sind kürzlich beschriebene Seherben von Wein-,
Ocl- «nd Honigkrügen gefunden worden. Auch diese Aufschriften beziehen sich
auf den Inlialt des Gefasses. Vgl. Flinders Petrie, Teil el-Amarna, Lönd. 1894.
S. 32 (Griflith). Vgl. auch ebend. T:if. XXII ff.
DAS OSTKAKUX IX AliGVl'TKX. 9
erreichen sie nicht ganz die anderen. Es liegt dies wohl daran, dass
die Ostraka nicht genug Kaum für die grosse hieratische Schrift boten.
Doch kommen auch hier literarische Texte vor, wie dies die von
Golenischeff und Maspero besprochenen Florentiner und Pariser Ostraka
zeigen, die z.usammen zu gehören scheinen (Recueil de travaux III o ;
ib. 7 ). Für die Zeit nach dem neuen Reich ist unser Material ja
nur ein sehr geringes, doch zeigt es, dass die Sitte keine Unterbrechung
erfahren hat. So befindet sich im Louvi-e ein Heiratscontract auf
einem Teller, aus der Zeit eines Psammetichi) (Papyrus demotiques
du Louvre, ed. Revillout, II fase. pl. 8). Auf einem gro.sseu Krug
der Berliner Sammlung stehen lange Listen oder Rechnungen in
der von der Hieratischen zur Demotischen überleitenden Scliriftform
(Ausführl. Verzeichnis d. aeg. Alterth. Berlin S. 190), und eine Scherbe
ebenda mit einem medizinischen Rezept scheint etwa in die saitische
Zeit zu gehören (ibid. S. 388)."
Ich gewinne aus dieser freundlichen ^Mitteilung Erman's den
Eindruck, dass doch auffallend wenige Ostraka aus vorgriechischer
Zeit bisher bekannt geworden .^iud. Ob das Zufall ist oder ob es
den damaligen Verhältnissen entspricht, muss einstweilen dahingestellt
bleiben. Aus den bisherigen Funden möchte man den Schluss ziehen,
dass die Verwendung der Topfscherbe als BeschreibstofT zwar schon
seit mindestens dem zweiten Jahrtausend in Aegjqsten bekannt gewesen
ist, aber in grösserem Umfange doch erst nach Einführung der
griechischen Herrschaft, also nach Alexander dem Grossen populär
geworden ist. Es Hesse sich wohl denken, dass diese Sitte bei den
Griechen, für die der importirte Papyrus etwas sehr kostbares war.
sehr allgemein gewesen wäre (s. oben), und dass sie sie dann auch
im Lande des Papyrus weiter verbreitet hätten, da schliesslich auch
hier das Ostrakon immer noch billiger war, nämlich garniehts
kostete. Wenn ich recht unterrichtet bin, stammen auch die demo-
tischen Ostraka sämmtlich aus der Zeit nach Alexander dem Grossen.
Die Griechen wären danach die Lehrmeister der Aegypter in der
sparsamen Ausnutzung der gegebenen Materialien gewesen. Jedenfalls
finden sich demotische Ostraka in der Ptolemäer- und Kaiserzeit
massenweise, und als der siegreiche Hellenismus zur Verdrängung
der einheimischen Schrift durch die griechische führte, sind unzählige
Das kann natürlich nur eine private Alisclirift sein. V;,'!. S. 11/2 (Wilckcn).
10 I- KAi'rrKi,.
Ostrakn mit diesei* sogenannten „koptischen" Schrift bedeckt worden.
•la, auch die Araber haben noch zu diesem billigen Schreibmaterial
gegriffen. 1)
Dass die Kostciilosigkeit und die grosse Brauchbarkeit auch
hier die Gründe waren , die die Selierben zu einem so beliebten
Schreibmaterial niaehten, i.st begreiflich genug. Die im Anhang I
mitgeteilten Varia , denen mau noch zalilreiche Analoga hinzufügen
könnte, sollen illustriren, zu wie verschiedenen Zwecken die Scherben
beschrieben wurden. Da sind Briefe freundschaftlichen oder geschäft-
lichen Inhalts, da sind contractartige Abmachungen, da sind Dichter-
versc, die sieh ein wissensdurstiger aber armer Teufel auf einer Topf-
scherbc notirt liat, da sind Zahlungsanweisungen, Notizen über
Einnahmen und Ausgaben und sonstige Aufzeichnungen verschiedenster
Art. Genaueres s. in Kap. VIII.
Von besonderer Wichtigkeit sind die Ostraka aber erst dadurch
geworden, dass auch staatliche Organe es nicht verschmäht haben, für
ihre Aufzeichnungen in bestimmten Fällen sich ihrer zu bedienen.
Unter den „Varia" gehören dahin die zahlreichen Listen von Eingängen
staatlicher Einkünfte, von denen wir nur einige wenige Proben vor-
gelegt haben. In erster Linie aber stehen hier die Quittungen, die
über ,den Empfang eingegangener Abgaben ausgestellt sind. Diese
erst geben durch ihre quantitative und m. E. auch qualitative
Ueberlegenheit der Ostrakonliteratur ihre hohe Bedeutung. Unsere
Sammlung enthält vorwiegend solche Quittungsurkunden, und dass
dies Originale und nicht etwa Brouillons oder Copieen sind, dafür
bürgt die Verschiedenartigkeit der Hände auf ein und derselben
Scherbe. Wir können, wenn ich nicht irre, die Verwendung der
Ostraka durch stiiatliche Organe noch genauer begrenzen. Es sind
') Koptische Ostraka giebt es zu vielen Humleiten iu den Europäisclieii
Sliiseen. Da.s Berliner Kgl. Museum z. B. enthält eine gliLnzenile Saniniluni,',
ebenso das British Museum. Mit der Edition der koptischen Ostraka aus Deir
cl-Bahari ist Mr. Crum beschäftigt. — Auch ein aramäisch beschriebenes
Ostrakon (aus Elephantine) besitzt das Berliner Museuro. Vgl. Ausführl. Ver-
zeichnis d. aeg. Altertümer (1894) S. 388. — Da.ss auch die Araber, als sie
sich in Aegypten nicderliessen, das Ostrakon als Beschreibstoff verwendeten, hat
Karabacek aus literarischen und inkundlichen Quellen nachgewiesen (Mitt. l'a)i.
Erz. Kain.V. S.C3). Ich konnte diese Beobachtung durch die Mitteilung bestätigen,
dass das Berliner Kgl. Mu.seum mehrere arabisch l)eschriebene Ostraka besitzt.
Vgl. Berl. pliil. Woehenschr. IS'Jl, Nr. 52, S. 1G4!I.
DAS OSTEAKON IM AMTLICHEN GEBRAUCH. 11
niimlicli ikrIi dem bisher vorliegenden Material ausschliesslich die
Beamten der Kiiniirliehen Bank und des Thesauros sowie die Ahgaben-
erhehcr, die sich der Ostraka zu ihren Quittungen bedienen. Die
Letzteren, die Erlieber, sind nicht eigentliche staatliehe Beamte.
Soweit sie Pächter sind, sind sie Unternehmer, die vom Staat die Er-
hebung bestimmter Steuern gepachtet haben ; die Praktoren der Kaiser-
zeit aber sind Bürgersleute, die die Abgabeuerbebung als Liturgie iiaben
übernehmen müssen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass die Geschäfts-
führung ihre Privatkasse belastet. Hätten sie ihre Quittungen auf
Papyrus ausstellen wollen, so hätten sie damit grosse Geschäfts-
unkosten gehabt. Sie benutzten also die Ostraka, um diese Ge-
schäftsunkosten zu vermeiden. — Wenn Grenfell's Deutung des
Revenue-Papyrus 73 ff. sicher stünde, wonach die Trapeziten gleich-
falls Pächter sein sollen, so würden die Bank(juittungen auf Ostraka
durch die vorhergehenden Bemerkungen zugleich erklärt sein, und
wir würden überhaupt kein Beispiel dafür haben, dass ein kiinig-
licher Beamter sich im amtlichen Verkehr des Ostrakons bedient
hätte. Ich werde aber unten in Kap. VI zu zeigen versuchen, dass
jene Pachtvorschriften sich nicht auf die königlichen Trapeziten
beziehen. Fassen wir also die Trapeziten und Sitologen als könig-
liche Beamte auf, so ist zu constatiren, dass es diesen erlaubt war,
sich im Verkehr mit dem Publicum und den Steuererhebern der
Ostraka zu bedienen. Dagegen mussten sie im Verkehr mit den
vorgesetzten Behörden selbstverständlich auf Papj'rus schreiben (Be-
lege in Kap. VI). Dass die Geschäftsbücher sämmtlicher Chargen
auf Papyrus zu führen waren, bedarf keiner Erwähnung.') Ueber-
haupt werden wir aus dem vorliegenden Älaterial die Regel abstrahiren
können, dass im amtlichen Verkehr der Behörden unter einander
allein der Papyrus zulässig war, dass das Ostrakon dagegen nur
im Verkehr mit dem Publicum, Steuerpächtern u. dgl. geduldet wurde.
Auch diese Regel wird ihre Ausnahmen gehabt haben. Aber
ihre Beobachtung ist bei der Interpretirung mancher Schriftstücke
doch von Wert. Wenn ■/.. B. ein Ostrakon "-) einen, wie es scheint,
•) In dem Loiiil. Pap. CCCVI verpflichtet sich Satoniilds, der die Ver-
tretung des Stotoetis als :tpaxxo)p übernimmt, dass er liefern werde xä xf,; xässo);
ß[t]ßXia xatj e^ sS-ou; 7tpo9-£a[iia'.5, xoO ilaxcpviXou x[^]P''iT°'5vxoj xapxa;.
-) Berliner Ostrakon P. 4424. Ich habe es nicht in die Sammlung auf-
genommen, da meine Copie zu unvollkommen ist. Der Te.xt beginnt: 'läpa-/.'.
ll' I. KAPITEL.
amtlichen Brief an einen Strategen enthält, so möchte ich glauben,
dass wir nur ein Rrouillon oder eine Copie vor uns haben. Ebenso
werden wir die in den Varia publicirten Li.^ton von Personen mit
Angabe ihrer Lieferungen oder Zahlungen nach dem Gesagten nicht
für amtliche Docunicnte halten, sondern für Entwürfe oder vor-
läufige private Aufzeichnungen, die zur Anfertigung der amtlichen
Papyrus-bücher, wie z. B. der Londoner Papyrus CIX'' (Kenyon Catal.
Gr. Pap. S. 151 ff'.) eines ist, verwendet werden sollten.') Es sei '
übrigens darauf hingewiesen, dass sich betreffs der Benutzung der
Ostraka zum Beschreiben vielleicht landschaftliche Unterschiede heraus-
stellen werden. So sind aus dem Faijüm private und namentlich
amtliche Quittungen auf Papyrus aus derselben Zeit bekannt ge-
worden, in der in Theben und Syene Ostraka dazu verwendet wurden,
aus den ersten drei Jahrhunderten unserer Zeitrechnung. 2) Vgl.
hierzu unten S. 22 £
"Wir kommen somit zu dem Resultat, dass die Benutzung der
Ostraka als Schreibmaterial in den höheren Kreisen nicht für fashionable
galt, dagegen in den unbemittelteren Schichten im allerweitesten
Umfange gebräuchlich war. Selbst mit der T()])fsclierbe sind die
kleinen Leute sparsam umgegangen. Ich habe im II. Buch Fälle an-
gemerkt, in denen die ursprüngliche Schrift abgewaschen ist, um der
neuen Schrift, die wir vor uns sehen, Platz zu machen. Also Palimp-
seste auch auf Topfscherben! Wir haben ferner Beispiele in unserer
Sammlung, in denen auch die Rückseite beschrieben ist, sei es mit
gelegentlichen Notizen, oder auch mit einer neuen Steuerquittung
(vgl. Nr. 1 und 295). Also opisthographe Ostraka! Wir haben
endlich zahlreiche Fälle, in denen die Quittungsschreiber aus Spar-
samkeit nicht nur einen, sondern mehrere Zahluugsuachträge auf
derselben Scherbe notiren. Vielleicht am merkwürdigsten ist, dass
aif.a-r,Y(T)i A'.o-c.X((toij) IIaX-5|J.iS TaavaOxioc; i?) und ist datirt Lx; Kcttaapog
eüiu- k;, d. h. vom 23. Sept. 5 vor Chr. Auch P. 4149 ist an tiiieii Stra-
tegen gerichtet: i!,3u(i(i) oxp(aTyjYiö) üspiS'CviPag).
') Es soll auf Ostraka kopti.sche Briefe von Bi-schöfen geben. Aneh das
müssen natürlich (,'opieen sein.
■-) Vgl. die Papynisquittungen von Sitologen in BüU Hl, G7, '218, .33(5,
die Papyrus(|uittnngen der Bank in BGU C2, 03, C5, fiC, 09, 212— 2115, 21'.i— 222,
270, 273, 293, 342, 345, 346, 356, 359, die Privatqnittungen auf Papyrus in
BGU 24, 32, 150.
ÖRTLICHE l'Nl) ZKITLICHE CiRENZEN IJER VEinVENDUXC. 13
man auch alte, selioii beseliriebi'iie Ostinka, die noch freien Hauiu
boten, zu einer neuen Quittung benutzte, ohne den alten Text abzu-
waschen (vgl. Nr. 630 und 881).
In gi-ös.serer Zahl liegen, wie oben bemerkt, Ostraka nur bis zum
III. Jalirh. n. Chr. vor. Sayce (Jewish Quarterly Review II S. 401)
kennt Stücke aus der Zeit des Aurelian und M. Claudius Tacitus —
wie es seheint, Steuerquittungen. Unsere Sammlung enthält wohl
noch einzelne Stücke aus späterer Zeit, so aus dem .Jahre 2'ilS|'.)9
n. Chr. (Nr. 1308), aus dem IV. (Nr. 130'J) und VI/VII. Jahrhundert
n.Chr. (1126, 1127, 1224, 1225, 1603—1607). Davon scheint
eines, 1225, wirklich eine Steuercjuittung zu sein. Dass das Ostrakon
auch in dieser späteren Zeit in den unteren Schichten ein beliebtes
Schreibmaterial blieb, \) zeigen die vielen Hunderte von koptischen
Ostraka in unseren Museen. Andrerseits begegnen jedoch in der
byzantinischen Zeit grosse Massen von Quittungen auf Paiiyrus und
Pergament, sodass es den Anschein hat, als ob das Ostrakon von
diesen Materialien verdrängt worden ist. Wie das Aufhören der
Ostrakonquittungen um die Wende des III. Jahrhunderts n. Chr. zu
erklären ist, ist schwer zu sagen. Nur vermutungsweise möchte ich
darauf hinweisen, dass dieser Wechsel zeitlich mit dem grossen
Umschwung zusammenfällt, den die Verwaltung der römischen Welt
und so auch Aegyptens durch die diocletianisch-constantinischen
Reformen erfuhr. Vielleicht ist auch dies eine der zahlreichen Neue-
rungen der neuen Zeit, dass es dem nunmehr mit der Steuererhebung
betrauten Beamtenpersonal (in der Regel) untersagt war, sich der
Ostraka zum Quittiren zu bedienen.
So Anel über die Verbreitung der Ostraka als Schriftträger.
Wollten wir hier nun die Herstellung und Beschaffenheit dieses merk-
würdigen Schreibmateriales ausführlichst darlegen, so müsstcn wir
geradezu eine Geschichte der Keramik in diesen tausend Jahren, die
durch unsere Sammlung verti-eten sind, schreiben. Ich nuiss dies
Anderen überlassen, die besser dazu qualificirt sind. Mein Augen-
merk war zu sehr auf die Entzifferung der schwierigen Texte
gerichtet, als dass ich auf die keramischen Eigentümlichkeiten
immer genügend hätte achten können. Aber auf die grosse Be-
') Vgl. Pap. Loud. iD PaJaeogr. Soc. Ser. II 189 vom .1. 350 ii. Chr.: y.ai
TjX3-av Tivcj axpaTiraxa'. itpos &|iä5 iiexa öoxpäy.wv.
14 I. KAPITEL.
(leutun<: des liier vorliegenden Materiales für keramische Studien sei
um so mehr liingeAviesen, als bisher meines Wissens Niemand diese
Seite beachtet hat. Diese Bedeutung finde ich vor allem darin,
dass die Schrift fast jeden Stückes bis auf den Tag genau datirt ist.
Damit ist zunächst allerdings nur ein terminus ante quem für die
Fabrication gegeben. Aber man wird doch in den meisten Fällen
mit ziemlicher Sicherheit sagen können, dass kein allzugrosses Spatium
zwischen dem Zeitpunkt der Fabrication und der Benutzung als
Sehreibmaterial bestanden haben wird. Wir haben es ja fast überall
hier mit der gewöhnliehen Ware zu thun, die für den täglichen
Bedarf billig hergestellt, auch sofort in den Handel kommt und,
wenn sie einmal dem alltäglichen Gebrauch übergeben ist, — wie
die Hausfrauen bestätigen werden — nur ein kurzes Leben führt.
In den meisten Fällen wird die Scherbe' von derselben Generation
gebrannt worden sein, von der sie mit Schrift bedeckt ist. In
einzelnen Fällen mögen eine oder zwei Generationen zuzugeben
sein. So ist uns durch die Datirung der Schrift doch auch appro-
ximativ die Zeit der Fabrication an die Hand gegeben. Wie
wichtig das ist, erhellt, wenn man folgende Worte Adolf Erman's
(Aegypten S. (jOG) dagegen hält: „Kichts ist in Aegypten so schwer
zu datiren als ein Thongefiiss, denn Scherben, die durch Jahrtausende
getreiint sind, haben hier einen fast gleichen Charakter. Die moderne
graue Ware von Keneh oder die rote von Siüt lässt sich z. B. fast
ganz gleich schon im neuen Reiche (II. Jahrtausend v. Chr.) nach-
weisen." Ohne diese letztere Beobachtung irgendwie einschränken
zu wollen, glaube ich doch auf Grund des reichen datirten Ostrakon-
niateriales nachweisen zu können, dass in der Zwischenzeit gar manche
Wandlungen in der Fabric-ation statt gefunden haben, Wandlungen,
die sich /.. Th. gerade in dem Wechsel der Farben offenbaren. Ich
habe schon im Jahre 1889 in der Berliner Archaeologischen Ge-
sellschaft^) darauf hingewiesen, dass für die verschiedenen Perioden
gewisse Thonfärbungen charakteristisch sind. Diese Beobachtung hat
sirii mir durch das reiche Material, das inzwischen hinzugekonnnen
ist, nur bestätigt. (Gewisse Mittelfarben sind natürlich zu allen Zeiten
vorgekommen, aber es giebt einige hervorstechende originelle Farben,
die ich für die einzelnen Perioden geradezu als Modefarben bezeichnen
') Vgl. den Bericht in der ■\Voclipnsclir. f. Klass. Pliilol. 1S89, Xr. 25, S. 701.
KICHAMOLOO ISCHE BKORACHTl'XGKN. 15
iiiüchtc. Vergegouwiirtiticn wir uns, dass diese verscliiedciic Färbung
nicht nur durdi die verschiedenartige Fabrication, durch das IJrennen
oder auch dureli künsliiclie l'^arhuni;', sondern, nanientli<-li hei den
rohen Thongefiisscn, von denen die Ostraka ja meistens stannnen, vor
allem durch die verschiedene Farhc der zur Verfügung stehenden
Thonerde verui-sacht wird, so thun wir gut, diese Untersucliungen
lokal zu führen. Da die Scherben von Sj'ene-Elephantiue bis
jetzt nur wenige Jahrhundertc reprjiseutiren , wollen wir die The-
baiiischen Ostraka, die durcli tausend Jahre hin vertreten sind, zu
Grunde legen. Von diesen lässt sich folgendes feststellen:
1. Für die Ptolemäerzeit ist eine hellgelbe oder graugelbe Farbe
charakteristisch, wie sie bei den römischen und byzantinischen Stücken
nicht oder doch nur ganz vereinzelt vorkommt. Die Bruchränder
sowie die Rückseite erscheinen gleichfalls in derselben graugelben
Farbe oder aber in einer hellrosafarbenen Schattirung. Natürlich
finden sich in der Ptolemäerzeit daneben auch anders gefärbte Scherben,
rote, braune und rotbraune. Aber die hat es dort zu allen Zeiten
gegeben, während die graugelben für die Ptolemäerzeit charakteristisch
sind. Freilich ist auch diese Regel nicht ohne Ausnahmen. Im
Sommer 1895 sah ich in Leiden ein gelbes Ostrakon aus hadrianischer
Zeit, in London eines aus trajauischer. Dies waren aber die einzigen
Ausnahmen bei den vielen Hunderten von Ostraka, die mir damals
durch die Hand gingen. Ich bedaure, in den beigefügten Tafeln von
dieser gelben Art kein Beispiel gegeben zu haben. Das einzige ptole-
mäische Stück, Nr. 5, ist bräunlich gefärbt, und zwar gelblich-bräunlich.
2. Als charakteristisch für die römische Periode (die ersten
Jahrhunderte nach Chr.) könnte ich nur das Vorherrschen der roten
und braunen Farbe anführen. Ein so leuchtendes, sattes Rot, wie
es in Syene in dieser Zeit üblich war (vgl. die drei ersten Nummern
auf den Tafeln), ist mir für Theben nicht erinnerlich. In Theben
herrscht im Allgemeinen in dieser Zeit mehr der bräunliche Ton vor.
Vgl. Nr. 4 und 6 auf Tafel II und III.
3. Für die byzantinische Zeit, in der gleichfalls die verschiedensten
roten Färbungen begegnen, möchte ich als eigenartig hervorheben,
dass hier die Scherben manchmal auf der Oberfläche einen gewissen
Glanz zeigen, der entweder durch Politur oder durch leichte Glasur
hervorgerufen zu sein scheint. Diesen Glanz zeigen z. B. zwei in
meinem Privatbesitz befindliche Ostraka (ich verdanke sie Fröhner's
10 I. KAPITEL.
Güte), die nach der koptischen Minuskel zu schliessen vielleicht in's
VII VIII. Jahrliuiidert n. Chr. zu setzen sind. Das eine Stück, das
wohl einer tlaelien Schüssel oder Schale entstammt, ist auf beiden .
Seiten glänzend. Bezüglich der Farben dieser Periode möchte ich
hervorheben, dass mir mehrfach eine leuchtende hellrote Farbe als
charakteristisch aufgefallen ist.
Die oben hervorgehobenen Farbenunterschiede sind so charakte-
ristisch, dass ein geübtes Auge vielfach auf den ersten Blick nach
der Farbe die Periode bestimmen kann. Mein hochverehrter Freund
J. P. Mahaflj', der mir im letzten Sommer gelegentlich zusah, als ich
im Queen's College die Ostraka von Sayce durcharbeitete, wird mir
bestätigen, dass ich die Ptoleraäer- und Kaisertexte meist sogleich
nach der Farbe auseinander halten konnte, noch ehe ich die Schrift
geprüft hatte. Ich habe diese einstweilen noch ganz rohen Be-
obachtungen nicht zurückhalten wollen, in der HofFniuig, dass ein
Kundigerer sich genauer damit befasse.
Im Uebrigen habe ich über das Aeussere der Ostraka nicht
viel hinzuzufügen. Ich hob schon hervor, dass sie meist Bruchstücke
roh gearbeiteter Gefässe sind, wie sie im einfachen Haushalt zu den
verschiedensten Zwecken gebraucht werden. Nur ganz selten finden
sich Spuren von aufgemalten oder eingeritzten sehr einfachen Orna-
menten. Doch verraten die Ostraka sämmtlich die Benutzung der
Töpferscheibe, die den Aegyptern ja schon seit dem alten Reich bekannt
w'ar.i) Soweit die Gefässe zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten be-
stimmt waren, sind sie vielfach auf der Innenseite verpicht worden, und
viele der hier publicirten Ostraka zeigen eine verpichte Innenseite.
Schon Toelken (Reise des Generals v. Minutoli S. 421) erinnerte an-
gesichts der Elephantiner Ostraka an Suet. Claud. 16, wonach Claudius
in einem Edict bestimmte, vt tiberi vinearuin proventii bene ihlia
picarentur. Ebenso hatte auch schon Philadelplios verordnet, dass die
Gefässe, in denen der Wein für die ÄTiöjxotpa abgeliefert wurde, gut
verpicht sein sollten. So möchte ich wenigstens Rev. Pap. 32, 3
ergänzen: 'EaTW Se 6 7.ip[oi.}\ioz xspccjita aieyva [utaaoxojuoujjisva
') Für Solche, die je nach der Benutzung oder Nichtlienutzung der Töpfer-
scheibe Kulturperiddeii zu trennen lieben, sind aegyptisehe Bilder lehrreich, in
denen man neben der Verwendung der Töpferscheibe die Fabricution aus der
freien Hand dargestellt findet. Natürlich werden nur noch einfachere Gegen-
stände auf letzterem Wege hergestellt sein. Vgl. Erman, .\egypten, S. 606.
FABRICATION IJKR GEFÄSSK. 17
(Statt [5'.xc3Xc]7:oü[J.£va Maliafl'y ). Auf dieser Eigentüinliclikeit mancher
Scliei'ben beruht nach meiuer Ansicht das bekannte Kuabenspiel,
das man öatpaxivoa uac^stv nannte. '^) Man nahm dazu eine Scherbe,
deren concave Seite verpicht war (oü -O-aispov hev [lipoc, ■!ZZ'P:iao(j)-
|j.£Vov f/V, zb iviö; Stj^kStj, t6 5e ixzbc, äuiaaioTov. Eusth. a.
a. O.). Krause (Pauly, Realeucykl. u. Ostrakon) nimmt merkwürdiger-
weise an, dass die Knaben selbst die Innenseite mit Pech bestrichen
hätten. Vielmehr haben sie natürlich Scherben von verpichten
Krügen zu diesem Spiele benutzt.
Was die Herkunft der Gefasso lietritil, su wird wohl fast überall
in Aegj'jjten eine lokale Töpferindustrie bestanden haben, denn der
aegyptische Boden ist ausserordentlicli reich an Thonlagern.^) So
hatte Theben sein Töpferviertel auf dem Westufer, die Kspafieta, die
in der Hauptsache seinen Bedarf gedeckt haben werden. Doch hat es
daneben natürlich auch importirte Waren gegeben, und es scheint, dass
ähnlich wie heute Keneh, so im Altertum Koptos ein Hauptfabrikort
für Töpferei gewesen ist, von dem viel exportirt wurde. ä) Inter-
essant ist in dieser Hinsicht Nr. 1129, in der ein Soldat seinem
Optio quittirt, an Wein xspajjiov KoTiX'.zixby £v(a) empfangen zu haben.
Der „Koptitische Krug" (d. h. der aus dem Koptitischen Gau) scheint
demnach in ganz Aegypten — das Ostrakon stammt aus Pselkis
im fernen Nubien! — eine bekannte Sorte gewesen zu sein, ähnlich
wie heute die Balälis, die gleichfalls nach dem Fabrieationsort, dem
Dorfe Bailas genannt werden. Ja, man kann geradezu die Balälis
als die Nachfolger der xipa\).oi KoTii'.-titxoi bezeichnen, denn das Dorf
Balkis liegt schräg gegenüber von Kuft, dem alten Koptos, und es
sind wohl noch dieselben Thonlager, die heute wie damals bearbeitet
wurden. Ueber die Massbestimmung, die zugleich in dem Ausdruck
enthalten ist, vgl. Kap. X.
Endlich noch ein Wort über die Anordnung der Schrift auf
den Ostraka. Wie ich es früher für den Papyrus gethan habe
'l Vgl. die ausführlichen Erzählungeu bei Polliix, Onom. IX 111, 112.
Eust. ad Hom. II. XVIII p. 1160 sq.
'^) So werden z. B. für Ptolemais Hormu im Faijiim mehrere y.spansi;
bezeugt. Vgl. Chart. Borg. VI 20, 21.
^) Vgl. Lumbroso, Recherches S. 131. Dazu Athens. XI 464'': iyia gs
e5 o!9a öti rfi'.Qza. 7ro?.Xäxis sati xä y-spaiisa sy.TMp.ci.za. cb; xai täc Tiap -^iiiv
Ix 1^5 Koiz-c'j xaTayonsva- (lExa *(■«? äpo)[iixtov ou[i-.fupa9'aiar); x^s yris drexäxa'..
WiLCKEX, Ostraka. 2
18 I. KAPITEL.
(Hermes XXII S. 487 fl'.), so lässt sich aiirh t'iir das Ostrakoii ein
Recto uud ein Verso unterscheiden. Natürlich ist es hier die convexe
Seite, die Aussenseite des Gefiisses, die vornehmlich zum Schreiben
geeignet sein musste, denn nur auf ihre Glättung wurde besondere
Sorgfalt vorwendet, war doch die Glätte ein Hauptvorzug eines schönen
Gefiisses, während die Innenseite derartig zu bearbeiten keine Veran-
lassung, ja bei manchen Formen, z. B. den schmalhalsigen Gefässen,
auch nicht die Möglichkeit vorlag. Daher lässt sich als Regel auf-
stellen, dass zunächst die glatte Convexseite des Ostrakons beschrieben,
die eoncave aber, wenn überhaupt, nur subsidiär und nachträglich
benutzt wurde. So beginnt z. B. die Personenlistc in Nr. 1194 auf
der convexen Seite und wird fortgeführt auf der concaven. So wird
in Nr. 728 die gezahlte Summe auf der Innenseite wiederholt —
eine nachträgliche Notiz. Aus diesem Grunde muss z. B. der Text
von Nr. 295 älter sein als der von Nr. 1, dei- auf der Innenseite
derselben Scherbe steht. Eine einzige Ausnahme scheint unsere
Sammlung zu enthalten: der Text von Nr. 38 steht auf der Innenseite!
Aber diese Ausnahme bestätigt vortrefflich die Regel, denn — die
Aussenseite konnte in diesem Falle nicht gut benutzt werden, da
sich daselbst ein Gefasshenkel befindet! Es ist also bei den Ostraka
genau dasselbe Verhältnis von Recto und Verso wie bei den Pa-
pyri, i) und ebenso wie dort sind es Eigentümlichkeiten der Fabri-
') Mahafly hat ji'Ugst bei der Herausgabe der FliuUers Petrie Papyri
mehrere „Ausnahmen" von meiner Theorie constatirt, jedoch mit Unrecht. Die
-Vutopsio hat mir ergeben, dass jedes einzelne Stücl< der Flinders Petrie Pa-
pyri meine Theorie bestätigt, dass MaliafFy sicli vielmehr durcli die Richtung
lier Schrift liat täuschen lassen. Ich habe schon im Hermes a. a. 0. 490 Anm.
ausdrücklich hervorgehoben, dass es für die Frage nach Recto und Verso völlig
gleichgültig ist, welche Richtung die Schrift einnimmt. Daher sind auch die
folgenden Worte von J. Krall CPR II S. 8 geeignet, Verwirrung anzustiften:
,,Man kann mit grosser Wahrscheinlichkeit bei einem auf beiden Seiten be-
schriebenen koptischen Papyrus jenen Text, der längs den Verticalfasern ge-
schrieben ist, als den älteren ansehen, denn wie die Beschreibung der Rechts-
urkunden zeigt, ist von unseren 220 Reehtsurkunden nur ein Sechstel auf den
Ilorizontalfa-sern beschrieben." Xfeine Schrift ist nicht genannt. Wenn dies eine
Widerlegung .sein soll, so kann ich sie nicht für zutreffend halten. Hier liegt
offenbar nur das Factum vor, auf das ich gicielifalls schon in jener Anmerkung
liinwies, dass man in der byzantinischen Zeit besonders gern die Schrift parallel
den Klebungcn, resp. der Höhe der Pagina, d. h. den Verticalfasern (der Rück-
seite) gesetzt liat. Für die Frage, welcher Text der ältere ist, d.h. für die
KECTO UND VJiliSJU. 19
ciition, <lie die strenge Scheidung zwisclien der Besehreibseite xax'
iEo^CTjV und der subsidiären Bcsclircibscitc bedingen.
Die Aut'bewaliruug dieser unhundlicbcn „l'aj)iere" wird eine sehr
mannigfaltige gewesen sein. Vielfach liat man die Ostraka gewis.s,
ebenso wie die Papvrusrolleii, in grossen Thonkriigen aufbewahrt.
Ein solches Archiv muss einem Weinkeller geglichen haben. In der
oben citirten Babriusstelle (127) wird ein xtßutoi;, ein Kasten oder
Sehrank, als Depot für die Ostraka bezeichnet, und das wird wcild
nidit nur bei den Göttern Brauch gewesen sein.')
Frage nach Hceto und Verso ist dies aber ganz indiö'erent. Dafür sind lediglich
lue aus der Fabrication des Papyrus von mir entuomiuenen Gesichtspunkte mass-
gebend. Auch in den einseitig beschriebenen Urkunden der Wiener Sammlung
wird die Schrift, mag sie auch parallel den Verticalfasern laufen, doch auf der
,,IIorizontalseile" stehen, d.h. auf der Seite, deren Fasern rechtwinklig
gegen die Selisklebungen laufen. Krall hat die Verwirrung dadurch
noch grösser gemacht, dass er bei der Beschreibung der l'rkunden statt ,, längs
den Verticalfasern" gar ,,auf den Verticalfasern" sagt. Ich kenne bis jetzt
nur eine Ausnahme meiner Regel, das ist der Pap. Lond. CCCCI. Dabei ist
aber zu bedenken , dass der Text ein Brouillon ist ! Mahafij''s Bemerkungen
hierzu zeigen gleichfalls, dass er den Kern meiner Theorie verkennt. — Der
•antiken Auffassung würde es vielleicht am besten entsprechen, wenn wir statt
Horizontalseite ,, Innenseite" und statt Verticalseite ,,Aussenseite" sagten. Vgl.
Rev. Pap. 41,13, wo auf Bemerkungen, die auf der Rückseite stehen, mit s^o)
hingewiesen wird.
') Das Wort xtßmxös begegnet in der Kanzleisprache sonst auch als Be-
zeichnung für den Geldkasten, in den das Geld (vom Zahler) hineingeworfen
wird. Vgl. TiSTiTtuxEv sie, xißtoxov in Pap. Leid. I. 379 (so nach dem Original)
Weitere Beispiele bei Revillout, Rev. Egypt. II S. 114. Diese Formel, die bisher
sich nur für das III. .lahrh. vor Chr. (Philadelphos und Euergetes I) hat nach
weisen las.sen, ist gleichbedeutend mit dem jüngeren: hetixowev skI Tr)v TpctTts^av
Diese Bedeutungseutwickelung von •yCißtotoj kann nuni mit der von area ver
gleichen, worauf mich Mommscn hinweist. ,\ucli der ,,fiscus" (Korb) hat diesellie
Entwickelung durchgemacht.
II. KAPITEL.
Herkunft und Schicksale der Ostraka.
Wir haben nunmehr nachzuweisen, wo und wie unsere Ostraka
gefunden sind, wo sie zur Zeit aufbewahrt werden, und was bis jetzt
über sie geschrieben worden ist.
Die wichtigsten Fundgruben füir Ostraka sind bisher — von
Süden nach Norden — Dakkeh in Nubien, Elejahantine, Gebelen,
Erment, Karuak und Umgegend, Kuft, Sedment und Sakkära.
Die nubischen Ostraka von Dakkeh, dem alten Pselkis in
der Dodekaschoiuos, waren wohl die ersten, die in Euro2)a bekannt
wurden. Der Architekt Gau fand 1819 „eine Unzahl" von be-
schriebenen Scherben daselbst. Mehrere davon zeichnete er ab, so
gut er konnte, warf sie dann aber, nicht ahnend, welch wertvolles
Geschenk ihm die Götter in den Schoss gelegt hatten, als „lästigen
Ballast" über Bord. Nur zwei Scherben behielt er zurück ; die schenkte
er Barthold Geors: Niebuhr und regte ihn zugleich an, die Entzifferung
dieser neuen Urkunden zu versuchen. Vereinzelt scheinen auch
später noch in Dakkeh Ostraka gefunden zu sein (vgl. 1220).
Grössere Massen von Ostraka wurden dann in den zwanziger
Jahren unseres Jahrhunderts und in den folgenden Decennien
aus Elephantine bekannt, der herrlichen Palmeninsel gegenüber
Assuän (dem alten Syene), der alten Grenzstadt des eigentlichen
Aegyptens. In sänimtlichen Fundberichten, die mir erinnerlich sind,
ist immer nur Elephantine als Fundort genannt,') während wir
I
') So sagt Toelken, Reise d. Generals v. Minutoli S. 420 : „Beim Auf-
räumen aller Ruinen in der Insel Elcphantino fand man einen grossen Vorral
bescliri ebener Tli(>u^elicrben." Vgl. Siiyce, .Tewisli Quarterly Review II S. 400.
VON DAKKEH BIS KARNAK. 21
aus (k'iii Inhalt schliesseu müssten, <lass nicht wenige davon aus
Svene stammten. Einstweilen kann ich nur oonstatiren, dass nach
den Berichten die Stücke auf der Nilinsel Elepliandue, nicht in
Syene gefunden sind.
Diese Ostraka aus Dakkeh und lOlephanlinc waren his vor
Kurzem die einzigen, die wir kannten, und alle älteren Publicationen
beschilftigen sich nur mit ihnen, abgesehen von em paar Stücken
aus Erment, dem alten Hermonthis, die sich auch schon bei
Fröhner finden. Es scheint, dass die Fundquelle auf Elephantine
zur Zeit erschöiift oder wenigstens versto])ft ist, denn in den letzten
Jahren sind nur noch ganz vereinzelt neue Ostraka von dort bekannt
geworden, und von diesen steht vielleicht nicht einmal fest, ob sie
auch neuerdings erst gefunden sind. Erman hat 1885/6 noch einige
wenige dort käuflieh erworben. Sayce (a. a. O.) schrieb im Jahre 1890:
„For the last four or five years no more ostraca have been discovered
there." Andrerseits hat Jean Jacques Hess noch kürzlich Ostraka
aus Elephantine erworben. Auch das Berliner Museum hat soeben
( 189G) mehrere Ostraka aus Elephantine erhalten. Höften wir, dass
bald neue grosse Funde dort gemacht werden. Das elephantinische
^laterial ist bisher sehr einseitig; Ptolemäertexte sind dort erst ganz
sporadisch gefunden.
Weiter nordwärts sind in Edfu, dem alten Apoll iuopolis
Maior, von Maspero (nach einer freundlichen Mitteilung desselben)
Ostraka gefunden worden. Gegen 50 Stück hat er von dort in's
Museum von Bulaq (heute Gizeh) gebracht. Von diesen befindet
sich keines in unserer Sammlung.
Fahren wir den Nil weiter abwärts gen Norden, so kommen
wir im oberaegyptischen Gebelen, nordwärts von Esne, wiederum
auf einen Ostrakonplatz. Sayce war wohl der Erste, der hier grie-
chische und demotische Ostraka fand (vgl. a. a. O. 401 ). Auch
einige der Hess'schen Ostraka stammen aus der Gegend von Gebelen
(vgl. unten Kap. IX), und da diese kürzlich dort erworben sind,
so seheint sich glücklicherweise die Befürchtung Sayce's, dass durch
das Graben nach Sebah-Erde alle Ostraka dort zerstört seien, nicht
zu bestätigen. Dass auch in Erment (Hermonthis) Ostraka
gefimden sind, wurde schon oben erwähnt.
Die ergiebigste Fundquelle bildet zur Zeit das weite Ruinenfeld
des alten „hundertthorigen" Thebens, der Aioc tiöa'.; fj [ieyscÄt^ der
22 II. KAPITEI,.
Griechen. Der unermüdliche Sayce, der schon so Vieles fand, war
wohl der Erste, der auch diese Quelle entdeckte. Im Winter 1881/2
stiess er, zusammen mit Alfred Wiedemann, nördlich von den Ruinen,
von Karnak auf die ersten thebanischen Ostraka. Et\Ya zu glei-
cher Zeit wurden auch Maspero die ersten Stücke von dort in das
Museum von Bulaq gebracht (etwa 100). Im Jahre 1883 hat
Älaspero dann planmiLssige Kachforschungen nach Ostraka in Karnak
angestellt, als deren Ergebnis etwa 400 Urkunden (griechische, de-
motische und koptische) nach Bulaq in's Museum wanderten. Auf
diese interessanten Ausgrabungen komme ich nachher noch zurück.
Nach und nach sind nun gewaltige Massen von Ostraka an den
verschiedensten Stellen des grossen Ruinenfeldes, westlich und östlich
vom Nil, gefunden worden, und jetzt giebt es wohl kaum ein grösse-
res Äluseum, das nicht seine „Thebaner" hätte. In das Berliner
Kgl. Museum sind durch Erman's Bemühungen allein viele Hunderte
thebanischer Ostraka gelangt, deren grösster Teil in unserem Buche
zum ersten Mal publicirt vorliegt. Auch Budge hat kürzlich meh-
rere Hunderte von thebanischen Ostraka für das British Museum
erworben (s. Anhang III).
Weiter nördlich hat wiederum Sajce in Kuft, dem alten
Koptos, Ostraka gefunden — „at a little distance within the
eastern gate of the Roman wall" (a. a. 0. S. 401).
Aus Älittelaegypten sind bisher meines Wissens erst wenige
Ostraka bekannt geworden. In Aschmunein, dem alten Hermu-
polis Magna, hat Maspero einige Ostraka gefunden, die in das
aegyptische Laudesmuseum übergeführt sind. Im Jahre 1886 ent-
deckte Adolf Erman einen neuen Platz in Sedment-el-Gebel,
einem Flecken am Eingang des Faijüm, am linken Ufer des Bahr-
cl -Yusuf gelegen.
Im Faijüm selbst, das uns so verschwenderisch mit Papyri,
Pergamenten und Papieren versorgt hat, sind bisher, wie es scheint,
sehr wenige Ostraka gefunden worden. In Berlin wurden erst in
allerletzter Zeit einige Stücke als faijümiscli erworben (vgl. Nr. 130.'5
und 1306). Doch ist Genaueres über den Fundort nicht bekannt.
Dass auch hier unter den Ruinen von Arsinoe sowie in dem
Schutt der zahllosen Dörfer dieses reichsten und bevölkertsten aller
Gaue viele Tausende von Osti-aka begraben liegen, wäre a priori
höchst wahrscheinlich. Nach Karabacek müsste in der That das
VON KARNAK BIS SAKKAKÄ. 23
Faijrtni eine Hauptfundstätte für Ostraka sein. Er sagt (Miit. Vny.
Rain. V S. 63 = Fülirer durcli d. Ausstellung PER S. 10): „Da.s
weite Trümmerfeld von Arsinoe-FaijAm wird von den Arabern ge-
radezu als Schutt- und Seherhenland hezeiehnet. Wo man hin-
tritt, greift man Scheriicn heraus, mitunter recht kostbare."
Der Zusammenhang zeigt, dass Karabacek von beschriebenen
Scherben spricht. Mit dieser Aussago steht einstweilen die That-
sache im Widerspruch, dass bis jetzt, nach Aussage der Reisenden,
sehr wenige Ostraka im Faijüm gefunden sind.i) Oder sollten
jene Massen nach Wien gekommen sein? Man .scheint dort die
drei griechischen Ostraka, die im „Führer" a. a. O. als Beispiele
für die Vorbemerkung Karabacek's angeführt werden, für faijfimisch
zu halten. Das einzige Stück, das ich durch das beigegebene
Facsimile coutrolliren konnte (unsere Nr. 1G23), stammt aber,
wie der Text deutlich besagt, aus den thebanischen Mem-
nonien! Hoffen wir, dass trotz allem auch das Faijüm uns
noch reiche Ostrakonschätze bringt. Einstweilen liegt es allerdings
nahe, mit dem seltenen Vorkommen faijümer Ostraka die auffällige
Thatsache in Verbindung zu bringen, auf die wir schon oben S. 12
hinwiesen, dass im Faijüm eine ganze Reihe von Quittungen privaten
und öffentlichen Charakters gefunden sind, die auf Papyrus ge-
schrieben sind — und zwar aus den ersten drei Jahrhunderten unserer
Zeitrechnung, wo z. li. in Theben und Elephantine für diese Zwecke
durchaus das Ostrakon praevalirte.
Endlich ist Sakkära, in der Nähe des alten Memphis, als
Fundstätte von Ostraka zu nennen. Wenigstens nach dem Bericht
des Berliner Kataloges sind Nr. 1126 und 1127 von Brugseh aus
Sakkära angekauft. Ob sie freilich auch wirklich dort gefunden
und nicht nur von dort im Handel vertrieben sind, muss dahin-
gestellt bleiben.
Für die Interpretation der Urkunden wäre es von nicht geringem
Interesse, Genaueres über die Art zu erfahren, wo und wie man
die Ostraka gefunden hat. Leider liegen mir darüber nur wenige
Zeugnisse vor, denn die meisten Ostraka sind käuflich von den
') Erman hat bei seinem Aufenthalt im Faijiim ein Ostrakon gesehen.
Steindorff, der im Frühling 1805 das Faijiim bereiste, teilte mir mit, dass er
Ostraka dort nicht gesehen habe. Jüngst schrieb mir Erman, dass <ler Koptoloue
Schmidt soeben ein koptisches Ostrakon im Faijüm gekauft habe.
24 n. KAPITEL,
Fellachen oder, was noch schlimmer ist, von den Antikenhandel
treibenden Arabern erworben worden. Diese aber sind bekanntlich
stummer als die Sphinx, wenn man sie nach dem genauen Fundort,
fract, oder aber — sie lügen, was ihnen gerade einfiillt. Um so wertvoller
ist der Bericht, den ich der Güte Adolf Erman's über seinen Fund
der Ostraka von Sedment-el-Gebel verdanke. „Neben dem Dorf',
so schreibt er mir, „steht auf dem hohen Ufer des Bahr Jusuf das
Kloster des Mar Girgis" i) (die hübsche Skizze, die Erman von der
Lokalität entwarf, kann ich hier leider nicht wiedergeben). „Auf
dem schmalen Wege zwischen dem Uferrand und der Klostermauer
fonden sich die Ostraka. Schweinfurth und ich waren Anfang Januar
1886 mehrere Tage in diesem damals vom Antikenhandel noch
kaum berührten Dorf, und allmählich brachten die Leute allerlei
heran, was wir nach ihrer Meinung vielleicht kaufen konnteu. Auch
die Mönche des Klosters waren dabei, und es war wohl einer von
ihnen, der das ei-ste Ostrakon brachte. Als wir mehr davon haben
wollten, suchten sie vor unseren Augen an der bezeichneten Stelle,
und auch wir selbst suchten und fanden mit. Die Stücke
lagen flach in der Erde, oben am Ufer, natürlich in irgend welchem
alten Schutt. Während \vir am Tage fort waren, suchten sie dann
wolü weiter. Soweit meine Erinnerung. An der Stelle geht noch
heute ein Weg zum Faijüm hinüber, und ich dachte, ob hier nicht
eine Zollstation gewesen sein könnte." Hier haben wir's also deutlich
mit den Ueberresten eines Bureaus zu thun, und wir werden in
Kap. VIII sehen, dass dieses Moment bei der Interpretation der
rätselhaften Texte eine gute Stütze bietet.
Ich bin in der angenehmen Lage, auch über eine der zahl-
reichen Fundstellen auf dem thebanischen Ruiuenfelde Genaueres
berichten zu können. Ich verdanke diese Kenntnis der grossen
Liebenswürdigkeit Maspero's, der auf meine Anfrage mir unterm
') Ich finde in Makrizi's Geschichte der Kopten (übersetzt von Wüstenfeld,
Gott. 1845) im 7. Kapitel unter No. 32 folgende Erwähnung dieses Klostcr.s:
„Das Kloster von Sedment seitwärts von el-Menhi (d. h. dem Josephskanal) auf
dem Damme zwischen el- Faijüm und cl-Etf mit dem Namen des Abu Dschordseh
(^ Girges ^= Georg) hat von dem, was es früher war, viel verloren, und ist nur
noch von wenigen bevölkert." Jlan findet den Ort z. B. in der Spezialkarte
des Faijüm und Umgegend, die dem Werk vcm U. H. Brown (The Fayüni and
lake Mocris, Lond. 1892) lieigegebcn ist.
MASPEEO'S AUSGRABUNGEN IN KAItNAK. 25
22. October 1888 einen ausfiiihrlichen Bericht über seine Ostrakon-
fiinde zugesehickt hat. Indem ieli ilim meinen her/.liclisten Dank dafür
auch an dieser Stelle wiederhole, lasse ich seine eigenen ^\^orte folgen.
„En 1881 — 1882, en meme temps que Wiedemann achetait
les Ostraca que vous publiez (gemeint ist meine Publication der
Bonner Ostraka), l'agent du Musee ä Karnak Reis Diab Timsah
m'en apportait une centaine dont la nioitie sculcmcnt grecs, le reste
demotiques et coptes, provenant de la partie de la ville antique
qui est situee au nord du portique des Bubastites et du mur de Beti I,
il rOuest du petit teiuple de Phtah Thebain et des petita edifices
d'epoque sa'ite, ainsi que du grand temple ä peu-pr&s dötruit d'Amen-
hotpou III: ils sont aujourd'hui au Musee de Boulaq. L'annee
d'apr^s en 1883, je resolus de faire quelques fouilles dans cette
partie des ruines, et je mis une vingtaine d'ouvriers au travail. Aprcis
avoir d^couvert ca et la des ostraca isoles, ils mirent la niain
sur un veritable depöt. Prevenu par le Reis Diab, j'accourus et
je vis une partie des ostraca sortir de Thfebes. Ils etaient accumules
au pied d'un mur en briques crues qui avait encore prfes de trois
mfetres de haut et au moins ()'" 80 d'epaisseur. Ils posaient sur
une couche de terre battue qui etait evidemment le sol antique de
la maison: le bas du mur etait enduit de crepis blanc, et je me
souviens qu'apr^s l'avoir examine, je crus reconnaitre que la face
au pied de laquelle les ostraca etaient accumules etait une face
tournee il l'exterieur. Les debris voisins me parurent appartenir
il des murs de Separation plutöt qu'Jl des murs d'habitations, et j'en
conclus que le depot etait dans une petite cour bordee de murs sur
trois cotes et abutant h, une maison sur le quatri^me cote. Des
traces d'une porte etaient encore visibles sur Fun des murs: un jambage
etait assez bien conserve. Aprfes ce premier examen, j'etais revenu
m'asseoir sur le mur et je suivais les recherches des ouvi'iers qui
etaient assez infructueuses, quand le mur s'ecroula sous mon poids
et entraina sur moi une partie des decombres voisins. En me rele-
vant, je constatai qu'il y avait dans l'eboulis des fragments d'ostraca,
et je fis deblayer la partie attenante A — B (nach der von M. bei-
gegebenen Skizze ein Teil der Mauer). On y trouva encore une centaine
d'ostraca et ce fut tout. Des sondages operes dans les euvirons
ne produisirent plus rien. Plus tard, j'appris que les chercheurs de
sabakh avaient mis la main sur un nouveau depot dans le voi-
6 II. KAl'lTEL.
sinage, et on m'aiBrma que les ostraca vendus aux voyageurs depui?
quelques annees provenaient tous du mönie endroit, c'est-il-dire de la
maison exploree par raoi et des maisons voisines. Malheureusement
l'argeut in'a manque. I;i comnie partout, et je n'ai pu faire rien de
plus que ee que j'avais fait eu 1883. Les Ostraca au nombre de
j)Iu.< de quatre cents fragments, la plupart grecs et dßmotiques, quel-
ques uns coptcs ont ete deposes par raoi au musee de Boulaq . . .
La maison ou les maisons oü se trouvaient les ostraca devaient etre
des maisons de publicains ou de bauquiers. . . . La maison que j'ai
exploree etait situee au poiut A que vous reconnaitrez sur le plan '2
du „Karnak" de Mariette en tirant unc ligne de la porte du porti-
que Isord des Bubastites et une autre par Faxe du temple T: la
maison etait a peu-pres au point de rencontre des deux lignes, il peu-
pr^s ä la hauteur des petits temples G (jjlanclie I). Bien entendu
ceci n'est qu'une approximation, et je j^uis me tromper meme d'une
centaine de mötres. Je crois bien pourtant que l'iudication est il
peu-prfes exacte."
Die Erzählung ist so anschaulich, dass wir ihr nichts hiiizuzu-
fiigen haben. Wir wissen hiernaeli, dass es auf dem östlichen Ufer,
nordwärts von den Ruinen von Karnak — der Platz lässt sich nach
Maspero's Angaben auf dem Mariette'schen Karnakplan leicht be-
stimmen — mehrere Häuser gegeben hat, in denen Ostraka in grösse-
ren Massen beisammen gefunden worden sind. Andrerseits ist aber
sicher eine grosse Zahl von Ostraka auch auf dem westlichen Ufer
z« Tage gekommen, und nach den Berichten der Reisenden ist es
nicht unwalirscheiulich, dass mau sie auch einzeln und weit verstreut
über dass grosse Trümmerfeld hin gefunden hat. Diese zweifache
Art der Funde entspricht dem, was wir aus den Texten selbst er-
schliessen können. Wir werden in Kap. III zu zeigen haben, dass
die Quittungen teils an die Steuererheber (von den Trapeziten resp.
Sitologen), teils an die Steuerzahler (von den Erhebern) gerichtet
worden sind. Die ersteren werden wahrscheinlich in den Bureaus
der Steuererheber ordnungsgemäss aufbewahrt worden sein, und ein
solches Bureau ist es vermutlich, das Maspero ausgegraben hat. wie
er selbst schon richtig sagt. Dagegen die Quittungen, die die Steuer-
zahler erhielten, desgleichen auch die zahlreichen Privatscripturen
(vgl. Varia) werden überall in der Stadt und den Dörfern, in den
Häuseiii und Hütten der Bewohner zu iiudeu gewesen sein. Dasselbe
CONCOEDANZ. 27
Verhältnis niuss allerorten bestanden haben. Wenn man jetzt einmal
wieder ein solches Bureau ausgrübe, wär(^ es vor allem wünschenswert
zu constatiren, welche der von uns in Kap. III behandelten Kategorien
von Urkunden sich beisammen finden. Bei der Schwierigkeit der in
jenem Kapitel geführten Untersuchungen wäre ein solcher Fundbericht
von grösstem Werte.
Von einer merkwürdigen Verwendung der Ostraka weiss Sayce
(Jewish Quart. Rev. II, S. 401) zu berichten. Er fand, dass man
(in Karnak) in der römischen Zeit den Nilschlammziegeln, mit
denen die Häuser gebaut wurden, alte Ostraka, und zwar auch be-
schriebene, beigemischt hat, um die Ziegel dauerhafter zu macheu.
Die Ostraka von Sayce stammen zum Teil aus solchen Mauer-
werken: „Others we extracted from the bricks with onr nwn
hands."
Wir haben nunmehr nachzuweisen, wo die von uns publi-
cirten Ostraka consei-virt werden. Um weitere Arbeiten auf diesem
Gebiet zu erleichtern, geben wir im Folgenden eine Concordanz
der betreffenden Museumsnummern, in aufsteigender Linie, mit
den Nummern, die die Stücke in unserer Sammlung erhalten
haben. Die Museumsnummem stehen zu diesem Zweck links, die
Buchnummern rechts. Es wird damit Jedem, der unsere Texte
nachzuarbeiten wünscht — und hoÖentlich wird es an solchen nicht
fehlen — das Auffinden des Originals erleichtert. Zugleich ist
hiernach leicht zu überblicken, welche der Museumsnummern wir
nicht in unsere Sammlung aufgenommen haben. Bei den Privat-
sammlungen, die keine Jsumerirung durchgeführt haben, zähle ich
die Ostraka in der Reihenfolge auf, in der sie in meinem Buch
erscheinen. Auf Ostraka, die im Commentar gelegentlich erwähnt
oder besprochen sind, ohne in extenso publicirt zu werden, kann
erst in den Addenda mit der Seitenzahl hingewiesen werden.
1. Königliches Museum zu Berlin.
Die Berliner Ostraka werden in der aegj'ptischen Abteilung der
Königliehen Museen (am Lustgarten) aufbewahrt, und sind zu-
sammen mit den Papyri in das sogenannte P. Inventar eingetragen.
28 II- KAPITEL.
Dieses P. Inventar ist bis 1889 von mir, seitdem von Herrn Dr. Krebs
geführt worden. Nur ganz wenige der Berliner Ostraka gehören zu
den alten Beständen der Kgl. Museen. Die weitaus grösste Masse
ist erst in den letzten Jahren (etwa seit 1880) liinzugekommen.
Besonders wertvoll war der Zuwachs, den die Sammlung infolge
der aegyptischen Reise des Directors der Abteilung, Adolf Erman,
(1885/86) erfuhr. Hervorzuheben ist auch die Erwerbung der
reichen Ostrakonsammlung von Alfred Wiedemann in Bonn. Diese
habe ich im Textdruck besonders hervorgehoben („früher Wiedemann,
jetzt Berlin . ."). Im Uebrigen muss ich betreffs der Zugehörigkeit
der Stücke zu den einzelnen Erwerbungen auf das P. Inventar ver-
weisen. In diesem Buche genauere Mitteilungen darüber zu machen,
schien mir überflüssig. — • Meine Copieen der Berliner Texte stammen
meist aus der Zeit, da ich als Hilfsarbeiter in der aegyptischen Ab-
teilung der Kgl. Museen beschäftigt war (1885 — 1889). Doch habe
ich hinterher mehrfach Gelegenheit genommen, die alten Lesungen
zu revidiren — freilich lange nicht in genügendem Masse. Herrn
Generaldirector Geheimrat Schoene sowie Herrn Dircctor Erman
sage ich auch an dieser Stelle für die freundliche Förderung,
die meine Studien seitens der Verwaltung jederzeit genossen haben,
meinen wärmsten Dank. Herrn Dr. Krebs habe ich für die unver-
änderliche Liebenswürdigkeit, mit der er meine zahlreichen Anfragen
geduldig beantwortet hat, im Besonderen auch für die nützlichen
Durchpausungen von fraglichen Stellen herzlichst zu danken. Es
folgt die Concordanz.
P. 1 -- 301 P. 54 = 957
2 = 121 55 = 941
3 = 291 50 = 490
4 = 84 57 = 1293-
5 = 258 58 = 557
6 = 149 59 = 640
7 = 277 60 = 1298
13 = 11 .61 = 1279
14 = 20 62 = 592
23 = 1269 63 = 658
51 = 935 69 = 1204
52 = 965 76 = 711
53 = 772 100 = 653
BERLINER OSTRAKA. 29
p. 101 = 952 1». -j^-^i - •j;;2
106 =- 395 285 = 317
107 = 892 288 = 660
108 = 839 290 = 1064
109 = 1205 291 = 795
110 = 575 294 = 955
111 = 601 296 = 368
112 = 862 297 = 1206
113 = 1290 299 = 1036
114 = 563 310 = 110
117 = 602 311 = 153
122 = 593 312 + 365 = 77
123 = 856 313 = 33
126 = 583 314 = 237
129 = 860 315 = 4
132 = 608 316 = 154
136 = 996 317 = 28
137 = 570 318 = 167
141 + 144 = 854 320 = 41
142 + 145 = 589 321 = 1224
149 = 1261 322 = 190
155 = 1215 323 = 286
156 = 331 324 = 35
157 = 877 325 = 285
158 = 356 326 = 142
161 = 859 327 = 1127
163 = 1165 328 = 1126
166 = 489 329=1265
169 = 1185 330 = 265
172 = 540 331 = 107
175 = 846 332 = 225
190 = 1089 334 = 160
191 = 710 340 = 137
194 = 900 341 = 211
199 = 696 343 = 294
203 = 973 345 = 1274
204 = 1074 451 = 809
249 = 334 453 = 310
ÖV II. KA
riTEi,.
P. 455 = 1077
P. Sil' ^ 1091
480 = 321
813 = 1093
495 = 1048
814 = 1125
504 = 345
815=1113
505 = 323
816=1116
506 = 1305
817 = 1124
507 = 724
818 = 1102
508 = 319
819 = 1108
509 = 707
820 = 1123
510 = 713
821 = 1100
513 = 701
822 = 1122
515 = 894
823 = 1112
516 = 443
824 = 1099
518 = 768
825 = 1120
519 = 838
830 = 1115
520 = 549
845 = 1119
521 = 921
848 = 1121
523 = 708
850=1118
756 = 655
1113 = 1025
757 = 832
1117 = 469
758 = 904
1147 = 329
794 = 1098
1148 = 966
795 = 1109
1151 = 919
796=1114
1153 = 305
797 = 1105
1154 = 793
798 = 1095
1160 = 911
799 = 1106
1161 = 530
800 = 1104
1165 = 670
801 = 1110
1174 = 915
802 = 1101
1179 = 949
803 = 1097
1183 = 812
804 = 1117
1195 = 918
805 = 1103
1198 = 383
806 = 1092
1199 = 1050
807 = 1107
1 200 = 902
808 = 1111
1201 = 1033
810 = 1094
1202 = 909 .
811 = 1096
1 203 = 606
BERLINER OSTR^VKA. 31
1206 = 399 P. inoo = 7S9
li'll = 738 1()Ü1=-12H7
12S9 = 384 1602 = .S44
1551 = 705 1603 = 514
1552^1227 1604 = 774
1553 = 1023 1605 = 1041
1554 = 1020 1607 = 1176
1555^=716 160S = 675
1556 = 1230 160'J = G77
1557 = 1171 1612 = 676
1559 = 346 1613 = 685
1560 = 328 1614 = 692
1562 = 721 1615 = 370
1564 = 311 1616 = 374
1571=421 1617 = 446
1572 = 415 l(il,s = 470
1573 = 417 1619 = 440
1574 = 416 1620 = 373
1575 = 1010 1621 = 375
1577 = 1154 1622 = 3.S6
1578 = 604 1623 = 432
1579 = 578 1624 = 423
1580 = 798 1625 = 447
1581 = 520 1627 = 419
1582 = 587 1630 = 480
1584 = 901 1631=428
1585=1163 1632 = 439
1586 = 576 1634 = 465
1587 = 1043 1635 = 434
1588 = 491 1636 = 448
1589 = 671 1637 = 449
1590 = 1066 1638 + 1640 = 1281
1591 = 841 1641 = 435 ■
1592 = 807 1642 = 450
1594 = 641 1644 = 442
1 59( ) = 513 1 645 =1285
1597 = 611 164.s = 1001
1599 = 1063 1649 = 986
32 ir. KAPITEL.
1'. 11350= 11^14 P. 4024=1014
1651 = 1297 4025 = 972
1652 = 824 4027 = 867
1653 = 991 4030 = 808
1654 = 1004 4031 = 956
1655 = 897 4033 = 945
1656 = 441 4035 = 967
1800 = 820 4038 = 1286
1806 = 851 4040 + 4085 = 848
1809 = 388 4041 = 888
1814 = 503 4046 = 914
3977 = 351 4055 = 852
3978 = 748 4057 = 505
3979 = 715 4058 = 959
3980 = 352 4059 = 790
3981 = 1009 4060 = 1038
3982 = 347 4062 = 829
3983 = 1150 4064 = 574
3987 = 1232 4067 + 4170 = 504
3990 = 1161 4068 = 977
3994 = 1 237 4069 = 828
3996 = 338 4070 = 936
3997 = 1256 4081 = 837
3998 = 306 4086 = 1057
3999 = 320 4094 = 985
4000 = 333 4096 = 643
4001 = 744 4097 = 537
4002 = 749 4099 = 898
4003 = 723 4100 = 515
4004 = 739 4107 = 502
4006=1262 4114 = 976
4008 = 733 4116 = 797
4009 = 1235 4121 = 542
4018 = 742 4123 = 796
4019 = 706 4124 = 933
4020 = 734 4126 = 1019
4021 = 1278 4127 = 992
4023 = 764 4130 = 508
Hr.RMNER OSTKAKA. 33
P. 4133 = 780 P. 42« If) (398
4134 = 940 42()7 690
4135 = 1002 4208 — 488
413() = 917 4271 =«88
4137 = 785 4272 = 456
4138 = 1250 4275 = 743
4139 = 376 4277 = 123(5
4140 = 50() 4283 = 679
4141 == 1249 4294 = 324.
4150 = 390 4295 = 753
4153 = 1248 429(5 = 342
4155 = 562 4297=418
4156 = 927 4298 = 414
4158 = 684 4299 = 777
4159 = 4(32 4300 = 412
416;-5 = 17 4301=420
416(5 = 289 4302 = 779
41(38 = 296 4303 = 1188
4176 = 634 4304 = 402
4180 = 1003 4305 = 431
4189 = 683 4306 = 422
4190 = 458 4308 = 437
4192 = 691 4310 = 463
4193 = 1238 4311=452
419(3 = 459 4313 = 314
4197 = 474 4315 = 732
4203 = 659 4317 = 413
4205 = 1 1 69 43 1 8 = 1030
4210 + 4286 = 682 4319 = 4(56
421(5 = 823 4320 = 1283
4222 = 794 4322 = 444
4224 = 1159 4323 = 4(51
4225 = 1264 . 4324 = 472
4227 = 1187 4325 = 429
4245 = 509 4326 = 438
4251 = 477 4327 = 1044
4253 = 471 4331 = 1217
4263 = 454 4334 = 335
Wii.cKEN, Ostraka. 3
34 n. KAPITEL.
P. 4335 = 719
P. 4386 ^ 1246
4336 = 330
4389 = 849
4337 = 1028
4392 = 1291
4339 = 751
4394 = 1295
4341 = 1201
4397 = 316
4342 = 1231
4398 = 312
4345 = 33(;
4399 = 325
4347 = 755
4400 = 1021
4348 = 382
4404=1304
4349 = 1258
4406 = 315
4350 = 391
4410 = 727
4351 = 648
4411 == 1229
4352 = 3(!0
4413 = 871
4353 = 620
4414 = 857
4354 = 1039
4415 = 697
4355 = 1040
4416 = 875
4356 = 784
4417 = 994
4357 = 1020
4418 = 649
4358 = 526
4419 = 916
4360 = 1174
4420 = 1280
4361 == 674
4422 = 1260
4363 = 517
4423 = 1079
4364=1061
4426 = 699
4365 = 529
4427 = 427
4366 = 1300
4428 = 1076
4367 = 501
4429 = 939
4371 = 1047
4430 = 1013
4372 = 1291
4431 = 934
4373 = 1296
4432 = 485
4374 = 974
4435 = 358
4375 = 799
4436 = 554
4376 = 821
4437 = 843
4378 = 623
4439 = 535
4379 = 385
•4440=1018
4380 = 532
4441 = 800
4382 = 1200
4445 = 997
4383=1175
4446 = 975
4385 = 559
4447- 1162
BERLINER OSTRAKA. 35
p. 4448 =-=680 P. 4491 -- ;5:i9 .
4440 -= 073 4492 — 7(i;5
44Ö0--831 4494- 1179
4451 = 864 4495 = 1078
4452 --= 1006 4496 — 40«
445;]-- 815 449S 776
4454 = 1155 4499 = 1203
4455 = 787 4501=855
4456 = 853 4502 = 511
4457 = 637 4503 = 362
4458 = 364 4504 = 819
4459 = 717 4505 = 827
4460 = 519 4506 ==802
4461 = 1202 4508 = 1056
4462 = 718 4509 = 1288
4464 = 381 . 4511 = 398
4466 = 595 4512 = 326
4467 = 750 4513 -= 550
4468 = 993 4514=1058
4470 = 349 4515 = 1308
4471 = 380 ' 4516 = 885
4472 = 971 4517 = 636
4473 = 625 451« = 963
4474 = 770 4519 = 617
4476 = 1029 4520 = 1053
4478 = 1024 4521=614
4479 = 476 4522 = 672
4480 = 564 4524 = 645
4481 = 546 4525 = 624
4482 = 582 4526 = 524
4483 = 929 4527 = 931
4484 = 689 4528 = 544
4485 = 622 4529 = 1000
4486 = 473 4530 = 858
4487 = 845 4531=561
4488 = 528 4532 = 1059
44S9 = 393 4533 = 460
4490 = 730. 4534 = 618
3*
36 II- KAPITEL.
P. 4535 = 616 P. 4573 = 834
4536 = 1282 4574 -= 654
4537 = 1022 4575 = 866
4538 = 585 4576 = 632
4539 = 635 4577 = 541
4540 = 430 4578 = 445
4541 = 433 4579 = 455
4542 = 1045 4580 = 984
4543 = 626 4581 = 922
4544 = 495 4582 = 525
4545 = 8S4 4583 = 403
4546 = 762 4584 = 552
4547 = 547 4585 = 756
4548 = 778 4586 = 1257
4549 = 1302 4587 = 729
4550 = 590 4588 = 523
4551 = 392 4589 = 543
4552 = 607 4590 = 1046
4553 = 752 4591 = 899
4554 = 1178 4592 = 615
4555 = 951 4593 = 337
4556 = 818 4594 = 786
4557 = 865 4595 = 627
4558 = 586 4596 = 1034
4559 = 619 4597 = 553
4560 = 479 4599 = 1289
4561 = 407 4600 = 882
4562 = 594 4601 = 989
4563 = 944 4602 = 817
4564 = 1302 4626 = 1054
4565 = 937 4669 = 1042
4566 = 924 4670 = 567
4567 = 1213 4674 = 510
4568 = 754 "4675=1060
4569 = 621 4681 = 962
4570 = 1062 4713 = 357
4571=566 4732 = 694
4572 = 610 4743 + 474S = 903
BERLINER OSTEAKA. 37
P. 4757 = 1148 P. 4853 = 397
4758=1147 4S61 = 500
4759 = 982 4862 = (J38
4761 = 498 4863 == 923
476() - 964 5896 = 630 und 881
4768 = 497 5897 -- 1247
4770 = 666 5S98 = 1242
4772 = 943 5899 =- 960
4777 = 869 5900 =- 78S
4781 = 633 6024 -~= 958
4783 = 928 (■.047 = 1263
4789 == 483 6048 = 425
4800 = 631 (;049 = 372
4801 = 507 6051 = 868
4802 = 599 6052 = 1245
4803 = 698 6053 = 1240
4804 = 400 6054 = 968
4805 = 538 6055 = 953
4806 = 720 7860 = 1268
4807 = 527 7861 = 1272
4808 = 367 7862 = 1276
4809 = 378 7863 = 1271
4810 = 835 7865 = 1267
4811=988 7S66 = 1309
4S1(!=^1301 7867 = 1275
4818 = 642 7868 = 1270
4821 = 365 7869 = 1307
4824 = 1244 7870 = 1273
4825 = 1075 7891 = 1306
4850 = 850 7S96 = 1303
4852 = 950
Ausserdem briDgen noch die Nummern 307, 475, 481 und 747
unserer Sammlung Berliner Texte. Doch ist es mir bisher noch
nicht gelungen, die betreffenden Nummern des P. Inventars zu eruiren.
38 n. KAPITEL.
2. Iiouvre.
Die Benutzung der Ostrakonsammlung des Louvre wurde mir
von Herrn Prof. Eug&ne Revillout, couservateur adjoint au Musee
du Louvre, in liebenswürdigster Weise freigestellt, wofür ich ihm
auch hier meinen herzlichsten Dank ausspreche. Meine Copieen
sind im Herbst 18S6 und im Frühling 1887 gemacht. Leider
habe ich seitdem keine Gelegenheit gehabt, die Lesungen zu revi-
diren. Olme Zweifel wird daher eine neue Revision von grossem
Nutzen sein.
Die Concordauz ist folgende:
Louvre 1 (N.690) = 29 Louvre 721S = 1219
2 = 801 7221 = 152
3 = 118 7242 + 7249 = 235
4 = 179 7252 = 814
5 = 297 7253 == 90
6 = 219 7255 = 260
7 = 196 7256 = 876
8 (N. 690) = 234 7260 = 522
8 bis = 231 7291 = 143
9 = 236 7302 = 189
10 (N. 690) = 239 7587/8 = 1 1 96
12 = 251 7644 = 198
13 (N. 690) = 298 7645 = 271
15 (N. 686) = 293 7647 = 155
16 = 1198 7648 = 96
7176 = 1199 7745 = 783
7178 = 222 7747 = 874
7179 = 268 7749 = 804
7184 = 165 7750 = 895
7185 = 292 7752 = 1193
7187 = 281 7753 = 518
7188 = 278 7*754 = 411
7190 = 213 7761=810
7196 = 806 7764 = 836
7204 = 290 7768 = 1052
7209 =- 263 7774 = 663
7211 = 1158 7778 = 1259
LOÜVKE. 3C
Louvre 7791 = 1090
Louvre 8154 = 1208
7799 = 581
8155- -912
7805 = 361
8165 = 556
7807 = 193
8166 = 1251
7894 = 712
81()8 = 736
7945 == 825
8169 = 409
7947 = 1214
8171 ==938
7951 = 651
8177 = 889
7953 = 533
8178 = 588
7955 = 759
8194 = 1243
7962 = 863
8197 = 1008
7963 = 579
8198 = 1015
79()4 = 861
8199 = 3(53
7968 = 1192
8202 = 910
8031 = 1624
8213 = 907
8034 = 639
8214 = 603
8035 = 840
825S = 661
8036 = 1207
8263 = 816
8037 = 598
8268 = 870
8038 = 1007
8304 = 695
8039 = 568
8305 = 998
8041 = 558
8508 = 1071
8042 = 981
8512 = 4>^2
8043 = 492
8515=. 1180
8044 = 406
8534 = 571
8045 = 597
8535 = 883
8050 = 580
8537 = 318
8100 = 322
8546 = 731
8109 = 308
8547 = 629
8135 = 887
8548 = 628
8136 = 913
8559 = 551
8138 + 8196 = 905
8569 = 531
8140 = 878
8574 = 847
8141 = 872
8575 = 979
8144 = 925
8578 = 548
8147 = 1160
8579 =- 565
8152 = 662
8581 = 879
8153 = 687
8582 = 1070
to
II. KAPITEL.
r
Louvre 8585 = 377
Louvre
8674 = 560
8586 = 569
8676 = 947
8590 = 667
8678 = 652
8591 = 891
8681 == 1068
8592 = 830
8689 = 948
8594 = 539
8694 = 656
8613 = 487
8718 = 873
8615 = 880
8727 = 813
8616 = 572
8736 = 545
8631 = 644
8737 = .521
8651 = 1191
8741 = 1149
8652 = 1072
8745 = 1011
8654 == 678
8836 = 1167
8662 = 573
8847 = 726
Ausserdem briugen noch die Nummern 6, 7, 309, 426 und
609 unserer Sammlung Louvretexte, deren Inventarnummer anzu-
geben ich jedoch nicht in der Lage bin. Auf Nr. 7 las ich Nr. 692,
doch ist dies nicht eine Spezialnumnier.
3. Bibliotheque Nationale zu Paris.
Mit gütiger Erlaubnis des Herrn Oniont habe ich 1886/87
folgende Ostraka in der Biblioth&que Nationale copirt:
Supplement Grec 718 = 1173
„ 719 = 299
„ 720 = 240
„ 722 = 221
4. British Museum.
Die Ostraka des British Museum werden im Oriental Depart-
ment conservirt. Die älteren Bestände habe ich zum guten Teil im
Jahre 1886 abgeschrieben. Diese Lesungen konnte ich im Sommer
1895 nochmals revidiren, wobei noch manche neue Lesung ge-
wonnen wurde (vgl. Nachträge). Gleichzeitig habe ich einen kleinen
Teil der mehrere Hunderte zählenden Ostrakonsamnilung, die der
Director der Abteilung, Herr Wallis-Budge, jüngst aus Aegypten
mitgebracht hat, noch in meine Sammlung aufbehmen können
(vgl. Nr. 1335 ff). Sowolil Herrn Lepage-Renouf, der im Jahre
A
LOUVRE — BRITISH MUSEUM. 41
1886, als auch Herrn Wallis-Biult;;e, der 1S95 mir mit der grössten
Liberalität die Loiulouer Ostrakoiischätzc zur Verfügung stellte,
sage ich meinen aufrichtigen Dank. Auch dem principal librarian,
dem hochverehrten Etl. Maunde Thompson, der meine Studien im
British Museum stets auf's freundlichste gefördert hat, möchte ich
nicht verfehlen, hier meinen herzlichen Dank auszusprechen.
Brit. M. 5305 = 191 Brit. M. 5823 = 135
5790 = 304 5824 = 257
5791 = 104 5825 = 178
5791 n+ 141()9 (5791 p.) = 128 5826 = 245
5792 = 51 5827 = 657
5793 = 161 5828 = 13
5794 = 166 5829 = 313
5795 = 113 5831 = 261
579(i=-163 5834 = 216
5799 = 246 5838 = 1337
5800 = 250 5845 = 14
5801 = 181 5846 = 1340
5802 =-188 12070 = 241
5803 -- 176 12086 = 210
5804 = 175 12088 = 256
5807 = 200 12096 = 264
5808 = 199 12103 = 105
5809 = 169 12106 = 214
5810 = 272 12115 = 232
5811 = 201 12116 = 162
5812 = 205 12118 = 38
5813 = 227 12126 = 209
5814 = 238 12135 = 100
5815 = 92 12146 = 2G2
5816 = 217 12150 + 12144= 157
5817 = 218 12159 = 48
5818 = 208 _ 12162 = 254
5819 = 195 " 12165 = 138
5820 = 180 12275 = 893
5821 = 252 12405 = 273
5822 = 15 12423 = 478
42
II. KAl'ITEL.
Brit. M. 12424 = 493
Brit. M. 12674 = 1031
12430 --14(;0
12675 = 340
12432 == 1475
12677 = 396
12441 = 31
12679 = 1393
12452 = 669
12680 = 833
12457 = 668
12681 = 728
I24m -- 244
126M2 = 665
12462=119
12691 = 1434
12467 = 467
12692 = 7i;'.)
12472 = 1051
12693 = 1186
12476 =^ 243
12697 = 761
12477 --=451
12698 = 700
12485 == 19
12699 = 970
12611 ==371
12701 = 584
1261S = 76(;
12703 =^ 826
12623 == 1234
1270(j = 600
12625 = 1190
12707 = 767
12627 = 350
12712 = 646
12629 = 758
12715 = 926
12630 = 1422
12718 = 404
12632 = 920
12722 == 1353
12633 = 714
12731 == 512
12634 = 343
12734 = 327
12635 = 612
13968 (5790 t) = 88
12636 = 765
13969 (5790 a) = 73
12639 = 405
13970 (5791 f) = 106
12640 = 1336
13971 (5790 g) = 86
12642 = 1449
13972 (5788 e) = 56
12647 = 969
13973 (5790 b) = 49
1264.s = 355
13974 (5790 o) = 32
12650 = 387
13975 (5790 c) = 94
12657 = 516
13976 (5790w) = 97
12661 =366
13977 (5791 t; = 87
12662 = 1221
13978 (5790 s) = 76
12664 = 359
13979 (57901) = 98
12665 = 890
13980 (5790 m) = 62
12669= 9S0
13981 (5790 n) = 102
12673 = 760
13982 (5891 a) = 53
BEITIiSH
JIUSEÜM. 46
13983 (5791 b) =
= 81
14058 (5791 n) = 59
13984 (5791 s) =
69
14059 (5788 a) =36
13985 (5791 e) =
= 85
14U(iO (5791 q) = 123
139S7(5790b) =
= 80
14063 = 220
13988 (5790 f) =
= 103
14068 (5789 d) = 274
13989 (5790 k) =
= 60
14103 (5805 A) = 1487
13990 (^5788 e) =
= 74
14112 (5790 p) = 122
13991 (5790 m) =
= 64
14113(5790 0 =-83
13992 (5790 r) =
= 66
141 14 (5790 d)= 26
13993 (5791 m) =
= 1157
14115 (5790 0) = 52
13994 (5790 a) =
= 68
14116 (5790 e) = 10
13995 (5790 n) =
= 72
14117 (5790 d) = 75
1399(i (5788 f) =
= 63
14118 (5790 g) ==61
13997 (5790 f) =
= 194
14119 (5805 b) = 148
13998 = 270
14120 (5790 e) = 127
13999 (5790 t) =
= 207
14121 (5790 u) = 131
14000 (5791 h) =
= 116
14122 (5791 k) = 134
14001 (5790 1) =
= 130
14123 (5790 i) = 140
14002 (5790 g) =
= 65
14129 = 1152
14003 (5790 c) =
= 136
14130 (5789 f) = 255
14004 = 1220
14131 (5790 z) = 78
14014 (5790 r)+ 14051 (5788c)
14137 (5790 p) = 109
==
120
14138 (5890 b) = 9
14011) (5791 i) =
39
14145 = 253
14017 (5791 e) =
= 47
14155(5819d;nachBircli5819c)
14018 (5790 h) =
= 37
+ 14011 (5790 h) = 50
14019 (5790 k) =
= 18
14162 (5791 1) = 132
14020 (5791 j) =
27
14171 (5805 d) = 112
14021 (5790 w) =
= 45
14172 (5805 e) = 202
14022 (5819 i) =
= 279
14175 (5819 m) =288
14023 (5790 x) =
= 34
14183 = 204
14024 (5789 e) =
= 44
14186 = 1218
14034 (5791 V) =
= 55
14189 (5851 a nach Birch)
14041 (5791 d) =
= 25
= 269
14047 (5791 n) =
= 89
14201 = 22
14048 (5791 g) =
= 115
14906 = 40
14(149 (5788 d) =
= 67
14907 = 124
14052 (5790 s) =
= 108
14908 + 15668 = 249
44 U. KAPITEL.
14910 = 186
25621 = 1421
16014= 126
25623 = 1352
16456 -= 464
25625 = 1465
16459 = 1454
25630= 1408
16461 r^ 1252
25631 = 1368
16463 = 1195
25633 = 1423
16464— -781
25636 = 1468
16467 -- 1372
25641 = 1348
1(;468=^555
25666 = 1385
1()471 ^ 1049
25672 = 1428
li;473-^42
25674 = 1420
16474 =-436
25681 = 1418
16475 = 961
25696 = 1436
16482 = 1222
25699 = 1398
16486 = 771
25706 = 1427
16507 = 886
2570!) = 1366
25523 = 1425
25718 = 1485
25527 = 1338
25722 = 1446
25528 = 1392
25726 = 1469
25529 = 1457
25730 = 1474
25530 = 1335
25736 = 1488
25535 = 1472
25739 = 1350
25544 = 1458
25745 = 1384
25545 = 1409
25751 = 1481
25546 = 14S2
25764 = 1383
25550 = 146(i
25769 = 1371
25590 = 1413
25776 = 1416
25593 = 1456
25779 = 1484
25594 = 1424
25788 = 1414
25596 = 1417
25789 = 1459
25597 = 1380
25794 = 1403
25599 = 1406
25803= 1355
25603 = 1437
25804=1410
25605 = 1397
25816 = 1431
25606 = i;U5
25S37-- 1483
2560.S = 1464
25.S40 ^- 1349
25609 = 1359
25S42 = 1377
25616 = 1455
25844 = 1391
UKITISH MUSEUM.
45
25863 == 139()
25957^ 1351
25864 = 1395
25959 = 1402
25868 =- 1342
25962 = 1390
25873 = 1375
25963 == 1354
25875 = 1367
25965 - - 1473
25879 = 1452
25966 = 1387
25883 = 1476
25969 = 1426
25887 -= 1399
25983 = 1432
25893 = 1357
25989 = 1339
25899 = 1479
25997 = 1453
25900 = 1480
25998 = 1415
25901 = 1477
26006 = 1447
25906 = 1405
26008 = 1441
25910 = 1358
26049 = 1363
25914 = 1404
26059 = 1439
25915 = 1429
2(5066 = 1444
25917 = 1346
26078 = 1462
25927 = 1407
26081 = 1401
25936 = 137()
26082 = 1445
25939 = 1430
26084 = 1411
25944 = 1400
26085 = 1394
25952 = 1344
26093 = 1471
25956 = 1412
26115 = 1448
Nur eine Nummer konnte ich nicht identificiren, Nr. 70. Nach
Birch a. a. 0. müsste .sie im British Museum Nr. 5790 o sein, was
aber nicht der Fall ist.
5. Leidener Museum.
Die Leidener 0^'traka werden im A'edfrlandsche Ilvseum van
Oudheden conservirt. Auch diese Sammlung ist erst nach und nach
zu ihrem jetzigen Bestände angewachsen. Den Grundstock bildet
die Sammlung Anastasy, die im .1. 1829 angekauft wurde. Ihr
gehören diejenigen Ostraka an, die nur mit Zahlen numerirt sind.
Die mit BA bezeichneten wurden im J. 1882 aus dem Nachlass des
Herrn Beeftingh in Rotterdam, der sie in Aeg}'pten gesammelt hatte,
gekauft. Endlich die mit Ae. S. bezeichneten sind von J. H. In-^^inger
gesammelt und 1888 dem Leidener Museum geschenkt worden. Als
ich 1886 unter dem Directorat des unvergesslichen Conrad Leemans
46
II. KAPITEL.
dort arbeitete, lialie ich die Ostraka nur wenig berücksichtigt, sodass
ich die Lesungen für dies Buch nachher aus den Leemans'schen
Facsimilia gewinnen musste. Erst 1895 habe ich sie nach den
Originalen revidirt (vgl. Nachträge). Gleichzeitig habe ich mehrere
der neuen Erwerbungen hinzugefügt. Dem Assistenten des Museums,
Herrn Dr. Boeser, der in Abwesenheit des verehrten Directors Herrn
Pleyte mir die Schätze seines Museums in fi-eundlichster Weise zur
Verfügung stellte, sei auch an dieser Stelle mein herzlichster Dank
ausgesprochen.
435 = 1153
448 = 1322
453'^= 295
453*'= 1
455 = 23
456 = 2
457 = 184
459 = 275
461 = 5
462 = 151
BA 200 = 3
Ae. S. 47 = 1319
„ 57 = 1330
„ 58 = 1333
„ 60 = 1327
„ 62 = 1331 .
„ 64 = 1323
Ae. S. 65 = 1326
69 = 1315
72 = 1311
75 = 1324
76 = 1312
77 = 1316
79 = 1328
81 = 1332
84 = 1329
85 = 1317
91 = 1313
93 = 1325
94 = 1314
99 = 1321
124 = 1334
126 = 1320
132 = 1318
6. Rom.
Die O.straka, die in der aegyptischen Abteilung der vatica-
nischen Sammlungen aufbewahrt werden, habe ich im Frühling 1887
mit freimdlicher Erlaubnis des inzwischen verstorbenen Commen-
datore Visconti abgeschrieben. Folgende sind in dies Buch auf-
genommen:
Vat. 1 = 16
3 = 91
4 = 95
5 == 125
6 = 129
7 = 168
10 = 215
LEIDEN — liONN. 47
7. Tmin.
Im Museo Egizio e di antichitä Greco-Bomane (im Palazzo delV
Accademia delle Sclenze) habe icli im Frühling 1 887 mit freundlicher
Erlaubnis der Dircction folgende Ostraka abgeschrieben:
Tur. 14 = 98 18 = 145
15=2(57 19 = 287
16 = 276 20 = 280
17 = 172
8. Florenz.
Aus der aegyptiscben Abteilung des Archäologischen Museums
zu Florenz sind drei Ostraka, die ich im Frühling 1887 copirt
habe, in dies Buch aufgenommen: Flor. 5633 = 147, 56327 (oder
5632,7?) = 185 und ein damals Unuumerirtes = 775.
9. Bonn.
Die Ostrakonsammlung des „Vereins von Altertumsfreunden im
Rheinlande" zu Bonn umfasst 47 Nummern. Sie stammen aus der
Karnaker Sammlung Alired Wiedemann's. Im Jahre 1888 hatte der
Vorsitzende, Herr Prof. Joseph Klein, die grosse Liebenswürdigkeit,
mir diese Ostraka zum Studium in das Berliner Museum zu schicken.
Ihm sowie Herrn Prof. Wiedemann sage ich auch hier nochmals
meinen ergebensten Dank. Der grösste Teil dieser Ostraka ist in
unser Buch aufgenommen, nachdem ich sie früher schon besonders
in dem Jahrbuch des Vereins (s. unten) publicirt hatte. Da die
Bonner Ostraka wenigstens damals keine Spezialnummeru, sondern
nur eine allgemeine Inventarnummer, A. V. 1237, führten, so kann
ich im Folgenden nur die Nummern nennen, die sie in unserem
Buche tragen: 353, 410, 468, 484, 494, 496, 499, 534, 536, 596,
681, 686, 702, 709, 722, 725, 735, 745, 740, 773, 782, 792,
882, 906, 946, 978, 983, 990, 1012, 1069, 1073, 1168, 1170,
1172, 1181, 1209, 1210, 1211, 1212, 1241.
10. München.
Das Müucheuer Antiquarium in der Neuen Pinakothek besitzt eine
Anzahl von griechischen Ostraka, die in Glaskästen ausgestellt sind.
48 II. KAPITEL.
Mit freundlic'lier Erlaubnis des inzwischen verstorbenen Direetors,
Herrn Prof. Lautli, IkiIk' ich in der Sammlung gearbeitet und habe,
bei beschränkter Zeit, wenigstens einen Teil der Urkunden für unser
Buch druckfertig gemacht. Da ich meine Lesungen seit 1888 nicht
revidirt habe, dürfte jetzt Manches nachzutragen sein. Spezial-
nummern führten die Scherben damals nicht. Ich kann hier also
nur angeben, welche Nummern unseres Buches Münchener Ostraka
bringen. Es sind folgende: 12, 30, 4(3, 54, öS, 99, 141, ir)9, 171,
177, 187, 197, 212, 223, 224, 229, 248, 259, 284, 300, 1151, 1197.
11. Ashmolean Museixm in Oxford.
Das Ashmolean Museum besitzt mehrere griechische Ostraka,
von denen 3 in unser Buch aufgenommen sind. Die Originale zu
prüfen habe ich leider nicht Gelegenheit genommen; meine Lesungen
basiren auf Sayce's Publication. Es sind folgende Xummern:
Ashmol. 121S^. 111
1221 = 117
1222= 57
12. Wien.
Die Ostraka der Wiener Sammlungen habe ich nicht im Original
gesehen. Meine Lesungen beruhen nur auf Publicationen. Nur
Eines (1623) konnte ich auf Grund einer photographischen Re-
production lesen. Folgende Nummern unserer Sammlung enthalten
Wiener Texte: 247, 283, 999, 1623.
13. Lemgo (Lippe).
Dem Gymnasium zu Lemgo gehören 6 Ostraka, die ein früheivir
Schüler der Anstalt, der Verlagsbuchhändler Langewort (in Berlin),
in Aegypten gekauft und dem Gymnasium geschenkt hat. Herrn
Director A. Jordan sage ich auch hier nochmals meinen herzlichsten
Dank für die grosse Liebenswürdigkeit, mit der er mir auf meine
Bitte die Originale nach Breslau zum Studium geschickt hat (1894).
Folgende vier Nummern enthalten Lemgoer Texte: 1277, 1292,
1299, 1310.
Abgesehen von diesen öffentlichen Sammlungen gelang es mir
auch manche Ostraka kennen zu lernen, die sich im Privatbesitz
befinden. Ich führe die Besitzer in alphabetischer Reihenfolge auf.
rEIVATSAMJILUNGEN. 49
14. C. Applcton.
Dem verstorbenen C Appleton gehörte unsere Nummer 150.
Wo sicli (las Original befindet, weis.« ieli nicht zu sagen. Meine
Publication liasirt auf der Mitteilung Rireli's.
15. Bankes.
W. Bankes, der glückliche Finder der llias Bankesiana und des
liilinguen Obelisken von Philae, hat am Anfang unseres Jahrhunderts
auch 7 Osti-aka auf Elephantine geftinden. Als ich im Sommer 1886
sein herrliches Schloss in Kingston -Hall ( Dorsetshire) zwecks
des Studiums jenes Obelisken besuchte, habe ich mich vergeblich
nach diesen Ostraka umgesehen. Auch der jetzige Besitzer, Herr
Ralph Bankes, wusste mir keine Auskunft über sie zu geben. So
blieb ich für meine Publication auf die Facsimilia angewiesen, die
Peter Paul Dobree in seinen „Miscellaneous notes on inscriptions"
(nach seinem Tode erschienen, Cambridge 1835) mitgeteilt hat. Die
Kenntnis dieses seltenen Buches verdanke ich Richard Schoene, ohne
dessen Hinweis ich diese Ostraka jedenfalls übersehen hätte. Folgende
Nummern unserer Sammlung bieten Bankes-Ostraka : 101, 133, 174,
183, 282, 303.
16. GrevlUe ehester.
Nach Sayce's Angabe befindet sich unsere Nummer 1156 im
Besitz von Greville Chester. Meine Publication beruht auf der von
Sayce.
17. Aquila Dodgson.
Nach Birch's Mitteilung befindet sieh unsere Nummer 71 im
Besitz von Aquila Dodgson. Meine Lesungen beruhen auf der Publi-
cation von Birch.
18. Eisenlohr.
Herr Prof. Eisenlohr in Heidelberg hatte vor mehreren Jahren
die grosse Freundlichkeit, mü- einige ihm gehörige Ostraka nach
Berlin zum Studium zu schicken. Zwei davon habe ich in imsere
Sammlung aufgenommen, als Nr. 650 und 987.
19. Finlay.
Der Collection Finlay zu Athen gehört unsere Nummer 242
an. Das Original habe ich nicht gesehen.
WiLCKUN. Ostraka. *
50 n. KAPITEL.
20. rröhner.
In der reiolien Privatsammluug von Wilhelm Fröhupr (Paris)
befinden sicli mehrere Ostraka, von denen ich mit seiner freundlichen
Erlaubnis vier in meine Samnilunu- aufgenommen habe, als Nr. 21,
24, 79, 1177.
21. Gau.
Ueber die Schicksale der vom Architekten Gau 1819 gefundenen
Oistraka von Dakkeh habe ich oben S. 20 berichtet. In unserer
Sammlung gehören ihr Nr. 1128—1146 und 1223 an. Meine
Lesungen sind nach Taf. VIII und IX des unten genannten Denk-
mälerwerkes von Gau gewonnen.
22. Hess.
Herrn Prof. Jean Jacques Hess in Freiburg i. d. Schweiz bin ich
zu grossem Dank verbunden, dass er mir seine kleine, aber ganz
ausgezeichnete Ostrakonsammlung, die er jüngst in Aegypten erworben
hat, zum Studium nach Breslau geschickt hat (1895). Die Hess'-
schen Ostraka gehören zu den interessantesten und best erhaltenen
Stücken unserer Sammlung. Ich habe 15 Nummern in imser Buch
autgenommen Tvon Nr. 1608 — 1622).
23. Charles H. Keene.
Zwei im Besitz des Herrn Charles H. Keene befindliche Ostraka
habe ich unter Nr. 1228 und 12.'39 publicirt. Die Originale habe
ich nicht gesehen.
24. Collection Marcel.
Zwei Ostraka der Collection Marcel in Lausanne gebe ich unter
Nr. 139 und 302 nach den Abschriften Wilhelm Fröhner's, die dieser
mir freundlichst überliess.
25. Flinders Petrie.
Flinders Petrie, der mit glücklichem Spaten so manche alte
aegyptische Stadt aus dem Schutt wieder hervorgezaubert hat, hat neben
anderen vielen Schätzen auch eine grössere Ostrakonsammlung heim-
gebracht, die zur Zeit im Petrie-Museum im Uni versity-College zu London
conservirt wird. Auf meine Ritte hat Herr Petrie mir im Sommer
rKIVATSAMMLUXGEN. 51
1895 diese Sammlung auf das bereitwilligste zum Studium zur
Verfügung gestellt, wofür ihm meiu wärmster Dank gebührt. Bei
beschränkter Zeit konnte ich nur einen kleinen Teil davon meinem
Buche einverleiben. Hoffentlich werden nucli die anderen bald publi-
cirt werden. Da ich die von mir abgericluiebciu'ii Ostraka auf AVunsch
des Herrn Petric mit fortlaufenden Xummcrn versehen habe, so
gebe ich hier die Konkordanz dieser mit den Nummern, die sie in
meinem Buch erhalten haben:
Petrie 1 = 1381 Petrie 19 - 1360
2 = 1378 20-1440
3 = 1382 21. 1369
4 = 1438 22 -- 1347
5 = 1379 23 = 148G
6 = 1388 24 = 1461
7 = 1341 25 =- 1435
8 = 1419 26 = 1442
9 = 1386 27 == 1389
10 = 1361 28 = 1365
11 = 1343 29 = 1370
12 = 1364 30 = 1433
13 = 1467 31 = 1463
14 == 1451 32 = 1356
15 = 1373 33 = 1443
16 = 1362 34 = 1450
17 = 1478 35 = 1470.
18 = 1374
26. Du Rocher.
Nr. 233 unserer Sammlung war, nach Lenormant's Angabe, im
Jahre 1851 im Besitz eines Herrn du Rocher. Hase hatte es damals
in seinem cours de paleographie seinen Schülern vorgelegt. Weiteres
ist mir über den Verbleib dieses Ostrakon nichts bekannt.
27. A. H. Sayce.
Die Privatsammlung von Sayce gehört zu den bedeutendsten
Ostrakonsammlungen überhaupt. Er ist wohl der Einzige, der schon
seit Jahren systematisch Nachforschungen nach Ostraka in Aegypten
anstellt, und dies mit glänzendstem Erfolg. Ueber tausend Ostraka
4*
52 II. KAPITEL.
liegen im Queen's College zu Oxford in seiner Wohnung. Etwa
eben so viele aber befinden sich, so schreibt er mir, auf seiner Daha-
bive auf dem Nil. Von ganzem Herzen danke ich Mr. Sayce für die
unübertreffliche Liberalität und Selbstlosigkeit, mit der er, sowohl
188(5 als auch wieder 1895, mir seine Oxforder Schätze zur Ver-
fügung gestellt hat. Hier erübrigt es nur noch, ziffernmässig fest-
zustellen, wieviel mein Buch ihm verdankt. Di\ die Ostraka von
Sayce bis jetzt keine Si)ozialnuinmeru tragen, so kann ich hier nur
die Nummern unserer Sammlungen aufführen. Ich bemerke, dass
die Spezialnummern, die ich iin Anhang III habe mit abdrucken
lassen, sich nur auf die Reihenfolge beziehen, in der ich meine Copieeii
angefertigt habe. Da dies ohne allgemeines Interesse ist, so bleiben
sie hier unberücksichtigt. Folgende Nummern gehören der Sammlung
Sayce an: 266, 341, 344, 348, 354, 369, 379, 389, 394, 401,
424, 453, 457, 486, 577, 591, 605, 613, 647, 664, 703, 704,
740, 741, 757, 791, 803, 805, 896, 908, 930, 932, 942, 954,
995, 1005, 1016, 1032, 1035, 1037, 1065, 1067, 1080—1088,
1166, 1182 — 1184, 1189, 121(;, 1225, 1233, 1253 — 1255,
1489—1607.
28. Walker.
Als ich 1886 im British Museum arbeitete, wiu-den mir einige
Ostraka zur Begutaclitung vorgelegt, die ein Mr. Walker sich aus
Aegypten mitgebracht hatte. Mit gütiger Erlaubnis des Besitzers
habe ich sie abgeschrieben und vier davon als Nr. 82, 158, 164, 203
in meine Sammlung aufgenommen.
29. Wückfen.
Ich selbst bin ohne mein Zuthun glücklicher Besitzer einer
hübschen kleinen Ostrakonsammlung geworden. Mein väterlicher
Freund Georg Ebers, der verstorbene Aegyptologe Heinrich Brugsch
und der um die Ostraka so hoch verdiente Wilhelm Fröhuer waren
die gütigen Geber. In diesem Buche sind folgende Nummern meiner
Privatsammlung entnommen: 8, 43, 173, 226, 842, 1017, 1027,
1055, 1164, 1194, 1226, 1266. Ich bemerke, dass auch die 6 Otralai
darunter sind, die in den beigefügten Tafeln in Facsimile reproducirt
worden sind. Ich war hierfür auf meine eigene Sammlung angewiesen,
da ich nicht fremde Stücke in das Leipziger Institut .schicken konnte.
I
PRIVATSAMMLUNGEN — ANORDNUNG DER TEXTE. 5i^
30. Besitzer unbekannt.
Ich stelle hier diejenigen Nummern zusammen, die ich nur aus
rublicationen kenne, ohne ihren Aufbewahrungsort angeben zu
können. Es sind Nr. 114, 144, NC, l.")i;, 170, '-'OD, 2-2^. Zwei
davon, 146 und 228, sollen von Belzoni naeh iMigland gebracht
worden sein ; doch ist mir Genaueres darüber nicht bekannt.
Endlich liabe ich noch daraufhinzuweisen, dass wir es in 2 Fällen,
in Nr. 192 und 2o(), aus Gründen, die dort angeführt sind, wahr-
scheinlich mit Fälschungen Lenormant's zu thun haben. Nicht als
ob er versucht hätte, falsche Originale herzustellen; sondern erdichtete
Texte, so scheint es, hat er publicirt, die er angeblieh auf Ostraka
gelesen haben will.
Die Anordnung der Texte im IL Buche ist nach folgenden
Gesichtspunkten getroffen worden. Die Texte sind zunächst nach den
Fundorten gesondert. Innerhalb der so entstehenden Rubriken sind
die Quittungen in der Weise geordnet, dass in chronologischer Folge
erst die über Geldzahlungen, dann die über Naturallieferungen,
endlich die über Zahlungen mit ungenanntem Zahlungsmittel auf-
geführt sind. In Anhang I sind darauf mehrere Texte zusammen-
gestellt, die nicht Quittungen enthalte», sondern nur die anderweitige
Verwendung der Scherben illustriren sollen. In Anhang II, der
wieder Quittungen bringt, ist dasselbe Aiiordnungsprincip durch-
geführt wie vorher in dem Hauptteil. Dagegen habe ich, z. T.
aus rein praktischen Gründen, geglaubt, in Anhang III, den
ich erst in der zwölften Stunde, nach meiner letzten englischen
Reise (1895), schaffen konnte, von diesem System absehen zu
sollen. Ich habe hier die Texte lediglich nach den Museen, in
denen sie conservirt werden, gesondert und gebe sie innerhalb dieser
Rubriken ohne Rücksicht auf ihren Inhalt in chronologischer Folge.
Die Unregelmässigkeit, die hierdurch sowie überhaupt durch die
Anhänge entstanden ist, möge mau damit eutschuldigen , dass mir
während der Arbeit fortwährend neues Material zugeflossen ist. Icli
hielt es für besser, diese kleine I^nbequemlichkeit mit in Kauf zu
nehmen, als darum auf die neuen Quellen zu verzichten. Mau
druckt eben nicht ungestraft sieben .Jahre au einem Buche!
54 II. KAi'iTi:i,.
Zum Sehluss möchte ich noch ein Wort über die äussere Cou-
servirung der Ostraka sagen. Im Allgemeinen kann man es ja
nur mit Bewunderung hervorheben, wie vortrefi'lic-h diese Urkunden, '
die doch durchschnittlich 1500 — 2000 Jahre alt sind, sich erhalten
haben. Die Schriftzüge sind meist von einer Klarheit und Frische,
die Tinte von einer Schwärze, dass man oft glauben könnte, der
Text sei erst heute geschrieben. Diese staunenswerte Conservirung
verdanken wir dem aegyptischen Sande, unter dem die Scherben
bis jetzt geruht haben. Leider ist zu constatiren, dass die Ostraka,
wenn sie dieser schützenden Hülle beraubt werden und in die jMuseen
gelangen, allinäblieli anfangen zu verfallen! Wenigstens gilt
das von denen, die in unser nordisches Klima kommen. Zum
Glück scheinen nicht alle in gleicher Weise der Gefahr ausgesetzt
zu sein. Icli habe beobachtet, dass die Ostraka aus Elephantine,
die zum grössten Teil schon seit dem Anfang des Jahrhunderts in
unseren Museen liegen, sich vortrefflich erhalten und keine Spur
eines Zerfalles zeigen. Dagegen sind leider die Karuaker Ostraka,
die doch erst seit Anfang der achtziger Jahre unsere Museen füllen,
fast sämmtlich als Todeskandiilaten zu bezeichnen. Der Grund für
diese Erscheinung kann wohl nur in der verschiedenen chemischen
Zusammensetzung des an den beiden Orten verwendeten Materials
gesucht werden. Es scheint, dass das thebanische Thonmaterial
ganz besonders salzhaltig ist, während das von Elephantine relativ
salzfrei ist, denn Salzkrystalle sind es, die unsere Ostraka zer-
fressen. Aus dem Innern der Scherben schiessen allmählich sclmee-
weisse Salzkrystalle zu Hunderten und Tausenden hervor und zer-
stören nach und nach die mit Schrift bedeckte Oberfläche. Ich
habe diesen Process in den verschiedensten Stadien leider nur zu
oft beobachten können, namentlich in Berlin und London. In beiden
Sammlungen ist es mir mehrfach vorgekommen, dass Ostraka, die
ich noch vor einigen Jalu-en als völlig unversehrte Urkunden habe
entziflein können, hoffnungslos zerstört mir wieder vor Augen ge-
kommen sind. So steht es, um ein Beispiel 'zu geben, mit unserer
Nr. 340, die ich 1886 im British Museum noch vollständig lesen
konnte, 1895 aber als völlig zerfressen bei Seite legen musste.
Solche Stücke sind meist bis zu einer Höhe von etwa 'j'j Centimeter
oder mehr mit einem dichten Wald weisser Krystalle bedockt. Hat
die Oberfläche der Scherbe in sich festen Zusammenhang, so zer-
CONSERVIRUNG DER OSTRAKA. 55
.S]irengen die von iiiiuii licrvorschiessenden Krystalle sie und iragen
tlauii die einzelnen Friigmentclien mit samrat den iSclirift/.ügcn bis zu
verscliiedener Hölie empor. Am markantesten trat mir ein solcher
Fall in unserer Nr. 714 entgegen, als ich sie 1895 in London wieder-
sah. Solehe Stücke sind natürlich verloren, denn ohne Anstrengung
könnte man die Krystalle mit sainmt den lieschriehcnon Thonfrag-
mentchen vic die l-^'locken einer Butterlilunie hiuwegblasen. Weniger
gefährlich sind die Scherben, deren übcrHäche ])orös genug ist, um die
Krystalle hindurchsehiessen zu lassen. Dann findet eine Zertrümmerung
der Übertiiiehc nicht statt, sie ist nur mit jenem weissen Wald betleckt.
In solchen Fällen lässt sich wenigstens für den Augeidilick dem
Uebel abhelfen. So habe ich 1895 im British Museum mit Er-
laubnis der Beamten in vielen Fällen die weisse Krystalldeeke mit
einem weichen Pinsel oder auch einem feuchten Schwamm beseitigt,
worauf die Schrift wieder klar zu Tage lag. Alter freilich nützt
diese Manipulation auch nur für einige Zeit; die Krystalle kehren
doch wieder und setzen ihr Zerstörungswerk fort. — Ich habe mich
im Vorstehenden nur darum meist auf die Londoner Sammlung be-
zogen, weil ich in ihr zuletzt Gelegenheit hatte, diese Dinge zu
untersuchen. Mit anderen Sammlungen wird es ganz ähnlich stehen.
Wie lässt sich diesem Uebel steuern? Auch die sorgfaltigste
Verpackung ist völlig nutzlos. Im British Museum, wo jede einzelne
Scherbe in einer besonderen verschlossenen PapjJschachtel liegt, ist
die Zerstörung doch vorwärts geschritten. Es scheint, dass man in
Berlin jetzt ein wirksames Mittel gefunden hat. Der Chemiker der
königlichen Museen, Herr Dr. Kathgen, hat seit einiger Zeit ange-
fangen, die Berliner Ostraka in Wasser auszulaugen, und verspricht sich
hiervon den Erfolg, dass einer weiteren Zerstörung vorgebeugt wird.
Die bisherigen Versuche sollen sehr vertrauenerw'eckend sein. (3b
das Mittel auf die Dauer hilft, nniss die Zeit lehren.
Einstweilen möge man aus dem oben dargelegten Thatbestande
die Consequenz ziehen, dass Jedermann, der Ostraka besitzt,
im Besonderen auch jedes Museum, so schnell wie irgend
möglich die Texte der Oeffentlichkeit übergebe, noch
ehe es zu spät ist. Bei besonders wichtigen Stücken aber sollte
man es nicht versäumen, wenn die Mittel irgend dazu da sind,
sie durch ]ihotographisehe Tteproductioncn für alle Zeiten festznlialten,
denn schon in wenigen Jahren kann die Schrift völlig zerstört sein.
56 II. KAPITEL.
Wer ein Ostrakon entziffert, möge ferner ausser der Transcription
sich mit Bleistift eine Abzeichnung des Textes machen, oder er
möge, wie ich es gethaii lial)e, wenigstens die schwierigeren Schrift-
i'omiilexe, die irgend welchen Zweifeln betreffs der Lesung unterliegen
könnten, mit möglichster Accuratesse nachzeichnen. Es ist bei der
Schwierigkeit der Texte meist ja ganz unmöglich, gleich im ersten
Austurm alle Rätsel zu lösen, und es bedarf meist einer immer wieder-
holten Prüfung. Solche Abzeichnungen, wenn sie gut gemacht sind,
können bis zu einem gewissen Grade das Original ersetzen und erhalten
einen bleibenden Wert, sobald das Original etwa den Krystallen er-
legen ist.
Ostrakonliteratur.
Publicationen und Spezialarbeiten.
F. C. Gau, Neu entdeckte Denkmäler von Nubien (gezeichnet und
vermessen 1819). Stuttg., Paris 1822. Darin: Inschriften in
Nubien und Aeg3-pten. Ostraka auf Taf VIII und IX. Com-
mentar dazu von B. G. Niebuhr, S. 18 — 20.
E. H. ToELKEN, Reise des Generals von Minutoli zum Tempel des
Jupiter Ammon etc., Berlin 1824. Taf XXXII, 17 u. 18,
dazu Erklärungen von Buttmann auf S. 420 ff.
Thomas Young, Hieroglyphica, Lond. 1823. Taf. LIII — LV.
Otfeied Müller, Götting. Gelehrt. Anzeigen 1827, 1529 ff.
C. J. C. Reuvens, LettresilM.Letromie, Leide 1830. III. S. 50—59.
Peter Paul Dobree, Miscellaneous notes on inscriptious, Cam-
bridge 1835.
Fran^ois Lenormant, Revue Archcologiq ue VIII 1851, S. 464 iV.
Derselbe, Philologus XXV, S. 531.
Franz, Corp. inscript. Graec. III (Berlin 1853) n. 4863''— 4891
und 5109, Nr. 1- — 37. In letztere Publication sind allerdings
aus Missverständnis auch koptische Ostraka (Nr. 20, 25, 26) und
ein demotisches (Nr. 27j geraten.
Egger, MemoLres de l'Acad. des Inscript. XXI. Paris 1857. S. 377 ff.
Conrad Lkemans, Aegj'ptische Monumenten van het Nederlandsche
Museum van Oudheden te Leiden. II. Abth., S. CCXXXII n.435f.
Derselbe, in den Mededeelingen der konink. Akademie van
Wetenschappen, Afdeeling Letterkunde X 1866 um! XI 1868.
OSTRAKOXLITERATUK. 57
Hase, Notices et Extraits d. JMnmiscrits de hi Bibl. Iniji. XVIII
tonie 2, S. 427— 433 (mitgetpiltvouBrimetdePresle), Paris ISfJö.
Wilhelm Fröhner, Revue Archeolog. N. S. XI, S. 422 ff', und XII,
S. 30 ff. Paris 1865/66.
Der.selbe, Catalogue de la Collectiou A. Raife (1867), S. Ö4.
DuMONT, riavowpa XVIII, S. 418. Atlien 1867. Vgl. Revue Ar-
clieolog. N. S. XIX (1869), S. 226.
GiÄCOMO LuMBROSo, Atti deir Acad. d. seienze di Toriuo IV (1869),
S. 704 und VII (1871), S. 215 ff.
Alfred Wiedemann, Revue Egyptol. II (1882), S. 346 ff.
Derselbe, Proeeedings of the Society of Bibl. Archeolog. VI (1884),
S. 207 ff.
Samuel Birch, Proceed. of tbe Soc. of Bibl. Archool. V (1883),
S. 84 ff., 124 ff. und 158 ff.
Sayce, Proceed. of the Soc. of Bibl. Archeol. VII (1884), 8. 11 ff.
VII (1885), S. 80, 195 ff
Derselbe, Journal of Helleuic Stud. I, S. 92.
Derselbe, bei Mahaffy, Flinders Petr. Pap. II, S. 43/44.
Palaeographical Society, II. Serie, I Nr. 1 ff.
Karl Wessely, Wien. Stud. VII, S. 72 ff VIII, S. 118.
E. Revillout et Wilcken, Revue Egyptol. IV (1885), S. 183 ff.,
VI (1891), S. 7ff
Keexe-Mahaffy, Journal of Hellen. Stud. XIII (1892/93), S. 121.
Führer durch die Ausstellung Pap. Erzherz. Rainer (1894), S. 10.
Eugene Revillout, Melanges sur la metrologie, l'economie politique
et l'histoire de l'aucienue Egypte, Paris 1895.
Endlich habe ich selbst, abgesehen von der mit Revillout ge-
meinschaftlich herausgegebenen Publication, au folgenden
Stellen über Ostraka gehandelt:
Actenstücke aus der Kgl. Bank zu Theben, Abhandl. Pr. Akad. d.
Wiss. 1886, S. 59.
Hermes XXII (1887), S. 634.
Berlin. Philol. Wochenschr. 29. Sept. 1888, S. 1208.
Jahrbuch d. Vereins v. Altertumsfr. i. Rheinl. LXXXVI (1888),
S. 231 ff
Archäolog. Gesellschaft zu Berlin, :Mai 1889. Vgl. Arehäolog.
Anzeiger.
III. KAPITEL.
Die Formulare der Quittungen.
Die wisseuschaftliche Behaudlung einer Sammlung von Quit-
tungen wird am besten mit einer Untersuchung der Formen, in
denen sie gehalten sind, beginnen. Wenn sich dabei herausstellt,
dass sieh verschiedene feste Schemata oder Formulare, zu verschie-
deneu Zeiten und zu verschiedenen Zwecken angewendet, consta-
tiz'en lassen, so ist diese Erkenntnis nicht nur für die Geschichte
des Urkundenwesens im Allgemeinen ein Gewinn, sondern sie wird
auch zur Interpretation der Einzelurkunde ein wichtiges Hilfsmittel,
ja die • unerlässliehe Vorbedingung sein. Ich habe daher schon in
meiner Vorarbeit im Rheinischen Jahrbuch, so gut es damals ging,
versucht, aus der Fülle der Erscheinungen feste Schemata zu ab-
strahiren. Soweit mir bekannt, haben diese Ausführungen inzwischen
keinen Widerspruch von anderer Seite erfahren, i) Ich selbst aber
bin seitdem zu teilweise abweichenden Resultaten gelangt. Die fort-
gesetzte Beschäftigung mit diesen Urkunden hat mich inzwischen zu
der besseren Erkenntnis geführt, dass diese Schemata nicht verschiedene
Formen sind, die gleich wertig nebeneinander existirten und be-
liebig gewählt werden konnten, sondern dass wenigstens z. T. den
') Vgl. K. Wessely, Deukschr. Wien. Akad. 37' (1889) S. 200, 213/4,
der meme Resultate unverändert aeceptirt und sie zur Erklärung der späteren
(^uittuuffsformuliire verwertet. Auch der historische lü'ickhlick auf S. 2 23/4 ist
— trotz des felilendeu Quellennachweises — im Wesentlichen nur eine wörtliche
Wiedergabe meines Schema's im Rhein. Jahrb. S. 245 (unter 1, 2, 3). — Soweit
ich Revillout's Melanges durchgesehen habe, lialten auch sie an meiner früheren
Auffa-ssung fest.
DIE FOKMULAEE DER QUITTUNGEN. 59
versfhiedcncn Foriucii aucli ein verschiedener Inhalt, ein verschiedener
Zweck eigentümlich ist. Der Fortschritt besteht vor alh'iii in der
Erkenntnis, dass die Quittungen nicht alle, wie ich damals annahm
und bis jetzt allgemein angenommen wurde, an die Steuerzahler
addressirt .*ind, sondern z. T. von den Trapeziten und Sito-
logen an die Steuererheber gerichtet sind. Diese Urkunden
rücken damit in ein ganz neues Licht, und unsere Vorstellungen von
der Steuererhebung werden damit wesentlich verschoben, ja die letzten
Fragen nach dem Zweck dieser Quittungen müssen von Neuem beant-
wortet werden. In der folgenden Uebersicht über die Formulare werde
ich im einzelnen diese neue Ansieht zu begründen haben. Hier will
ich nur vorausschicken, dass abgesehen von Bedenken, die mir schon
früher aufgetaucht waren und auf die ich nicht weiter zurückkommen
will, vor allem ein von Sayce mir freundlichst überlassenes Ostrakon
es war (jetzt Kr. 1255), das mich auf den richtigen Weg gebracht
hat. An der Stelle, an der wir früher den Steuerzahler suchten, steht
hier: St[Jitov 'la^apou iceiX^^ü:;, d. h. der Steuerpächter. Als
ich daraufhin diese ganze Gruppe durchmusterte, stellte sich heraus,
dass weder in den Quittungen der Trapeza noch in denen des
Thesauros irgend welche Indicien dagegen sprechen, diese Erkenntnis
wenigstens für denselben Ort, liir Theben, zu verallgemeinern, ja
dass sogar Manches dafür spricht, wie z. B. die hohen Summen,
die oft in diesen Fällen begegnen, die Erwähnung der Com-
pagnons u. A. Damit war das Resultat gewonnen, dass in den
nach einem gewissen Schema abgefassten Quittungen der Trapeza
und des Thesauros — die übrigens auf die Ptolemäerzeit beschränkt
sind — nicht den Steuerzahlern, sondern den Steuererhebern quittirt
wird. Eine zweite wichtige Neuerung besteht in der Erkenntnis,
dass die mit Silypa^isv (oder ähnlich) beginnenden Quittungen aus
Theben nicht vom Steuererheber wie in Syene-Elephantine, sondern
von der Bank ausgestellt sind. Dies wurde mir erst bei meiner
jüngsten Anwesenheit im British Museum zur Gewissheit (durch
Nr. 1.387), und wird unten genauer zu begründen sein.
Ich brauche wohl nicht hervorzuheben, dass die im Folgenden
aufgestellten Formulare nicht etwa mit eiserner Notwendigkeit von
jedem qmttirenden Beamten zu befolgen waren. Es sind vielmehr
traditionelle Schemata, deren sich zu bedienen Usus war, von denen
aber auch nach dem Geschmack des Einzelnen nach dieser oder
60 III- KAPITEL.
jeuer Riclitunü: hin — wenn •.lucli nur in Kleinigkeiten — abge-
wichen werden konnte. Ich lial)e es in diesem Zusammenhange
uicht für nötig befunden, alle die kleinen Varietäten, die indivi-
duellen Launen ihr Dasein verdanken, mit zu notiren, sondern
habe nur die grossen durchgehenden Züge zu fassen versucht.
Ich behandle zunächst die in Theben gebräuchlichen Formulare,
weil hierfür das reichste Material vorliegt, und sich daher an dieses
die Erörterungen am besten anschliessen. Darauf gebe ich die von
Syene-Elephautine u. s. w. Die lokale Unterscheidung war nötig, weil,
wie die Vergleichung ergeben wird, die Formulare verschiedener Städte
gewisse lokale Unterschiede zeigen. Im grossen und ganzen freilich
treten die Uebereinstimmungen stärker hervor als die Differenzen.
In der folgenden Uebersicht bezeichne ich der Kürze wegen
als „Erheber" denjenigen, der die Abgaben eintreibt, gleichviel ob
er ein Pächter (xeXiovYjS, [J.iaxl't.oxrj;) oder ein mit der Eintreibung
der Steuern von der Regierung Beauftragter ist (TCpäxxtop). Den,
der zahlt, nenne ich kurz den „Zahler", mag er Geld oder Getreide
liefern. Die für die verschiedenen Formulare charakteristischen
griechischen Wörter sind beibehalten. Mag dies Gemisch von
griechischen und deutschen Worten geschmacklos erscheinen, so ist's
doch praktisch. Ich habe die sämmtlichen Belegstellen, die meine
Sammlung bietet, hinzugefügt, weil damit zugleich meine Auffassung
von dem Charakter jeder einzelnen Urkunde gegeben ist.
Theben imd Heriiionthis.')
Quittungen über Geldzahlungen.
A. rtolemäerzeit.
T. Quittungen, die der Erheber ausstellt.
1.
Datum {Jahr, Monat, Taij) — f'x«i — der Erheber — von
(jittQo) dem Zahler — für Abgabe — Summe.
Für diese altertümliche, schlichte Art bietet unsere Sammlung
nur ein einziges Beispiel, Nr. 343, aus der Zeit des Philadelphos
') Ich habe das benaclibarte Hermonthis mit Tlipl)en zusammen beliandelt,
weil ieli keiueu Unterschied in den Fcirmularen der beiden Städte gefunden
THEBANISniE KHII ICllKRQUITTUNOEN AfS l'TOl.KMÄEKZEIT. Ol
(a. 255/4). Ich gluubti" rlennooh eine eigene Ruhrik danuis maclicn
zu sollen, zumal auch ein (sein- verwischtes) Ostrakon der Berliner
Sammlung, das ich mir früher als „Wiedemann 2" notirt, aber
wegen der Unvollständigkeit meiner Copie nicht in dies Buch auf-
genommen habe, dasselbe Schema zeigt : [^]oy naö[v'.] rq iyzi i OE'.va
Tiapd tgO Sstvo?. Auch dieses gehört ins III. Jahrh. vor Ciir. — Dass
in 343 IIpwTOYEVYji; wirklieh der Erheber und Ilan'jTT;? der Zahler
ist, lässt sieh zwar nicht direct beweisen. Doch halte ich die andere
Möglichkeit, dass Ersterer der Trajiezit und Letzterer etwa der
Erheber wäre, für äusserst unwahrscheinlich. Es wäre jedenfalls
ohne Beispiel, dass in dieser Weise ein Trapezit quittirte. Dagegen
heisst es im Pap. Leidens. Q aus Syene, der (aus dem J. 2G0/59) das-
selbe Schema hat, ausdrücklich: "Eysc Ntxavwp 7:paxx(i)p.') Hier
ist der Quittungsaussteller also sicher der Erheber, freilich der
Quittungsempfänger nicht der Zahler, sondern ein Beamter.
•>
Der Erheber — dem Zahler — yuiQSii'. h'./oy (oder änifM oder
xki^ai) — für Abgabe — Summe. Dahnn. Vgl. 318, 320, 323,
328, 333, 338, 1028, 1029, 1229, 1231, 1233, 1278, 1314, 1316,
1344, 1361, 1490, 1495, 1510, 1523, 1530, 1535-1537, wohl
alle aus dem II. Jahrh. vor Chr.
Dies ist die übliche Form, in der die Erheber dem Zahler
quittiren. Sie ahmt offenbar den Briefstil nach. Es ist jedoch kein
vollständiger Brief, denn es fehlt am Schluss vor dem Datum eine
Grussformel wie eppwao.
Das Verbum TaaaeaS-at, das hier in demselben Sinne stehen
muss wie in den sogenannten „trapezitischen Eegistern", hat beim
Bekanntwerden dieser letzteren Urkunden am Anfang unseres Jahr-
habe. Vgl. jedoch Anm. 2 S. 74. Auch im griechischen Textdruck .sind beide
zusammen behandelt worden. Vielleicht wäre eine Trennung besser gewesen.
^j Dieser Papyrus, der von Leemans nicht ganz fehlerlos publicirt worden
ist, lautet nach- meiner am Original gewonnenen Lesung folgendermassen : '-xC
Tuß'. iS' EXei N'.xävmp (nicht Nixaxtop) Tifäy.ttop Ttapä 'Opaevoüif'.os üaxvoüßtog
8[o]xtiJiaaToD tou Iv Su7)vV]i. äitö xoö TisTtTroxöxoj aöxüit tou xspap.(ou toO y'vo-
li,£vou XTj'. (nicht xöii) <I>tXaSE>.tpo)i xo3 xß xal xy *- äpYupiou |-(^Spax|Ji.äg) x,
ävsu 8oxi[iaaxixo5 (nicht ävsu5oxiiiaaxi- xaii, xouxo 58 ac. Jtapadsjovxai. Vgl.
hierzu meine Bemerkungen in Gott. Gel. Anz. 1895. S. 163, auch unten Kap. IV
§ 154. Es ist bemerkenswert, wie der Quittungsausstcller Xicanor am .Schluss,
wo er einen Zusatz macht, aus der Coustruction fällt.
62 ni. KAPITEL.
liuuili'i'ts zu (leu verscliitHlon.steu falschen Doutung-eu geführt, bis
J. G. Droj'seu im Gegensatz zu Buttmami, Pcttoii und Boeclvh das
Richtige fand, indem er es im Hinblick auf Ilerodot III 13 medial
fasste und mit „entrichten" übersetzte (Rhein. Mus. 1829, S. 491 f.
= Klein. Schrift. 1. S. 8).') Audi in unseren Urkunden werden wir
es als „entrichten, bezahlen" zu fassen haben. — Es ist zu betonen,
dass in diesen Quittungen der Ptolemäerzeit das Verbum tyeu' immer
im Praesens, nicht im Aorist verwendet wird. Ebenso äulyw, das
sich 1314 und 1530 findet.
In den angeführten Nummern finden sieh ver.achiedene Ab-
weichungen, die ich als unwesentlich betrachte. So steht das Datum
in 1231 an der Spitze, in 323 in der Mitte, und mehrfach fehlt es
ganz. Das Jahr ist ja gew(ihnlich auch bei der Abgabe schon einmal
genannt worden. So fehlt in 1029 das yjxi^ziv, worauf wii- unten zurück-
kommen. Unwesentlich ist auch, dass in 1229 die Summe vor der Ab-
gabe genannt wird. Wichtiger ist, dass Nr. 1028, 1029, 1523, 1530,
15oG und 1537 den Zusatz enthalten: xoiiS-ev aoi iy^^aXti) „und ich
habe keine weiteren Forderungen an Dich." Diese Erklärung, die uns
schon aus der Sprache der Contracte bekannt ist, kann nichts weiter
besagen, als dass es sich nicht um eine vorläufige Ratenzahlung, sondern
um die Schlusszahlung der Gesammtschidd handelt. Bemerkenswert
ist auch, dass in 1231 und 1233 zum Schluss mitgeteilt wird, wer die
Quittung geschrieben hat. Im zweiten Falle lässt sich der quittirende
Erheber (ein Jude), der selbst nicht griechisch schreiben kann, durch
einen Anderen vertreten.-) Wenn in diesen beiden Fällen der Name
des Schreibers mitgeteilt wird, so möchte ich das nicht als eine Sub-
') Die Erklärung von Wcssely (d. griech. Pap. der Kais. Samml. Wieu
S. 20), xaa3£a9-at heisse zahlen, „da jede Zahlung einregistrirt werde", die leider
auch in Mahaffy's Werk (Flind. Pctr. Pap. I p. [48]) übergegangen i.st, Ijraucht
nicht widerlegt zu werden. Ks ist nur eine Wieilerliolung des Gedankens von
Peyron, den Droysen a. a. O. bereits zurückgewiesen hat.
■^) Oberhalb dieser Quittung 1233 steht von zweiter Hand geschrieben
[iExs£Xrj(<fa) (so zu lesen statt Sayce's |i'.av Bot'-, vgl. Nachträge). Diese Formel,
die nur an dieser einen Stelle in unserer Sammlung begegnet, ist uns sonst
durch die Notizen der Graphionbeaniten auf den Contracteu in der Verbindung
|ieTstXT|?a sEj ävaypa^r/v bekannt genug. Da bedeutet es: „Ich habe den
Contraet (zur Einregistrirung) angenommen oder entgegengenommen." Wenn
man dem entsprechend in unserem Ostrakon übersetzt, „ich hab's angenommen",
so entsteht die Frage, wer Suhject ist. Simon, der Stcuerpächter, kann i'S nicht
TIIEBANISCHE ERHEBERQUITTUNGEN AUS PTOLEiMÄERZEIT. ü'A
sciiptio im jiiristisflion Sinne fassen, d. h. als eine Untersclirift, die
die Gültigkeit tler Urkunde gni-antiren soll, wie wir sie bei anderen
Klassen von Quittnngen und auch bei dieser selben Klasse in der
Kaiserzeit gelegentlich finden werden. Es steht hier in beiden Fällen
sypa'jiev 6 ostva, das ist eine einfache Mitteilung in 3. Person, wobei
der Ton oflenbar auf dem ypoccpetv liegt, während es in jenen anderen
„Subscriptionen" '0 oelva b(p!x.'\)ot. (l. Person) heisst, wodurch der be-
treffende Beamte die Garantie für die Urkunde übernimmt. Vgl. unten zu
Klasse III. Es ist also hervorzuheben, dass wir bis jetzt keine Quittungen
dieses Schemas mit Subscriptionen aus der Ptolemäerzeit haben.
Im einzelnen bieten die Fornmlare der angeführten Quittungen
manche Schwierigkeiten, auf die ich kurz hinweisen will. Bei 328
könnte man auf den Gedanken kommen, dass der Adressat Horos
vielleicht nicht der Steuerzahler, sondern ein Gehilfe der drei asso-
ciirten Pächter sei, der für sie einkassirt hat und dafür nun Quittung
emj)fangt. Auch bei 1231 w^äre diese Deutung vielleicht nicht aus-
geschlossen. Aber ich gestehe, dass ich einen zwingenden (Trund
dafür nicht anzugeben wüsste. Nur die Allgemeinheit des Ausdrticks,
namentlich das änb xoö ioTajxevou xeAou? in 328, auch die Höhe
der Summe in beiden Fällen könnte dafür sprechen. Gehilfen haben
sie natürlich gehabt (vgl. Kap. VI). Aber dass sie diesen derartige
Quittungen ausgestellt hätten, dafür liegt sonst wenigstens kein
zweifelloses Zeugnis vor. — 318 ist nur des Sehemas wegen hier-
hergestellt. Zum Inhalt vergl. unten Kap. IV, § 38. Auch 1535
steht inhaltlich für sich.
II. Quittungen, die die königliche Bank ausstellt.
1.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — f;rp//(/(«r((ifr) ' — der Zahler (oder
der Erheher f) — für Abgabe — Summe.
Dieses Schema ist nur in einer Nummer, 1335, vertreten, die
aus dem III. Jahrb. vor Chr. stammt. Das Verbum yjjrjiiaiuEtv
sein, da er ja nicht selireiben kann. Der Sclireil)er isXXoü; ist auch aus-
gesclilossen, da die Bemerkung von anderer Hand geseilrieben zu sein selieint. Wes-
lialb die Empfänger, die Steuerzaliler, diese Bemerkung gemacht haben sollten,
ist nicht recht einzusehen. Wohl aber wäre es denkbar, dass diese die Steuer-
quittung bei irgend einer Veranlassung einer Behörde als Document vorgelegt hätten,
und dass diese Behörde dann den Empfang in obiger Weise beseheinigt hätte.
64 III. KAPITEL.
fasse ich liier in iler unseren Lexicis unbekannten Bedeutung von
„Geld auszahlen", die uns schon aus den „Actenstücken der königlichen
Bank zu Theben" geläufig ist (vgl. !Nr. VI f.).^) Ob der ^ ApiaxoxiX-qq,
der die Zahlung leistet, der Zahler oder der Erheber ist, liisst
sich nicht ausmaclun, da in den verwandten Schemata des III. Jahr-
hunderts (mit nzTCZdmzy statt £ypr;[iaTia£v) Beides vorkommt. P. unten.
Die Analogie genügt aber Avohl andrerseits, um die Annahme zu
rechtfertigen, dass der Aussteller der Quittung die Bank ist.
' 2"-
Datum (Jahr, Monat, Tag) — TiiTiTiay.tv — für Abgabe — durch
ißia) den Erhebei- — der Zahler — Summe. Dazu event. demotische
Beischriften. Vgl. 312, 313, 314, 316, 1337, 1340, 1493, 1494.
2"-
Dasselbe, ohne nt'jzTcaxsv. Vgl. 305, 306 — 311, 315, 1021,
1227, 1492.
Auch in dieser Klasse finden sich einige unbedeutendere Ab-
weichungen, wie in 315 (Umstellung), 1021 (Fehlen von Summe
und Tag) u. A.
■ Die Erklärung dieser Gruppe bietet ausserordentliche Schwierig-
keiten. Sie werden vor allem durch die Wortkargheit der Schreiber
verursacht, durch die sich überhaupt die Urkunden des III. Jahrh.
vor Chr. wesentlich von denen des II. Jahrli. vor Chr. unterscheiden.
Weder wohin das Geld gezahlt wird, verraten die Texte, noch wer
die Quittungen ausstellt, noch wer die mit O'.x eingeführte Persön-
lichkeit ist. Zunächst ein Wort zur grammatischen Erklärung. Die
Construction in 2^ ist folgende: TCETiTuy-EV — 6 Scivx. Das Verbum
n'.TZZZi^ bedeutet bekanntlich in der Sprache der Finanzwelt „fallen,
hingeworfen werden" (=xaxaßäX?L£aö'at, Pass.), seil, auf den Tisch des
Trapeziten (ira t-^jv xpaTiE^av) oder sie, töv xtßwtov oder ähnlich, also
nach gewöhnlichem Sprachgebrauch „gezahlt werden". Vgl. A. Peyron,
Zoispap. S. 169. In diesem Sinne begegnet das Wort oft in den
Quittungen, und zwar ist es geradezu charakteristisch für die ältere
Ptolemäerzeit, für das IIl. und die erste Hälfte des II. Jalnli. vor Chr.
'j In denselben Bedeutung begegnet das "Wort in 1!GU I5C,.') vom .labic
201 nach Chr.
■rnEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS PT()l,KMÄi:i;/,i;iT. ().')
Das Wort findet sich natürlich auch noch spätta-, z. R. im Pap. Paris.
63, 4, 14 (zweite Hälfte des II. Jahrh. v. Chr.), aber iu den
Quittungen wird es durch das oben besprochene mediale xaaaea&a-.
:\llinälilich verdrängt. So findet sich tot^ttwxsv in den Petr. Pap. (11)
8. [114] 28, [131] 15 (aus Philadelphos' Zeit), ferner auf der Holz-
tafel der Pariser Bibliotheque Natiimale (Nr. 1893, Departement
des Mcdailles),!) gleichfalls aus der Zeit des Philadelpho.s, ferner in
der Londoner Bilinguis vom 13. Jahre des Philopator (Revillout,
Proc. Soc. Bibl. Arch. XIV S. 61), ferner im Ikrliner Papyrus
P. 3114 ( = Droysen a. O. Nr. 41),-) vom 23. Jahre des Epiphanes
(a. 182 V. Chr.), in den Zoispapyri vom 31. und 33. Jahre des
Philometor u. s. w. Weitere Beispiele für Philadelphos' und
Euergetes' I. Zeit bei Revillout, Rev. Egypt. II., S.114. Da TiiTixetv
passivischen Sinn hat, ist die correcte Construction die der Zoispapyri,
wo es heisst: nsTtxwy.ev — Tiapä Ziotoo; — die Summe. Ebenso in
der Londoner Bilinguis: IliTiTWXsv — Tzapa. ©oteOxo;. W^enn daher
unsere Ostraka regelmässig schreiben: Tzinzoiv.ev 6 Sslva, d. h.
der Zahler, so ist das ein auffälliges Anakoluth, das vielleicht
aus der Vorliebe für Knapjjheit und Kürze, die gerade dem
>) Vgl. Lenormant, Philologiis 1867, S. 340. Kug. Revillout, Rev. Egyptol. II
S. 2G6 ff. und ebeuda Nachtrag S. 51. Da diese sowie die verwandten Texte
in London und Berlin sich mit unserem Gegenstande formell vielfach berühren,
teile ich sie hier nach meinen 1886 und 1887 am Original gewonnenen
Lesungen mit. Ueber ihren Inhalt vgl. unten Kap. IV. Die Pariser
Tafel enthält zwei Texte. Der erste (A) lautet: (1)'-). TOßi xg TiEnxcoxev eicov.
(2) XoYSuxf)'. ä'.a iLovuao5ü)pou (3) ttüv S-cpaxmvoj ü7iT,|5exiöv (4) Tsm; Uaiv^liio;
■/.od Ziitvis äS£Ä(5)cpds Eiß'.oßocjxoi sie, xy)v xtp.Y]v (6) xoD ißtoxacpsiou xal x^s
3i:pocfrj(7)xE;ag xai xo5 vjjiiaou; x^j So)ps(8)a(as Y'iS) '^S |isx£X-t to eitävti)
Jß'.o(9)xacp£rov xö f|(iiau, ä rjv Acöpitovo; (10) xoü xoitapXT^aavxoj 5to Sxpccx(o(ll)va
xdv rispl ÖYjßas xoTiov, ä ii:pos(12)sßaXovxo 5i' 'Ovo(iapxou ■Kpdy.zopoc, (13i
xtöv ßaoi?.'.y.(öv h IßäonVjxovxa. Der zweite Text (B), der von einer weniger
geübten Hand geschrieben ist, lautet: (1) ^X TOßi v.:, tisixxmxev es(2)(0vi.
XoYEUX-Sjt xüJv 2xpax(ovos (3) 57t7]p£X(5v Tsäj; Ilaxoüii'.os xat(4) Z(itvtos (sie)
ädEXtpös Jßtoßooxoi si; (5) xtjv x'.|iY;v xoO ißioxacpEtou nal (6) x'^? jtpocprjxstag
xal xoö ■fi[iia[o]us (7) x^; yfic, xv]; iapaiac, (?), rji liExl/si (8) xö iitaviü ißioxa-
cpEiov x6 ■JjiJ.tau, ä (9) vjv impirovos xoO xoTiapxV/aavxoj (10) 5to Sxpaxtova xov
IlEpl eVjßas, ä 7ipo;(ll)EßäXexo (sie) 8!.' 'Ovo|i,apxo'J Jtpay.xopo? (12) xffiv ßa-
mXixtöv H IßSojiYjXOvxa . (13) 'ExEtpoxpä^yjaEV nxo>.E(iat05 (14) Oemvos ouv-
xdiavxoj. Auf der Rückseite 6 Zeilen Demotisch.
-) Vgl. Droysen, Klein. Schrift. I, S. 3C, und dazu meine Lesungen
ebenda S. 387.
WiLCKEN, Ostraka. -^
66 111- KAriTKL.
Urkuiuleuwesen des III. Jahrhunderts, wie bemerkt, eigentümlich ist,
zu orkliiren seiu wird. Dass Ti£T:xwy.£V etwa activisch zu fassen sei.
haho ich für ausgeseldossen. Es ist vielmehr anziierkonneu, dass
wir hier eine spi'achliche Geschmacklosigkeit vor uns haijen, wie sie
ja der Actenstil nicht nur jener fernen "Zeiten gelegentlich zu zeitigen
pflegt. Dieselbe Construction findet sieli übrigens auch auf der
oben erwähnten Pariser Holztafel, die derselben Zeit angehört, wo es
heisst: Ile^ixtoxev — Teö? UaTi^iiiOL: xal Z[itvts äSsX^ö; stßtoßoaxot.
In den unter 2'' zusammengestellten Nummern ist r.iT.'urÄBV zu er-
gänzen. Aehnlich fehlt es auch in den jener Pariser Holztafel ganz
ähnlichen Tafeln des British Museum i) und des Berliner Museum-).
Dass auch hier TiirzxtaxEy im Eingang zu ergänzen ist, zeigt die
Vergleichung mit der sonst völlig übereinstimmend stilisirten Pariser
Holztafel. Auch die Subscriptionen der Berliner Tafel legen es
nahe (s. unten).
Doch wer ist nun der Empfanger des Geldes, der unsere
(Quittungen ausgestellt hat? Man kanu nur schwanken zwischen
dem Trapeziten, an den ja alle Geldsteuern zahlbar waren, und dem
') Die Londoner Tafel (Brit. Mus. 5849) ist von Eng. Eevillout in Eev.
Kgyptol. II Nachtrag S. 54 und wiederum in Proceedings Soc. Bibl. Arcli. XIV
S. 82 publicirt worden. Nach meiner Lesung des Originals lautet der Text
folgendermassen : Recto: (1) "-Xa 'Eitelcp tr) (2) TaS'aiJTig [Z|i]Cvtos (corrig. i
(3) v.aX TaXtpig Ziitvoj (sie) (4) x'|X7)v ißtoxacpsiou >iai (5) xf/? TcpotpriTEtas xai
■coü (6) i\\r.<zox>i ttj; Stupeaiag t%Zi (^) ^ii |isx£X-- "^^ sTiavio £ß'.o-(S)Tacpst</v
■cd ^\y.zx>, S. rjv (9i Aiopimvog xoO toitapXT/aav-l lOjtoj xov IIspl Orjßac; xä:tov,
(11) a ^ipojsßäXovxo Tstöj xai (12) Z|iivts 6'." 'Ovo|iapxou 7cpaxxo-(13)pcs X(üv
ßactXixÄv xai 7capEXi-(14)P'»)aav TaS-aüxEi xai TaX[i]-(t.5)ßs'. slg ävareXv^ptoaiv
•- (=8paxiii3v) SI (= 210) (16) |- (=Spax|xa;) ißB&ixrjxovxa. Darauf 1 Zeile
Demotisch. Verso: 1) 1-Xa 'ETceicp ir^ ni--to- (2) xsv Eöär/iicoi (steht über durch-
strichenem 9-e-, was wohl Biiü\i werden sollte) 5'.' 'ATtoXXcoviou (3) \- sßSour)-
xovxa. Von Kleinigkeiten abgesehen, ist hier namentlich die neue Lesung in s
ä ^v statt 3' ■^v, in 13/4 TcapsX'PIJav =; itapsxsip'i'ioav und in 15 L ai wichtig.
Letzteres bezeugt, dass die 70 Drachmen, über die hier quittirt wird, die letzte
Rate einer Gesammtsumme von 210 Drachmen sind. Vgl. Kap. IV.
^) A\i( die Berliner Tafel (n. 8131), die gleichfalls aus dem 31. Jahre de-
Philadelphos stammt, habe ich schon des öfteren hingewiesen, doch den Te.xi
publicire ich hier zum ersten Mal. Er lautet:
■-Xa IlaxüJvs ts enl xi)v sv
Aiöj ixöXs'. xf/i iiEYdXvji xpd7ieja\
&:' EOärjitou •
ßaaiXöi nxoÄs|iaitoi Tewj Ha-
THEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEII'. ()7
Erlieber. An letzteren möchte ich deshalb nicht denken, weil ich
glaube, dass die mit Ciid, eingeleitete Person eben der Erheber ist. Nach
Analogie vieler anderer Fälle könnte man zwar zunächst annehmen,
dass mit ota die Person eingefülirt werde, durch deren Vermittelung
die Zahlung an den Erheber erfolgt, also irgend ein Verwandter
oder Untergebener des Zahlers. Aber da an dieser Stelle mehrfach
derselbe Name begegnet, z. B. SwcJipa-co5 in 305 — 310 u. s. w.,
wird man in ihm vielmehr einen Beamten sehen müssen, der regel-
mässig mit der Zahlung zu lliun hat. Und das kann hier wohl
nur der Erheber sein. Der Trapezit ist jedenfalls ausgeschlossen,
5 ■z<i)\i'.OQ ////// xal Ziitvtj däsXcpol
Epioßoaxol eZj triv xi|i7)v xoO Eßioxacpstou
y.ai 1^5 ampsaia? yfiz, ^s ^l.s.■zix^^■
t6 Ijicivo) ißioxacpstov xö v)|iuau,
& Tjv Acop'.tüv'.o; (sie) toO xojxapxvjaavxo;
10 [ö]-ö SxpäxMva xov IIspl ßVißa; -zot.ow,
ä TTpoEßaXexo (sie) Sta "Ovoiiapxou 7ipäxxop(o?)
h äß8o)j.i^xovxa. xmv ßaatXtxöv
(a. Ha!i(l:i üsiixtoxsv QiiüY. \- äß5o|irjXOvxa.
(3. Haud:i ni-X(üxsv 5'.' 'AncXXwvtou
15 oi-/.ovö[iOU h äßSi[iY,y.ovxa.
Darauf 1 Zeile Demotisch.
In diesem Text hat .J. G. Droysen das Wort Eaov6(iou (seil. y^a.Xv.oti) zu
finden geglaubt (Kl. Schrift. II S. 302). Offenbar hat ihn der Anfang von
Z. 15 getäuscht, wo vielmehr olxovö|iou steht. Uebrigens kommt der Ausdruck
XaXxoD iaovöp.ou im III. Jahrb. v. Chr. noch nicht vor. Vgl. Grenfell, Re-
venue Pap. Append. III.
Eine ähnliche Holztafel befindet sich im Besitz des Herrn Prof. J. J. Hess
in Freiburg in der Schweiz. Auch sie stammt der Schrift nach zu urteilen aus
der Mitte des III. Jahrh. vor Chr. Auch hier wird, falls meine Lesung der
schwierigen Zeile 6 richtig ist, über Summen (in natura) quittirt, die zur
Erlangung eiuer Priesterstelle gezahlt sind. Jlit freundlicher Erlaubnis des Be-
sitzers publicire ich hier den Text:
■- 1 Ilaüvt
jiapaSEX'"!"'-
MsXav. 'f^p[iocpiXou
xai XaiipsC
5 Ilaxoöxog xt|jiT|V
ispaixia; (sie) -^- (=7LUp&iJi s'.v.'^j:
xpsts l- d x3
/ y-r'-öxä
Auaavtas.
C 1. itnicTti'eci.
68 ni. KÄPITKL.
denu die Bank zahlt hier ja nicht, sondern sie empfängt. Es
ist aber zu beacliten, dass das Std mit 7C£-t(j)X£V zu verbinden
ist. Also durch den Erheber ist die Zahlung erfolgt. Andrerseits
ist zweifellos , dass die Personen , die im Nominativ vor den
Summen genannt werden, wirklich die Steuerzahler sind, denn
es kommen aueli Frauennamen darunter vor. Danach ist es mehr
als wahrscheinlich, dass der ungenannte Empfänger, der nach Ana-
logie der angeführten Urkunden sich ' im Dativ (xw oetvi, seil.
7t£7iT(i)X£v) hätte nennen können, kein anderer als der Trapezit ist,
und dass wir also auch hier, wie in den meisten angeführten Ur-
kunden ausgeschrieben ist, ein £7:1 f^^v ev Aio; nöXei r^ jisya^Y)
xpaTiel^av zu ergänzen haben.
Ganz ungenannt ist der Trapezit aber vielleicht doch nicht in allen
Fällen geblieben. Mehrere Urkunden haben demotische Beischriften.
Es ist meine Vermutung, dass diese Beischriften von der Hand des
Trapeziten herrühren und uns seineu Namen nennen. So hat z. B.
Revilloiit für die demotisehe Beischrift von 305 folgende Ueber-
setzung geliefert, für die ich ihm natürlich die Verantwortung
Überlassen muss (Rev. Egyptol. VI. S. 11.): „A ecrit Psemont tils
de Tees (?) sur 1 kati (2 drachmes de sei) en compte." Der Name
^'£[Ji[i.wv{)'r;; T£(ÖT05 (?) findet sich in dem griechischen Teil nicht:
der Erheber heisst SwaxpaTog, die Zahler Hi^il^fic. und Tav£)^äTtg.
Ich meine, W£[jijiwv&r,; ist der Trapezit, der diese Subscription in
einheimischer Sprache darunterfügt und damit den Inhalt des Grie- j
chischen kurz recapitulirt , etwa wie wir unter anderen Urkunden- ^
gruppen die Subscription linden: '0 Seivk Eypa'jix oder a£arj[i£t(i)[iai ^
5pa.y(_\i.a.q x. Ebenso gewinnen wir nach Revillout's Lesung für 309 T
einen Trapeziten 'AjiEvw&r^;, für 1227 einen llzizvEyo6~f,c, (hier ist »
eine vollständige demotisehe Uebersetzung des Griechischen) u. s. w.
Die genannten Männer sind, ihrem Namen nach zu schliessen, alle
Aegypter und können oflenbar nicht griechisch sclireiben. Dazu
hatten sie wohl ihre griechischen •(p'xp.\isii.xzlQA) Für unser Formular
ist aber hervorzuheben, dass diese demoti.schen Subscriptionen nur
hin und wieder stehen, also nicht notwendig sind — ebensowenig
*) Es ist auffallend, dass man damals (III. Jahili. v. Chr.), falls ol)ii;c
Vermutung zutreffend ist, so viele Aegj'pter zur Trapeza zuliess. Im II. .lalirli.
V. Chr. finden wir fast regelmässig Jlänner mit griechischen Namen als TrajK-
ziten (vgl. Lumbroso, Eechcrches S. 331). Vielleicht sah die Regierung anfangs
THEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 69
wie die griechischen Subseriptioneii (s. unten), li-h lialte es übrigens
nur für zufällig, dass wir noch keine Urkunde dieser Art mit
griechischer SubscrijDtion haben.
Wir sind also zu dem Resultat gekommen, dass in diesen Ur-
kunden die Bank über Zahlungen ((uittirt, die von den Zahlern
durch Yerniittelung der Erheber eingegangen waren. Folgt daraus
nun, dass diese Quittungen den Zahlern ausgestellt wurden? Ich
denke, nein. Denn dagegen spricht, dass mehrfach auf einem
Ostrakon die Zahlungen von zwei Zahlern gebucht sind. AVer von
beiden bekäme dann das Ostrakon? Ich glaube darum annehmen zu
müssen, dass diese Quittungen von den Bankbeamten den lOrhebern
ausgehändigt wurden. Dasselbe werden wir auch sonst überall anzu-
nehmen haben, wo die Bank von dem Zahler, nicht von dem Erheber
die Zahlung aussagt. Es wird sich als Endresultat ergeben, dass im
ni. Jahrh. vor Chr. die Bank beide Arten von Quittungsformen
kennt, dass dann im II./I. Jahrh. v. Chr. die Nennung des Erhebers
in der Quittung, mit völliger Uebergehung der Zahler, herrschend
wird, dass dagegen von Augustus an die Bank mit Uebergehung
der Erhebernameu regelmässig nur die Zahler nennt. Alle diese
Quittungen aber werden, mag Zahler oder Erheber genannt sein,
regelmässig dem Erheber eingehändigt worden sein, der die betreffende
Zahlung aus der Hand des Zahlers an die Bank übermittelt hat.
So scheint es wenigstens für Theben zu gelten.')
3"-
Datum (Jahr, Movat, Tag) — TttmwKev — ßr Abgabe — der
Zahler — Summe. Vgl. 325, 336.
die Eingeboreuen wegen des lebhaften Verkelu's der aegyptischen Subalterubeauiteu
mit der Bank , die damals, unter Pliiladeliihos, wohl noch selten Griechisch ver-
standen, nielif ungern in dieser Stellung. .Jedenfalls werden sie Griechen neben
sich im Amte gehabt haben.
') Im Faijüm z. B., wo überhaupt die Quittungsformulare in mehreren
Punkten von den thebanischeu und auch elephantiuischen abweichen, stellt die
Bank Quittungen aus, in denen sowohl der Erheber (mit 6iä oder im Dativ) als
auch der Zahler genannt wird. Diese Quittungen aber werden dem Zahler
ausgehändigt. Das zeigt der Zusatz, der zum Schluss gelegentlich zu dem
Namen des Zahlers gemacht ist: \l% xP')=^*1'-"''=; äxEpo) aiJ|jißöX(n oder ähnlich.
Vgl. BGtJ CG und 214 und dazu unsere Ausführungen S. 7 9. Da hier der
Zahler (in CG ein Adv^o;, in 214 die Jipsaßüxspot) ermahnt wird, sich keine
andere Quittung ausstellen zu lassen, so muss auch der Zahler der Empfänger sein.
III. KAlM'l'EL.
3'
Damelbe, ohne mntaxer. Vgl. 1230, 1236, 1339, 1491.
Die Urkunden gehören sämmtlich dem III. Jahrh. vor Chr. an.
Dieses Formular ist mit dem vorigen identisch, nur fehlt die mit
5;ä eingeleitete Erwähnung des Erhebers. Andrerseits findet sich
hier in 325 und 1491 die Subscription der Trapeziten, die dort
fehlte. Die Subscription hat hier noch die denkbar einfachste Form:
nur der Name (im Nominativ) ist genannt. Sehr auffällig ist
der Vermerk am Schluss von 1230: AwpEwvi. Ich glaube, wir
haben hierin den Namen des Erhebers, der die Zalilung des Wefifieivi;
au die Baidv i) befördert hat. Damit kann wohl nichts anderes
ausgedrückt sein, als dass diese Quittung für den Erheber Atüpuov
bestimmt war, und ich finde darin eine Bestätigung der obigen
Auseinandersetzung, wonach auch diejenigen Bankquittungen, die den
Zahler nennen, doch dem Erheber ausgehändigt wurden.
Dass die in diesen Quittungen genannten Personen wirklieh
die Zahler und nicht die Erheber sind, geht daraus hervor, dass
auch ein Frauenname begegnet: 33() No^^£p£T d. h. „(die) Schöne".
'OaopYEi in 1236 ist übrigens offenbar mir ein Versehen für 'Oaopy^j.
4.
Datum (Jahr, Monat, Tay) — für Abgabe — der Erheber —
Summe, tiubmripüon. Vgl. 1491. III. Jahrh. > vor Chr.
Dies Schema ist formell mit 3'' identisch, nur wird der Erheber,
nicht der Zahler genannt. Die hier erwähnte Person $iXoz.X:^;
Ntxwvoi; ist uns nämlich durch 1253, 1254 = 1489 und 1338 als
Steuererheber für die Mitte des III. Jahrhunderts vor Chr. bezeugt.
Nun könnte man ja vielleicht dem vorigen Schema zu Liebe annehmen,
dass Philokles in dem hier genannten Jahre (a. 15) nicht Steuer-
erheber gewesen sei, also als Steuerzahler figurire, ähnlich wie der-
.selbc X£|xuv£Qi; 'Ivapöxog im J. 178 n. Chr. als xeXtüVYjg (1067),
im J. 154i5 n. Chr. als Zahler begegnet (l444). Gewiss wäre
dies nicht unmöglich, und dann wäre diese Nummer einfach dem
') Im Text ist schon angoileutet, dass es sich hier vielleicht um eine
Naturallieferung handelt. Dann ist oben nur statt der Bank der Thesauros ein-
zusetzen. IJank und Thesauros hal>en aber analoge Formulare.
TUEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 71
vorigen Schema zuzuweisen. Aber ich nnichte bis auf Weiteres das
Nächstliegende i'iir wahrschcinlirli liaUen und den Philokles audi
hier als Steuercrhcbcr betrachten. Auch mit Kiick.^icht auf das folgende
Schema nehme ich also an, dass auch schon im III. Jahrh. die Bank
auf den Namen des Erhebcrs die (Quittung ausstellen konnte, wie
sie das im II. Jahrhundert fast regelmässig gethan hat.
Die Subscription ist hier schon etwas entwickelter. Zwei Trape-
ziten unterschreiben. Der Eine nennt, wie oben, nur seinen Namen,
der Andere aber fügt die empfangene Summe hinzu.
h.
Ddhitii iJ((Jir, Moniit, Tag) — TitntM-Mv tni tJ,)' *V Oiinnnmc roa-
Tif^uf, f'cp i^g der Trapezit, für Abgabe — der Erlieber — Humne.
Subscrlpfion. Vgl. 329, 331, 1338 (Mitte des III. Jahrh. v. Chr.).
Diese Formel bildet die Verbindung zwischen der vorhergehenden
und der folgenden. Alles, was wir uns bei der vorigen ergänzen
mussten, ist hier ausgeschrieben. Dass die hier genannten Personen
die Erheber sind, dürfte namentlich durch das nächste Schema mehr
als wahrscheinlich werden. Man bedenke auch die grossen Summen.
Eine beachtenswerte Erweiterung des Schemas zeigen 331 und
1338, insofern vor der Nennung der Abgabe das Wort ßaatXsI
eingeschoben ist, das man mit TiSTiTwy.ev zu verbinden hat. Der
Sinn ist klar. Ich finde diesen Zusatz auch sonst noch bei Urkunden
der älteren Zeit. Vgl. die oben publicLrte Berliner Holztafel vom
Jahre 254 vor Chr., wo noch deutlicher .steht: ^xaiXel U.ioXz\iocl(ii'..
Aehnlich heisst es in den Zoispapyri: BaatXsöao. Auch in der
Londoner Bilinguis (s. oben) steht ßaatXel.
Die Unterschrift des Trapeziten ist in diesen Nummern vom
YpstliliatEUi; in Stellvertretung geleistet worden. Oöcnbar konnte
AloSoto; — alle drei Texte nennen ihn als Trapeziten — nicht
schreiben, und begnügte sich für seine Person mit den drei Kreuzen
am Schluss: X X X. In 331 und 1338 (beide von demselben Jahre)
ist nur Name und Titel der Subscribenten genannt, in 329 auch
die Summe.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — tttu-Aiui tn) t\v iv Ortsname
iQttns^av, icp 7;g der Trapezit, für Abgabe — der Erheber — Summe.
72 ill- KAPITEL.
Sub^crlptioit des Trapeziten. Vgl. 317, 319, 334, 335, 337, 339,
340—342, 344, 345, 347, [348], 351, 353, 1228, 1232, 1351,
1354, 1357, 1359, [13G2], 1503, 1504, 1506—1508, 1515—1518,-
1526, 1615 (II. Jahrli. vor Chr.).
ßh.
Da^xelbe, ohne den Zusatz: icp ijq der Trapezii. Vgl. 322, 324,
327, 330, 346, 349, 350, 354, 1234, 1235, 1315, 1345, 1346,
1496, 1497, 1499, 1522, 1532, 1534 (IL Jahrh. vor Chr.).
Es ist für die gauze Steuergeschichte von grösster "Wichtigkeit,
(lass diese Quittungen nicht, wie wir früher annahmen, dem Zahler,
sondern dem Erheber ausgestellt sind. Ich liabe schon oben darauf
hingewiesen, dass Nr. 1255 mir den Anstoss zu diesem Umschwung
gegeben hat. Sie ist zwar nicht von der Bank, sondern vom The-
sauros ausgestellt, doch ist das Schema dem unsrigen so analog,
dass die Frage untersucht werden musste, ob nicht auch in
diesen Bankurkuudeu der Erheber der Quittungsempfänger sei. Auf
einzelne Fälle, in denen sich diese Frage mit Sicherheit beantworten
lässt, .sei hier hingewiesen.
Xr. 1233, die mir gleichzeitig mit 1255 durch Sayce bekannt
wurde, nennt als Quittungsschreiber einen Efjjiwv 'lal^äpoii 6 s^EtXr,-
9(bc XYjv xe-capTr^v Ttbv äXtewv etj xö y.rj'-. Als Entrichter dieser
selben Fischereiabgabe an die Bank nennt nun aber für dassellie
28. Jahr Nr. 337, die zu unserer Gruppe gehört, einen Stjiüjv. Es
ist wohl mehr als wahrscheinlich, dass beide Urkunden dieselbe
Person vorführen. Folglich ist für 337 erwiesen, dass die hier
genannte Persönlichkeit der Steuererheber, nicht der Steuerzahler
ist. .St(Jiü)v liefert also an die Bank ab, was er vom Zahler
erhalten hat.
Ferner: In Nr. 1029 stellt im J. 35 ein 'ßpo; AuxO'j, zusammen
mit seinem Corajjagnon als o; ~pbi xv)'. xexäpxr^i xiöv aXtecov, also
als Fischerciabgabenpächter bezeichnet, in Briefform dem Zahler
eine Quittung aus. In Nr. 1347 vom 17. J. und 346 vom .'i2. J.,
von denen die Letztere zu unserer Gruppe, die Erstere zur nächsten
(verwandten) gehört, wird einem 'Qpo; A'j'/.ou über dieselbe Al)gabi
von der Bank ijuittirt. Auch der 'Qpo; in 326 vom 14. J. und
1348 vom 18. J. empfangt über die nämliche xsxipxr] aXisojv vcm
THEBANISCHE BANKQUITTÜNGEN AUS PTOLEMÄEUZEIT. 73
der Bank Quittuug. Es unterliegt für mich keinem Zweifel, dass
in all diesen Fälk'ii ein und dieselbe Persönlichkeit gemeint ist.
AVer die Niimniern genauer mit einander vergleicht, wird mir bei-
stimmen. Somit ist ilurcli 1(J29 erwiesen, dass aueli die Bankcjuittungen
o26, ;>4G, l.")47 luid l.'!48 an den Steuerpäditer, nicht an den
Zahler gerichtet sind. Es ist als ein besonderer (ilüeksflill zu be-
trachten, dass bei dem immerhin noch geringen Material die Ur-
kunden sich zweimal in dieser AVeise gegenseitig interpreth-en.
Man wird auch in den anderen Urkunden leicht Indicien finden,
die für diese Auffassung sprechen, so namentlich die vielfach ausser-
ordentlich hohen Summen, die die Quittungsemplanger zahlen, die
als Steuerbeiträge der einzelnen Unterthanen ganz unglaublich wären.
Doch ich will nicht allzu lange hierbei verweilen. Für micli ist
nach allem diesem ausgemacht, dass nicht nur 326, -j37, 34(3, 1347
und 1348, sondern alle thebanischen Urkunden, die dasselbe Formular
aufweisen, Quittungen sind, die die Bank dem Erheber ausstellt
und dass diese Art zu quittiron im II. Jahrb. vor Chi\ — denn
diesem gehören sie sämmtlich au — üblich gewesen ist.i) Dies
gilt wenigstens für Theben. AVir werden sehen, dass in dem be-
nachbarten Krokodilopolis die Bank auch im II. Jahrb. nach Art
des III. Jahrhunderts den Zahler in ihren Quittungen nennt. Unter
den thebanischen Quittungen scheint mir nur eine zu sein, die auf
den ersten Blick diese letztere Usauce zu bezeugen scheint, ich
') Es erklärt sieh aus der Xatur des einzelnen Falles, dass die soge-
nannten ,,trapezitischen Register" derselben Zeit aueli in Theben nicht auf den
Namen des Erhebers, sondern auf den des Zahlers ausgestellt sind. Hier kommt
es ja gerade darauf an, nachzuweisen, dass dieselbe Person, die den Contract,
auf dem die Bemerkung notirt ist, geschlossen hat, auch die dadurch fällig
gewordene Verkehrssteuer gezahlt hat. Die Letztere muss schon danuu auf
seinen Namen ausgestellt werden, weil der Contract mitsaramt der trapezitischen
Quittung für ihn unter Umständen dazu dienen soll, die Rechtmässigkeit der
betrefl'enden Erwerbung etc. documentarisch zu belegen (vgl. Hermiasj)rocess,
Pap. Taur. 1 5,18: ä)v xai xä xiXrj xstax^'a'- scj XTjv xoö svJtuxXiou (ivTiV).
Eine eingehendere Besprechiuig dieser wichtigen Urkundenklasse behalte ich
mir für meine Neuedition derselben in den ,,Ptolemäerte.xt«n" vor. Bisher
giebt es keine fehlerlose Publication derselben. Einstweilen verweise ich auf
J. G. Droyseu, Kl. Schrift. 1 1 ff. und dazu meine Notizen S. 386/7. Eine
Zusammenstellung vieler Texte findet man bei Wessely, Wien. Stud. III. .S. 1 tf.,
der sich aber fast überall damit begnügt hat, die alten Lesungen mit den alten
Fehlern wieder abzudrucken.
HI. KAPITEL.
meine 1;>15, wo der Name also lautet: 0£p(io« Msx^pso'j;. Wohl
seheiut es am nächstlicgciuleii x)-£p[tc'J in 0£p[iO'Ji>i; oder Bspixo'jS-apiOV
aufzulösen, also einen Frauennanicn zu bilden, und damit wäre
allerdings auch für Theben der Brauch des III. Jahrhunderts für
diese Zeit erwiesen. Aber ehe zwingende Gründe hierfür vorliegen,
ziehe ich es vor, eine männliche Ableitung von dem Göttinnennameu
Oeplioö&is zu supponiren, etwa ©spjxou^tcov, das dem häufigen 'latwv
analog wäre, oder auch 6£p|i.oi)9-LO? (vgl. 'laioc), das vielleicht im
Leipz. Pap. 4 Recto vorliegt ' ), und wovon das Femininum 0£p|j.ou8-ia
bezeugt ist. Jedenfalls sind wir nicht genötigt, hier einen Frauen-
namen zu ergänzen. Somit können wir, wie mir scheint, eonstatiren,
dass in dem bis jetzt vorliegenden JMaterial aus Theben kein ludicium
gegen die Annahme spricht, dass in den Bankquittungeu des II. Jahr-
hunderts nicht der Zahler, sondern der Erheber genannt werde.-)
Wir haben noch einige Einzelheiten zu besprechen. In der
Gruppe &' fehlt der Zusatz r^' fj? (seil, -^xr.i^rji) 6 ozIvol. Diese
Angabe war allerdings entbehrlich , wenn der Trapezit eigen-
händig den Text unterzeichnete. Freilich fehlt in einigen Urkunden
dieser Gruppe auch die Subseription, so in 327, 354, 1235, 1346,
sodass hier überhaupt nicht gesagt ist, welcher Trapezit die Quittung
ausgestellt hat. Man möchte fast meinen, dass sie nicht correct
abgefasst seien. Aber hätten sich die Erheber damit zufrieden ge-
') Hier könnte öep^iouS-Lti) freilicli auch von dem Femininum 6ep|ioü3-iov
abgeleitet sein. Von einem Zollpächter, wie Wessely (Ber. Verh. Sachs. Gesell.
1885, S. 244) zu dieser Stelle meint, ist hier kaum die Rede, vielmehr von
irgend einer Person, an welche eine Zahlung gemacht ist. Vgl. EiaiScöpto iu
Z. 14. Auf Parthey, Aegypt. Personeimamen S. 119 durfte sich Wessely für das
Masculinum 8sp[ii5ä-i.g jedenfalls nicht beziehen. Parthey hat dafür nur einen
sehr wenig glaubwürdigen Zeugen, nämlich Hcliodor, Aethiop. 2,12. Wenn
Hcliodor allen Ernstes einen Räuber mit Namen 9sp|xo08-ig auftreten lässt, so
ist das nur ein neuer Beweis dafür, dass er von aegyptischen Dingen nicht
viel versteht. Vgl. K. Rolido, Griech. Roman S. 455 f.
'-) Dagegen wird mir in letzter Stinide für Ilermouthis eine Ausnahme
bekannt. In einem soeben vom Berliner Museum erworbenen Ostrakon (P. 8622)
des II. Jahrhunderts quittirt die Bank von Hermonthis zwei Frauen. Vgl. Kap. IV
§ 9.1. Der Xame der Ersten fängt mit Ta an, die zweite hcisst JlsvS-öiX'.s. Ich
kann mich jedoch des Verdachtes nicht erwehren, dass der Schreiber hier aus
Versehen 'ep|i(ö)v!)-£'.) statt Kpo(xo8tX(ov ndXei) geschriebsn hat. Die Erwähnimg
des Gaues (Ila9-upixo'j) vor dem Namen der Zahlerinncn erinnert jedenfalls merk-
würdig an die Quittungen aus Krokodilopolis. Vgl. 1617, 1618.
TIIEBANISCHE BAXKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 75
geben? So müssen doch wnhl auch diese Quittungen als vollgültig
augesehen sein. Wir werden fiuden, dass auch in anderen Urkunden-
klassen, auch in der Kaiserzeit, dieselben Formulare bald mit, bald
ohne Subscription erscheinen. Vielleicht war die Echtheit der nicht
subscribirten dadurch garantirt, dass liier der Trapezit selbst den
ganzen Text geschrieben hatte, während die subscribirten Texte
wohl meist nur von ihren Schreibern geschrieben waren. Graphisch
wird sich die Frage schwer entscheiden lassen, denn der Nachweis,
dass ein solcher Test ohne Subscription nicht von der Hand eines
Trapezitcn geschrieben sei, wird schwer zu führen sein.
Betrachten wir die Subscriptioneu genauer. Ich beschränke
mich hier auf die Nummern unserer Gruppe; in den anderen wird
mau dieselben Beobachtungen machen können. Es finden sich folgende
verschiedene Arten (einige Citate mögen genügen):
1. Name, Titel, (xpaTOi^iTTj;). Vgl. 317, 341, 351, 1232.
2. Name, Titel, Summe. Vgl. 319, 322, 324, 326, 337, 340,
344 etc.
3. Name, Summe. Vgl. 1345.
4. Titel, Summe. Vgl. 1351, 1354, 1506.
5. Summe. Vgl. 354, 1499.
ü. Name, EKrjxoXoii^l'rjxa. Vgl. 1362.
Es ist bemerkenswert, dass die Summe, die in den fünf ersten
Subscriptionen erscheint, und die häufig nebenbei am Rande oder
auch vor dem Namen (wie 1518) notirt ist, immer grösser als die
ist, über die quittirt wird. So wii-d z. B. in 319 über 1 Tal.
4809 Drachm. quittirt. Der Trapezit aber subscribirt: 'A|jijiw(vcos)
■:pa(7i£vti:Yjs) "v a erTT^o, d. h. 1 Tal. 5970 Dr. Aehnlich in den
anderen Fällen. Was soll das heissen? ilan könnte sich verschiedene
Möglichkeiten denken. Dass der Trapezit sich mit dieser Summe
etwa notirt hätte, wieviel der betrefi'ende Erheber noch zu zahlen
hat, ist unwahrscheinlich, denn dann würde doch wohl . auch einmal
eine Summe dastehen, die kleiner als die gezahlte ist. Es liegt
näher anzunehmen, dass die gezahlte Summe in dieser grösseren
enthalten ist. Sollte die letztere vielleicht besagen, wieviel der
Erheber übei-haupt zu zahlen hat? Das wäre höchst interessant,
insofern wir dann für eine ganze Reihe von Abgaben sagen könnten,
zu welchem Preise sie an die Pächter (pro Monat?) verpachtet
waren. Doch gegen diese Auffassung spricht Manches, z. B. die
76 III- KAPITEL.
Vergleicliung von Nr. 3o7 und 340. Da.« natürlichste ist vielmehr
anzunehmen, dass iler Trapezit mit dieser grösseren Zahl das be-
zeichnet, was der Erheber bisher überhaupt in summa gezahlt hat.
Dies allein scheint mir auch dem Wesen der Subscriptio zu entsprechen,
dass der Trapezit damit über geleistete Zahlungen quittirt. Diese
Annahme fand ich nachträglich in London durch Nr. 1359 bestätigt,
wo es am Rande ausdrücklich heisst: 'Aj:£y(a)), worauf die (grössere)
Summe folgt. Damit ist die Frage entschieden.!) — Aber auf
welchen Zeitraum soll sich diese Abrechnung beziehen? Soll es
heissen , so viel habe ich in diesem Jahr erhalten ? oder in diesem
Monat? Nach dem im Kapitel VI Mitgeteilten wird man Letzteres
für wahrscheinlicher halten, denn monatlich rechneten die Trapezitcn
mit den Erhebern ab, und dies ergiebt sich als richtig auch durch
'S'ergleichung von Nr. 339 und 340. Vgl. Kap. IV § 7. Anda-er-
seits ist sicher, dass in 1499 die Randbemerkung sich auf das
Jahr bezieht.
Das Verbum STcaxoXou&Elv, das unter 6 erscheint, können wir
in der Kanzleisprache Aegyptens vom III. Jahr, vor Chr. au
durch mehrere Jahrhunderte verfolgen. Im III. Jahrh. vor Chr.
begegnet es noch in einer Bedeutung, die der ursprünglichen des
„Folgens" nahe kommt, nämlich als „befolgen". Vgl. Petr. Pap.
(I)'XXV 2, 7, wo ich lese: l7:axoXou3"^a«i xoT; Tcapx aou T.tpl
xouxwv [ata&elai?]. Hier steht es synonym dem üblichen äxoAouS-sTv.
Dagegen findet es sich in einer unseren Stellen näherkommenden
Bedeutung in einem anderen Texte des III. Jahrhunderts, Petr.
Pap. (11), XLb, einem Briefe, in dem Dorotheos dem Theodoros
mitteilt, dass die Weinlese bevorstehe, und hinzufügt: xoi.)mc, oöv
TZOiTiGtii dc-oaTcJ/.jcj Ttva ~fj: f], Sg inv.•/.o').o'J%■^f^':5Z'. tfjt iyy^ae: toO
yivojJievo'J ao: ylsüxou?. Theodoros soll also einen Vertrauensmann
schicken, der dem Eiugiesseu des ihm zufallenden Mostes „folgt", d. h.
zur Controlle „persönlich zugegen" ist. Ebenso in Petr. Pap. (II)
S. [7], unteres Fragment Z. 5, wo ich lese: iTiaxoXoD%-dz(i> (statt
ouvaxoXo'jö-EiTü)) Se x:c izxpi aou zf^i 6[i,[. . Aehnlich auch im
Revenue-Pap^Tus 57,22: x(b: Se zxT£pYac;a[jLevwi l7r[axo]Xo'j{)-^aoua'.v
oi TYjV wvYjV S/ovcEc. In dieser Bedeutung des „persönlich zugegen-
sein's" möchte ich das Wort auch in unseren Texten nehmen. Einen
') Anders fasst es Rcvillout in den „Mülanges" auf.
rmOKANlSCHE BANKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT.
directen Beweis bieten die Zoispapyri, in denen Xpua'.TiTioi;, von dem
vorher gesagt ist T^apovco; 'Kpixs'.TZT.O'J, (|uittirt mit <lcii \\'orten:
Xpijai7CT:o; £7ir,xoXG'jit'rj(-/.x). Vgl. Pe3'r()n, Zoisjjap. S. 1*JU. Wessely,
Gr. Pap. Kais. Samml. Wien S. 17. Wir werden danach £7tY]xoXoLii>Yjxa
übersetzen können: Ii'h bin bei der Zahlung zugegen gewesen.
Natürlich konnte jeder Beamte, der eine Zahlung oder Lieferung
entgegennahm, sich in der Subsoription der Formel £-Y^y.oXo'Ji)'yf/.a
bedienen,*) und so werden wir weiter unten dem Worte noch öfter
begegnen. In den Ostraka finden sich Belege bis in's II. Jahrb.
n. Clir. Für die Ptolemäerzeit verweise ich noch auf Pap. I^eid. F,
auch auf die Subscription des demotischen Ostrakon Louvre 7867
(Revue Eg^-pt. IV S. 185): 'Aax)vy;(7iiä5Yjs) £7f/jxoXou[-9'Yj]xa.
Besonderheiten bieten auch die Subscriptionen von 341 und
1228. In 341 steht ausser der Subscription des Trapeziten von
2. Hand geschrieben: KoOJdocc, Yp(a|iiJ,XT£Üg), und auf der Innen-
seite des Ostrakon steht KaXXtou Yp(a[Ji[jiaTe(i)s) TiSvöJV. Das hängt
damit zusammen, dass der Test von Salzlieferungen an die TlE^oö
handelt. Xr. 1228 ist dadurch bemerkenswert, dass nicht der
Antigenes, der im Text als der Trapezit genannt ist, unterzeichnet,
sondern erst ein 'A-ÖTrjvttov, dann ein 'HpaxXeiSvjg, Letzterer, indem
er die gezahlte Summe und auch das Datum wiederholt.-) Aus
den Ausführungen in Kap. VI wird hervorgehen, dass diese beiden
die Collegen des Antigenes gewesen sind, die auch statt seiner
quittiren können. Aehnlich 1516.
Hier sei noch auf einen merkwürdigen Zusatz hingewiesen, den
einige Ostraka dieser und der nächsten Gruppe aufweisen. Ich
') Im Pap. Par. 62, 5, 12 (xffiv Ss -/.axaßoXMv atiiißciXa Xa|ipav£X(oaav
7tap& ToS -paivsJtTou, 'moypa.cfi.c, ixo'^'to' '^oLpä. xmv £-:ia-/CC.Xou9-0'Jvxu)v) werden
die jjZiüiliingszeugen" (IjiaxoXouS'OÜvxsg) von den Trapeziten unterschieden. Dieser
Vorschrift entsprechen die Zoispapyri, in denen nicht der Trapezit, sondern der
änaxoXouS'iöv subscribirt. Andrerseits bietet unsere Sammlung genug Belege
dafür, dass auch der Trapezit selbst die Quittungen an die Zollpächter unter-
sclirieb. Vgl. übrigens Kap. VI.
^) Leider ist es mir bisher nicht möglich gewesen, nach dem Facsimile,
auf das ich angewiesen bin, das Verbum hinter 'HpaxXsiSr;; mit Sicherheit zu
lesen. Das x= = xe(xaxxai.), das ich im Text habe drucken lassen, ist ganz un-
sicher. Sprachlich ist es mir deshalb unwahrscheinlich, weil das Verbnm an dieser
Stelle in 1. Person zu stehen pflegt. Ich würde ein £Tcr|XoXou3-r|5ca oder ähnliches
erwarten. Hoffentlich bringt das Orisinal finuiiil Sicherheit.
78 Iir. KAPITEL.
meine die folgenden: 351 im Ttpoxepov ypaCipevxO toö taou {i-?;
)r[pr;arj'.]. 1036 xal |iy, XP'^^Ti "^^[^1 TCpöxspov [ypaCcpivxO]. ■^•^■96 tG)i
§J 7tp6T£pov Yp(atpevxt) [[iTj] X[P]^C<^0- -^^^^e x(I)t oe T^poypa-
(tpevxt) xoO Tao'j [irj xpif;(arjO.') Formell ist bemerkenswert, dass
in diesen Parenthesen, die in den Quittungskörper eingeschoben sind,
der Quittnngsempfänger plötzlich in 2. Person angeredet wird (vgl.
]02(.)). während die Quittung selbst in 3. Person von ihm spricht.
Der Zusatz besagt nun: „Die früher geschriebene Quittung über
dieselbe Zahlung sollst Du nicht gebrauchen."-) Die obigen
Quittungen, die diesen Vermerk tragen, ersetzen also früher ge-
schriebene, denen eben durch den Vermerk die Rechtsgültigkeit ab-
gesprochen wird. Wodurch mag die Cassirung der früheren und
die Notwendigkeit, neue Quittungen auszustellen, begründet sein?
Die Antwort giebt, glaube ich, unsere Nr. 50 (aus Elephantine),
die offenbar gleichfalls eine Wiederholung darstellt, wie folgender
Zusatz zeigt (vgl. Corrigenda): 5ia xö 7i:(apa)7t£7LXCü(x£vat) X'fjv
7ipox(epav) a.TioyJji'^'). Was bedeutet dies TiapaTimxeiv ? Ich hatte
daran gedacht, aus dem „danebenfallen" ein „verlorengehen" abzu-
leiten, konnte freilich keinen Beleg dafür bringen. Den richtigen
Sinn hat erst Mommsen erschlossen, der mir vorschlug, aus dem
„danebenfallcn" vielmehr ein „ungültig werden, etwa wegen eines
Formfehlers" abzuleiten. In der That lässt sich für TiapaTCiTixetv
eine Bedeutung nachweisen, die zu dieser Auffassung führt. Neben
uapaTitTixstv xijc, a,Xri%-Biac, u. ähnl. („von der Wahrheit abirren")
begegnet das Verbum auch absolut in der Bedeutung „verfehlen,
fehlen, irren". Vgl. Polyb. XVIII 36, 6: xols o' öAotj TCpayjiaatv
') SpraclUich sind diese Verbindungen z. T. nicht ohne Härten. Ich
habe geschwankt, ob ich das y% in ^päiiiia auflösen sollte, wovon dünn d»r
Genetiv toü taou abhängen würde. Doch würde man dann eher Tipox^pip al.s
Tcpöxspov erwarten. Immerhin ist die Mögliclikeit offen zu lassen, dass folgender-
niassen zu lesen ist: toj Tipoxspov (seil, -cpacfsv-'.) ■(pdi.[i\ia.x<.. In 1526, wo Ttpo^p
steht, müsste man annehmen, dass auch das Substantivum 7ipG-)'pa[jip.a ebenso
wie das Verbum die Bedeutung des „früher Geschriebenen" haben könnte.
rpä|i|ia würde in derselben Bedeutung stehen wie im Pap. Genfive 9, Z. 18 f.:
[xupi]iüv v.ai ßEßatov övxcov [xtüv npoxipjtov •(pa.\x]idi(i)y. — Tö laov begegnet
in den Pajiyri der Kaiserzeit in der Bedeutung „Copie, Exemplai'". Doch liegt
es hier nälicr, an der ursprünglichen Bedeutung festzuhalten.
^) „Gebraucht" wurden die Quittungen z. B. als Documente vor den
Behörden.
THEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 79
äyvoelv scpr^ xal Tza.pa.Tz'nzxt'.'^ aOxöv, e! usTieiaTa: („er in-c, wi'im er
glaube"). 1) Vgl. :uich Xcnophoii, Hell. I 6, 4. Danach ist also
die Quittviiig Nr. 5l) ausgestellt worden, „weil die frühere Quittung
sich geirrt hatte, Formfehler enthalten hatte". Derselbe (irund zur
Erneuerung wird auch für die oliigen Thebanischen Ostraka mass-
gebend gewesen sein, in denen der Empfänger eriiialmt wird, „die
frühere Quittung nicht zu gebrauchen".
Hierdurch finden auch einige Zusätze ihre Erklärung, die sich
in Faijümer Papyrusquittungen finden. Ich meine folgende Stellen:
RGU (jü: xal |iTj )(p7jax|i£vog l[T£p]<]) auvßöXiM). BGU 214: ji'fj
Tzpoiy^priai[iz'^oi (so ist statt 7T:poy^pT,aa(i£VOg zu lesen) iiipo (sie)
auvßü)X(p O'.x TÖ cpäaxE'.v mxpa.TizTZTtxaiv.iya.i (sie). Endlich las ich
im Brit. Pap. CCCXVI: [üff] upogy^pria-Q ixipM a'j|xßoX(w) oiä ib
tpaaxc'.v 7iapaTc(E7iT(i)X£vat). Hier ist nicht von einer früheren Nieder-
schrift der Quittung (ai)[i.ßoXov) die Rede, sondern von einer „anderen",
die man nicht noch „ausserdem" (npo^) ^) verwenden solle. Hier
wird also nicht die Cassirung einer früheren Quittung ausgesprochen,
vielmehr die Rechtsgültigkeit der vorliegenden Quittung auf's schäi'lste
dadurch betont, dass eventuelle spätere Einwendungen wegen Fehler-
haftigkeit der Urkunde im voraus abgewiesen, beziehungsweise ver-
boten werden.
7 a.
Datum. (Jahr, Monat, Tay) — tt'iuy.rat — für Abgabe — der
Erheher — Summe. Subscription (des Trupcziteii). Vgl. 326, 332, 352,
355, 1277, 1347, 1348.
7"-
Dasselbe, ohne Datum. Vgl. 1257, 1531.
Diese Formel sieht wie eine Verkürzung der vorigen aus. Es
fehlt nur der Zusatz £7:1 xf^v iv Ortsname xp(X7i£^av, £;;;' y;? d Oelvx,
') Livius XXXIII 12, 3 giebt dass Ganze wieder mit falli euin ahmt
Iota re.
'^) Hier seheint mir dem r.poc, in JiposXP'i<35)-a'. diese ursprüngliche Be-
deutung anzuliatten. In anderen Fällen ist sie so abgeseliwäclit, das 7ipasXP^<39-a'.
synonym mit y^f,y\a%-a.\. gebraucht wird. Vgl. Pap. Taur. I 4,15: y.ai sPiSyEV jiT)
TiposxpTptsov etvai tat; £7iicfEpO|isvat? — au-c^p"?*'?- Kbenda I 4,18: eäv x'.j
iKz\i~{-/.f\\. auyypa'^riv im xo ä'.xaaxripiov [xt) eaxuptmusvTjV , |jit) 7tpogxp^i°'''a'--
üebrigens wird auch hier in beiden Fällen das Wort von der Verwendung von
Doeumenten als Belegen gebraucht.
80 III- KAi'ix-i:i,.
der aber natürlich hinzuzudenken ist; denn auch diese Texte sind
ortenbar von der Bank ausgestellt, wenn auch nirgends das Wort
zpa.~s.Zx oder xpa-s^tTr;; vorkommt. Wenn man aber die liistorische
l'jitwickelung der QuittunK^fonmilare in Betracht zieht, wird man
sich dafür entscheiden, hierin nicht eine Verkürzung, sondern vielmehr
die Vorstufe zu jener zu erblicken. Diese Urkunden gehören zwar
im Allgemeinen derselben Zeit an wie die vorige Gruppe, d. h. der
zweiten Hälfte der Ptolemäerzeit. Aber von einer ist es doch sehr
walirscheinlich, dass sie in das III. Jahrh. gehört, Nr. 1277, die ich
aus rein palaeographischen Gründen in die Zeit des Philadelphos
versetzt habe. Der Text bietet übrigens auch sonst manche Ab-
sonderliclikeitcn. Aus der Subscriptio ZwTOjpo; o -apä Msvävopou
ist zu folgern, dass Menander damals Trapezit war, und Zopyros
sein Adjunctus. Ob das Ostrakon aus Theben stammt, ist ungewiss.
Vielleicht erklären sich die Absonderlichkeiten (TSTaxxa: für 'diese
Zeit!) dadurch, dass das Stück aus einem Orte stammt, dessen
Formulare wir sonst nicht kennen.
8.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — SiaysyQaqxv — fiir Abgabe ■ —
der Erheher — Summe. Subscri2)tion.
Dieses Formular, das nur ein einziges Mal in unserer Sammlung,
durch 1528, vertreten ist, ist mit dem Vorigen identisch, nur steht
hixfifpx^z^/ statt tliaxxai. Ueber Siaypdcpeiv vgl. unten S. 80 ff.
B. Eaiserzeit.
III. Quittungen, die der Erheber dem Zahler ausstellt.
1.
Der Erheber — dem Zahler — yuiQUv. ' Efco (oder ähnlich) —
für Abgabe — Summe. Datum. Subscription (des Erheber.?). Vgl.
3iiO, 402, 401, 601, 1033, 103ö, 1036, 1037, 1039, 1041, 1052,
1057, 1321, 1404, 1431, 1559.
2.
Dasselbe, ohne Subscription. Vgl. 365, 376, 396, 410, 412— 41>!,
420, 421, 504, 664, 1030, 1032, 1040, 1042, 104S-1051,
TIIEBANISCHE ERHEBERCJUITTUXGEN AUS UEH KAISEKZEIT. 81
lOn.S— lO.öG, 1060, 1061, 1068—1070, 1075, 1368, 1370, 138(1,
i:;!t4, l;l'.ir>, 1412, 1416, 1419, 1487, 1552, 1569, 1574.
DcLfKelbe, ohne iiuQstr, mit Subseriptlon. Vgl. 498, öüfJ — 5U9,
511—51!), 525, 531—533, 536, 539, 553, 555-55«, 560—565,
569, 571, 572, 574—576, 579, 581, 583—588, 590-596, 598,
600 — 602, 605 — 607, 609, 613 — 620, 624 — 626, 6.30, 631,
(;;54— 64.3, 645, 649, 658, 1074, 1241, 1245—1250, 1286, 1287,
1291, 1292, 1329, 1330, 1.331, 1420, 1422, 1426, 1428, 1429,
14.32—1435, 1439, 1441, 1443, 1477, 1570, 1578—1585, 1587,
1.5S8.
4.
-Dasselbe, ohne -/ttioeir und ohne Subscripiion. Vgl. 464, 497,
499—503, 505, 520—524, 526—530, 535, 537, 538, 541—552,
554, 559, 566—568, 570, 573, 577, 578, 580, 582, 589, 599,
60."., 604, [60.^], 610—612, 621—02.3, 627, 629, 632, 633, 644,
(;4(i, 650, 652, 660, 662, 671, 680, 1031, [1059], 1062—1067,
1071-1073, 1076—1079, 1242—1244, 1251, 1252,1263,1264,
1288—1290, 1298, 1332, 136.3, 1372, 1421, 1423—1425, 1427,
1430, 1437, 1438, 1442, 1445, 1449, 14.54, 1462, 1463, 1551,
1572, 1575-1577, 1.586, 1591, 1613.
Wir haben bei dieser Uebersicht wie oben die Quittungen ,,mit
ungenanntem Zahlungsmittel" (1021 ff.) mit zu den Geldquittungen
gerechnet, ohne dadurch im Einzelnen über das Zahlungsmittel etwas
behaupten zu wollen.
Es liegt hier dasselbe Grundschema vor uns, das wir oben
unter I 2 für denselben Zweck für die Ptolemäerzeit nachgewiesen
haben. Es ist die briefartige Form, mit der Adresse: '0 OsTva "(o
Selvt )(atp£ov.i) Einmal (1049) steht ausnahmsweise y^aäpev/ vor
') In 680 (aus dem Ende des II. Jahrh. n. Chr.) steht övö(|ia-05) oder
wohl besser övö(iiaTi) zou Setvog statt des einfachem -in äsivl. Es ist aufiallig,
wie diese Sitte der Umschreibung mit 5vop.a sich vom Ende des II. .Tahrh. n. Chr.
an verbreitet und in die verschiedensten Formulare eindringt. Ein früheres
Beispiel ist üTO.
WiLCKEX, Ostraka. G
82 IJl- KAl'ITKL.
dem Dativ. Diese Formel hat sich also im Wesentlichen unverändert
durch die griechische und römische Zeit hin erhalten, ja es ist die
einzige Quittungsformel, die ein so dauerhaftes Leben gehabt hat —
wohl aus dem Grunde, weil sie in dem im öfientlichen und privaten
lieben geltenden Briefstil ihren dauernden Rückhalt und ihr leben-
diges Vorbild hatte. Wenn daher das uns vorliegende Material nur
bis zum Ende des II. Jahrhunderts geht, sichere Beispiele aus dem
III. Jahrhundert aber fehlen, so möchte ich dies bis auf Weiteres
für einen Zufall halten. Vgl. unten S. 104.
Die obigen Quittungen aus der Kaiserzeit unterscheiden sich von
den entsprechenden der Ptolemäerzeit durch die Subscriptionen, die
in jenen fehlen. Doch das halte ich füir ein zufölliges Ergebnis
unserer Sammlung. Gewiss werden auch noch Ptolemäertexte dieser
Art zu Tage kommen, die Subscriptionen haben. Es scheint übrigens,
als wenn diese Sitte in der Kaiserzeit sich erst allmählich verbreitet
habe. Das erste Beisiiiel unserer Sammlung gehört zwar schon in die
Zeit des Tiberius (1033), doch sind die Beispiele im I. Jahrhundert
n. Clu\ selten, mehren sich dagegen sehr stark im II. Jahrhundert.
Aber auch dieses Ergebnis mag durch den zufalligen Bestand unseres
Materials bedingt sein. Jedenfalls ist kein Grund abzusehen, wes-
halb nicht schon in der Ptolemäerzeit diese Urkunden gelegentlich
subscribirt worden sein sollten. Die Unterschriften, wie wir sie hier
linden, widersprechen nun durchaus dem eigentlichen Wesen eines
Briefes. Der Brief wird nach griechischer — und auch nach römischer —
Auffassung dadurch „unterzeichnet", dass man nicht etwa seinen Namen
wie hier, sondern eine Grussformel eigenhändig darunterschreibt.')
Abgesehen von einem Beispiel aus Koptos (Nr. 1083), wo wirklich
Ippwao .steht, und der thebanischen Nr. 1502, fehlt diese Grussformel
in unseren Quittvnigen regelmässig. Doch ist die letztere jedenfalls,
die erstere wahrscheinlich eine Privatquittung. Untersuchen wir, ob
sich aus den vorhandenen Subscriptionen irgend ein innerer Grund da-
für finden lässt, weshalb man zu diesen im Briefstil unerhörten Namens-
unterschriften gegriffen hat. Ich unterscheide folgende Arten, wobei
ich mich wegen der Fülle des Materiales auf wenjge Belege beschränke:
1) Name aeay;[jietü)|jia: Summe. Vgl. 579, 586, 587, 591.
2) Name Summe. Vgl. 60' >.
') Vgl. Bnms, die Untersclirifteii iu il. rüm. Rechtsiirkiunliii i^. liS 11'.
TIIKHANISCIIE EEIIEBEKQUITTUNfUCN AUS DEK KAISEKZEIT. H'6
3) Nanic aiaYjiieEtojia:. Vgl. öi;S, ö(iO, (>')\, 1012.
4) Name. Yjri. ."üio, 006, 5:5:5, wi, 10:5:5, io;-5r).
.")) Jlunclinial uuterzeiclinet statt des Erhebers seiu Soeretär.
Das geschieht mit der Formel: „Der Ei-hebcr durch (Sta) den
Seeretiir asayjiiscwjxat." Vgl. öOö, (iOö, 014, 020, 0:50, (Sific
Ypa[ifiaTeWt).
Die Unterschritt in 1321 „£Ypa(^£v) 6 ostva bnkp «ütoO ztX"
i.-it, wie oben auf S. 03 ausgeführt wurde, keine eigentliche 8ub-
scriptiiiii.
Zunächst ein Wort über oy^jiE'.oöaOx:.. Dieses Verbum begegnet,
wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, in der Ptolemäer/.eit in
diesem Zusammenhange noch nicht. Es gehört also zu dem „Modernen"
der Kaiserzeit. Wie andere Stellen zeigen werden, ist als Object
zu asaT(|x£t(i)[iai die gezahlte Summe zu denken. Man hat dies
ay^jistoOaö'ao verschieden gefasst. Viereck (Hermes XXX S. 108) sieht
iu eiuer Unterschrift a£crj([i£!w|J,a'.) apxxßai; öxtw die Angabe dafür,
dass der Betreffende ,,die 8 Artaben in die Listen, die über die
Getreidevorräte geführt werden, eingetragen habe". Das halte ich
nicht für zutreffend. Das a£arj[i£E(i)(jiai ist nicht auf eiue ausserhalb
des Subscribirens liegende Thätigkeit, sondern auf das Subscribiren
selbst zu beziehen. Der Sinn ist also: „Ich habe hiermit über so
und soviel gezeichnet."
Dass sich hier niemals der Titel des Erhebers findet, mag sich
daraus erklären, dass bei der Briefform ja schon in der Adresse
der Titel des Unterzeichneten oder auch der damit identische seiner
Socii erwähnt zu werden pflegte. Die Summen, die hier genannt
werden, sind dieselben, über welche im voraufgehenden Text
quittirt wird.
Fragen wir nun, ob sich aus unseren Urkunden selbst ein Grund
für die Subscription finden lässt, so liegt es vielleicht nahe, auf die
Vielköpfigkeit der Associationen hinzuweisen, in deren Namen die
Quittung ausgestellt wurde. Wir werden in Kap. VI genauer darauf
einzugehen haben, wie diese Erheber meist eine Gesellschaft bildeten,
die ihre feste Firma hatte, bestehend aus dem Xamen des Leiters
resp. der Leiter mit dem Zusatz xal oE \ii~oyo'.. Diese „Firma" erscheint
in der Briefadresse, gleichviel ob Einer der dort mit Namen genannten
im speziellen Falle die Quittung ausgestellt hat oder nicht. Unter diesen
Verhältnissen musste es nahe liegen, hinzuzufügen, wer von den Socii
84 UI. KAPITEL.
denn das Geld empfangen oder die Quittung ausgestellt habe, damit
im Falle von »Streitigkeiten die Gesellschaft oder die Behiirden sieh an
diesen halten konnten. Die Grussforniel, die eigentliche Öubscription,
war für diesen Fall nichtssagend. Genügt hätte es, wenn in der Adresse
der spezielle Quittungssclu-eiber und nicht die ganze Firma sich ge-
nannt hätte, und das ist auch in einer Reihe von Fällen geschehen.
Zog nian's aber vor, die Firma in die Adresse zu setzen, so musste
man leicht darauf kommen, dass der spezielle Quittungsaussteller
sich in einer besonderen Unterschrift mit Namen nenne, denn er
hatte dafür aufzukommen. Und so haben wir viele Beispiele, in
denen in der Subscription ein ganz anderer Name steht als in der
Adresse. Das ist dann der Socius, der die Quittung ausgestellt hat.
So nennt z. B. in Nr. 512 die Adresse den 'I[iGLixh]; xai \).(kzoyj2i),
die Subscription aber lautet: A( ) a(£ar(|Jicfw]j,a:). Und so in
zahlreichen Fällen. Oft unterzeichni'u auch mehrere Socii, so z. B.
in .").'").3, und zwar schreibt der Eine ^ A\xzv6)d-rii a£(aYj|i.£Ew|iat), der
Andere nur Oaxpfji;, was deutlich zeigt, dass die blosse Namens-
nennung elliptisch aufzufassen ist. Die vollständige Form ist die
unter 1 gegebene. — War es auf diesem Wege einmal eingeführt worden,
in gewissen Fällen eine Subscription hinzuzufügen, so konnte es leicht
auch da angewendet werden, wo eine Nötigung nicht vorlag, also
z.' B. wo nur der thatsächliche Erheber in der Adresse genannt war.
Da die Erheberassociationeu schon in der Ptolemäerzeit bestanden, so
könnte man auch nach diesen Betrachtungen erwarten, dass sich einmal
subscribirte Texte unserer Klasse aus der Ptolemäerzeit finden.
"Wir haben oben diejenigen Quittungen für sich gestellt, in denen
yatfciv in der Briefadresse ausgelassen ist. Wenn wir von dem uns
vorliegenden INIaterial ausgehen, gewinnen wir den Eindruck, class
die Sitte oder Unsitte, das )(atp£tv fortzulassen, sich nach und nach
weiter verbreitet hat. Aus der Ptolemäerzeit liegt nur ein Beispiel
vor (Nr. 1029). Auch im Anfang der Kaiserzeit fehlt )(a[p£'.v nur
gelegentlich, vgl. Nr. 1.3Ij3 und 7(J5, aus der Zeit des Augustus,
Nr. 1031, 1372, 1551, aus Tiberius' Zeit u. s. w. Aus dem IL Jahr-
hundert u. Chr. lassen sich die meisten Fälle nachweisen. Doch
ist die Möglichkeit orten zu lassen, dass nur die zufällige Zusammen-
setzung unseres Materiales an diesem statistischen Ergebniss Schuld ist.
Fragen wir nach dem Grunde des Fortlassens, so ist natür-
lich das Nächstliegende anzunehmen, dass die Bequemlichkeit des
Tin:i!ANis( in: erhebekqiittüxgen ais ueh kaisei:zi:it. 85
Schreibers, das Streben nach Kürze dazu geführt hat. Gewiss spricht
(lieso.s Moment mit, und es ist daran zu erinnern, dass der Schreihtr
:uis deinselhen Grunde ja aut-li das schlicssende Ippcoao. ja in der
späteren Zeit niauelimal toyy/ tbrtirelassen hat, sodass scliliesslieh der
ursprüngliche Briefstil ganz verwildert ist. Das Fortlassen des Grusses
yatpstv hat aber noch eine besondere Nuance, auf die ich schon im
Rheinischen Jahrbuch S. 251 hingewiesen habe. Plutarch erzählt
nämlich im Phokiou c. 17, dass Alexander der Grosse nach seinem
Siege über Darius acpelXs xwv imoioXM'/ zb /aopetv tcXyjv £V Saat;
l'(poL-^t $(i)xtuvi, xoOxov 8e [lövov (liovizp 'AvxcTiaxpov [Jisxa xoO y^(xipt:v
-pccr,YÖp£U£ (vgl. C. Müller, Script, bist. Alex. M. p. llö). Plutarch
beruft sich dafür ausser auf Duris auch auf eine primäre Quelle,
auf Chares von Mitylene, den ziQo.f'fzXtbc, des grossen Königs. Aus
diesem Zeugnis scheint mir mit Sicherheit soviel hervorzugehen, dass
mau es im Altertum, und nicht nur zur Zeit Alexanders des Grossen,
sondern auch noch zu der des Plutarch, als eine Uuhöflichkeit em-
pfand, wenn das yjx.iptLy in der Adresse fortgelassen wurde. Wenn
nun auch die aegvptisehen Pro\'iuzialen, soweit sie überhaupt Griechisch
verstanden, kein allzu tiefes Sprachgefühl hatten, so musste doch
auch von ihnen die Versagung einer sonst allgemein üblichen Gruss-
formel gewiss als eine Unhöflichkeit empfunden werden, und wenn
die Steuererheber sich diese Versagung erlaubten, so thaten sie es
gewiss nicht nur deshalb, weil es bequem war, sondern weil sie
meinten, den simpeln Steuerzahlern gegenüber sich als Beamte des
Staates diese Bequemlichkeit erlauben zu dürfen. Xachdem das Aus-
lassen des yaipeiv einmal von Einigen riskirt war, hat es dann, wie
das so zu gehen pflegt, immer mehr Nachahmung geiunden.')
Wenden wir uns von der Subscription und der Adresse zur
Quittung selbst, so firagen wir zunächst nach dem regierenden Verbum,
das den Empfang ausdrückt. In den briefartigen Quittungen der
') Viereck's Einwendungen (Hermes XXX S. 110 Aum.) erscheinen mir
nicht sticlihaltig. Er heruft sich darauf, dass auch „von Seiten der aegvptisehen
Provinzialcn" das y_OLipe<y fortgelassen wurde, bringt übrigens liein Beispiel dafür.
Ich bezweifle nicht, dass die Provinzialcn, wenn sie ihren Knechten oder Unter-
gebenen etwas mitteilten, dass xoi.'.psi^/ wohl fortliessen — wenn sie gerade Lust
dazu iiatten. Gegen mich würden nur solche Fälle sprechen, in denen ein Pro-
vinziale oder sagen wir überhaupt irgend Jemand in einem Brief an eine
höherstehende Persönlichlieit das yaips'.v ausgelassen hätte. Solche Fälle
(und zwar nicht aus einem ävii^patpov 1) sind erst naclizuweiscn. L'ebrigens
8G III- KAi'iri:!,.
Ptolemäerzeit (I 2) begegneten zwei Arten: 1) i/ü) oder irÄyo),
regelmässig im Präsens. 2) xexa^ai. In unseren Texten au? dej'
Kaiserzeit linden sich folgende Verben (wenige Citate mögen genügen) :
1) 'Eyw. Vgl. 364, ;5G5, 4<.tl, 5:57 u. s. w.
2) "Ea/ov. Vgl. 410, 497 u. s. w.
3) 'A-£yw. Vgl. 37(3, 390, 402, 550 u. s. w.
4) 'Aulaxov. Vgl. 1370.
5) 'ATreayjf/.a. Vgl. 1454.
6) 'Oiiolo\a exetv. Vgl. 396, 420.
Ueber den Gebrauch ist zu sagen, soweit mau aus dem vor-
liegenden Material schliesseu darf, dass im I. Jahrhundert n. Chr.
eyoj und aTieyw die üblichsten Formen gewesen zu sein scheinen,
während £a)(Ov nur ein einziges Mal für das J. 59 (410) bezeugt
wird, ebenso är.kayow für das J. 10 n. Chr. (wenn hier nicht ein
Lesefehler für ccr^t^- vorliegt), dass dagegen im II. Jahrhundert
n. Chr. eyw und ä-!ziy(a zurücktreten, während von Nr. 497 an (a. 107)
der Aorist £a)(ov fast ganz allein auf dem Plan erscheint. Für
ojJioXoyti) s/ccv, womit also der Quittung die Form einer b\s.okQ'^lcf.
gegeben wird, sind in unserer Sammlung nur die beiden angeführten
Beispiele vorhanden (aus dem J. 48 und 68). In mehreren Fällen
fehlt übrigens, wie schon bemerkt, überhaupt ein Verbum wie sayov.
Vgl. 528, 549, 551, 670, 1613. Das ist gewiss nur aus Flüchtig-
keit oder aus übergrosser Bequemlichkeit geschehen.
Von Interesse ist es, dass in einigen Fällen (513, 1058, 1289)
unsere Quittungen als ein ccvxt'ypacpov a/Koyjic, bezeichnet werden.
Ob man daraus den Schluss ziehen darf, dass alle übrigen Quittungen
die einen derartigen Vermerk nicht tragen, Originalurkunden und
nicht Abschriften sind, bleibt a priori zweifelhaft. Für die Frage,
zu welchem Zweck solche dvTiypaspa angefertigt wurden, ist von
spricht Plutarch ganücht von tiiielcii Ale.vauders „au Uarius u. A.", wie num
aus Viereck's Worten schliessen könnte, sondern ganz allgemein von seinen
Briefen überhaupt. Also „der amtliche und geschäftliuhe Verkehr" kann nicht
mit Viereck in Gegensatz dazu gestellt werden , ist \ielmehr durchaus mit ein-
geschlossen. Uebrigens ist es ja selbstverständlich, dass es in einer solehen Frage
der Höflichkeit keine festen Vorscliriften, sondern nur eine Sitte giebt, der sich
das Individuum eventuell entziehen kann. L'm so lienierkenswerter ist, mit welcher
ßcgelmilssigkeit in den Briefen aus Pselkis, die von Soldaten an den vorgesetzten
Optio gerichtet sind, sieh das xa(fEiv findet — und das im III. Jahrh. n. t'hr.I
TIiriiAXrsCHE ERHEBERQTTTTrNGEN AUS WM KArsKÜZlClT. S7
Bcdt'iituiiii', ilass z. B. in ölo auch das mx'.'(px'fry^ , j^aiiz wie eine
Onginahukiinde, eine Subscription von zweiter Hand trägt. Also
auch diese Abschriften haben anitliclun Charakter! Natiirlicli winl
hier durch das avxtypacpov die Originalquittung nicht cassirt, wie
in den oben S. 78/0 besprochenen Fällen. Das avtiypacpov ist eine
identische und durch die Subscription beglaubigte Abschrift.
Ganz eigenartig und von höchstem Interesse ist ein Zusatz, den
Nr. (')62 trägt: ä; (^scil. die gezahlten 1?1Vl> D^vchinen) xal 5ca-
Yp(ät]joji£v) ItlI TYjv Syj(|ioai'av) xpa7i(£!^av). Damit ist uns der
Geschäftsgang, durch den die Steuer aus der Hand des Zahlers durch
Vermittelung des Erhebers an die Bank gelangt, klar vor Augen
geftihrt. Vgl. darüber Kap. VI.
IV. Quittungen, die die Bank au.-stellt.
Bis vor Kurzem war es überhaupt unbekannt, dass in der
Kaiserzeit das Institut der königlicheu Bank fortbestanden hat. Noch
im Rheinischen Jahrbuch glaubte ich daher das Gegenteil versichern
zu dürfen. Erst die neueren Erwerbungen des Berliner Museums
und anderer Sammlungen haben uns eines besseren belehrt (vgl.
Ka]i. VI\ und durch die Ostraka, wie wir sie jetzt auffassen, finden
sie ihre Bestätigung. Nach mancherlei Mühen und Kämpfen bin ich
zu der Ueberzeugung gelangt, dass auch in der Kaiserzeit die Erheber
den Zahlern lediglich in der Briefform quittirten, wie sie es schon in
der Ptolcmäerzeit getlian hatten (abgesehen von II), und dass daher
alle anders gearteten Quittungen der Bank zuzuschreiben
sind. Ich werde die.?e These bei den einzelnen Gruppen nachzu-
weisen haben.
Aehnlich wie in der Ptolcmäerzeit die Baukquittungen im Laufe
der Jahrhunderte mancherlei Veränderungen aufweisen, so können
wir auch durch die drei er.sten Jahrhunderte der Kaiserzeit, über
die unser Material sich erstreckt, eine fortwälirende Entwickelung
des Formulars verfolgen. Im Anfang knüpfen sie an die letzte
Entwickelungsstufe der Ptolemäerzeit an; gleichzeitig aber entwickeln
sich schon neue Formen, die wieder von anderen abgelöst werden.
Den sämmtlichen thebanischen Bankquittungen der Kaiserzeit ist
aber Eines gemeinsam: sie nennen nicht den Erheber, wiewohl dieser
88 111. KAl'lTEL.
ganz wie in der Ptoleniäerzeit der Ueberbringer des Geldes der
Steuerzahler war, sondern lediglich den Zahler, von dem der Erheber
das Geld gebracht hat. Sie befolgen also ein Princip, welches wir
schon für das III. Jahrhundert v. dir. oben kennen gelernt haben.
Dass daraus auf eine Veränderung des praktischen Geschäftsganges
zu schliessen sei, glaube ich nicht; es ist nur von rein formaler Be-
deutung. Wie wir es schon für dass III. Jahrhundert v. Chr. wahr-
scheinlich zu machen suchten, so möchten wir auch für die Kaiser-
zeit annehmen, dass diese Bankquittungen, wiewohl sie den Zahler
(regelmässig in 3. Person) nennen, dennoch dem Erheber eingehändigt
wurden, und eben nichts anderes sind als die Quittungen, die der
Erheber erhielt. Vgl. oben S. 69. Wir halten also, um es zusammen-
zufassen, durchgehends in den thebauischen Bankquittungen der
Kaiserzeit den Schreiber für den Trapeziten, die in der
Quittung genannte Person für den Zahler und den Em-
pfänger für den Erheber. Bei dieser Auffiissung findet auch
eine Erscheinung ihre Erklärung, die sonst schwer zu erklären sein
dürfte: es kommt nämlich mehrfach vor, dass in ein und derselben
(Quittung die Zahlung mehrerer Personen bescheinigt wird. Das sind
einfach verschiedene Zahler, die in das Revier desselben Steuer-
erhebers gehören. — Wir lassen nun die einzelnen Gruppen folgen.
!"•
TitWATu-i — für Abgabe — der Zahler — Summe. Datum.
Vgl. 1545, aus der Zeit des Augustus.
Der Zahler — rkaxTai — für Abgabe — Summe. Datum. Sub-
gci-iption des Trapeziten. Vgl. 35(3, 357, 358, 1304, 1540, alle aus
der früheren Zeit des Augustus.
Eine Anknüpfung an die Ptolemäerzeit sehe ich in der Ver-
wertung des Wortes iiaaea\)-a.i, das sich in diesen Quittungen zum
letzten Jlal findet, um dann durch SiaYpx'.pe'.v völlig verdrängt zu
werden. Das Schema 1" schliesst sich eng an das ptolemäische
Schema II an. Dagegen ist in P die Voranstellung des Namens
eine Neuerung. Ich will hier ein für alle Mal einschieben, dass,
was uns als neu unter Augustus entgegentritt, vielleicht schon
THEBANISCHE BAXKQUITTrXDEX Al.S 1)1;K KAISKRZKIT. ^t<)
im T. .Tahrliunclert v. Chr. unter den Ptoleniäorn Brauch gewesen ist.
Wir müssen diese Möglichkeit jedenfalls oflcn lassen, da wir ptole-
niäische Texte des I. Jahrhunderts v. Chr. nicht besitzen, oder wenig-
stens nicht mit Sicherheit als solche erkennen können. — Dass wir
die hier entgegentretenden Namen mit Recht auf den Zahler und
den Trapeziten beziehen, lässt sich im einzelnen nachweisen. In
1364 steht hinter dem Namen au der Spitze: xoupeu; (Barbier).
Damit ist gesichert, dass wir es hier nicht etwa mit dem Erheber,
sondern mit dem Zahler zu thun haben. Andrerseits nennt sich
der unterzeichnete Beamte selbst in 1364 und 1540 ausdrücklich
TpaTTE^fxYjS.
2.
Der Zahler — di ayf yQcccpiiXfv — für Abgabe — Summe. Datum.
Vgl. 360, vom 22. J. des Augustus.
Dies Schema ist mit l** identisch , nur ist "ciaasoit'a: durch
Stayparpeiv ersetzt. Ueber dieses Wort, das von nun an durch die
drei ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung das herrschende bleibt,
möchte ich hier einige Bemerkungen einschieben.
Schon Amadeo Peyron hat in seiner Abhandlung über SiaypaqjiQ
(Pap. Taur. I S. 144 ff.) auf die Klassikerworte hingewiesen, die für
unseren Terminus in Betracht kommen, nämlich auf die Worte Suidas's.
Zi.OL'^pä.'i^ccnoq: „Ttveg (lev dvxi toO xaxaßaXovtos xalxaxa&lvxos.
evto'. 5e dvxi zoü Std xpaTOJ^vjS dp[-9'|j.Yjaavxos ü)? "kb^o^tv sv x"^
a'jvrj{)-£ta", und auf S. 146 sagte er: StaypdtJ'at non tantum erat
pecuniam mimerare ex mensa trapezitae, venmi etiam pecuniam
nnmerare trapezitae, und verweist auf LXX, Esth. 3, 'J und
II Makk. 4, 9. Die letztere Bedeutung ist es, die wir in den Ostraka
für 5i«Ypä(p£LV in Anspruch nehmen müssen. Es heisst, wie Suidas
sagt, nichts anderes als „zahlen, auszahlen", also xaxaßdXXeiv, d. h.
„das Geld hinwerfen auf den Zahltiseh".^) Aiaypäi^etv hat also
') KaxaßdXXsiv in der Bedeutung „bezahlen" ist in der aegyptisehen
Kanzleisprache seit dem III. Jahrh. t. Chr. nachweisbar. Vgl. Petr. Pap. (I)
[SO] 6, (II) [38] 7,8. Auch im Eevenue-Pap. 48,10 heisst es: xaxaßaXXs-
tcoaav sitl xyjv ßaa'.Xtxrjv -cpctTcs^av. Vgl. ibid. 52,15, 18 und 23: 74,2;
75,5. Für's 11. Jahrh. vor Chr. vgl. xaxaßoXij = Zahlung in Pap. Paris.
62, 5, 12. Grosse Verbreitung fand das Wort aber erst in der byzantinischen
Zeit, und das ist zum Verständnis der Suidasstelle von Interesse. KaxaßäXXeiv
hat in dieser späten Zeit neben itapEXS'-v (s. unten) das S'.'XfpdtfBi'/ geradezu
90 in. KAPITEL.
ganz ähnliclie Bedeutung>\v:\ii(lluiit;i'ii duicligeniacht wie das enl-
sprechende latriiiische Wort pertfcrihere , wofür ich auf Älommsen's
Ausfülirungcn im Hermes XII S. 111 verweise. Zumal mir von be-
freundeter Seite brieflich mancherlei Bedenken gegen diese Bedeutung
von Siaypaifstv geäussert wurden, halte ich es nicht für überflüssig,
einige Belege anzuführen. Zunächst die sclion von Peyron angeführten
Stellen, Esth. .-5, 9 : ~/.a^((a oiaypa^'W £■? "^^ ya^o^uAäxiov xoü ßaaiXId) j
OL^'^upiou laXavta [iupia. und II Makk. 9: Tcpö; ok xodxoic, ÖTt£a)(V£lTO
xal Izzptx. (seil. ziXot.v-%) 0'.(x\'pä'\)Sii. Die Bedeutung „zahlen" hat
Siaypi^Eiv ohne Zweifel in den Zoispapyri (I 18, 19, 21, 29, vgl. 11)
'aus dem II. Jahrlumdert w Chr. In dem grossen Erlass über die
Steuerverpachtung (Pap. Paris. 02), gleiehft^lls aus dem IL Jahrhundert
V. Chr., heisst es in Col. IV 21: xa oe auva)(6'r;aö[X£va oiaypacpryasxai
bIc. -zb ßaa'.X;y.6v, d. h. „das wird baar ausgezahlt werden au die könig-
liche Bank". In einem Auszug aus einem Darlehenscontract aus dem
II. Jahrhundert v. Chr. fPap. Paris. 8, 9) heisst es: |;f' wt. \xoi 5ca-
Ypä'|ioi)a! (nicht O'.aypäcpouaö) [xoi auxa sv x(T)t $apjxoO{)-'. [ly^vl xxX,
d. h. „unter der Bedingung, dass sie es mir zurückzahlen im Monat
Pharmuthi". Von besondei'er Wichtigkeit ist eine Stelle im Petr.
Pap. (II) XLVI c 13 aus dem J. 202/1 v. Chr., wo es heisst:
[o]taY£Yp(acp£v) (nicht £t];Y£Yp") iri X7,v Iv K(poxo5£tX())v) n6(Xz:
ßa(aiXtxr/.') xp(a7i£l^av) , 1^' -ffi Eupwva^. Vgl. hierzu Gott. Gel.
Anz. ISDö S. 162. Das ist genau dieselbe Verbindung wie in unseren
Ostrakal Noch weiter hinauf führt Petr. Pap. (I) XVI 2, aus dem
J. 2.31/0 V. Chr., wo die Bedeutung „zahlen" gleichfalls unzweifelhaft
ist. Als Synonymen steht hier daneben Tiocpiyza^x'. (s. unten). Auch
im Revenue-Papp-us (Philadelphos' Zeit) begegnet Sia.fpä.'-^ziw in
verdrängt und findet sich daher am Eingang der Quittungen. So beginnt z. B.
die Berliner Quittung P. 2C95: -f- KatsßaXEV My]vä; ('/j Solidus). Es steht
aber auch bei Naturallieferungen. Vgl. P. 2C97 (publieirt in meinen Tafeln
z. alt. griech. Palaeogr. XX"): KaTEßaXa(v) ol inö Kx^aig (Artaben SO'/a)-
K. Wessely hat dies Wort völlig missverstanden, wenn er in Mitteil. Pajj.
Kain. III. S. 2G3 eine Quittung der Eainer-Sammlung, die mit den Worten
y.ateß?.^ San'.avs ap" ji07i°; beginnt, folgendermassen übersetzt: „Zugemessen
wurde dem Bäcker Damianos." Davor hätte ihn schon das o über KOTt be-
widiren müssen , das den Dativ aussehliesst. Es heisst nach Obigem vielmehr :
Bez.ahlt hat der Bäcker Damianos (1'/.^ Keratien). In derselben Bedeutung be-
gegnet y.axaßdXX^tv aucli in den byzantinischen Papyri bei Keiiyon, |i. '-'00
201, 205.
THEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS DKK KAISKUZKIT. Ül
dieser Bedeutung. Vgl. col. 32, II, wo es von der Zahlung durch
die Bank steht (ganz wie bei Suidas an zweiter Stelle), ferner col.
.■)4, '2'2; 77, 4, an letzterer Stelle, wie bei uns, von der Zahlung an
die Bank: Staypa^ito) Se et; tö |j[a'j]t).txdv. ') IMerkwürdig ist, da.ss,
wiewohl hiernach schon iu der Ptolemäerzcit SiaYpa^stv in der Kanzlei-
sprache die Bedeutung „zahlen" hat oder haben kann , es in den Ste.uer-
(juittungen dieser Zeit doch durchaus hinter TÜTZitiy luid Täaasa-9-at
zurücktritt. Nur ein einziges Beispiel (1528) ist uns bekannt (siehe
oben S. 80, Schema II 8). Erst jetzt, unter Augustus und Tiberius,
musste in den Steuerquittungen das alte Taaa£a&at, das einst, wie wir
sahen, das noch altertümlichere TtiTixstv verdrängt hatte, allmählich
dem Staypa^cLV Platz machen. Kach Tiberius begegnet meines Wissens
das Wort läaaeaö'ai in diesem Zusammenhange nicht mehr, viel-
mehr ist das übliche Wort sowohl für die Zahlungen, die der Zahler
dem Erheber leistet, als für diejenigen, die der Erheber wieder an
die höheren Instanzen leistet, von uun an ausschliesslich Staypdc'^eov.
Noch ein Wort zu der merkwürdigen PerfectbildungocaYsypaiyr/xa.
In der Ptolemäerzeit noch sagte man, wie sich's gehört: Soaylypa^sv.
Vgl. Zoispap. I 2!': oiaysypa^ivat. So auch in 1528, wo Staypeyaiy ev
für Stay£ypa(f£V verschrieben ist.-) In den Ostraka der Kaiserzeit
dagegen findet sich, wo überhaupt das Wort ausgeschrieben ist,
die Bildung: StayeypäcfT;-/,«. Vgl. Nr. 6, 7, 10, 12, 16, 1322.
Demnach ist überall diese Form von mir hergestellt.
3.
ImyeyQMfipisv im tip' iv Ortsname tqü^ts^uv — der Zahler — für
Abgabe — Summe. Datum. Subscrlpüon des Trapeziten. Vgl. 362,
1371, beide aus der Zeit des Tiberius.
Die Analogie mit der ptolemäischen Klasse II (>'' (S. 72) liegt
auf der Hand.
') Daucbeu begegnet SiaYpoicfeiv im Revenue - Papyrus auch in der
ursprünglichen Bedeutung des „aufschreibens". Vgl. col. 13, .S; 43,7; 43,20.
Zu BiaYpacfvi in der Bedeutung „Zahlungsanweisung" vgl. meine „Actenstückc
aus der königlichen Bank zu Theben" S. 30.
-) Eine solche Behandlung als verbum contractum ist mir für ä'.aYpä^siv
in der Ptolemäerzeit nicht bekannt, wohl aber für andere Composita von YP^cifEiv.
So steht im Revenue-Pap. (III. Jahrh. vor Chr.) 27,18: ävaY£[Y?a]<fr|y.iva'..
Vgl. 33,1. T. Ebenso in 86,12: ä7iOYeYpacpY|Xsvai.
92 III. KAPITEL.
4.
^hnygyQtt(fijX£i' f'.Ti r/^r zov dehu^ TQUTis^ur — der Zahler — für
Abgabe — Summe. Datum. Subacrijdion den Trapeziten. Vgl. o5'J,
i;518, 1365, 1366, 1376, 1Ö41— 1543, 1556, aus der Zeit des
Augustus, mit Ausnahme von 1376 und 1556, die aus dem Anfang
der Regierung des Claudius stammen.
Wir stehen hier vor einer neuen Formel, die sich bis jetzt lediglich
liir die fi-ühere Kaiserzeit nachweisen lässt. Wenigstens ist mir aus
der Ptolemäerzeit kein Beispiel dafür bekannt, dass die königliehe
Bank als i^ Toö oetvos xpaTis^a bezeichnet würde. Damals sagte
man -fi xpaTiel^a, £9' ■^j 6 Oetva. Die hier gewählte Bezeichnung
ähnelt vielmehr der Art, wie man Privatbanken benennt. Vgl. BGU I
Index s. v. xpanei^a. Die Möglichkeit, dass auch hier Privatbanken
gemeint wären, ist a priori zuzugeben, denn mau konnte ja vermittelst
dieser den Steuerbetrag an die Behörden auszahlen lassen. Dann
würden die obigen Quittungen Privatquittungen sein. Aber es wäre
doch auffallend, wenn immer in denselben Jahren plötzlich eine
grössere Zahl von Steuerzahlern darauf verfollen wäre, sich der
Privatbanken zu bedienen. Man bedenke auch die Geringfügigkeit
der Summen. Demnach möchte ich in unseren Texten doch au die
königliche Bank denken und daher auch die Versuchung, in
1376 und 1556 "/o xpa^ in xo/.(Xuß[axtXYjv) xpa7x(e^av) aufzulösen,
von der Hand weisen.
Dass die in diesen Quittungen genannten Personen wirklich die
Zahler, nicht etwa die Erheber sind, wird durch 1365 bestätigt, wo
der Stand der Person mit Ttaaxo(tf opo? ) angegeben ist.
5.
AinysyQacfrptiv diu rljg tov Ssiroc t()H7iKijg — der Zahler — für
Ahf/abe — Summe. Datum. Vgl. 361, 1317, 1319, 1320. Weitere
Beisjiiele dieser Gruppe finden sich unter den neueren Erwerbungen
von Leiden. Ich notirte folgende Nummern als zu demselben Schema
gehörig: Leiden Ae. S. 74, 12(1, 122, 134, 138. Eine baldige Publi-
cation dieser wichtigen, aber schwierigen Stücke ist sehr zu wünschen.
Alle Texte dieser Gruppe stammen aus der Zeit des Augustus.
Die Verbindung Staypa^etv 5tä XYJ? xpaTis^Yjj ist in diesem
Zusammenhango merkwürdig. Man könnte auch hier leicht auf die
Vermutung verfallen, dass die betreffenden Zahler nicht direct (i^
TIIEBANISCHi: ÜANKCJUITTUNGEX Afs DER KAISKÜZICIT. '.);}
Otxou), sondern durch Veriuitteliiii«;- ihres I'rivatliankiers die Suniine
gezahlt hätten. Doch aus den obigen Erwägungen möchte icii auch
hier die Deutung auf die königliche Bank vorziehen, und wenn es
heisst, der Zahler habe vermittelst der Bank gezahlt, so hat man
etwa ein j3xaiA£T, wie es in den alten Ptolemäertcxtcn steht, hinzu-
zudenken; an den Kaiser zahlt man, durch Verniittelung der könig-
lichen Bank.
6«.
. liays-j'QOKpjxsf (später fiitjQax^iEi') — der Zahler — für Abgabe
— Summe. Datum. Subscription de-i Trapeziten. Manchmal demotische
Bekchriflen. Vgl. 363, 366 — 375, 377, 387, 389, 391, 392,
394, 395, 398—401, 403-407, 409. 411, 424, 425, 436, 443,
446, 453, 454, 456—459, 462, 469, 470, 474—476, 481—490,
492, 494—490, 534, 540, 628, 647, 648, 653—656, 667, [673],
1238, 1240, 1280, 1284, 1323—1327, 1373—1375, 1377, 1380-
1385, 1387—1393, 1396—1398, 1400—1403, 1406—1409, 1414,
1440, 1444, 1448, 1547—1550, 1553—1555, 1557, 1558, 1561,
1562, 1566, 1623.
6"-
Dasselbe, ohne Subscriptio7i. Vgl. 388, ."iOo, 408, 419, 422,
423, 427—435, 437—442, 444, 445, 447—450, 452, 4.55, 460,
461, 403, 465, 466, 472, 473, 480, 510, 1281-1283, 1285, 1378,
1379, 1418, 1560, 1563.
Während die vorhergehenden fünf Klassen, die teils Eudimentc
aus der früheren Zeit, teils Keuerungen aufweisen, nur vorübergehend
in Gebrauch gewesen sind, ist diese sechste Klasse, die sich aus den
früheren losgelöst hat, zu weiter Verbreitung gelaugt und hat jene
früheren Ansätze völlig absorbirt. Das vorliegende Formular ist das
herrschende bis zur Mitte des IL Jahrhunderts und darüber hinaus
geblieben und geht dann mit gewissen Modificationen auch in's
III. Jahrhundert hinein.
Teils durch die Analogie der Stsypa'jiev- Quittungen in Svene,
teils durch unrichtige Lesungen bestimmt, haben wir bis vor kurzem
die vorliegenden Urkunden für Quittungen gehalten, die von den
Erhebern {r^päyi.roptc,) ausgestellt seien, und leider drückt sich diese
Auffassung auch in dem Textdruck der fi-üheren Bogen aus (vgl.
jetzt die Nachträge am Schlus.s). Es ist jedoch unzweifelhaft, dass
94 in- KAPITKL.
sie vielmehr von tlen Trapeziteu ausgestellt unil subseribirt sind.
Beweis ist namentlich ?vr. 1387, wo in grosser, deutlicher und jeden
Zweifel ausschliessender Schrift geschrieben stellt: Bdcaao; d£X[iou
■cpaTiCe^t-crj;) a£a7]([Ji£tü)[jiaO- Desgleichen ist beweisend Nr. 401, wo
nach meiner am Original jüngst vorgenommenen Revision zu lesen ist:
Bäaao; A£-/.(li°u) Tpa(7:£^iTrj?) a£ar;(|i£tü)jiat). Ebenso in 390 und
in dem nicht publicirtcn Ostrakon zu Berlin P. 4433. Der Aus-
ililiuung dieses Resultates auf alle entsprechenden Nummern steht
nichts im AVege, wie ich mich weuig.?tens für die Berliner Urkunden
bei einem flüchtigen Besuch im Sommer 1895 überzeugen konnte.
Vgl. die Corrigenda am Schluss von Buch II. Andrerseits findet
dieses Ergebnis seine innere Bestätigung durch die vorhergehenden
Schemata, im Besonderen durch Nr. 3. Unser Formular ist oflenbar
durch Kürzung aus Nr. 3 entstanden, indem man das unnötige ItiI
Tr,v — zpi-.tZ^oi.^ fortliess. Mau kann hier also eine ganz ähnliche
Entwickolung der Fornuilare beobachten wie in der Ptolemäerzcit.
Dass ferner die in den Quittungen genannten Personen wirklich
die Zahler sind, wird durch die Thatsache erhärtet, dass an dieser
Stelle mehrfach Frauennamen begegnen. Vgl. 473, 494, 654 u. s.w.
Bemerkenswert ist, dass in den älteren Quittungen das Perfectum
(5iaY£Ypa9T//.£v) üblich ist, während der Aorist ('ci'ÄYpa.'\izV) erst
später weitere Verbreitung findet. In den uns vorliegenden Texten
begegnet der Aorist zuerst im J. 40 n. Chr. (1374). Wohl kommt
das Perfectum noch mehrfach im I. Jahrhundert vor, zum letzten
Mal in Nr. 486 vom J. 96 n. Chr. Doch für das II. Jahrhundert
habe ich keine Belege mehr für eine Verwendung des Perfectum in
diesen Bankquittungen gefunden. In den Texten des I. Jahrhunderts
ist es übrigens oft schwer, mit Sicherheit zu sagen, welche von beiden
Formen gemeint ist, da die Schreiber gerade dieses Eingangswort
sehr stark zu kürzen oder zusammenzuziehen lieben.
Die Sul)scrii)tionen der Trapcziten haben wie ein und denselben
Sinn, so im Grunde auch ein und dieselbe Form. Die äusseren
Unterschiede entstehen nur durch Ellijasen. In den angeführten
Texten lassen sich folgende xVrten unterscheiden (wenige Citate
mögen genügen):
1. Name, Titel ( TpaiX£^txYji;), a£crrjjx£i(0|iat. Vgl. 401, 1387.
Dies ist die vollständigste Form, die stilLschweigend auch in den
anderen Fällen zu suppliren ist.
•I'lIKHANIStllK liANKQUITTUNGEN AU>' DKU KAISERZEIT. 95
2. iS'aiuc, asarj |X£ttoiiat (olme TituI). Vgl. 363, 403, 40b.
3. Name, Titel (uhue a£ar(|i£o'o)|X3ci). Vgl. 367 ff.
4. Name (ohne Titel und atarj\idw\iO!,0- Vgl. 391, 394,
395, 409, 1388.
Auch iTray.oXo'jxJ'etv (s. oben S. 76 f.) wurde von den Bankbeaniteu
gebraucht. So steht unter einem demotischen Text (Brit. Mus. 12612)
aus dem 2. Jahre des Augustus, der nach Kevilluuts Uebersetzung
von der Bank ausgestellt zu sein scheint, die griechische 8ubscri})ti()n:
] . w? 'IXapicovoj ST^rjxoAoü 9'YjXa (vgl. Revue Egypt. IV. S. 185).
Zu der Bezeichnung ävxt'ypa^ov a7to)c^g in 1558 vgl. oben
S. So f. Eine merkwürdige Absonderlichkeit zeigt Nr. 672. Es
heisst da: „Atsyp^a^Y]) 8t' i^|jiü)v KXauSEo'j Ilepvaiou y.cd (\vizöy^wy)
%p!X%(x6pb)v) — für Abgabe — övo(|Jiaxos) des Zahlers — Summe.
Datum." Hält man den Text für correct, so muss mau daraus
folgern, dass hier der Erheber bescheinigt, auf den Namen des
Zahlers an die Bank gezahlt zu haben. Ich halte diese Deutung,
durch welche das Ostrakon ganz aus dem obigen Rahmen heraus-
fallen würde, für sehr imwahrscheinlich und möchte annehmen, dass
hier wie so häufig in vulgären Texten Gjitbv für r|jiöv zu lesen ist.
Dann bleibt die Quittung eine Bankquittung, was sie auch ihrem
ganzen Schema nach zu sein scheint, und es ist nur der für Theben
singulare Fall zu constatiren, dass die Trapeziten angeben, durch
welchen Erheber ihnen die Summe gezahlt ist.') Dass sie ihn in
2. Person anreden, bestätigt nur unsere Annahme, dass die Bank-
quittungen den Erheben! eingehändigt wurden (s. oben S. 88).
7.
.7(f;()«ififj' — Datum l^ilonai, Ta;/, Jahr) — der Zahler [oder
iiyufiaro^' des Zahlers) — für Abgabe — Summe. Suhscription.
Vgl. 665, 1472, 1474, 1594, alle aus dem III. Jahrh. nach Chr.
Wir lassen dieses Schema dem vorigen sogleich folgen, weil
es eine zwar sachlich unwesentliche, formell aber doch charakte-
ristische Umwandelung des Vorigen darstellt: das Datum ist von
der letzten Stelle an die zweite, hinter Sieypx^'EV gerückt, und zwar
') In den Faijümer Quittungen auf Papyrus, die nach meiner Vermutung
■von der Bank ausgestellt sind, ist es ganz gewölmlicli, dass der Erheber mit
genannt wird. Das geschieht entweder in der Form ; ,,S'.£Ypa4'^'' — durch (dtä)
den Erheber — der Zahler" (vgl. BGU 99, 212, 214, 219 etc.) oder „SiE-j-patJjsv
— dem Erheber — der Zahler" (vgl. BGU G6, 213, 220, 221, 270 etc.).
96 III- KAPITEL. ■
steht regelmässig der Mouat vorau. Es ist merkwürdig, wie solche
sachlich ganz gleichgültigen Kleinigkeiten doch allgemeine Ver-
hreitung finden. Die augefülirten Beispiele stammen aus der Zeit
der Philippe und des Valerian und Gallien. Wir liaben hier ofienbar
die im III. Jahrhundert üblich gewordene Form der Bankquittungen
vor uns, die die vorige Form (G) verdrängt hat. "Wir werden in
Nr. 10 eine Abkürzung unseres Formulars kennen lernen, das neben
ihm in Geltung war.
In 1474 steht statt des Namens des Zahlers im Nominativ '
vielmehr öv6([i.aT0i;) mit dem Genetiv des Namens. Dabei ist das
Verbuni nicht etwa in Sieypa'^rj verändert, wie man erwarten sollte,
sondern es lautet hier zufallig ausgeschrieben: ot[eYpa]t};£v. Vgl.
unten S. 108 TZOLpioytQ öv6|iaTO?.
8.
Der Zahler — für Abgabe — Sum)ne. Datum. Vgl. 1369,
426, 451, 467, 471, 477, 478, 493, 666, 668, 669.
Ich halte dieses Schema für eine Verkürzung von Nr. 6, mit
dem es im Wesentlichen identisch ist, nur dass das regierende Verbum
(StaYsypa^TjXSv) als selbstverständlich fortgelassen ist. Von den
angeführten Nummern gehört 1369 in die Zeit des Augustus, auch
666 in den Anfang der Kaiserzeit, alle übrigen aber in die 2. Hälfte
des I. Jahrhunderts, in die Zeit von Otho bis Trajan. Diese scheinen,
zum Teil, von dereelben Hand geschrieben zu sein und behandeln
dieselben Personen, vi-ie 'Apvoöpig 'A7to?.X(jL)vtou, 'AtioAXw? 'Apvoii-
ptos u. s. w. Offenbar stammen die.se alle aus demselben Bureau;
aus welchem Orte, ist nicht genauer bekannt.
9.
Für Abgabe zuv x. iiovg — Datum — der Zahler — Summe.
Suhscr!pf!on t/cs TrapezHen. Vgl. 468, 479, 1413, 1564, 1565,
alle aus der Zeit des Domitian.
Diese Nummern bieten wieder eine andere Umstellung derselben
Elemente. Mit dem vorigen Schema ist ihnen gemeinsam das Fehlen
des regierenden Verbums. Eigentümlich ist ihnen die Voranstellung
der Abgabe. Au.sser in 1564 findet sich in allen Nummern vor dem
Namen des Zahlers die Sigle Cp, die ich leider noch immer nicht ent-
rätseln konnte. Auch hier kommt man auf den Gedanken, dass die an-
geführten Nummern vielleicht aus einem und demselben Bureau stammen.
THKBANISCHE BANKQUITTUXGEN AUS DF.K K A Isi;i{ZEIT. 97
10.
Datum (Monat, Tag, Jahr) — oiü/iaru^ de-'' Zali/crn — /"/•
Abgabe — Summe. SubscrijMon des Traj)eziten. Vgl. 659, 6()1,
063, 674-679, 681—700, 1333, 1334, 1457, 1466, 1469, 147«),
1473, 1478, 1595.
Aufh hier haben wir es offenbar mit einer elliptischen Form
zu tliun. Wir irren wohl nicht, wenn wir dieses Schema als eine
Verkiirznng- von Nr. 7 betrachten, mit der sie die merkwürdige
N'oranstellung des Monats gemein hat; nur fehlt hier das Verbum
Staypacpetv. Man vgl. 1473 und 1474! Dieses Formular, das
sich durch grosse Kürze auszeichnet, scheint die alte Stlypx'^sv-
Form (Nr. 6) in der 2. Hälfte des IL Jahrhunderte verdrängt zu
haben. Es begegnet dann im III. Jahrhundert neben Nr. 7.
Wir waren nicht in der Lage, für die letzten Klassen, 7 — 10,
aus den einzelnen Texten den Beweis dafür zu erbringen, dass diese
Quittungen wirklich von der Bank ausgestellt sind. Doch das
liegt nur an unserem Material, indem in den Subseriptionen, wenn
solche überhaupt da sind — oft fehlen sie ganz — , keine Titel
genannt werden. Ich glaube aber, dass die Abhängigkeit dieser
Formulare von einander und die enge Verwandtschaft mit Klasse 6
ausser Zweifel stellt, dass wir uns mit der Erklärung derselben als
Bank(|uittun<!:en im Rechte befinden.
Theben und Hernioiithis.
Quittungen über Naturallieferungen.
A. Ptolemäerzeit.
I. Quittungen, die der Erheber ausstellt.
j Der Erheber — dem Z(dder — yainitr. "EyM — Summe. Datum.
Vgl. 755, 1358.
Wie zu erwarten war, quittiren die Erheber und Pächter der
I Naturallieferungen, ebenso wie die der Geldsteuern, ihren Zahlern
in der briefartigen Form. Aus der Ptolemäerzeit liegen zufallig
nur diese beiden Beispiele vor. Wir werden unten sehen, dass sie
auch in der Kaiserzeit an dieser Form festgehalten haben, und
zwar ausschliesslich.
WiLCKEX, Oblraka. *
98 111. KAriTKI,.
Ganz isolirt steht einstweilen der merkwürdige Brief 1525, in
dem ein Jlanu, den wir wohl für den Btcuercrheber halten dürfen,
dem Zahler schriftlich giebt, wieviel er ihm noch schuldet (wcptXet?
{lo:). Wenn dieser Brief auch sachlich nicht hierher gehört, so ist
es doch formell nicht uninteressant, dass er eine Subscription trägt:
Aai|iay^o; i7n]xoXoüö-Yj(xa). Wir wiesen schon oben darauf hin,
dass wohl auch schon in der Ptoleraäerzeit die briefartigen Quit-
tungen des Erhebers Subscriptionen getragen haben mögen, wenn
wir auch bis jetzt kein Beispiel dafür kennen.
II. (|)uit tungen, die der Thesauros ausstellt.
1.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — der Erheber (?) — für Abgabe
— Summe. Subymption. Vgl. 711, 133G.
Diese Quittungen gehören beide dem III. Jalirh. vor Chr.,
wohl der Zeit des Philadelphos, an. Wie die Analogie der nächsten
Selieraata zeigt, haben wir hinter dem Datum ein [X£[i£TpY]X£V zu
ergänzen. Wir haben hier in diesen altertümlichen Urkunden
dasselbe Streben nach Kürze, das wir oben für die Bankquittungen
derselben Zeit hervorhoben. Auch dort liebte man es in dieser
Zeit, eventuell tiItttwxev fortzulassen, und wie die Bankquittungen
allmählich immer wortreicher und klarer werden, so werden wir
dasselbe auch für die Thesaurosquittungen constatiren können. Wir
finden also in den Quittungen der beiden Schatzverwaltungen dieselbe
Entwickelung.
Dass die in den beiden Quittungen genannten Personen die
Erheber seien, kann ich nicht strict beweisen. Doch legt die
Analogie der nächsten Schemata es nalie, ebenso die Vergleiehung
mit der Bankquittung 1491, die den unsrigeu durchaus entspricht.
Immerhin ist daran zu erinnern, dass im III. Jahrh. v. Chr. wenig-
stens in den Bankquittungen meist die Zahler genannt zu werden
])flegten.
Die unterzeichnenden Personen werden wir für Beamte des
Thesauros zu halten haben. Wir werden unten in Kap. VI genauer
darlegen, dass die Beamten der Staatsmagazine oder d-qaixupoi, die
dem Trapeziten an der Trapeza entsprechen, die artoXöyot gewesen
sind. Der ApoUonides (?), der 1336 unterzeichnet, wird daher <lor
THEBÄNISCHE THESAUROSQUITTITXGEN Al'S PTOLEMÄERZEIT. 9'J
Sitologe, resp. ein Vertreter gewesen .sein.') Für das Geseliäft, das
in 711 vorliegt, koinnit freilieh der Sitologe iiielit in Betracht, denn
hier handelt es sich um Weiulie.ferungen l'iir die a7io[iGtpa und
oivoAoyca. AVahrseheinlieh werden die grossen Staatsweinkellereien
auch zu dem Gesammtbereich des Thesauros gehört haben. Aber
wie die mit diesem Zweige betrauten Beamten geheisseu haben, ist
nicht überliefert. Vielleicht darf man den subscribireuden 'Epjxtag
im Anschluss an die erwähnte oEvoXoyta als oivoXoyo; bezeichnen,
was eine gute Analogie zum aoxoXoyo; wäre.
2«.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — |Ji£[i£TpyjX£v sie, xöv Iv Ortmame
%'r\QTjpb''J ■ — für Abgabe — der Erheber — Smnme. tSubscription
lies Hitologen. Mehrfach demotische Beischriften. Vgl. 709, 718,
721, 723—731, 734—736, 740, 745—748, 750, 752, 754, 1255,
1349, 1350, 1353, 1505, 1509, 1511, 1521, 1524, 1527, 1529.
Vgl. auch 741, 743.
Dasselbe ohne Subscription. Vgl. 702, 704, 742, 1341, 1533.
Vgl. auch 737.
Diese Thesaurosquittungen entsprechen im Wesentlichen den
Bankquittungen, welche begannen: TtsTCTüJxsv oder xsTaxtai stcI
tYjV £v Ortsname xpaTie^av. Sie gehören, soweit sie sich sicher
datiren lassen, alle dem II. Jahrhundert v. Chr. an.
Im Rheinischen Jahrbuch,"-) wo ich zuerst dieses Formular
hergestellt und erklärt habe, nahm ich irrig an, dass die in der
') Nachträglich sehe ich, da.ss Revillout, der den Text iu den Melange«
S. 129 nochmals bringt, Z. 4 liest: 'AitoX>.{B(vtos) 01x0X0705, während ich im
vorigen Jahre 'ATtoX^oiviScy;;) (?) zn sehen glaubte. Da auch ich im Druck die
3 letzten Zeichen dureli die Punkte als unsicher bezeichnet habe, wäre es wohl
möglich, dass hier etwa AitoXX'" aC^ stünde. Ausgesehriebeu, wie bei Revillout,
ist das Wort jedenfalls nicht. Dagegen halte ich in Z. .S mein II[£]pl Gyj(ßa5)
gegenüber seinem (xöitcu) aufrecht.
ä) Rhein. Jahrb. S. 236 ff. und 256 ff. Dort ist auch auf die früheren
Arbeiten hingewiesen. Wesselr, Denkschr. Wien. Akad. 1889. S. 214, hat die
ptolemäischen Beispiele falsch aufgefasst, wenn er sie, tyjv STi:'(pa.^ri-i in das
Schema hineinzieht. Damit ist vielmehr eine bestimmte Abgabe gemeint.
Vgl. Ka].. IV § 46.
100 III- KAPITEL.
Quittuug genannte Person der Zahler sei. Vielmehr i.st sie aueli
liier, ganz wie in den entsprechenden trapezitisehen Quiftnngen, der
Erbeber. Beweisend ist, wie schon oben erwähnt, Nr. 1255, in der
sie mit ihrem Titel als 6 e^aXifjcptüs d. li. als der Pachter aus-
drücklich bezeichnet wird. Damit sind alle Zweifel gehoben, und
wir dürfen dies Ergebnis auch auf <lie anderen Urkunden desselben
Schemas ausdehnen.
Die Subscriptionen der Sitologen zeigen folgende verschiedene
Formen :
1. Name. Vgl. Tü'J, 718, 721, 724 u. s. w.
2. Name, Titel (aiXoXöyoi;). Vgl. 734, 735 u. s. w. Diese
Nummern sind von grösster AVichtigkeit, da sie uns die Sicherheil
geben , dass die Quittungen dieser Gattung eben von den Sitologen
ausgestellt sind.
3. Name |i£(|i£Tp7]|Jiat), Summe (d. h. Wiederholung der em-
pfangeneu Artabeusumme). Vgl. 709, .724, 725, 736 u. s. w. Im
griechischen Textdruck habe ich in den früheren Bogen noch die
Auflösung ji£([X£Tpy)X£v) vorgeschlagen. Ich möchte dies jetzt schon
wegen des Subjectswechsels, den man dann annehmen müsste, be-
anstanden. Auch glaube ich, dass es dem Wesen der Subscription
mehr entspricht, dass der Subscribent seine eigene Thätigkeit her-
vorhebt, nicht die des Zahlers. Vgl. lypa'^a, a£avj|X££{i)|iat , ItüTj-
■/.oXo6-8-rjy-a u. s. w. Ich schlage daher vor, wie oben, jji£(|j,e-
Tpirjjj,at) zu lesen, was bedeutet: „Ich habe es mir vermessen."
Das ist geradezu soviel wie: ,,Ieh habe es empfangen." So las ich im
Pap. Lond. CCXCV die Worte: 6ii.oXo'((b [i£jj.£xpY/a&ac xai aTica/Yj-
x£va'.. So quittirt ein Sitologe in BGU 61,14 mit den Worten:
KaoxcDp "Hpwvo; |ji£ji£Tpr/(X£ xaxög 7ip6x[£[]Tat, nachdem es vorher ge-
heissen hat (i£(X£Xpif;[ji£'8'a, d. h. ,,wir haben empfangen". Vgl. Pap.
Lond. CCX VII, IG: Sapa-a(i|xwv aixo/aÖYOc) |ji£|ji£XpyjjJi(at) wg izipi-
X£txa0- Vgl. auch BGU 67,6: [i£[X£xprj|X£i)-a dv iH^aaupft, gleichfalls
von Sitologen gesagt. Weitere Belege BGU I Iudex u. |i£xp£iv.
Auch bei diesen Quittungen kommt es ganz ähnlich wie bei
den Bankquittungen vor, dass der Beamte 'nebenbei eine Summe
notirt, die grösser ist als die in der Quittung genannte. So steht
/,. B. auf dem Verso von 709 erst die quittirte Summe, 7f Artaben,
darauf noch „102^^ Artaben". Letzeres muss die Gesammtsumnie
sein, die der Sitologe bis dahin erhalten hat. Vgl. oben S. 7r>,6.
TIIKliANI.-CIIlC THKS.UÜOSQUITTUNGEX AUS rTol.lCMÄKKZKIT. 101
Im einzelnen finden sich auch hier wieder allerlei Ab-
weichungen vom Schema, die meist ohne grosse Bedeutung sind. So
wird in 718 die Abgabe, in lü49 der Ortsname übergangen. So
Sicht in 1349 e?s[ji£|i£i:pYjX£v statt des Simplex.
Eine besondere Rubrik bilden Nr. 737, 741, 743, in denen
Uei'erungen s;; xö sÄxio'JpYS^CiV bescheinigt werden. Dies erklärt
>icli daraus, dass es sicli iiici- um die Vermessung der Krotonpflanze
handelt, die zur Oelfabricatiou an die königliche Oelfabrik abge-
liefert wird. Nach Nr. 727 und 729 wurde Kroton jedoch auch in
den Thesauros vermessen.
Noch einer Eigentümlichkeit müssen wir gedenken, die einige
Thesaurosquittungen, dieser und der näclisten Gruppe, aufweisen.
Bi'i i\Ianclien steht nämlicli oberhalb der ersten Zeile etwa in der
Mitte das Wort fspoO mit einer darauf folgenden Zalii, meistens
einem Bruch. Vgl. 736 (Corrig.), 740, 746, 747, 1341, 1521, und
von der nächsten Klasse 710, 749, 1343. Es ist dies die Gruppe,
die von E. Revillout in seinen „Melanges", wie ich soeben sehe,
als Upoü ai(TGu) gelesen wird. Zur Sache vgl. Kap. IV S; 60.
3"
Datwm (Jahr, Monat, Tag) — für Abgabe — der Erheber —
Summe. Sub/^cripiion des Sitologen. Vgl. 321, 701, 703, 710, 720,
722, 732, 749, 753, 756, 1253, [1254=]1489, 1311, 1355, 1360,
1498, 1500, 1520.
3''-
Derselbe, ohne Subscriptlov. Vgl. 706, 708, 713, 717, 733,
1312, 1313, 1342, 1343, 1356, 1512.
Dies Fornndar unterscheidet sich vom Vorhergehenden im
Wesentlichen nur dadurch, dass der Zusatz etg x&v {t-r^aaupöv fehlt,
der natürlich zu ergänzen ist. Aehnlich hatten wir oben eine
Rubrik unter den Bankquittungen, in der Itü xrjv xpOTsI^av fehlte
(II 7). In 1520, wo es sich um Sesamlieferungen handelt, wird
vielleicht e:; x6 EXaiOupyeTov zu ergänzen sein. Auch hier werden
wir wie bei den Bankquittungen die Annahme, dass dieses kürzere,
schlichtere Formular die ältere Vorstufe zu dem vollständigeren ist,
bevorzugen, zumal wenn wir bedenken, dass zwei Nummern darunter
sind (1253 und 1489), die der Zeit des Philadelplios angehören. Die
übrigen stammen wohl meist aus dem II. Jahrhundert v. Chr.
102 ni^- KAPITKL.
Diese beiden alten Quittungen unterscheiden sifli vnii den jüngeren
nur darin, dass sie eE;iJL£ii£xpy]X£V sagen, was sich freilich sonst auch
bei jüngeren Texten findet (vgl. Nr. 1849).
Die Sul)scriptionen gleichen in allem Wesentlichen denen der
vorigen Klasse. Nur die Abart „Name, Titel, Summe" (Nr. 720)
kam dort zufiillig nicht vor. Hier ist natürlich [iz\xiTpriixoL: zu
ergänzen. Nr. 1360 ist subscribirt: At' 'Epji .
4"
Datum (Jahr, Monat, Tag) — Tiapaoeowxsv — für Abgabe —
der Erheber — a.yüpOD — Ummne. Hubacripüon. Vgl. 738, 744,
1352, 1501. 1513, 1514, 1511».
4b.
Dableibe, ohne Sub^cripHon. Vgl. 707, 715, 751.
4c.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — (ji£([i£xpr]X£v) £t; t6 ßaatXixöv
der Erheber — dyjjpou — Summe. — Datum. Vgl. 705.
"Wir haben diese Quittungen, die von den Spreulieferungen
handeln, aus sachlichen und formellen Gründen für sich gestellt.
Wohin die Fuhren von Spreu (aycDyat heissen sie hier in der Ptole-
mäerzeit regelmässig) geschafft wurden, geben unsere Texte leider
nicht an. In 705 heisst es: £i; x6 ßaacXcxöv. Das ist ein ganz
allgemeiner Begriff, unter den z. B. ausser dem Thesauros auch die
Bank fiillt. Wahrscheinlich werden die Spreulieferungen zum Ressort
des Thesauros geliört haben, aber sie scheinen docli mindestens ein
gesondertes Departement gebildet zu haben. Ich besinne mich,
auf einem der Ostraka von Sayce den Ausdruck zig X7jv
d-/'jpof)'rj7.rjV gelesen zu haben, den auch die Iliasscholien kennen.
Das mag der Name füir dies Departement gewesen sein, und die
Männer, die hier subscribiren, mögen die Beamten dieser 3t.yvpo-
■S'rf/.Yj sein. Formell kommt Nr. 705 den Thesaurosquittungen am
nächsten. Sie steht bis jetzt allein, denn alle übrigen verwenden statt
(lExpEtv regelmässig das Vcrbum TiapaStSovac, seil, x'/üpou dywyd?.
Dass der Quittungsempfänger der Erheber ist, wird z. B. durch
744 wahrscheinlich, wo Aiovuato;.. xal ot jxlxoyot genannt werden.
also eine Genossenschaft. Ebenso in 1.51!'.
TIIEBAXISCIIE QUITTUNGEN. 1().")
Zu 4" gehört auch das Ostrakou, das Sa}-ce in Petr. Pap.
(II) S. 43 mitteilt. lu Z. 2 wird 7:apx5£5w(x£v) sie ib y.a8-(Tjxovj
zu lesen seiu, iu Z. 4 äytoyäs statt [Jitü'.a. ')
R. Kaiserzeit.
Auch von den Naturalquittungen der Kaiserzeit gilt, was wir
oben für die Geldquittunsrcn dieser Periode ausführten, dass die
Stoucrerhcbor sich den Zahlern gegenüber lediglich der Bricflonii
bedienten, dass also alle anderen Varietäten, die uns entgegentreten,
auf Rechnung der Thesaurosbeamten, der Pitologcn, die den Trape-
ziten in jenem anderen Departement entsprechen , zu setzen sind.
Nach diesem Grundprincip sondern wir das vorliegende Material
in der folgenden Weise.
III. (Quittungen, die der Erheber dem Zahler ausstellt.
1.
Der Erheber — dem Zahler — yaiQetv. " Eiiti {oder ähnlich) — für
Abgabe — Summe (oder „die Abgabe", ohne Summe). Datum. Sub-
serlptmi des Erheber». Vgl. 782, 784, 812, 86.5, 86G, 927, 1012.
2.
Dasselbe, ohne Subscription. Vgl. 775, 780, 781, 784—787,
780, 795, 797, 798, 801, 80(), 807, 810, 819, 844—846, 853,
854, [875], 914, 936, 961, 973, 1009, 1010, 1015, 1020, 1415,
1417.
3.
Dasselbe, ohne ;(«/(<?()■, mit Snbscriplion. Vgl. 818, 835, 839,
857, 863, 871, 906, 916, 1013.
4.
Dasselbe, ohne jaiQEir, ohne Subscrijdion. Vgl. 763, 765, 796,
815, 834, 841—843, 849, 856, 862, 864, 877, 882, 885, 919,
924, 928, 932, 955, 1446, 1452.
') Danach würde der Text lauten: 'Exous v.-( «tapiicüa-: X j:apa5£5o)(y.EV)
eJSXÖ [x]aa-(f;xov) -coO aOxoD sxou; nsxEaoux<o>S Xivoßoaxos (oder XT|Voßooxoö?)
ixi^ipou) Kß-fir^^iy xpiaxcvxa , X. Die Sultseriptionen hat Sayce nicht voll-
stäniUg mitgeteilt.
104 III- KAPITEL.
Audi unter diesen Urkunden liofiudet sieh, wie wir es oben
auch für die entsprechenden Quittungen der Gelderheber constatiren
mussten. kein Beispiel, das mit Sicherheit iu's III. Jahrhundert
n. Chr. gesetzt werden niüsste. Sie reiehen vielmehr wie jene nur
bis zum Ende des zweiten Jahrhunderts. Es liegt sehr nahe, diesen
thatsäehlichen Befund mit dem Ergebnis von Wcssely's Unter-
suchungen der Quittungen der byzantinisch -arabischen Zeit in Ver-
bindung zu bringen, wonach unser briefartiges Fornuilar in jener
spaten Zeit nicht mehr vorkommen soll (Denkschr. d. Wien. Akad.
XXXVII 1 889. B. 224). Man könnte hiernach leicht zu der An-
nahme kommen, dass um 200 n. Chr. die Erheber aufgehört hätten,
in Brieflbrm den Zahlern zu (piittiren, oder allgemeiner, dass über-
haupt damals diese Form abgekommen sei. Doch dieser Schluss
wäre gewiss übereilt; man braucht nur auf die Quittungen aus
Pselkis hinzuweisen, die dem III. Jahrhundert nach Chr. entstammen
und doch iu Briefform verfasst sind. Dass wir in Theben kein
Beispiel für das III. Jahrhundert haben, kann sehr leicht ein Zufall
sein, zumal wir aus diesem überhaupt nur noch vereinzelte Ostraka
besitzen. Wenn sich ferner unter den von Wessely a. a. O. publi-
cirten Quittungen der späteren Zeit wirklich keine briefartigen
Quittungen fänden, so könnte auch dies sehr leicht ein Zufall sein.
Sehr gewagt ist es daher, wenn Wessely a. a. O. dem Abdruck
meines Schemas aus dem Eheinischeu Jahrbuch S. 245 (s. oben S. 5i^
Anm.) die Worte hinzufügt: „Da jedoch die Epistola ganz in das
Wesen derContracte überging, fiel diese Form für die (Quittungen ausser
Betracht." Selbst wenn man annehmen wollte, dass aus dem vorliegen-
den Material notwendig folge, dass die briefartigen Quittungen auf-
gehört hätten, so möchte ich doch die von Wessely vorgeschlagene
Motivirung dieses Vorganges nicht für zutreffend halten. Denn wenn
die Briefform in die Contracte eindringt, warum soll dies die Quittungs-
aussteller veraidassen, ihrerseits auf diese seit Jahrhunderten übliche
Form zu verzichten? Vor dieser Gedankenverbindung musste auch
schon die Beobachtung schützen, dass nach dem von Wessely vor-
gelegten Material die Briefflirm im geschäftliehen Verkehr auch noch
der späteren Zeit eine sehr weite Verbreitung gehabt hat. Sind doch
die meisten Zahlungsanweisungen in Briefform verfasst. Denn wenn
die auf S. 238 ff. von ihm publicirtcn Anweisungen das Schema
haben ,/0 oelva t(o SsTv.. ITapäa/ou" y.xX. oder „Tto oslvt 6 Setva.
THEBANISCHE EEHEBEKQUITTUNGEN AUS DER KAISERZEIT. 105
|[apaa)(0'j" xxX, so ist das nichts audurcs als dif Brieffbrin. JFaii
wird sich an dem Fehlen von yv.^v.v nach den obigen Ausführungen
nicht stossen, und dass in gewissen Fällen der Dativ gern voran-
gestellt wurde, habe ich früher nachgewiesen. Aber wenn ich
nicht irre, befindet sich sogar eine Quittung in Hriett<)rni in
W'essely's Publication selbst. Die Richtigkeit seiner Lesung voraus-
gesetzt, ,möchte ich die unterste Nummer auf S. 2;-52 folgendermasseu
auffassen:
[-f i]uv 9'£(ö. Myjv]«? Sfta) ritaoiou XoYOYp(a?ou) ujiTv xoT?
[caib }(wp£ou]
[Kepxeaouxwv ]opo'jc. KT.ia.^t^Xri'/.ioi.'zt) Icp' 'i,'^(S.<i)
äpo'jp(wv) Ttov ay'wv £xxXYj[cLas . . .
l'xTyj; äpT(ä^a;) (icf |io(vas).
Sollte hier eine Ungenauigkeit in der Publication vorliegen
und liinter Tj{ji(ä5) in Z. 2 noch etwas zu ergänzen sein, so würde
man nach dem in den Prolegomena S. 17 von Wessely mitgeteilten
Text') einen Namen daselbst ergänzen und lesen: KaTaߣ,3XrjX(ev)
[6 Selva]. Dieser Name würde wohl den Vertreter des Adressaten
bezeichnen. Wie dem auch sei, jedenfalls haben wir eine Quittung
vor uns, und zwar in der von Wessely vermissten Briefform.
Danach möchte ich die Erwartung aussprechen, dass wenn weiteres
^[aterial vorliegt, sich auch weitere Belege für das Fortbestehen
dieses Quittungsformulars finden werden. Einstweilen verweise ich
auf die in den „Tafeln z. alt. griech. Palaeogr." XIX b von mir
publicirte Quittung aus byzantinischer Zeit, die gleichfalls in Brief-
form verfasst ist.
^Vir haben hier bei der Getreideverwaltung genau dasselbe
Formular und dieselben vier Abarten wie oben bei der Geldver-
waltung (III). Ich brauche daher auf die Bedeutung des Formulars
nicht zurückzukommen. Auch über y^aSpecv ist dort das Nötige
gesagt. An Subscriptioneu finden wir hier folgende Arten:
1. Name, a£(jyj[i££ü)jji.at. Vgl. 782, 812.
2. Name. Vgl. 863, 866.
3. S£aY]|ji£tü)(iac. Vgl. 927.
4. Name, Titel, Enr^xoXouxhjxa. Vgl. 857.
') Zu dem stark veräuderten Wiederabdruck dieses Textes a. a. O. S. 232/:!
-ind meine -VusfiUirungen in Zeitsclir. Aeg. Spr. 1883 S. 1G2/3 zu vergleichen.
10() ni. KAPITEL.
Zu siraxoXou&e'tv vgl. ubeu S. 7(j f. Hier ist von Interesse,
dass, während die £-:xrjpryTal •S-vjaaupoö in der Adresse genannt
werden, der TsAtovr^; (i)'r;aaupoO) subscribirt. Dasselbe Verhältnis
lieirt z. B. auch in 863 vor, wo der teXwvyjs 'Eptsu; (vgl. SÖ2)
freilich nur .seinen Namen nennt. Im Allgemeinen ist zu sagen,
dass die Subscriptioneu hier später auftreten als bei den Geld-
quittungen, was gewiss Zufall ist. Das erste Beispiel bietet wohl
Nr. 782 vom Jahre 90.
Der Empfang wird hier auf mannigfaltigere Weise bestätigt
als l)ei den Geldcjuittungen, was sich durch die Verschiedenartigkeit
der in Empfang genommenen Objecte erklärt. Es finden sich hier
folgende Ausdrucksweisen :
1. 'Iv/w. Vgl. 785.
2. 'Ka/ov. Vgl. 780.
y. 'Eaxr/x(a). Vgl. 936, 1452.
4. '0|xo>.(oY(I)) exetv xxX. Vgl. 1010.
5. Wniyw. Vgl. 775, 784, 786, 787.
G. \\-z^/m. Vgl. 781, 782, 795.
7. M£|i£(TpTjxa?) oder [i£|X£(tpT)(iaO? Vgl. 1009.
8. TsxeXfExas). Vgl. 801, 806.
9. nap£xö|i'.a«;. Vgl. 906, 961, 1U15.
10. Uocpecsy^Ei. Vgl. 1012, 1013.
11. napsXäßajjiev. Vgl. 914.
12. -Elocpov. Vgl. 927.
Ob aucli hier wie bei den Geldquittungen dieser Form das
Praesens iy^w und ä7i£}(W altertümlicher ist als der Aorist und
das Perfect, lässt sich nicht so klar wie dort entscheiden, da wir
für das I. Jahrh. n. Chr. ein geringeres Material haben. — Ganz
eigenartig ist loRl: '0\xoX{oy . .) £)(tv x-fjv au^EVXtx^jV aTio^rjV
äy;jp[ou] '{6\iO'j svö.; ou eSwxas xxX. Der Schluss des Textes ist
leider nicht erhalten. Wie ist 6|io aufzulösen? Das nächstliegende
c\i'jXv(ryj\).zw, ilas ich a. a. O. vorgeschlagen habe, giebt keinen be-
friedigenden Sinn. Denn iiieiit die a.-/upxpioi empfangen die authen-
tische Quittung über die von Adressaten gelieferte (eowxag!) Spreu,
sondern der Spreulieferant. Aber auch gegen 6\).oXo'{Eli;, wodurch
der richtige Sinn herauskommen würde, habe ich grosse Bedenken,
denn es ist meines Wissens ohne Beispiel, dass der Quittungs-
schreilier die CjioXoYia des Adressaten aussagt. Ich glaube, wir
TUKBASISCUi; EUilEBKKtiUinX'XGEX ALS Uüli KAISERZEIT. lOT
liaben 6|ioX(oyoö[1£v) l/stv <^xxiot,y tyjv aOO-svxtx-Jjv otTCojci^v zu emeii-
(lireu: „Wir haben gemäss dieser autlientischeii Quittuiiir erhalten" etc.
Der Genetiv y6[i.ou evd; findet vielleicht in dem verloren gegangeneu
Schluss seine Erklärung. — M£[i£(Tprf/.a5) resp. nz[ii{xprf[iocC) — beides
hätte gleich guten Sinn — steht in einem Text der augusteischen
Zeit. — TsTslcXa; wird au beiden Stellen von demselben Zollpächter
"Ispa^ gebraucht. Für die Wahl dieses Wortes ist vielleicht mass-
gebeud gewesen, dass es sich in beiden Fällen um Zoll (ÄusflihrzoU)
handelt. Wiewohl bekanntlich teXeIv auch allgemein „Geld ent-
richten" heisseu kann, scheint es doch besonders gern von Zollzahlungen
gebraucht zu werden. So sah ich im British Museum einige mit
ieteXi c7.£v I beginnende Quittungen, die vom Thorzoll handeln. Vgl.
Kap. IV § 151. — Die drei Ostraka, in deueu 7iap£-/.i[iiaa; steht,
handeln von Lieferungen von Spreu und Gerste für militärische Zwecke.
Das Verbum betont den Transport. Es sind Quittungen, die vom
a.y\>po~pä.y.z(i)p resp. dem Ttpaxxwp aiXLxfjS ausgestellt sind. Ebenso
die unter 10 und 11. Dagegen ist die unter 12 von der Militär-
verwaltung ausgestellt. In letzterer ist ungewiss, ob der Adressat
der Zahler oder der Erheber ist.
Bemerkenswert ist, dass das Wort Tiapr^stv schon am Ende des
II. Jahrhunderts als technischer Ausdruck in den Quittungen
vorkommt (s. 10). Die Kanzleisprache kannte das Wort zwar schon
seit alter Zeit in der Bedeutung „entrichten, zahlen, liefern". Vgl.
Petr. Pap. (I), XVI 2 (vom J. 231/0 vor Chr.), wo es sich um
die Rückzahlung einer Geldsumme handelt, Z. 13: läv Sä [ir^ 5:a-
Ypä'|w [xal] [lYj Tiapaaxwjia'.. Auch in Z. 8 ist wohl r:ap£]c£a&ai
statt Txjcc'jö-a'. zu ergänzen. Auch im Revenue -Papyrus begegnet
das Wort häufig, sowohl im Activ wie im ^Medium, wie es scheint
ohne Unterschied. Aber in den Quittungen der früheren Zeit ist es
uns bis jetzt nicht entgegengetreten. Dagegen hat dies Wort später
in der byzantinischen und arabischen Zeit auch in den Quittungen
die weiteste Verbreitung gefiinden, uud ist geradezu die häufigste
Bezeichnung für „zahlen, liefern", sowohl in Naturalquittuugen, wozu
wir hier die Anfange kennen lernen, als auch in Geldquittungen
'geworden, sodass es fi£xp£lv und Staypa^Eiv verdrängt hat.^)
') Vgl. zahlreiche Beispiele in den Pariser Quittungen bei Wessely,
Denkschr. Wien. Akad. t889, ebenso in den noch unpublicirten Texten zu
Berlin, auch bei Kenyon, Catal. Gr. Pap. S. 221. Wessely (S. 223/4) scheint
108 III. KAPITEL.
Ob 763 mit Recht in diese Rubrik gesetzt ist, Icann zweifelhaft
erscheinen. Dodi sieht Teßf;!. wie ein Dativ aus. Es würde anzu-
nchiueu sein, dass s/w oder ein .Vequivalent ausgelassen ist.
HaQtlaßiw — für Ahgahe — naga Zahler oder Erheber? —
Summe. Datum. [SubscripHou']. Vgl. 901, 1259.
UuQia-ft^ — öivfiuTOi; (hv Zahlers — für Abgabe — Summe.
Datum. Subscrijition. Vgl. 1479.
Ich stelle diese sehr merkwürdigen Formulare hierhin, weil sie
durch die eben besprochenen Urkunden am besten erklärt werden.
Im Hinblick auf die Quittungen, die (nach der Adresse) mit m I
TiapIXaßov und Tzoi.piay(zq begannen, ist es mir sehr wahrscheinlich,
dass wir die vorliegenden Formulare als hybride Weiterbildungen
des Briefstils zu betrachten haben. Die Adresse fehlt vollständig!
Dafür ist der Name des Adressaten in den Urkundenkörper selbst
hineingekommen. In 5" steht er hinter izapix, in 5'' ist das Subject
zu TZOLpiar/t:; in sehr ungeschickter Weise mit öv6[iaT0S eingeführt.
Der Xame des Schreibers aber ist aus der Adresse in die Subseription
gewandert, während er in der eigentlichen Quittung garnicht erscheint.
Einen ähnliehen Fall werden wir unten in Nr. 28 für Elophantiuc
kennen lernen.
Ich niöchte in b' die Vorstufe zu einem Quittungsfornuilar
sehen, das in der b_yzantinischen Zeit zu den gebräuchlichsten gehen t:
'E/to (oder la/ov oder £G£^a|jiyjv oder inXr^püid-rfy oder ähnlich)
h((o 6 osiva Tiapä aoO zoü Setvo? xzX. Vgl. zahlreiche Beispiele
bei Wessely, Denkschr. d. Wien. Akad. XXXVII (1889) S. 202 ff.
Dieses Formular hat den Vorzug, dass der Qnittungsschreiber seinen
Namen in der Quittung selbst nennt.
zu glauben, dass die Verbiuduug itapiaxsv 0~ip äiaYpacff);, diu häufig in ilicsen
byzantinischen Quittungen begegnet, für das ältere 5'.4i'pa'.|)Ev steht. Viilimlir
ist »tapäaxsv allein Acquivalent. Mit üJtsp S'.aypaifrj; ist eine spezielle .\l)^';ibe
bezeichnet. Daher giebt es aueli genug Fälle, in denen statt dessen eine andere
Veranlassung genannt wird, so in P. G05G (vgl. meine „Tafeln zur alt. grieeli.
Palaeogr." XX '' ): i:ap»iox(Ev) -^ inä |j,Epo(us) ävoix({ou), oder in P. 2GG3: ü7i(ep)
ivoixi[ou], und in zahlreichen anderen Fällen, auch in den Pariser Texten bei
Wessely S. 22C oben, 2.31 unten u. s. w.
THEBANISCHE KKHEBERQUITTUNGEN AUS niCH KAISi:i:/,i:ir. Id'.l
Zumal in 901 und 1259 die Subscriptionen nicht erhalten
sind, bleibt es zweifelhaft, von was für Personen sie geschrieben
sind. Das Nächstliegende wäre anzuiulimcn, d:i«s es (Quittungen
der i^preuerheber — denn um ay'jpov handelt es sieh — an den
Zahler seien. Vgl. 914, 1012, lOi;!. Es bleibt aber auch die
Möglichkeit, dass sie von der betrefl'enden Militärbehörde ausgestellt
sind, ebenso wie Nr. 927 (sXaßovj.
Noch ein Wort zu der Verwendung von Xaßslv und TiapaXaßslv.
"EXocßov sagt in 927 ein i-ömischer Chiliarch. Ebenso sagen regel-
mässig die Soldaten in Pselkis sÄaßov (vgl. 1128 ft'. und 1265).
Das synonyme 7:ap£Xaßov gebraucht in 914 wiederum ein Römer.
Sonst konnuen diese Verben in unseren Ostraka, wenn ich recht
gesehen habe, nicht vor. Ist dies Zufall oder darf man es damit
in Verbindung bringen, dass in der römischen Quittung der Kuiser-
zcit das accepi (=£Aaßov) die übliche Formel wurde, während die
habere-Quittungen (= £)(w, &Tzi-)(_w) der fi-üheren Zeit angehörten?
Vgl. Henry Erman, Zur Geschichte der römischen Quittungen und
Solutionsacte (1883) S. 1 ff. Dass gelegentlich auch einmal ein
Römer der Kaiserzeit ä.r.iy_(ii sagt (vgl. 1011), würde noch nicht
gegen die zweite Annahme sprechen. Andrerseits wollen wir alier
doch auf BGU 69 hinweisen, einen Darlehn scontract vom Jahre 120
u. Chr., in dem der römische Soldat Valerius Longus erst 6[xoAoYö)
£)(S:v und nachher in der Subscription IXaßov xaS-w? Tcpoxoxat sagt.
j\Ian würde also doch wohl zu weit gehen, wenn man in der obigen
Thatsache mehr als einen Zufall sehen wollte. Immerhin hielt ich
es für meine Pflicht, auf den Thatbestand hinzuweisen. Vielleicht
kann durch neues Material die Frage doch noch von Bedeutung
werden.
IV. Quittungen, die der Thesauros ausstellt.
Wie schon oben bemerkt, halten wir die sämmtlichen folgenden
Quittungen für solche, die von den Thesaurosbearaten geschrieben
sind. Viel Mühe hat es gekostet, ehe ich zu dieser Ansicht durch-
gedrungen bin. Ja, Manches schien direct dafür zu sprechen, dass
einzelne der folgenden Rubriken, z. B. die mit ixizp^xa. beginnenden, von
den Erhebern ausgestellt seien. So fiel mir auf, dass in 790, einer
mit [Ji£TpYj|ia anfangenden Quittung aus d. J. 101 n. Chr., ein
'Aniwv unterzeichnet, dass ein 'A7ito)(v) aber durch 786 für lias
1 1 0 III- KAPITEL.
Jahr 95 und diircli 789 für das Jalir 98 als TSAtovr^; bezeugt wird.
tJceu den Gedanken, in dem Subscribeuten und dem xsXwvrjj
dieselbe Persönlichkeit zu sehen, ist zunächst darauf hinzuweisen,
dass in der Unterschrift die Lesung ÄTCt"», wie im Text auch an-
gedeutet ist, niclit völlig sicher steht. Vielleicht ist die Lesung
'A|ji«'= 'Anwvto; nicht ausgeschlossen. Aber selbst die Richtigkeit
(irr Lesung vorausgesetzt, würde mich bei der grossen Häufigkeit
des Namens Apion dieser Thatbestand niclit mehr bewegen können.
an meiner Ansicht irre zu werden, dass die Erheber nur in Brief-
form quittiren, und dass auch die mit [iexpr;!!»; beginnenden Quit-
tungen, die doch offenbar nur eine Verkürzung derer mit dem Anfang
|i.£|i£xpyiX£V sind, von den Sitologen ausgefertigt sind. Ich ziehe
also vor, zwei verschiedene Apion anzunehmen, einen Sitologen und
einen Steuerpächter. Ebenso zweifle ich auch nicht, dass der Horos,
der in 871 als Steuerpächter für das Jahr 14.3 n. Chr. genannt
wird, eine andere Persönlichkeit ist als der Horos, der wenige
Monate später die Nr. 874 ([iejxexpTjTaf xiX) unterzeichnet. Letzterer
muss vielmehr Sitologe sein. Schon allein unser Index kann
darüber belehren, dass Horos einer der landläufigsten Namen ist.
Den positiven Nachweis dafür, dass die mit [i£[i£xp7jy.£V beginnenden
Quittungen, wie in der Ptolemäerzeit (s. oben S. 98 f), so auch in
der Kaiserzeit lediglieh von den Thesaurosbeamteii geschrieben sind,
werden wir unten zu bringen haben. Daraus ergiebt sich aber auch,
dass alle daraus abgeleiteten Formulare gleichfalls von den Sitologen
ausgestellt sind. Hierbei ist ein grosser Unterschied gegenüber der
Ptolemäerzeit zu constatiren: Die in der Quittung genannte
Person ist nicht mehr der Erheber, sondern der Zahler.
Das wiril durch die zahlreichen Frauennamen, die uns an dieser
Stelle begegnen, über alle Zweifel erhoben. Dies Resultat entspricht
genau dem, was wir oben 8. 87 f. für die Bankquittungen der Kaiserzeit
constatirten , und wir sehen die Formulare der beiden Schatzver-
waltungen in völlig j)arallelen Linien verlaufen. Auch hier werden
wir wie dort annehmen, dass diese Urkunden, wenn sie auch
den Namen des Zahlers nennen, dennoch dazu .bestimmt waren, den
lOrhebern eingehändigt zu werden und ihnen als Quittung zu dienen.
Auch hier .spricht wieder dafür, dass oft in einer und derselben
(Quittung über die I^ieferungen mehrerer Zahler quittirt wird. Vgl.
■/.. B. Nr. 778, 779 n. s. w. Wenn derartige Quittungen, die den
■xnEBANISCHE THESAUEOSQUITTÜNGEN AUS DER KAISERZEII . 1 1 1
Namen des betreffenden Erhebers garnicht erwähnen, dennoch ge-
nügten, ihm dem Thesauros gegenüber völlige Sicherheit zu geben,
so setzt dies voraus, dass jeder Erheber verpflichtet war, bei einer
Reilie bestimmter Persönlichkeiten, die in den Listen als in sein
Revier gehörig eingetragen waren, die Abgaben zu erheben. Weiteres
in Kap. VI.
ja.
Datum {Jahr, Monat, Tag) — [ifi^a'rntf/.tr — der Zahler — für
Abgabe — Summe. Datum. Vgl. 764, auch 1544.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — (it'iQrj{jiu) ■d-ijouv^ov — der Zah-
ler — Summe. Vgl. 1596.
Wir haben diese Rubriken zusammengestellt, weil sie die einzigen
sind, in denen nach alter ptolemäischer Sitte das Datum, und
zwar mit Voranstellung des Jahres, an der Spitze steht (in 764
fehlt Monat und Tag). Nr. 764 und 1544 stammen aus der Zeit des
Augustus, die ja auch für das Urkunden wesen, wie wir sahen, so
recht eine Zeit des Ueberganges war. Während in diesen beiden
Nummern, der Sitte der Kaiserzeit gemäss, der Kaisername im Datum
genannt wird CEtou; xß Kataapos), heisst es in 1596 noch nach
ptolemäischer Weise: Lyj 'EtleT^i to. Dies ist fiiir die Kaiserzeit ein
Unicum in unserer Sammlung. Die Zeit ist leider nicht genau zu
bestimmen. Der Schrift nach habe ich das Ostrakon in das I. oder
auch II. Jahrhundert n. Chr. gesetzt. Die Verwendung von (i£TpYj[i.a
statt einer Verbalform spricht vielleicht mehr füir den Ausgaug als
den Anfang des I. oder aber für das II. Jahrhundert (s. unten).
Wir haben 1544 neben 764 gestellt, wiewohl gewisse Ab-
weichungen im Schema auf der Hand liegen. Diese Nr. 1544 hat
eine interessante Subscription : „Name eTnrjxoXou&rjxa Summe." Die
Summe, die auf eTraxoXouS-elv folgt, ist natürlich die-selbe, über die
quittirt wird. Einen speziellen Beweis dafür, dass diese und die
beiden anderen Nummern von den Sitologen des Thesauros ausge-
stellt sind, habe ich nicht. Aber die Analogie der gesammten
unter IV hier vereinigten Urkunden spricht dafüi'.
112 ILI. KAPITEL.
2.
Xame — Titel (a'.zoXo-^oq) — Summe. Datum. Vgl. 76(1.
Dieser griechische Text (aus der Zeit des Augustus) ist nichts
anderes als die Bubscription zu dem ihm vorangehenden demotischen
Text. Die eigentliche Quittung ist also demotisch geschrieben. Vgl.
ein ähnliches Beispiel ans der Bankverwaltung, gleichfalls aus der Zeit
des Augustus, oben S. 95. Unserer Nr. 766 ist das Berliner Ostrakon
V. 157Ü, das nur durch ein Versehen nicht in unsere Sammlung
aufgenommen ist, völlig analog. Den demotischen Text übersetzte
zuerst Revillout in der Revue Egypt. VI S. 10, darauf mit starken
Abweichungen Heinrich Brugsch im Thesaur. Inscr. Aegypt. V S. 1047.
Den griechischen Text, den ich in der Revue Egypt. a. a. O. mitteilte,
lese ich jetzt nach erneuter Revision, die mir durch eine Abzeichnung
von Krebs ermöglicht wurde, folgendermasscn :
'AuoXXwvwg Euap£axo[u aizoX{6yoq)']
l7iy]x(o)X(oij^xa) Tat? + "•' d-{h[o-qy.ovza.']
Zöo gy.Tov / + ^ 7tß [c]
Lei)- Ka[a(apo?) . [
5 xal x5 y.al x[ a. i2;i. t. ch..
Wir werden hiernach auch in Nr. 766 uns ein iTi'yjXoXouö-yjxa
hinzuzudenken haben.
Der Zahler — für Abgabe — Summe. Demotkche Beisclirifl.
Vgl. 760—762. Vgl. auch 716.
Der Zahler — tvV &)jüavQm' — jevi'jfturu^ rov x. troi»,' — Summe
Datum. Vgl. 1367.
Diesen Urkunden (aus der Zeit des Augustus) ist gemeinsam,
dass in ihnen ein Verbum wie |jL£(i£TpYjX£v fehlt. Im Uebrigen
liegen die Unterschiede auf der Hand. Dass die an der Spitze ge-
nannte Person der Zahler ist, lässt sich nachweisen: In 760 und
761 wird A'joi|ia-/o? 'ATioXXwvt'ou genannt, derselbe, der in .35'.i,
765, 767, auch in dem demotischen Text der eben besprochenen 766,
immer in der Rolle des Steuerzahlers erscheint.
THEBAXISCIIE THESAUROSQl'ITTUNGEN AUS DER KAISERZIUT. 113
Ich neige jetzt aus palaeographischcn und sachliclien GriindcMi
der Ansicht zu, Nr. 71(!, die ich unter die Ptolemiierurlcunden ge-
stellt habe, vielmehr in die Zeit des Augustus zu setzen. Das
Schema ist recht verworren. Man kann es vielleicht am besten mit
7G0 und 7Ül vergleichen.
Ms^aiTQijXH' — der Zahler — su' i'fijaccvQhr — yei'iifiuzo^ zov x. fVoUs'
— Siimme. Datum. Subscription den Sitolor/en. Vgl. 767, 768, 774,
77'.i, 154(;.
4"-
Meue'rQ)jy.sv — eig d-^t^avour — yEvijuazog rov x. fzovi — der
Ziihkr — Summe. Datum. Sub-scription des Sitologen. Vgl. 771 — 773,
7i)l.
40.
Mfiinnijzut — f/V &riauvQVv (oder &ijaavnov oder &>jCi(iVQW^ —
ysrrif.iuzog zov x. tzov.; — für Abgabe — örvuarog des Zahlers —
Summe. Datum. Stibscription. Vgl. 770, 778, 783, 794, 800, ^14,
816, 855, 859, 874, 891, 966, 1328.
4d.
Mnn>iuu — et'g d-tjanvQor — yevi'jfiuzog rov s. fzovg — Datum —
orofiazog des Zahlers — für Abgabe — Summe. SubserijMon. Vgl.
788, 790, 805, 809, 820, .^21, 825—832, 836—838, 840, 852,
858, 860, 868, 870, 883, 899, 1017.
Me'zni^fia &ißavQov — ym'jituTog zov x. i'zovg — Datum — uröiicTog
des Zahlers — fiir Abgabe — Summe. Subscription. Vgl. 792, 793,
799, 802—804, 813, 817, 822—824, 833, 847, 848, 850, 851,
861, 867, 869, 872, 873, s76, 878-881, 884, 886—890, 892—
897, 900, 902—904, 907—913, 915, 917, 918, 920—923, 925,
926, 929 — 931, 933—935, 938 — 942, 944 — 950, 952—954,
956—960, 962—965, 967—972, 974—1008, 1016, 1019, 1260,
1294—1297, 1450, 1451, 1455, 1456, 1459, 1465, 1468, 1471,
1568, 1571, 1589, 1590, 1592, 1593, 1614.
WiLCKEN, Ostraka. 8
114 III- KAPITEL.
Wir hiiheu diese fünf Üulniken uuter einer Nummer vorgeführt,
um schon äusserlich anzudeuten , dass sie auf das Engste mit ein-
ander verwandt sind und offenbar nichts Anderes als Variationen
ein und desselben Grundschema'« darstellen. Es sind rein formale Um--
wandlungen der alten ptolemäischen Formel der Thesaurosquittungen.
Wir haben sie in der Reihenfolge aufgeführt, in der sie uns zeit-
lich entgegentreten, und in der sie sich auch entwickelt haben
mögen. 4'' reicht noch in Augustus' Zeit hinein, 4^ und 4^^ setzen
unter Nero ein. 4"*, das nur eine unwesentliche Abweichung von
4"^ zeigt, tritt unter Nerva auf, und 4'', das dann im IL Jahrhundert
die vorherrschende Form bleibt, unter Trajan. Doch ich will nicht
unerwähnt lassen, dass das von jjieTpETv abgeleitete Eingangswort
vielfach so verkürzt und zusammengezogen ist, dass es sehr schwer
ist zu sagen, welche Form gemeint ist, ob man z. B. jji£|X£TpY(Ta:
oder jistpr^ixa auflösen soll. In der Sache kam ja auch nichts darauf
an. Der Entwickelungsgang scheint der zu sein, dass die activische
Construction ([i£fi.£TpYjy.£v 6 SeIvx) durch die passivische ((jL£|i£TpY,Tai
Cv6|iaxos ToO 2£tvo?) verdrängt wird, und statt letzterer dann das
elliptische |i£TpYjiJia eingeführt wird. Dass ich im Rheinischen Jahr-
buch 2.")() f mit der Aufstellung dieser Nominalform recht hatte,
i'and ich kürzlich durch Nr. 1471 bestätigt, wo das ganze Wort
(ieTpYjfjia ausgeschrieben ist.
Dass diese Urkunden von den Tbesaurosbeamten ausgestellt
sind, wird für 4" und 4'' durch die Subscriptiouen erwiesen, in denen
.■'ich der Sitologos ausdrücklieh nennt; vgl. 767 und 772. Danach
unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass auch die anderen Klassen,
die ja nur formale Umwandelungen jener sind, gleichfalls von Bito-
logen geschrieben sind. Die für 4'" scheinbar entgegenstehenden
Bedenken haben wir schon oben S. lüS)f zurückgewiesen. Wir können
aber auch einen directen Beweis für diese [isTpYjua-Khisse iieibringen.
In 983 hatte ich bereits im Rheinischen Jahrbuch S. 260 die Sub-
scription folgendermassen gelesen: 'A\i(j)(yiOQ) ai('zoX6'{oz') + ß. Später
glaubte ich statt a'.~ vielmehr avj^ lesen zu sollen, d. b. a(£a)r(-
([XE(tü|iai) (vgl. Buch II). Letzteres ist mii* nachträglich an der
Hand der Abzeichnung, die ich mir früher gemacht habe, wieder
zweifelhaft geworden, und icli glaube, dass ich mit O'.- doch das
Richtige getroffen hatte. Damit hätten wir einen directen Beweis
auch für diese Klasse.
THEBANISCUE TUESÄUEOSyriTTl-XGEN AUS DEE KAISEKZEIT. 115
Dass die in der Quittung genannte Person der Zahler ist, unter-
liegt keinem Zweifel, da in sehr vielen Fällen Frauenuamon begegnen.
Vgl. z.B. 817, 821, 832, 838, 852, 858, 867, 902, Ü21, !)23,
II2I) u. s. w.
Wir haben zu dem Schema noeh hinzuzufügen, dass der Zusatz
„für Abgabe" sich nicht in allen Urkunden findet, und zwar scheint
aus dein vorliegenden Material hervorzugehen, dass er überhaupt
nicht von vornherein dazugehört. Er begegnet zuerst in 820, in
der Form Xäpaxo?, wofür man häufiger sagt UTzlp Xccpaxog. Fast
regelmässig steht hier hinter bTzhp ein Lokalname, der das Revier Ije-
zeichnct, für welches die Naturalabgabe erhoben wurde. Vgl. Kap. IV.
Singular ist, dass in 918 der Name des Zahlers am Anfang
vor ^kiprjiax wiederholt i.-^t.
In zahlreichen Fällen ist, wie auch bei den Geldzahlungen, die
Abgabe nicht durch den Zahlungspflichtigen, sondern durch irgend
einen Vertrauensmann oder Untergebenen abgeliefert. In diesen
Fällen ist hier wie dort der Ueberbringer mit Sia hinzugefügt. Hier
bei den Naturallieferungen ist der Fall sehr häufig, dass die Alv
lieferung durch die yewpYOt, die Pächter, die das Grundstück des
Zahlungspflichtigen bebauen, erfolgt. Diese werden mit der Formel
otd yswpYoO eingeführt. Vgl. z. B. 8G9, 035, 939, 945, 953 u. s. w.
Selten wird der Zahler statt mit övöii.aTOC mit aüo eingeführt.
Vgl. z. B. 930.
Auch bei dieser Klasse ist die Subseription üldich, aber nicht
notwendig. Jedoch ist zu bemerken , dass sie hier nur sehr selten fehlt.
Unter den zahlreichen Beispielen von 4*^ entbehren z. B. nur 793,
817 und 1002 der Subseription. Wir unterscheiden folgende Formen:
1) 'I^ypa.Qlicc) Name, Titel (piioli^'o^). Vgl. 767, 772.
2) Name, Titel (aaoXoY&c), Summe. Vgl. 983 (s. oben).
3) Name, Titel ([io-qd-öc), azariHziw\i.a.:. Vgl. 867, 8(i8.
4) Name, a£ay(|i£Ö(0|iai Summe. Vgl. 874, 886, 1450.
5) Name durch (5ta) Name, aEar^iisttona'. Summe. Vgl. 1451.
6) Name, a£aYj[j.£t(ü^ac. Vgl. 870 und passim.
7) Name, Summe. Vgl. 881.
8) Name. Vgl. 870.
Hiervon ist die erste Form die altertümlichste. Zu der Auf-
lösung ^ypatj^a (nicht lypa'jisv, wie im Text gedruckt ist) vgl. oben
S. 63. Die anderen Formen bieten uns nichts Neues.
116 in. KAPITEL.
AiiL'li tliese Thesaurosquittungen werden gelegentlich als änoya}.
bezeichnet. Vgl. 771: avxtYpaC^ov) OLTzoyJjiz).
Zum Sdiluss sei erwähnt, dass 1018 wohl in keine dieser
Klassen hiueingehört, wohl überhaujit keine Quittung ist. Es ist
vielleicht nur ein Vermerk über verschiedene Eingänge an Getreide.
Ich lasse daher auoli dahingestellt, wie Z. 1 zu ergänzen ist. Dieser
Besonderheit des Textes verdanken wir wohl auch die Hinzufiigung,
dass das Getreide ipi^oxm [lexpw (vgl. Kap. X) gemessen sei. Eine
derartige Bemerkung findet sich nirgends in den Quittungen unserer
ftnnmlung.
5.
Für Ab(/fibe rov x. i'rois' — orouato^ des Zahlers — Summe.
Dies Formular, das in unserer Sammlung nur in der einzigen
Nummer 1405 (aus Vespasian's Zeit) repräsentirt ist, entspricht ge-
nau den Geldquittungen, die wir oben S. 96 als IV 9 behandelt
haben. Hier wie dort ist die Abgabe an die Spitze gestellt, und
fehlt das regierende Verbum (hier [i£|j.£Tprjy.£v). Ich finde in meinen
Papieren noch ein Ostrakon, das dasselbe Schema zeigt. Ich habe
es in mein Buch nicht aufgenommen, weil meine Lesungen mich
früher zu wenig befriedigten. Nachdem ich etwas weiter gekommen
bin, sei es hier nachträglich mitgeteilt. Es ist das Ostrakon British
Mus. 12688 und lautet:
no( ) SL N£p(uv[oc
Haiitüvö-ou 'Ap'j(i)\)-[o'j . . .
a ~r t£pa(Ttxöv ?) Y] , 5Lo(t5ci^a£ü);) y; , i£(paTix(i)v) tS , älQ.oc) . [. . .
. r~ ££(paTixwv) Yo'ß) oto(r/.r,a£a);) aß', h(pa.zt.y.G)v)Z, ..[...
5 / 5io(i-/.T^a£(o;) xi^tß, S£(pa~:x(I)v) v.5g.
6.
Datum {Monat, Ta'j, Jahr) — für Abgabe — hvüfiaTOi ck-s
2^Mers — Summe. Subscription (dis Sitologen).
Auch dieses Schema begegnet in Unserer Sammlung zufällig
nur ein Mal, in 14G7 aus dem Ende des IL oder ^\jifang des 111.
Jahrhunderts. Sowohl das vorhergehende wie dieses Schema führen
die interessante Thatsache, auf die ich schon öfter hinwies, deutlich
vor Augen, dass die Thesaurosquittungen dieselben Abarten unil
THEBANISCHE THESAUROSQUITTDNGEN AUS DER KAISEEZEIT. 117
Varietäten zeigen, vrie die Bank(iuittungen, und dass diese Entwicke-
liing in beiden Schatzverwaltungen zeitlich gleichen Schritt frehaltcn
hat. Das vorliegende Formular ist identisch mit IV 10 der Baiik-
i|uittungen (S. 97). Wie dort fehlt das Verbuin, und wie dort steht
der Monat voran! Auch für dieses Schema kann ich aus meinen
l'apieren noch weitere Beispiele hinzufügen: das Berliner Ostrakon
P. 44117 und das Londoner Ostrakon, Brit. Mus. 12711, zeigen
genau dasselbe Formular wie 14ü7. — Von einer Vermischung
dieses Schemas mit dem Hauptformular (4), wie wir es bei den
Geldquittungen für das III. Jahrhundert n. Chr. in IV 7 kennen
lernten, liegt hier bis jetzt kein Beispiel vor.
Zum Schluss behandeln wir einige Quittungen, die wir in keine
der vorhergehenden Rubriken einrangiren können.
riaQsy.öiuae — der Zahler oder Erheber? — ayyoov — Summe.
Lkdum. Subsa'i2)tion. Vgl. 1436.
b.
llaQsxoftia&jj — für Abgabe — vröiiutO'; des Zahlers oder Er-
hebers? — ujyQov — Summe. Subseription. Vgl. !I05, 937, 943,
951, 1014, 1447, 1453, 1458, 1461, 1464, 1475, 1476, alle
aus der zweiten Hälfte des II. Jahrhunderts n. Chr.
Diese Quittungen, die alle von Spreulieferungen handeln, haben
gemeinsam die Verwendung von Trapaxofjit^etv statt [lExpsTv, da sie
die Spreu nach Fuhren oder Lasten berechnen. Diese Fuhren
heissen, wie in der Ptolemäerzeit ay^yai, so hier regelmässig y&[io;
I die Lesung a[Y(i)Ya; in 1011 ist ganz unsicher).
Von wem sind diese Quittungen ausgestellt? Wenn wir auch
annehmen, dass die Erheber den Zahlern lediglich in Briefform
quittirt haben, so bleiben hier doch zwei ^löglichkeiten: die Urkunden
können von dem Thesauros resp. der a)rupo-9"i^XYj ausgestellt sein
oder aber von der Militärverwaltung (vgl. oben S. 109). In einem
einzigen Falle glaube ich die Frage entscheiden zu können: in 905
quittirt ein Antoninus dem nava[ji£Ü; A:o;y.O'jpi3o'j xal \i.i-ioyo'.. Hier
kann der Quittungsempfanger, da ihm zusammen mit [xsioyo: quittirt
118 III- KAl'ITEL.
wird, wohl nur der Steuererheber, also der cc)('jpoTipa%Ttop, nicht der
Zahler sein. Dies wird also keine The«iuroi?(|iiittui:g sein, denn diese
nennen, wie wir sahen, den Zahler. Danach niiichte ich den Antoninus
für einen römischen Militär halten, der wie der Chiliarch in '.127 über
eine Spreulicferuug quittirt. Ich lasse es einstweilen dahingestellt,
wie weit man dieses Resultat auf die analogen Fälle ausdehnen darf.
Auch in 1436 und 1447 quittircu Römer (Vitrasius und Nepotianus),
in den anderen aber Männer mit griechischen und aegyptischen Namen.
Letztere könnten freilich trotzdem Soldaten sein. Vgl. Kap. VIII.
Sollten sie alle von der ^Militärbehörde geschrieben sein, so würde
sich ergeben, dass die Spreulieferungen, die in der Ptolemäerzeit an
den Thesauros (de, xö jjaatX'.xov) gingen, in der Kaiserzeit direct an
die Truppenteile von den Erhebern abgeführt und hier quittirt wurden.
Zur Sache vgl. Kap. IV § 21.
Elepluintiiie und Syene.
Quittungen über Geldzahlungen.
A. Ptolemäerzeit.
I. Quittungen, die der Erheber ausstellt.
Derartige Quittungen sind in unserer Sammlung nicht vorhanden.
Ich zweifle aber nicht, dass sie ebenso wie in Theben in Bricttbrui
abgefasst waren, zumal wir für die Kaiserzeit diese Form auch für
Elejjhantine-Syene nachweisen können. Auch das oben für Theben
(III. Jahrh. vor Chr.) unter I 1 nachgewiesene Formular ist hier
bekannt gewesen, wie Pap. Leid. Q (aus der Zeit des Philadelphos)
zeigt: 'Eyei Xr/.dcvwp zpaxTWp Ttapa 'Opaevo'j-^to; "/.xX. Vgl.
oben S. 61.
II. Quittungen, die die Bank ausstellt.
Datum (Jahr, Monat), — tiraxzac im T»/r iv OrUname iQanfXM ,
i(p tjg der Ti-apezit, — für Abgabe — der 'Erheber (?) — Summe.
Siibscripüon des Trapez'den.
Dieses Formular, das in unserer Sammlung nur durch Xr. 1
vertreten ist, entspricht genau dem the])anischen Formular II 6''
(S. 71 t). Da.ss die in der Quittuug genannte Person der Erheber
GELDQUITTUNGEN AUS ELEPHANTINE. 11!)
ist, haben wir nur aus der Analosie dieser thebanischen Quittungen
geschlossen, doch wird es durch die hoho Summe (500 Dniclmicn)
-o gut wie bestätigt. Die ^löglichkeit ist freilich orten zu lassen,
dass in Svene damals (II. Jahrhundert v. Chr.) die Rank den Zahler
nannte. — Auch hier findet sich, wie häufig in den thebanischen
(Quittungen, am Rande von der Hand des Trapeziten eine Summe
udtirt, die grösser ist als die quittirte. Vgl. dazu oben S. 75 f. Wir
irren wohl nicht in der Annahme, dass auch hier in Svene ver-
schiedene Entwiekelungsstulen dieses Schemas einander gefolgt sind.
Einstweilen haben wir kein weiteres Material als diese einzige Nummer.
B. Kaiserzeit.
III. (Quittungen, die der Erheber ausstellt.
1.
Der Erheber — dem Zahler — ytanfir. "F/fbi (oder ähnlich)
— für Abgabe — Summe. Datum. Suhscripiion. Vgl. 35, 43, 83,
150, 235, 262, .302—304, 1276.
Dies ist dasselbe briefartige Formular, das oben für Theben
ausführlicher besprochen ist. Dass der Adressat der Zahler ist,
wird dadurch bestätigt, dass in 83 eine Frau genannt wird. Die
Suhscription steht nur einmal, in 304, nach dem Schema: Name
y.T.i'/iä. In 35 ist statt dessen eine demotische Suhscription bei-
gefügt. Es darf vielleicht als Bestätigung unserer obigen Aus-
führungen über yaipc'.v angeführt werden, dass die einzige Quittung,
in der hier die Grussformel fehlt (Nr. 235), an einen Sklaven ge-
richtet ist (vgl. oben S. 85 f.). — Als Verbum steht hier meistens
ä-r/w, auch s/w, im Praesens. Nur einmal (235) findet sich der
Aorist (im J. 158). Vgl. oben S. 86.
2.
"Eioi — Tianu Zahler — für Abgabe — Summe. Subseriptloji.
Datum. Vgl. 28 (vom J. 76 n. Chr.)
Wir wiesen schon oben S. 108 darauf hin, dass diese
Nummer mit 901 und 1259 verglichen werden kann. Auch hier
steht der Name des Schreibers nicht in der Quittung, sondern in
der Suhscription. Auch diese Nr. 28 nimmt sich wie eine Ver-
kürzung der Brietform aus.
120 lll- KAI'ITIiL.
Jia-jtyqäqrixir (später ö({';'e«üJ«0 — der Zahler — für Ahrjahe
— Datum. Summe. Suh.-<erlptlon des Erhebers. Vgl. 3, 5, 7, 8,
12, 18, 20, 23-27, 29—31, 33, 34, 36—42, 44, 46, 47, 49-
53, 55-57, 59, 60, 62, 64, 65, 67, 69-82, 85, 86, 100, 1U2.
1U4, loT.
3^-
Dasselbe, ohne Subscri2ytio». Vgl. 4, 6, 10, Iß, 19, 21, 66,
68, 280, 1322.
4«-
Der Erheber. JiaysyQäqrixsr (spätem- diiygaipef) — der Zahler —
für Abgabe — Stimme. Datum. Snbscription de» Erhebers. Vgl. 8-4.
87, 88, 90, 92, 93, 103, 108, 112, 120, 122, 136, 139, 144.
148, 164, 172—174, 179, 180, 186, 212—216, 222, 229, 241,
242, [248], 265, 266, 271, 272, 281, 293, 1274.
4.,.
Dasselbe, ohne Subscription. Vgl. 13 — 15, 17, 22, 48, 89, 91.
95—99, 101, 105, 106, 109—111, 113—119, 121, 123—135.
137, 140—143, 14.5—147, 149, 151—163, 165—171, 175—
178, 181—185, 187—191, 193—211, 217—221, 223-228,
231—234, 236—239, 243—247, 249-261, 263, 264, 267, 268,
273, 274, 276—278, 283, 285, 286, 288—292, 1268, 1270-
1273, 1573, 1609, 1610.
Wir stehen hier an dem schwierigsten Punkte unserer Unter-
suchung. Betrachten wir die beiden vorliegenden Schemata, 3
und 4, lediglich nach der formalen Seite, so bieten sie allerdings
keinerlei Schwierigkeit: Gruppe 3 ist völlig identisch mit der oben
für Theben nachgewiesenen Gruppe IV 6, und 4 unterscheidet sich
davon nur dadurch, dass :uu Kupfstüek der Beamte im Praeseript
genannt ist. Aber sachlich besteht ein gewaltiger Unterschied
zwischen der thebanischen und unserer Grui>pe: jene ist von Trape-
ziten, diese von Erhebern subscribirt; mit anderen Worten, jenes
sind Bank<iuittungen, dieses Erheberquittungen. Die ITeber-
tinstimmung ist also lediglich eine formale. An der Richtigkeit dieser
Thatsache wird kaum gezweifelt werden können. Denn wie wir für
GELDQUITTUNGEN AUS ELEI'HA.NTINE. 121
Theben den Titel xpaTi:(£l^!xY]5) in den Subscriptionen sicher nach-
weisen konnten, so begegnet hier eben so sicher an derselben Stelle der
Titel Tipaxxwp oder ein verwandter. Diese Thatsaclie führt aber
zu den grössteu Schwierigkeiten, die ich namentlich in zwei Punkten
linde. Einerseits fragen wir uns vergeblieh, in welcher Weise denn
die Bank den Erhebern quittirt hat, wenn diese 5t£YP^4'^^"I''oi"™ulare
nicht von ihr verwendet wurden. Abgesehen von Nr. 2 (.s. unten IV),
die noch in die augusteische Uebergangszeit gehört, haben wir nun
kein Bcii^piel einer Bankquittung für Syenc-Elei)liantine. Andrerseits
\-crwundern wir uns, dass die Erheber, die den Zahlern doch schon
in der Brietibnn quittirteu (s. oben III 1), daneben noch zu dem-
selben Zweck sich dieser Siiypa'jiEV- Formel bedient haben sollen.
Auf der einen Seite fehlt uns etwas, auf der anderen haben wh-
etwas zu viel. Unter diesen Umständen liegt es sehr nahe, den
Versuch zu machen, ob man diese Stiypa'jisv-Quittungen nicht doch
in eine Beziehung zu der Bank bringen könnte. Aber ich bekenne,
zu einem mich befriedigenden Ergebnis nicht gelaugt zu sein.
Man könnte z. B. auf eine Reihe von Fällen hinweisen, in
denen in der Subscription der Titel T^pdcxTiop nicht steht, sondern
nur ein Name ohne Titel, und könnte meinen, dies seien Bauk-
quittungen, die formell den oteypa'lEV-Urkunden der Trpaxxops; gleich
wären. Ich meine Subscriptionen wie in Nr. 3: 'AttoÄCAwvco;)
^TiY^xoCXoüx^rf/a). Vergleicht man diese Nummern mit den theba-
nischen, so liegt ja allerdings der Gedanke, dass der Subscribent
wie dort Trapezit sei, äusserst nahe, aber ich halte es doch für
unmethodisch und unerlaubt, hier wo der Titel fehlt, einen anderen
einzusetzen als den, der in den Subscriptionen mit Titeln genannt
wird. Wir werden vielmehr, bis wir etwa durch neues Jlaterial
widerlegt werden, auch diese Subscrijitionen den Erhebern zu-
schreiben müssen. Somit können wir in der That für Syene-Ele-
phantine keine kaiserlichen Bankquittungen (ausser Nr. 2) nach-
weisen. Dies wäre noch nicht das Bedenklichste, denn man könnte
ja annehmen, dass uns zufällig keine überliefert sind, oder auch,
dass es in Elephautine Sitte wurde, dass die Bank den Eiliebern
auf Papyrus quittirte, wie es im Faijüm der Fall gewesen zu sein
scheint (vgl. BGU 62, 63, 65, 215, 273 und dazu oben S. 22 f).
Die Hauptschwierigkeit, die wir nicht beseitigen können, besteht viel-
melir darin, dass die Erheber in Elephantine sich genau desselben
122 111. KAl'lTKL.
Formulars bedienten , das in Theben die Trapeziten gebrauchten, und
das, wie uns schien, durch mancherlei Umwandelungen
aus der alten ptoleraäischen Bankquittung sich entwickelt
hatte. Welchen Zweck sollen zudem diese neben den briefartigen-
Quittungen ausgestellten Be!*cheinigungen gehabt haben? Vorüber-
gehend kam ich auf den Gedanken, dass sie vielleicht die Belege
seien, tue die Erbeber in ihrem Bureau deponirteii. um danach ihre
monatlic'hen Berichte an die Bank zusammenzustellen. Doch ist dies
gewiss abzuweisen, denn Quittungen, die einem Anderen über-
wiesen wurden, sind diese Urkunden sicherlich. Das geht u. A. auch
aus Nr. 50 hervor, wo sich am Schluss die ganz singulare Bemerkung
findet: Ziic tö -(apa)T:£7itü)('7ivaO t-?|V T.^'jz{kp0i-i) feG/fi^v). Wir
haben darüber schon oben S. 78 gehandelt. Hier ist für uns von
Wichtigkeit, dass die Urkunde selbst damit indirect als eine a.-oyj]
bezeichnet wird, also als eine Quittung, die dazu bestimmt ist, einem
Anderen Sicherheit zu geben. So komme ich doch wieder zu dem
nächstliegenden Schluss, dass diese Quittungen vom Erheber dem
Zahler ausgestellt wurden, dass also in Elephantine-Syene die Er-
heber bald in Brieflbrm, bald in der hier behandelten Form quit-
tirten. Wir werden unten auf S. 126 auf ein Kriterium stosseu,
das diese Äleinung zu stützen geeignet ist.
, Ich kehre nunmehr zu der formellen Seite der Gruppen 3 und 4
zurück. Ueber 3 ist nicht viel zu sagen, da sie, wie bemerkt, mit
dem thebanischen Schema IV 6 völlig übereinstimmt. Neu ist,
dass Nachträge gelegentlich mit der Formel onriiiü^ iyjx» äXkaq xxX
eingeführt werden, so in 53 und 60. Dieser Wechsel von Stsypa'^^EV
und £•/ w ist sehr bemerkenswert und bestätigt den (Juittungscharakter
unserer Urkunden. Aebnlich wird gelegentlieh l)ei Zahlung einer
letzten Rate hinzugefügt: auv al? ea^ov TTpöxspov (oder ähnlich),
vgl. 74, 75, 76. — Auf gewisse Umstellungen innerhalb des
Schemas brauchen wir nicht einzugehen.
Ganz originell, und bisher mir nur fiir Syene-Elephantine be-
kannt, ist die Gruppe 4, deren CharakterLsticum das Praescript ist.
Im Uebrigen stimmt sie durchaus mit der Gruppe 3 überein. Der
quittirende Beamte ist damit aus der Subscription an die Spitze
der Urkunde getreten, und längere Zeit scheint <lie Praescriptio die
Subseriptio überflüssig gemacht zu haben. ^^'ährend jene von
Claudius' Zeit an häufig begegnet, erscheint die Subscrijjtio in dieser
GELDQUITTUNGEN AUS ELEPHANTIXE. 123
Gruppe erst unter Trajan. Wie die obige Tabelle zei|rt, ist es aber
auch fernerhin gebräuchlicher gewesen, keine Subscription hinzuzufügen.
Wir können folgende Fonneu von Praescriptionen unterscheiden
(wenige Citate mögen genügen) :
1. Name. Vgl. 13, 14, 15, 17 etc.
2. Name oii Name. Vgl. 48.
3. Name Sta Name, Titel.- Vgl. 129.
4. Name, Titel. Vgl. 84.
5. Name, Titel Sc« Name. Vgl. 97.
6. Name, Titel Stä Name, Titel. Vgl. 95, lUG.
7. Name, Titel Gt' £|ioö Name, Titel. Vgl. 291.
8. Name, Titel, ETcaywoXouS-o'jvtwv . . ., o;ä Name. Vgl. 194.
9. Name, Titel oüv Name. Vgl. 205.
10. \ix Name. Vgl. 109.
Man sieht, die Praescriptio ist grundsätzlich verschieden von
der Subscriptio, insofern sie niemals eine Zahlung-sbestätigung enthält,
sondern lediglich bestimmt ist, die Namen der beteiligten Beamten
(Ttpay.xope; oder \i:ad-(X)xa.'. oder EäiTYjpYjTaE etc.) anzugeben. Meist
ist in der Praescriptio nicht nur der spezielle Beamte genannt, der im
einzelnen Falle die Zahlung entgegengenommen hat, sondern die
ganze Firma, die ganze Gesellschaft der associirten Beamten oder
Pächter tritt uns hier am Kopfstück entgegen, sei es dass die ein-
zelnen Namen aufgeführt werden, oder nur Einer oder Zwei genannt
und die Uebrigen mit xal ot ouv aÜTW oder ähnlich angefügt werden.
Einzelne Ostraka gehen in der Angabe der Associationen so weit,
dass sie sogar über gewisse Verschiebungen innerhalb der Gesell-
schaft Mitteilung machen, so Nr. 271 (ävaooS-evcs; zlc. xXfjpov
Ävti . . .). Vgl. 272, 285. Vgl. hierzu Kap. VI. Das ist ein zweiter
wesentlicher Unterschied von der Subscription, da in dieser immer
nur der Einzelne genannt wird, oder aber wenn Mehrere, so doch
.Jeder für sich. Welchen Zweck man bei der Einführung des
Praescripts verfolgt hat, ist schwer zu sagen. Formell erinnert es an
die Kopfstücke der amtlichen Erlasse, die gleichfalls nur den Namen
des betreffenden Beamten im Nominativ enthalten. Vgl.BGU 7 und 18.
Die Subscriptionen sind hier in Syene-Elephautine — nach
dem uns vorliegenden Material — mannigfaltiger als in Theben.
Wir können folgende Gruppen unterscheiden:
124 II'- KAl'ITKL.
I
1. a) Name £7rr,y.oIo'j\V,-/.a. Vgl. 3.
b) Name sTiyjXoXou&YjZa Butume. Vgl. 5, 7, 8.
2. a) Käme «[tiso^ov] Summe. Vgl. 100.
b) Name ouvazET/ov. Vgl. 266, 271, 272.
3. a) Name lypx'^x. Vgl 12, 23—27, 29. J
b) Name gy^a-^a. Datum. Vgl. 18.
c) Name, Titel {-piv.ziap, auch '{pot.\i.[ioi.zt{)c) z'(pc(.'\)!x.
Vgl. 37, 38.
d) Name, Titel, i^px^K. Datum. Vgl. 41, 46.
e) Name, Titel, lypa'-Jjx oiä Name. Datum. Vgl. 78.
4. a) Name a£ar;[i£t(ü[J.a:. Vgl. 102.
b) Name, Titel, a£ar;|i£ia)|iat Summe. Vgl. 84.
c) Name, a£(ay([ji£iü)|iaO övö|i(aTOc) . . . Summe. Vgl. 265.
5. a) A'.a Name. Vgl. 56, 60.
b) A'.a Name, Titel. Vgl. 85 (iTz:Tr,pr,-r,i).
c) Aia Name, Summe. Vgl. 20.
d) Atd Name, Datum. Vgl. 104.
Auf einzelue Absouderliehkeiten, wie z. B. die Voranstellung
des Namens in 46, verlohut es sich nicht genauer einzugehen.
Dei- Zahler — für Abgabe — Summe. Subseription des Erhebers.
Vgl. 32, 45, 54, 61, 63.
5'-
Der Erheber. Der Zahler — für Abgabe — Summe. Datum.
Vgl. 94.
Diese Formulare unterscheiden sich von den vorhergehenden
Schemata 3 und 4 nur dadurch, dass o;£Ypa']'£V ausgelassen ist.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — ditjQaU'tr — der Zahler —
für Abgabe — Summe. Siibticrlption. Vgl. 269, 270, 275. Das
Formular unterscheidet sich von dem Hauptschema 3 nur durch die
Voranstelluncf des Datums.
I
ELEPHASTINISCHE FORMULARE. 125
IV. Quittuugeu, die dir I);iiik aiLsstellt.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — zsTaxtai f.Ti tlv iv Ortsname
rnc'cTis^av, i(f ij.; der Trapezit, — für Abgabe — da- Zahler —
■^umme. Subsci-iption des 'Prapeziten. Vgl. 2.
Wie oben bemerkt, ist dies bis jetzt das einzige sichere Beispiel
i'iuer Bankquittung aus der Kaiserzeit für Syene. Dies Ostrakon,
aus dem Jahre \o n. Oir., zeigt, dass wie in Theben auch hier
die alte ptolemäische Form sich bis in die Zeit des Augustus er-
halten hat.
Elepliautiiie und Syene.
Quittungen über Naturallieferungen.
A. Ptolemäerzeit.
I. Quittungen, die der Erheber ausstellt,
sind bis jetzt nicht bekannt. Sic waren jedenfalls in BrieSorm ab-
gefasst.
II. Quittungen, die der Thesauros ausstellt.
Datum (Jahr, Monat) — eüfteue'TQijxsv «/,• tuv ir 0)is)iame
&^auvQ<JV — für Abgabe — der Erheber(f) — Summe. Subseri2}tion
des Sitologen. Vgl. 29.Ö. Vgl. auch 1608.
Dieses Formular entspricht genau dem thebanischen Formular II
2* (S. 99). Dass die in der Quittung genannte Person der Erheber
sei, schliessen wir nur aus der Analogie der thebanischen Quittungen.
Die Möglichkeit, dass man in Syene den Zahler genannt habe, ist
einstweilen offen zu lassen. — Xr. 1G08 gehört in diese Gruppe
hinein, nur erfolgt die Lieferung (Kjfoton) statt an den Thesauros
an das iXci.:oMp'(Vj'i. Aehnliche Fälle wurden oben auch füi' Theben
namhaft gemacht.
In allen drei Quittungen, die wir aus der Ptolemäerzeit haben,
Nr. 1, 295 und 1608, wii-d im Eingang nur Jahr und Monat genannt,
nicht der Tag. Es ist sehr fi-aglich, ob das mehr als Zufall ist.
126 UL KAPITEL.
li. Eaiserzeit.
III. Quittungen, die der Erheber ausstellt.
Der Erhebe): 'EfierQtjaev — b Suva — für Abgabe — ovöfiaTos '
des Zahler» — Summe. Datum. Sub-icription. Vgl. 296 — 301, 1460.
Dieses Formular, das wir bisher lediglich für 83-ene-Elephau-
tine nachweisen können, ist ein vollständiges Pendant zu den oben
unter III 4 behandelten Geldquittungen der Erhebcr. Charakte-
ristisch ist für beide Gruppen die Praescriptinn. Wir verweisen auf
unsere obigen Ausführungen. Eine Bubscription steht nur in 3()1.
Es unterzeichnet hier der Tipdcvatop atTOifj? SorjVYjS.
Nur in 301 wird der Zahler direct mit ejiltpTyaev verbunden.
In den anderen Fällen steht, wie oben bemerkt: 6 ostva — övö-
[iaxo? des Zahlers. Das kann wohl nur heissen, dass die erstge-
nannte Person (in 296, 299 und 1460 ebe Frau!) die Lieferung
im Namen der zweiten Person, des Zahlungspflichtigen, gebracht
resp. übergeben und vermessen hat.
Sehr bemerkenswert ist eine sprachliche Ungenauigkeit, die sich
in 298, 299 und 300 findet. Es heisst da: l|i£Tprja£v 6 Selva
— -TO iTiißdcXAov aoL [lipog, wo statt aoc vielmehr aüxw stehen
müsste. Dieser Lapsus des Schreibers — es ist immer derselbe,
M. Annius Nemonianus, der es allerdings zu verschiedenen Zeiten,
a. 173 und 176, geschrieben hat — ist für die Frage nach der Be-
tleutung und dem Zweck dieser Quittungen nicht unwichtig, und wir
werden um so grösseres Gewicht darauf legen, wenn wir bedenken, dass
dies Formular formell identisch ist mit den unter III 3 und 4 be-
handelten Geldquittungen, deren Deutung besonderen Schwierigkeiten
unterlag. Ich meine, wenn dem Schreiber aus Versehen ein ao:
statt «t'TqJ in die Feder kommt, so setzt das voraus, dass der be-
treffende Mann ihm gegenübersteht und er für ihn die Quittung
schreibt. Damit dürfte es so gut wie gesichert sein, dass unsere
Urkunden doch nichts anders sein können als Quittungen, die der
Erheber dem Zahler ausstellt, und bei der völligen Analogie mit
III 3 und 4 dürfen wir weiter folgern, dass "auch die cd^poi.'lizy-
(^uittungen von El(]iliantinc (mit oder oliue Praeseript) denselben
Sinn haben. Dies vorausgesetzt, ist zu constatiren, dass die
Erheber in Elephantine ausser in BrieflJbrm auch in dieser ob-
jeetiv stilisirten Form den Zahlern quittirt haben, dass wir aber
Ql-ITTl-XG:*FOKMl'LARi: IX KI.KrilANTIXK UND KOPTOS. 127
Beispiele von Bankquittungen aus Elcphantine füv die Kaiserzeit
(abgesehen von Nr. 2) einstweilen nielit naeliweisen können. Wir
sehen liicraii^, wie verschieden das Quittungswesen sich in verschiede-
nen Städten entwickelt hat. Die.«('llio Bcohachtung ist auch schon
früher für andere Gebiete des Urkuudeuwesens gemacht worden,
und man liat wohl zwischen unteraegyptischen und oberaegyptischen
Formularen geschieden. Nachdem diese Untersuchungen gezeigt
haben, dass auch innerhalb Oberägyptens Städte wie Theben,
Krokodilopolis (s. unten), Svene ihre Eigentümlichkeiten im Ur-
kuiidcnwcscn aufweisen, wird es vielleicht richtiger sein, nicht zu
verallgemeinern, und statt von unteraegyptischen und oberaegyp-
tischen Formularen vielmehr von mempliitischcn, ar.sinoitisehcn, theba-
nischen etc. zu sprechen.
IV. (Quittungen, die der Thesauros ausstellt,
sind in unserer Sammlung nicht vorhanden.
Die als Nr. 1080^1090 publicirten Urkunden aus Koptos
(vgl. auch 1G16') sind Quittungen, die der Erheber dem Zahler
ausstellt. Das Formular ist die bekannte Briefform, über die oben
zur Genüge gehandelt worden ist. Irgend welche Abweichungen
von den entsprechenden Urkunden aus Theben und Syene sind hier
nicht zu finden, wenn man nicht auf 7:po;5E-/o[Jia'. *) in 1089 (für
v/m) hinweisen will. Wie schon oben S. 82 bemerkt wurde, steht
am Schluss von 1083 das seltene eppwao; doch ist es recht wahr-
scheinlicli, dass diese Nummer eine Privatquittung ist. Vgl. das
Fehleu des Titels hinter 'Ep|j.öowpo; wie in Nr. 1080, die jedenfalls
privaten Charakter hat (vgl. '{f^^ jioy;. Auch 1502, wo gleichfalls
j'ppwao steht, ist eine Privatquittung. Nr. 1234, eine Bankquittung
aus Koptos vom Jahre 120/19 vor Chr., zeigt keine Abweichungen
von dem thebanischen Schema II G''
') IIpi;5E/.£a9-a!. (^ annebmen, empfangen i ist mir sonst in diesen Quit-
tungen nicht begegnet. Das synonyme T:apa5sy.sa9-a'. findet sich auf der
Hess'schen Holztafel (s. oben S. CT Anm.).
12S Ilf- KAPITEL.
Sedment.
Die I^rklärung der schwierigen Formulare von Sedment hängt
zu sehr mit der sachliclien Interpretation zusammen, als dass ihre
rein formale Behandlung hier zweckentsprechend wäre. Wir werden
unten in Kap. VIII die Urkunden von Sedment einer besonderen
Untersuchung unterziehen.
Pselkis.
Die Mehrzahl der Urkunden von Pselkis sind Quittungen, in
denen romische Soldaten dem OjJtio den Empfang der ihnen zu-
stehenden Naturallieferungen bestätigen. Es gehören hierhin Nr. 1128
—1134, 1136, 1137, 1139—1144. Zur sachlichen Erklärung vgl.
unten Kap. VIII. Hier sei nur darauf hingewiesen, dass diese
Quittungen alle in der üblichen Briefform ausgestellt sind. Ueber
iXoc^o'v, das hier regelmässig als Formel der Empfangsbescheinigung
begegnet, vgl. oben S. 109.
Die Grussfbrniel yoJ.pzvi fehlt in diesen Quittungen niemals,
was gewiss kein Zufall ist, da sie au den Optio adressirt sind
(s. oben S. 85 f.). Bemerkenswert sind einige Subscriptioueu. So wird
die Soldatenquittung 1131 von einem Centurio unterzeichnet, zu
dessen Centurie wohl der Quittungsschreiber gehörte.
Nr. lloö ist eine Anweisung, durch die die TrapaX^jiTCxat aixou
vom Optio zu einer Getreidelieferung aufgefordert werden. Was
die T^päxTOpc; in Nr. 1138 an die Frau AioaxopoOg zu schreiben
hatten, ist nicht mehr zu ermitteln.
Krokodilopolis.
Aus dem oberaegyptischen Krokodilopolis liegen uns 3 Bank-
quittungen aus dem II. Jahrh. v. Chr. vor: 1617, 1618, 1620.
Sie sind alle drei nach folgendem Schema abgefasst:
Datum (Jahr, Monat, Tacj) — rstanrai im tiiV iv KQoy.oÜiXwv
TioXei TQÜnf^av, icp 7jg der Trapezit, — für Abgabe — der Zahler
— Summe. Sid)scription des Trupeziten.
Auf den ersten Blick scheint dies Formular mit dem für Theben
und Syene nachgewiesenen völlig identisch zu sein. Aber ein
Unterschied besteht: während dort der Erheber genannt wird, steht
hier der Name des Zahlers! Dies geht unzweifelhaft daraus hervor,
QUITTUNGSFOEMULARE. 1 L". •
dass in 1617 und lßl8 Frauennameu begegnen. Es sind die Töchter
des Drvton, die un? aus Grenfell's Papyri (Gr. Pap. I) bekannt
sind. Leider ist mein Material für Krokodilopolis zu kloin, um
weitere Schlüsse über das Quittunsiswesen in diesem ( )rte ziehen
zu können. Dass auch der naveßyoOvic in l(j20 der Steuerzahler
ist, wdllcn wir einstweilen nach Analogie annehmen. Wir kiinueu
nur coustatiren, dass die Bank in Krokodilopolis im 11. .lahriumdert
V. Chr. die Jlethode befolgt, die wir oben tiir Tiieben für's
III. Jahrh. v. Chr. und wiederum für die Kaiserzeit nachgewiesen
haben. Vgl. auch unsere Ausführungen auf S. 74, Anm. 2.
Manches spricht dafür, dass auch Nr. 1(519, 1(321 und 1(322
(Naturalquittungen) ans Krokodilopolis stammen. Sie zeigen fol-
gendes Formular:
Datum (Jahr, Monat, Tag) — fiftitToi^xtv — für Abgabe — der
Zahler if) — Summe. Sub-seription ((/&< Sifo/of/m).
Unter der Voraussetzung, dass auch in Krokodilopolis die
Bank- und die Thesaurosquittungen sich gleichmässig entwickelt
haben, nehmen wir bis auf Weiteres an, dass die in der Quittung
genannte Person entsprechend den oben behandelten Nummern auch
hier der Zahler sei. Eine Bestätigung bleibt abzuwarten.
Es sei noch hervorgehoben, dass auch in 1026 der Zahler,
nicht der Erheber genannt zu werden scheint. Denn dass Moa)(iu)V
der Besitzer der bOO leider so schwer verständliehen Steuerobjecte
ist, dürfte doch das Wahrscheinlichste sein. Leider ist nicht genauer
bekannt, aus welchem Ort das Ostrakou stammt.
Arbeitsqiiittungen.
Zum Schluss möchte ich auf diejenigen Quittungen hinweisen,
in denen es sich nicht um Zahlungen in Geld oder Getreide, sondern
um Arbeitsleistungen handelt. Ueber die sachliche Bedeutung
dieser Quittungen vgl. unten Kap. IV. Hier sei nur hervorgehoben,
dass die Beamten meist in der briefartigen Form quittiren. So in
1043—1047 (vgl. Corrigenda), 1(J58, 1399, 1410, 1411, 1567.
Altertümlicher scheint die Form zu sein, die in 1023 (III. Jahrh.
V. Chr.) vorliegt: „'AuetpyxaTai — der Arbeiter — so und so viele
Naubia. Subscription: Name des Beamten." Aehulich 1025 (gleich-
falls aus dem III. Jahrh. v. Chr.).
WlLCKEN, (»straka.
IV. KAPITEL.
Die Abgaben.
In diesem Kapitel haben wir die Abgaben im weitesten Sinne,
d. ii. die Gebühren und Steuern, auch die privaten Abgaben, die in
unseren Ostraka begegnen, zusammengestellt und haben versucht,
unter Heranziehung auch anderen Materiales, die Xatur der ein-
zelnen Abgaben zu erklären. Leider mussten wir oft mit einem
„non liquet" schliessen, doch einige wichtigere Grundzüge Hessen
sich auch jetzt schon erkennen. Ohne Zweifel wird durch die
fortgesetzten Papvruspublicationen , hofientlich auch durch weitere
Ostrakaeditionen, unsere Kenntnis von den Steuern sich noch immer
mehr vertiefen, sodass dieser erste Versuch, der hier gewagt ist,
in vielem bald überholt sein wird. Möchte für diese weiteren
For.schiuigen die hier gebotene Zusammenstellung sich als eine nütz-
liche Vorarbeit bewähren I Dann hat sie ihren Zweck erfüllt.
Wir geben die einzelnen Abgaben, mit den griechischen Bezeich-
nungen der Texte, in alphabetischer Folge. Bei zusammengesetzten
Ausdrücken entscheidet der Anfangsbuchstabe des Steuerobjectes.
Also Wörter w-ie xsXog, tpöpo;, eloog sind nicht berücksichtigt, wenn
sie in Verbindung mit dem Steuerobject auftreten. Dass wir auch
die ■zi[s.a.i, wiewohl sie keine Abgaben sind, eingereiht haben, möge
man damit ent.-^chuldigen, dass ihre Besprechung auch für die ent-
sprechenden Abgabenverhältnisse nicht ohne Xytzen ist. Ausschliessen
mussten wir diejenigen Ostraka, in denen die Bezeichnung der
Abgabe entweder im Text verstümmelt und daher unlesbar ist, oder
aber, wiewohl gut erhalten, bisher noch nicht von uns entziffert
werden konnte. Es sind folgende Nummern: 185, 227, 239, 265,
§ 1. DIE ÄGORAXOMIE-STEUER. 131
L'TS, 294, 301, 358, 361, 362, 365, 431, 437, 491, 499, 500,
:,ii7, .')!(), 535, 557, 558, 583, 6l0, 638, 678, 689, 695, 703,
T.)9, 76(1, 761, 788, 999, 1079, 1277, 1317—1319, 1338, 1405,
1444, 1473, 1503, 1568, 1578, 1584, 1586, 1588, 1594.
Am Scliluss findet sich ciue Zusammenstelliuig weiterer für
Aegypteii nachweisbarer Steuern, sowie ein Versuch, etwas Ordnung
in (Uvs Chaos zu bringen.
§ 1. TsAo; dYopavo|i(ia5").
Für Theben belegt durch Nr. 1053, 1330, 1331, 1333, 1419.
In 1330 findet sich die vollständigste Schreibung: ayopayoP-,
in 1419 ayopl^, in 1053 und 1333 nur «yo, in 1331 eine Abbre-
viatur von Letzterem. Man könnte auch an die Auflösung äyopa-
vofJif/.dv oder dyopavojjiwv denken.
Die ursprüngliche Aufgabe der ayopavoiio; war bekanntlich,
den jNIarktverkehr zu regeln und zu leiten, also die Marktpolizei
zu üben. Daraus hat sich weiter ihre Befugnis entwickelt, C'ontracte
über Eigentumsveränderungen etc. aufzustellen. ^1 Diese zwiefache
Competenz tritt uns auch hier bei der Agoranomieabgabe entgegen.
Wir müssen hier wie immer von dem Namen der Steuer aus-
gehen. TeXog ayopavoixi'a; wird eine Abgabe bezeichnen, die für
die Agoranoraie, für tlen Unterhalt und die Salarirung der Agora-
nomen erhoben wurde. A\'ir werden unten ähnliche Abgaben für
die Praktoren, die Sltologen u. s. w. kennen lernen. Die Agoranomie-
Steuer wurde jedenfalls von denjenigen erholten, für die die Agora-
nomen thätig waren, d. h. die Händler, die auf dem Markt ihre
Waren feil boten. In 1330 und 1331 ist der Steuerzahler ein
Fischhändler (vgl. § 6). In 1419 wird die Abgabe genauer als
[tsAgc] ayopavojiua;) wvEwv bezeichnet, also bot der Zahler jeden-
falls Marktwaren (wvta) feil. Natürlich hatten alle diese Händler
ausserdem ihre Gewerbesteuer zu zahlen (S 6 und § 135). AYenn
nach 1419 die Abgabe pro Monat berechnet wurde, so müssen
Händler in Frage stehen, die regelmässig den ]Markt besuchten,
dort wohl ihren festen Stand hatten. Die Existenz einer solchen
Marktsteuer legt die Frage nahe, ob es überhaupt erlaubt war.
ohne Aufsicht der Agoranumeu ]Marktwaren zu vertreiben.
') Mitteis, Eeiohsri'cht u. Volksr. S. 52. AVessely, Jlitth. PR V. S. 83.
9*
\:V2 IV. KAPITEL.
Entsprechend dem notariellen Charakter der Agoranomen ^vird
in 10ö3 ein ziXo^ jjtia&wasw: — es handelt sich um die Pacht
eines Grundstückes — unter den allgemeinen Begriif des teXo;
äYopavo[j.(a; subsumirt. Dafür, dass der Pachtcontract vor dem
Afforanomos geschlossen ist, wird das teao; an den xeXwvYj^ ficYOp«-
vojitxoO gezahlt. Wir würden eine solche Abgabe eher für eine Yer-
kehrssteuer halten. Der Name zeigt aber, dass auch dies als eine
Abgabe für den Agorauomos aufgefasst wurde.
§ 2. 'Ynlp y ayopocaias.
Nur in 1225, aus byzantinischer Zeit.
Was diese Abgabe, die als ein tsXo; bezeiclmot wird, bedeutet,
wage ich nicht zu bestimmen, ehe nicht für y eine evidente Auf-
lö.sung gefunden ist. Der Möglichkeiten giebt es mehrere.
§ 3. Et; T7 ?oai[v-a] h(t,)( ).
Für Theben belegt durch i;]49 i.II. Jahrli. v. Chr.).
Weder für diese Wendung noch für den Gesammtinhalt der
Quittung wüsste ich einstweilen eine Erklärung vorzuschlagen. Ich
will nur hervorheben, dass wir hier einen der wenigen Fälle vor
ims zu haben scheinen, in denen in natura gezahlt wii'd, ohne dass
von Grundsteuer die Rede ist. Vielleicht handelt es sich hier aber
garnichl um eine Abgabe, sondern um eine geschäftliche Lieferung.
Sollte in Z. 4 va'jxX(rjpos ) statt vog v}- zu lesen sein, was mir frei-
lich palaeographisch bedenklich erscheint, so würde es nahe liegen,
ayo etwa in äyu)(yt{Jia) aufzulösen. Dann würde der Schiffsherr
auf Rechnung der ihm überwieseneu Fracht die 10 Ai'taben Weizen
abliefern. Doch hier ist einstweilen alles unsicher.
S 4. Ai'^ (?).
Für Theben belegt durch 408, 419, 422, 423, 429, 431, 4.34,
437, 438, 444, 448, 452, 461, 465, 466, 472, 480, 1281, 1282,
1379, 1613, alle aus der Kaiserzeit.
Während das Wort «:"''- in den meisten Fällen wegen der
Flüchtigkeit der Schrift nur schwierig zu erkennen ist, steht es in
§ 1 — 4. ISP.
1379 klar und (knitlich <rcscliriebeii, sodass jeder Zweifel ausge-
schlossen ist.'j
Was es bedeutet, weis.s ich uielit. Von griecliisclien Wörtern,
die mit «C- beginnen, käme h(')chsteus oi.ly.ix in der Bedeutung „In-
jurie" in Betracht. Dann würden diese Zahlungen Bussgelder für
die Zufüguug von Injurien sein. Doch diese Deutung sclieint
dadurch ausgeschlossen, dass die hier vorliegenden Zaiiiunt;en Jahr
für Jahr wie eine ordnungsmässige Abgabe erhoben werden.
Für die Charakterisiruug der Al)gabe ist Folgendes hervor-
zuheben :
1. Die Ostraka, auf denen at'' begegnet, stammen sämmtlieh
aus ein und derselben Ortschaft, Nöto? xal AE^'- N^ur in 1379
ist nach damaliger Sitte (im J. 43) kein Lokal genannt, und in
423 steht Atf£<>, in IGIO Msjivoveiwv.
2. Die Ostraka mit «'.''- sind, wenigstens in der vorliegenden
Sammlung, auch zeitlich eng begrenzt. Sie stammen aus der Zeit
von 43—109 nach (lir.
3. Da auch hier vielfach Ratenzahlungen vorliegen, i.st es
schwer, über die Höhe und Bemessung der Abgabe etwas zu sagen.
Bemerkenswert ist, dass Ka|i,Yjtt; Ka|ji7;T:o; sowohl für 79/80 als für
83/4 und 85,6 immer dieselbe Summe, je 2 Drachmen 11 Oboleu
und 2 Chalkus zahlt (vgl. 1281, 4G1 , 465). Dagegen tritt bei
anderen Persönlichkeiten in den verschiedenen Jahren ein bedeu-
tendes Schwanken des Satzes hervor. jMan vergl. z. B. für den
Vater des oben genannten Kametis, Kx[xy;Ti; lIsTsapTipyjOus, die
Nummern 419, 422, 429, 431, 434, 438, 448. Andrerseits zahlt
1''£vaevTi8'0f,s im J. 79,80 ebenso wie der jüngere Kaiirjn? die oben
genannte Summe. Dagegen zahlt er im Jahre 85/6 3 Drachmen
4i Obolen, während jener 2 Drachmen 14 Oboben 2 Chalkus zahlt.
Es ist mir nicht gelungen, aus diesen Thatbeständen einen Schluss
auf den bei dieser Steuer zu Grunde liegenden Modus der Auflage
zu ziehen.
') Vorübergelipud habe ich an eine gauz andere Lösung gedacht : a.'.'"'- = ai
x(a9-r;"/.ouaa'.) oder ahnlieli. Palaeographisch wäre es möglieh. Das fiel mir bei
137 9 ein, vco für das y,to]ia-:!.y.öv 1 Dr. 2,J Ob. gezahlt werden, darauf: a'.''-
6 Dr. 4 Ob., eine Summe, die gerade für yja\ictz:y.6'/ das liebliche ist. Danach
würde al v.{a^r,v.0UQa.:) die Normalhöhe angeben nach einer voraufgehendeu
Kate. Aber andere Stellen sprechen dagegen.
134 IV. KAPITEL.
§ 5. 'AxpoSpuMv.
Für Svene belogt durch Nr. 1 und 2 (vgl.Corrigenda'), für Theben
durch 1278, 131Ü, 1344, 1346, 1491.
'Ay.pöopuov oder, wie es hier mehrfach geschrieben ist, axpö-
Tp'jov bezeichnet sowohl den Fruchtbaum (vgl. Geopouic. X. 66,2),
als auch die Baumfrucht, und zwar werden sjieziell die Früchte
mit holziger Schale darunter verstanden. i)
BetrachtiMi wir zunächst die thebanischen Ostraka. In diesen
wird die Steuer regelmässig als eine exxYj bezeichnet, d. h. als ein
Sechstel vom jährlichen Ertrage. In 127S, 1316 und 1344 wird
sie ausserdem als ein teXo; töttou bezeichnet, womit besonders dai-auf
hingewiesen ist, dass sie nach den Toparchien auferlegt und erhoben
wird (vgl. unten § 124). Wiewohl wir diesen selben Hinweis ge-
rade bei der Grundsteuer häufig finden werden (a. a. O.), ist in unseren
Fällen hier an eine Grundsteuer dennoch nicht zu denken. Wir
werden unten den Nachweis führen, dass die Grundsteuer in
Aegypteu in Form einer festen Taxe pro Arure aufgelegt wurde (vgl.
unten § 46), während wir es hier mit einer Ertragsquote zu thun
haben. Für das Obstland wird jene Grundsteuerberechnung durch
den Londoner Papyrus CXIX Z. 53 (axpoSpuwv «va ^ x) und
CXIX A Z. 5. (TTXpaoebwv xal diy.poZpüta'^ ävä ^X) ausdrücklich
bezeugt, wonach die Arure Obstlaud bald mit 20, bald mit
30 Drachmen besteuert wurde. ]\Ian könnte einwenden, dass dieses
Zeugnis aus dem IL Jahrh. n. Chr. stammt, während unsere Texte
hier dem III. und II. Jahrh. vor Clir. angehören. Es ist aber mehr
als unwahi'scheinlieh, dass in der Ptolemäerzeit für das Obstland
ein anderes Berechuungssystem bestanden haben sollte als für die
anderen Bodenarten.
Ich glaube daher, dass wir es hier vielmehr mit nichts anderem
zu thun haben als einer speziellen Abart jener a-C|ioipa, über
deren Neuordnung durch Philadelphos Grenfell's Revenue-Papyrus
uns soeben neues Licht gebracht hat (vgl. § 17). In diesem Gesetze
des Philadelphos hcisst es Col. 24,11 ft':
') Geoponica X 74 (ed. Beekh): 1 'Or.mpa. Xifszai ■?) x^<2">8r) -röv xapTiov
sX^'J^a, o'.ov Sidpax'.vä, iiriXa, äiiTiiSia, 5a|iaaxr^vd, xat öaa (i'J) Ix^t egü)9-£v v.
ju/.öJäE;. 2 'Axpiäpua tk y.aÄstxai öaa e;(o9-sv -/AXu-^ci; ex^t, oiov fotä, Tf.a-
-.'j.Y.:oL, ■/.■i.z-%-1%. v.'A 'jZ'j. ;'jÄu)5r) tiv y.apniv IjcüS-ev \'/ß:.
§ 5. DIE OBSTABGABE. 135
Twv Se TzapaSeiatov iiuvTHirjOcio; xf,[z ]
[ . . . . li-iEVY^; Tzpö; äpY'Jpiov ttjV cV.tt^v t[ ]
[.. .] a:v.
Also von dem Ertrage der Gartonerzeugnisse soll ein Sechstel
an die Göttin Arsinoe Philadelphos jährlieh gezahlt werden, und
zwar in SillxT. Können nun aber die 5;xpc5pua unter den v<im
dem Gesetz genaiuiten Y£vr||ia"a (vgl. Col. oG, 18) der 7:KpaSitaot
mit verstanden werden? Ich glaube, das wird durch einen Flinders
Petrie Papyrus (III. Jahrb. vnr Chr.) mehr als wahrscheinlich. Im
Petr. Pap. (II) XXVII 1 ist eine auvTtjjiyja'.; erhalten, wie sie in
jenem Gesetzesparagraphen gefordert wird. Darin bereclinet der
Steuerpflichtige erstens die Sx^yj von seinem ä[j.7i£Xwv, und zwar
in natura, zweitens die exttj twv äxpoop'JWV v.oC: aT£:fav(i)v, und
zwar in Geld. Es unterliegt keinem Zweifel, dass diese auvxfiiY^at;
für jene ä7:ö|io;px gemacht ist. Danach entsprechen aber hier die
'Jiv.^00^'j7. und axE'^avo'. den Y£VY||iaTa der -apaSsiao'. im Revenue-
Papyrus. Damit erledigen .sich, wie mir scheint, die Einwendungen
von ilahafly, Rev. Pap. p. XXXIII. Uebrigens vgl. unten S. 157 A. 2.
Sonach sind wir berechtigt, auch in unseren Ostraka die SxtYj von
den axpoSpua als einen Teil jener von Philadelphos neu geordneten
X7i6|i0'.pa zu betrachten. 1)
Die beiden Ostraka aus Syene (eines aus Ptolemäerzeit, das
andere aus Augustus' Zeit) weichen darin von den thebanischen
Urkunden ab, dass sie die Abgabe nicht als exxrj bezeichnen. In
Xr. 1 scheint gleichfalls auf die To^jarchie hingewiesen zu sein vne
in Theben, vielleicht auch in 2. Ich wage nicht zu entscheiden,
ob wir es auch hier mit der 'iv.vq, also der ä7io[i,o;pa zu thun
hallen, oder ob es sich hier um die Grundsteuer für das Olistland
handelt. In letzterem Falle würde äxpoopux hier in dem Sinne
von „Fruchtbaum" (seil. Y7)l stehen. Dass diese Grundsteuer in
Geld gezahlt würde, wäre den Angaben jener Londoner Papyri
entsprechend.
") In 1491, das aus dem III. Jahrh. vor Chr. stammt (wohl Euergetes I.),
wird der Vorschrift des Philadelphischen Gesetzes entsprechend in Silber gezahlt.
Bei <ien Kupfevzahlungen des II. Jahrluinderts finden sich in den vorliegenden
Fällen keim- besonderen Charakterisirnngen des Kupfers. Vgl. Kap. X.
13(3 IV. KAI'ITIJL.
§ 6. TiXog ^£Tap6X(ü)v) aXiswv.
Für Theljen belegt chircli Xr. G47 und 1449 (II. Jahrh. n. Chr.).
Wie der Textdruck zeigt, lialie ich lange geschwankt, wie die
Worte |ji£-aß oder |ji£Ta^o^- und aXi- oder «Äiewv zu verbinden sind.
Entgegen meinen früheren Vorschlägen glaube ich jetzt das Richtige
zu treffen, indem ich jietäßoXo; als Adjectivum fasse, das die Art
des ä^.icü; genauer definirt. Wohl .steht es gewöhnlich substantivisch,
gleichbedeutend mit lietaßoAsüg (Kleinhändler). Vgl. Rev.-Pap. 47,12:
48,3 und 7. P^benso in LXX und sonst^), auch in Nr. 1331,4. Aber
auch die adjectivische Verwendung, die durch das folgende ccXiiisiv
hier nahegelegt wird, ist sprachlich möglich. Ich finde es so in dem
Palmyrenischen Steuertarif (ed. Dessau, Hermes XIX S. 516), wo es
heisst: 6[Jioiwc qiaxioTTwIac |j,£-caßoXoi TzwXoüvzzg iv ty) nöXzi.-) Das
"ceAo; |i£TaßöÄwv ä/.dwv ist hiernach die Gewerbesteuer, die von
den Fischern erhdben wird, die ihre Ware verkaufen. Wir werden
im nächsten Paragraphen sehen, dass die Fischer dafür, dass sie
ti.schen durften, eine andere hohe Abgabe zu zahlen hatten. Unsere
Abgabe hier zahlen sie lediglich für den Kleinhandel mit Fischen,
iür die (XETa^o/r^.^) Dass dieser Handel auf dem Markt stattfand,
sahen wir oben in § 1.
Ueber die Höhe der Steuer lässt sich aus den vorliegenden
Urkunden nichts Sicheres gewinnen. Bemerkenswert ist, dass in
G47 eine Gesellsehatt von Fischern die hohe Summe von 72 Drachmen
für einen Monat zahlt. Wie alle Gewerbesteuern wurde auch diese
pro Monat berechnet.
In 1449 wird die Abgabe von einem ETCLTrjpYjT^j; teaou; [lETa-
ßÖAiöv äXiewv erhoben.
') In einer Inschrift aus Cos iRev. Etuil. Cirec. IV S. .^59 ff. 372) l)egegiieii
-) Mein früherer Vorschlag, aXisiüv für Verschreibung von äX'.s'.ßJv zu halten,
hat nur das Beilenkliehe, dass dann f; äXiEia den concreten Sinn von ,,Fisclier-
waren" halien müsste. — Die nächstliegende Lösung, |ji£TaßoXfjg äXieiuv zu lesen,
ist mir darum unwalirscheinlich , weil in den Gewerbesteuerquittungen immer
die Personen hinter yTiep genannt werden. Vgl. § 1.35.
") Eine Inschrift aus Karthago nova (CIL II S. .■)929) nennt jiiscalores
et propolae, also Fischer und Hüker, als Dedicanten. Vermutlich sind auch
diese propolae entsprechend unseren |iEiäßoXoi iXistg als Fischhändler auf-
zufassen, woraus sich am leichtesten erklären würde, dass sie mit den piscatores
zusammen einen Verein bilden. Vgl. Liebenam, Rom. Vereinswes. S. 87.
§ G 7. AIJCiAliEN DJilt l'ISCIIlJANJiLEl: IM) FlSClIliU. li>7
i; 7. IT TSTapTYi aAiicov.
Für Theben belegt dureli Nr. 32G, 331, 337, 339, 340, 34Ü,
349, 1029, 1233, 1347, 1348, 1522. Vgl. 343.
Die von den Fif;elieni erhobene Abgabe, die in 1029 und
1233 xäXos heisst (vgl. aueh 1233j, wird regelmässig als TexäpTYj
bezeichnet, meist als xstäpTY] äXiewv, einmal auch zzzipvTj '.-/ß-'j'.v.G)'^
aXiswv (331). Mit letzterem Ausdruck ist 343 zu vergleichen
(aus dem Jahre 255 4 vor Chr.), wo nur i^^&utxwv gesagt ist, ohne
Hinzufügung der Quote. Da Nr. 331 der Mitte des III. Jahrh.
V. Chr. angehört, so sehen wir, dass im III. wie im IL Jahrh. vor
Chr. die Fischer ein Viertel ihres jährliehen Ertrages an den König
abliefern mussteu (vgl. 331: [jo.O'.lzl).
Leider geben uns die Texte keine volle Klarheit darüber, wie
diese Abgabe aufzufassen ist. Kur das Eine steht ausser Zweifel,
dass die Zahlungen sämmtlich an den König, rcsip. die königliche
Bank fliesseu. Die Auffassung der Abgabe wird davon abhängen,
ob man den König oder aber die Fischer als die Eigentümer des
im einzelnen Falle ausgeübten Fischereirechtes betrachtet. Dass der
König auf dem Nil und den Seen au.sgedehnte Fischeruirechte be-
sass 1), ist selbstverständlich und wird auch ausdrücklich überliefert.
Bekannt ist Herodot's Erzählung (II 149, III 91) von dem reichen
Ertrage, den die Fischerei im Moerissee für den König — • damals
den Perserkönig — abwarf-), und Diodor I 52 illustiürt diese An-
gabe durch die Mitteilung, dass für die Flinpökelung der kolossalen
Fischmassen aus dem Moerissee kaum Arbeitskräfte genug zu finden
waren. Wenn man diese Angabe verallgemeinert und annimmt,
dass der Könitr auf Fluss und Seen allein das Fischereirecht ge-
habt habe, mit anderen Worten, dass die Fischerei ein königliches
Monopol gewesen sei, so fragt es sich, wie dieses Monopol gehaud-
halit worden ist. Sind etwa die einzelnen Fischereien verpachtet
gewesen, so sind unsere äXizic, Pächter des Königs, und die TStapTY]
ist nichts anderes als die Pachtsumme.') Diese Auffassung scheint
') Für die alten Zeiten vgl. Erman, Aegj'pten und aeg. Leben S. 125.
-) Täglich 1 Talent: während des UebeisehHenmuingsbalbJahres aber nur
20 Minen pro Tag.
^j Auch heute noch bringt die Verpachtung der Fischerei in Aegy)ii(n
der Krone grosse Summen ein. Allein der Menzale-Sec bringt heute jährlich
138 IV. KAPITEL.
mir dadurch ausgeschlossen, dass die zzzipzr, als leXo; bezeichnet
wird. Dieser Ausdruck würde — unter der Aunahme des Monopols —
eher zu der Annahme fuhren, dass der König von den in seinen
Diensten stehenden Fischern eine Abgabe von ^ des jülirliolien
Ertrages verlangt habe. Doch auch, dies scheint mir nicht zutretlend.
Sollte der König, wenn ihm als alleinigem Herrn der gesammte
Ertrag zustand, sich mit einem Viertel begnügt haben? So neige
ich vielmehr der Ansicht zu, dass die Fischerei in Aegypten nicht
ausschliesslich königliches Monopol gewesen ist, dass vielmehr auch
Private und Priesterschafteu, vielleicht auch Gemeinden Fischerei-
rechte besessen haben. i) Sehen wir in den Fischern unserer Ostraka
Leute, die solche Fischereirechte etwa in derselben Weise besassen
wie Andere Aecker untl Weingärten ihr Eigen nannten, so ist die
"stÄpXT] einfach die Ertragssteuer, die ihrer Bedeutung nach mit
der Grundsteuer, die Jene zu zahlen hatten, auf einer Stufe steht.
Die Xormirung auf ^ des Ertrages scheint mir bei dieser Erklärung
verständlich.
Die Fischereiabgabe begegnet auch sonst in den Urkunden.
Im Pap. Paris. 63, 4, 98 tritt sie unter dem Namen lyO'UTjpx (seil.
ih'/-q) auf. Wahrscheinlich ist auch mit der XEiapxYj im Pap. Paris.
t)7,lö nichts anderes gemeint. In dieser Aljrechnung über die
gegen 1,248,000 Mark. Vgl. v. Fircks „Äegypt. 1894" S. 117. Vgl. auch
^Viedemanii, Herodot's 11. Buch S. 537. — Aus dem Altertum liegen auch sonst
Xachrichten vor, dass das Fischerei recht den Staaten oder Gemeinden gehörte und
von ihnen verpachtet wurde. Für Byzauz vgl. Pseudo-Arlstot. Oecouom. II 2, 3
(-■^S ^a/.äTTYj; TT|V 4Ä'.£tav), wo der Text leider verdorben ist. Vgl. Boeckh,
Staatshaushalt d. Athen, l" S. 372. Interessant ist eine ephesisehe Inschrift, die
E. Curtius'im Hermes IV S. 187 herausgab, in der ot ird iö te7.Ü)viov tr,;;
iyiyviy.i]; "paYliaTEUCirsvot begegnen. Curtius meint, dass an diese teXwvai
die zuständige Tenipelbehörde den ergiebigen Fischfang verpachtet habe (S. 189).
Vielmehr war der Fischfang an Fischer verpachtet. Die TeXöivai können nur
die Steuerpächter sein, die die Erhebung der jenen auferlegten Fischereiabgabe
(iX^'U'.XTj) gepachtet hatten. Weitere Belege bei Zangemeister, Corresp. d. West-
ileutsch. Zcitschr. 8, 1889, S. 7 f., worauf mich Mommseu freundlichst hinweist.
*) Im Pap. Leipz. 11 Verso 12 f. (ed. Wcssely S. 252) findet sich folgender
Passus :
'ATtoX?vü)g ^kyO-Xiiäz iXisüj >>ilivrjs
ra|i(üi (??) 5oDX((;;) 'AvT'.aS-Evo(usi ätäa3xäX(ou) cf\.
Dieser Apollos (nicht .Vpollon, Wess.j scheint auf dem genannten See ein
Fischereirecht besessen zu haben. Vgl. Wessely a. a. 0.
§ 7. DIE FISCniiUEIAUUABE. 139
eiuzelnen Steuern ist die XETap-ry) nach meiner Lesung mit 20 Talenten
59S0 Drachmen aufgeführt.') Leider wissen wir nicht, auf welchen
Ort resj). auf welchen Steuerdistrikt sich die Angaben dieses Papvrus
beziehen. Um so erfreulicher ist es, dass wir durch einen soeben von
Eugene Revillout edirten neuen Pariser Papyrus-) erfahren, wie hoch
die Erhebung der Fischereiabgabe gerade in Theben, woher ja auch
unsere Ostraka stammen, um's Jahr 130 vor Chr. verpachtet wurde.
Diese äusserst wichtige Urkunde ergielit, dass damals im Peri-
thebischen Gau die Erhebung der Fisdiereiabgabe (sie heisst hier
nur Yj TöJv aXtewv, seil, wv^, Z. 9) normaler Weise mit '2b Talenten
[u-o Jahr vergeben wurde, was voraussetzt, dass mau den jährlichen
Ertrag der dieser Abgabe unterworfenen Fischerei des genannten Gaues
auf rund lllO Talente abscliätzte.^) In dem in dem Pariser Pajnrus
erhaltenen Erlass des Königlichen Schreibers Heliodoros erhält der
(3i-/.ovo[iG; ToO Ilipl 0T,i3xg einen Verweis dafür, dass er die Pacht zu
niedrig ( für 22 Talente) vergeben habe, anstatt, da es sich in diesem
Falle um ein Uebergebot handelte, das vorgeschriebene eTitSsxatov,
d. h. 1(1 Procent Zuschlag, also im Ganzen 21i Talente zu verlangen.
Er wirtl daher unter Hinweis darauf, dass er mit seinem eigenen
Vermögen einzustehen habe, energisch zur Reraedur aufgefordert.^)
') Lumbvoso, Eecherches S. 306, dachte an die TEXäpxYj, die am roten
Meer als EiufulirzoU erhoben wurde (vgl. § 205). Doch liegt es jetzt näher, an
die -iXapxr) iX'.eiav zu denken. Auch die Steuern xpo(f^5 und wohl auch dpax|ifjg,
die in dieser Pariser Liste aufgeführt werden, scheinen nicht mit ihrem vollen
Namen genannt zu sein. Dass in Z. 9 des Pariser Textes wv s[ca]'.v statt ü)vs'.[ä)]v
zu lesen ist, er« ahnte ich schon an anderer Stelle.
-) Revue Egyptol. VII S. 39 f. Melanges S. 300 ff.
^) Der kolossale Fischreichtum des Nil ist bekannt genug. Vgl. Diod. I 3G, 1 :
Xwplg Si zun £ip-/i!xsvo)v S-Tipiiov t NsiXo; Ixsi iiavxota Y^vr, ly^^iio-/ zai y.axa
-i T.X%^oi; äu'.Gxa. Nach Klunzinger giebt es heute nicht weniger als 70 — 80 Arien
von Fischen im Nil. v. Fircks a. a. 0. spricht sogar von 100 Arten. Wirt-
schaftlich spielte der Fisch eine ausserordentlich wichtige Kolle, da er namentlich
in gedörrtem oder gepökeltem Zustande statt des Fleisches das Hauptnahrungs-
mittel des Volkes bildete (vgl. Diod. a. a. 0.). In einem Wirtschaftsbuch aus dem
III. Jahrb. v. Chr., dem sogenannten Papyrus Sakkakini, den Revillout zuerst
entziflert hat {Eev. Egyirt. III. 118 ff.), erscheint unter den zum Haushalt nötigen
Ausgaben neben Brot und Gemüse fast jeden Tag xxp'.xi;, worunter man gewiss
Pökelfisehe zu verstehen hat. Nur einmal (S. 125) erscheint daneben Fleisch (xpiaj).
■*) Der Text, wie ihn Revillout vorgelegt hat, ist im Grossen und Ganzen
verständlieh. Nur in der mittleren Partie fühlt man sich versucht, z. T. al)-
140 IV. KAPITEL.
Aus unsereu Ostraka ist über die Höhe der gesammten Jahres-
pacht nichts zu erschliessen , da wir es hier lediglich mit ganz un-
regelmässigen Ratenzahlungen zu thun halieii. Dennoch ist die Betrach-
tuno- der einzelnen Summen in diesem F:d!e nicht ganz unnütz. x\.bge-
sehen von 102U und 123^ sind die uns hier beschäftigenden Urkunden
sämmtlich Quittungen, die die Bank den Steuerpächtem ausstellt
(vgl. Kap. III). Es ist nun ein glücklicher Zufall, dass wir in zwei
Fällen mehr als eine Quittung aus ein und demselben Jahre be-
sitzen. Nach 339 zahlte der Steuerpächter Simon — es ist derselbe,
der sich in 1233 (vom Jahre vorher) 21t^Jiü)v 'la^äp&u 6 s^eiXtj^öds
T-^jV ~t~ä.prr,y Twv aXiswv £i; xo v.Tj L nennt — am 4. Hathyr des
29. Jahres (142; 1 vor Chr.) 214ü Drachmen für die besagte Abgabe
an die königliche Bank. Der Bankier Ptolenuiios uotirt bei dieser
Gelegenheit am Rande „2460 Drachmen", was nach unserer im
III. Kapitel S. 76 gegebeneu Deutung besagen will, dass er bis
dahin im Ganzen 2460 Drachmen erhalten habe. Für die Beant-
wortung der Frage, ob sich diese Notiz auf das ganze Jahr oder
aber auf den betrefienden Monat bezieht, verwiesen wir a. a. O.
gerade auf die vorliegende Untersuchung. Die Frage wird nämlich
durch Nr. 340 entschieden. Danach zahlte derselbe Simon drei
Monate später (am 29. ]Mcchir) für dieselbe Abgabe an dieselbe
königliche Bank 580 Drachmen. "Wenn nun die Randbemerkungen
der Trapeziten sich auf das ganze Jahr erstreckten, so müssten wir
erwarten, dass hier notwendig jene 2460 Drachmen hinzuaddirt
wären. Das geschieht aber nicht, vielmehr steht am Rande: ,,670".
Damit haben wir das Resultat gewonnen, dass die Randbemerkungen
des Trapeziten lediglich das zusammenfassen, was in dem betreffenden
Monat gezahlt ist. Wir gewinnen andrerseits einen tieferen Ein-
blick in die Steuererhebung, indem wir sehen, was auch durch
andere Urkunden bestätigt wird, dass die Steuerpächter allmonatlich,
oft in Raten, an die Bank ablieferten, was sie im Monat von den
Steuerzahlern eingetrieben hatten. Die Ostraka zeigen uns zugleich,
was an sich selbstverständlich ist, dass diese monatlichen Zahlungen
der Steuerpächter von sehr verschiedener Höhe' waren. Das haben
wir uns bei jeder einzelnen derartigen Quittung vor Augen zu halten.
weichende Ergün/.uiigeu zu iiropoiiireii. Doch liesse sich das uiir am OrJL'inal
mit Sicherheit machen, lu Z. 18 ist wohl jeileniiills statt des grammatisch un-
möglichen y.cd [ao'j] äsov-o; zu schreiben: Kai [au] Seovtoc.
§ 7. DIE FISOIIEREIAIiCAlii;. 1 I 1
— Zu demselbeu Resultat führt auch die Vergleichung von 349
und 1Ö22, die über die Ratenzahlungen desselben Steuerjiächters,
Bi-qpixc, für dasselbe Jahr (J. ^41 des Euergetes II.) (|uittircn. Ich
verweise aui' die Texte.
Abwciehend von den anderen Ostraka sind 1(J29 und 12o3
(Quittungen, die die Steuerpiichter — es sind dieselben Personen,
^i(xwv und 'i2pos, die wir dort als Quittungsem pfiinger kennen
lernten — den Steuerzahlern ausstellten. In 12oo wird einem
Fischer (juittirt, der mit seinen Söhnen das Geschäft betrieb (vgl.
Corrigenda).
Wenn auch die vorliegenden Ostraka säninitlieh der Ptolc-
mäerzeit angehören, hat doch die Fischereiabgabe auch in der
Kaiserzeit fortbestanden. BGU 220 und 221 bezeugen eine Abgabe
von den äXtsI; für die Zeit um 200 n. Chr. In 220,13 hatte ich
statt 9[6p(ou)] aX'.EWv vielmehr ß' aXoswv, d. h. 5E|iocpov äX'.scüv vor-
geschlagen. Danach wäre die Abgabe von den Kaisern enorm
in die Höhe geschraubt, insofern die Fischer statt des Viertels
nun gar zwei Drittel ihres Ertrages dem Kaiser zu zahlen hatten.
Doch nach nochmaliger Prüfung des Originals ( 1 896) ist mir mein
ß' ebenso fraglich geworden wie das !p[6p(ou)] der editio princeps. Ich
glaube S: zu erkennen, worauf vielleicht noch ein verstümmelter Buch-
stabe vor äX:£(üv folgt. Wiewohl die Stelle einstweilen noch dunkel
ist, ist doch soviel sicher, dass es sich um eine Fischerabgabe handelt.
Auch in BGU 485 aus dem II. Jahrb. n. Chr. wird die Abgabe
genannt und zwar mit der alten Bezeichnung: [•/S-uYjpa. Ueber die
Höhe ist leider auch an dieser Stelle nichts zu ersehen. Wohl aber
besagt der Text, dass die Erhebung der Abgabe, wie in den alten
Zeiten, verpachtet war. Vgl. Z. 6: a)v staiv oci oöaai ätcö t£Xw[v]
Kxpae, \i'.od-(i>zali ovctüv. Darauf folgt die Liste, an der Sjjitze:
l-/ß-oy]pöi.<;. Was die Abgabe yv/&w aXieuTtxwv (BGU 277 I 1, aus
dem IL Jahrb. n. Chr.) bedeutet, lasse ich einstweilen dahingestellt.
§ 8. 'H aXr/.ri.
Für Theben belegt durch Nr. 305— 31G, 1227, 1337, 1340,
1492—1494, 1624.
'AX;x-rj ist von äX;, Salz, abzuleiten und bedeutet eine Abgabe
für Salz. Leider sind unsere Texte, die sämmtlich der Mitte des
142 IV. KAPITEL.
III. JalirluiiKlerts vor Clir. , meistens mit SichcrliL'it der Zeit de?
Philadelpbos angehören, so wortkarg, dass es schwer ist, über den
Sinn dieser Abgabe iu's Klare zu kommen. Sie sagen nichts weiter
als Folgendes: „An dem und dem Tage hat X. für die äX'.XTj durch
die Vermittelung von Y. so und so viel gezahlt." Nach dem, was
wir in Kap. III (S. G4 f.) ausgeführt haben, ist als sicher anzunehmen,
dass die königliche Bank, also der König der Empfänger des Geldes
war, dass ferner unter dem Y. der Abgabenjjächter zu verstehen ist,
der die Erhebung der iXr/.rj gepachtet hatte. Fraglich bleibt, wer
der Zahler ist, und vor allem, wofür denn die aXixr; gezahlt wird.
,Wir werden von der Annahme auszugehen haben, dass wie alle
anderen Bei-gwerke'), so auch die Salinen Eigentum des Königs
waren-) und die Salzgewinnung dem Könige allein zustand. Das-
selbe wird auch von dem Seesalz gelten. Wir haben es also mit
einem königlichen Monopol zu thun.^) Es fragt sich nur, in welcher
Weise dasselbe gehandhabt wurde. Leider geben unsere knappen
Texte keine sichere Antwort auf diese Frage, und ich muss mich
darauf beschränken, unter den Möglichkeiten die wahrscheinlichste
hervorzuheben.
Man könnte denken, dass die Zahler die Zwischenhändler seien,
die das Salz vom König kaufen, um es weiter im Kleinhandel zu
verschleissen. Solche xaTrvjXoi oder [iexaßoXo; oder TcaXtvTipaToOvxs;,
wie der Revenue -Papyrus sie uns für das Oelmonopol vor Augen
geführt hat, werden wir auf alle Fälle als Bindeglied zwischen der
') Vgl. Varges, de stat. Aeg. S. 65.
*) In Nr. 1227 steht äXiy.Yj teptöv. Ist dieses t£p(7)v als Gegensatz zu
8ioi5cr|a£(fls aufzufassen, womit nur gesagt wäre, dass der Betrag an das Tempel-
ressort abgeführt werden solle? Oder setzt dies voraus, dass es auch Salinen im
Tempelbesitz giebt?
') Auch heute spielt das Salzraonopol im aeg.vptischen Staatsliaushalt eine
grosse Rolle. Im Jahre 1893 ergab der Verkauf von Salz luul Natron über
3^ Millionen Mark, was nach Abzug der Verwaltungs- uud Erliebungskosten
einen Einnahmeüberschuss von über 2' Millionen Mark ausmacht. Vgl.
V. Fircks, Aegypteu 1894, S. 164/5. — Im Altertum ist das Salzmoiiiipol au.sser
für Rom (s. oben) für Byzanz überliefert. Vgl. Ps. Aristot. Oec. II 2, 3, wo
man wold ::f|V t(üv ä;Äwv äXoTtioXiav zu schreiben hat. Die Form &Xo7iü)Xr|f
ist jetzt aucli urkundlich bezeugt. Vgl. nächste Anmerkung. Auch in dem
Steuertarif von Palmyra (Dessau, Hermes XIX S. 518 ü'.) ist vom recligal salis
die Eede. Leider ist der aramäische Text unvollständig, der griechische ganz
verloren. Dessau sieht darin „eine auf dem Kleinverkauf lastende Abeabe".
§ 8. DIE SALZSTEl-ER. ] 4^5
königlichen Salinenvenvaltung und den Consumenten anzunelinicn
haben.') Dass sich unter den Zalilern auch Frauen befinden, könnte
«regtu diese Deutung wohl nicht ins Feld geführt werden, denn icli
könnte mir denken, dass auch Frauen zu diesem Salzhandol zugelassen
wären. Al)er wenn wir sehen, dass in einer unseren Ostraka gleicli-
zfitigen Vrkun<lt', Petr. Pap. (II) XXXIX f, ein stolzer Makedonier,
'OÄüii-'-yG? 'Ay'^'^^''^- gleichfalls diese xÄtxy; zahlt, so ist es doch
höchst unwahrscheinlich, dass dieser ein solcher Salzhändler gewesen
sei. Eher könnte man ihn für einen Salinenpächter halten. Dann würde
die aXcxvj dem vectigal salinarum der Römer entsprechen, das mit
Jlommseu (R. Staatsr. II''^ 4oÜ A. 7) als die Abgabe zu betrachten
ist. die die Salinenpächter an den Staat zahlten. Doch gee;cn diese
Annahme spricht die Kleinheit der von Olympichos gezahlten Summe:
er zahlt pro Jahr im Durchschnitt o Drachmen.'-) Auch können
wir uns die Frauen selbstverständlich nicht als Saliuenpächter denken.
Sie stehen aber durchaus auf einer Stufe mit dem Olympichos.
So wird man eine dritte Möglichkeit in's Auge fassen müssen,
nämlich dass die Zahler die Consumenten sind, die das Salz für
ihren Hausstand verbrauchen. Die Personenfrage macht dann jedenfalls
keinerlei Schwierigkeiten, da Salz in jedem Hausstand gebraucht
wird. Man hätte dann etwa anzunehmen, dass die Consumenten
den Kaufpreis (zi\s.ri) für das Salz an jene Zwischenhändler zahlten,
ausserdem aber au die zuständigen Abgabenpächter die äXtxYj, die
Salzabgabe, <1. h. den für das Jahr fixirteu Zusehlag zum Kaufpreis,
durch den eben der König sein Monopol fructiticirte. Dass diese
aj.'.y.ri für das Jahr berechnet wurde, ergiebt sich u. a. aus Nr, 312,
wo ausdrücklich zlc, xov iviauTov gesagt ist. Auch der von Olympichos
handelnde Text setzt dies voraus. Unter dieser Annahme würde
also die Salzsteuer nicht indirect von den Zwischenhändlern, sondern
direct von den Consumenten erhoben sein. Mir scheint diese An-
nahme unseren Texten^) am ehesten zu entsprechen. Fraglich bleibt
') ' AJ~c,~m\f^c ist die spezielle Bezeichnung. In Arsinoe gab es eine Salz-
ladenstrasse. Vgl. BGU 9 I 14, IV 17: Ev -oCg äXo)-ü)>.io'.s.
-) Ich sah 1895 in London noch weitere, unpublicirte Fragmente dieser
Urkunde XXXIX. Auf einem las ich den Posten &Xv/.%z >- e^ (5\ Drachmen),
auf einem anderen äXi>ir;g *- iß \ (12 J Drachmen). Vgl. auch Jlahafly, Petr. Pap. (Ili
S. 36/7.
äj Vgl. auch Petr. P. (II) IV, 11, 3.
144 IV. KAPITEL.
uur, wie man ck^ii jälirliclien Salzverbraucli ermittelt hat. Dass
durch die ZwiseheiiliiiiKller der factische Cousum des Einzelnen
gemeldet wäre, ist wohl undenkbar. Sollte etwa je nach der Kopf-
zahl der Familie eine Paii.schsurame pro Jahr berechnet worden .
sein, so würde das, wie Ludwig Elster mir bemerkt, an die Salz-
conscription des XVIII. .Jahrhunderts erinnern, insofern auch hier
nicht der factische, sondern ein vom Staat berechneter Consum zu
Grunde gelegt wurde.')
Nach Mommsen's Aus-spruch (a.a.O.) hat für den römischen Staat
der Hauptzweck der Älonopolisirung des Salzhandels darin bestanden,
„der Bürgerschaft reichliches und billiges Salz zu verschaffen". Ob
dieser Gesichtsjjunkt aucii für die Ptolemäer massgebend gewesen ist?
i; 9. Ti[Ji-?j %\ic,.
Nach Nr. o41 (vom J. 140 vor Chr., Theben) hat ein gewisser
Chares für Salz, welches für die Fusstruppen bestimmt war, 3 Ta-
lente 3700 Drachmen gezahlt. Der Wortlaut ist: anö TijiTi; äXög
XapTjS "cü") lolc, "£^01; (seil. St5o[i£V0'j). Es handelt sich hier also
nicht um eine Abgabe, sondern um die Entrichtung eines Kaufpreises
(xifiT^).^) Der Zahler Xäpyj? muss irgend eine Charge bei dem in
Frage stehenden Infanterieregiment, das offenbar in Theben stationirt
war,- eingenommen haben. Der Verkäufer und Empfanger des
Geldes ist die Bank, also der König. Dass der König Salz verkaufte,
bekräftigt unsere Annahme im vorhergehenden Paragraphen, dass
das Salz monopolisirt war. Hier ist aber nicht von aXiXTj, sondern
nur von einer ttjjiTj oiköc, die Rede. Ich glaube, man wird annehmen
dürfen, dass das Heer gegenüber dem Salzmonopol eine eximirte
Stellung eingenommen hat. Den activen Älannsehaften wurde offenbar
das Salz, dessen sie zu ihrer Speise bedurften, von der Militärver-
waltung frei geliefert. Dass aber die Militärverwaltung bloss den
eigentlichen KaufJDreis, nicht auch den Zuschlag zahlte, den der
M Vgl. Hanihvörterb. d. Staatswiss. Y S. iitO.
■■') Anfangs las ich XPI^^'S'^ statt x^pT^oxon. Meine Abzeichnung >))richt
für Letzteres, .\ucli würde sonst das Subjeet zu -cd-axTat fehlen.
') Im Papyrus Sakkakini, einem Wirtsoliaftsbuch aus dem III. Jalirh.
vor Chr., findet sicli unter dem 1. Mesorc und dann erst wieder unter dem
10. ilesorc der Posten: äXe: 2., d. h. „Salz \ Obol" cNB. SilberwäJirnnL'!).
Dies ist der Kaufpreis.
§ 9. sALZKAiF. — § lu. du: wacensteuer. 145
Kdnig von seinen übrigen I'ntcrtlianen furdorte, wäre begreiflieh.
Denn die ^lilitärkasse war ja nur ein Teil der gesummten könig-
lielieu Kasse, und schliesslich hätte der König nur sich selbst
in diesem Falle besteuert. Es ist aber auch für das im vorigen
Paragraphen untersuchte Problem insofern von Wert, als es uns
zeigt, dass die dXi'/.Tj etwas anderes ist als der blosse Kaufpreis. —
Die Militärverwaltung scheint aljer auch insofern eine gesonderte
Stellung gehabt zu haben, als sie offenbar nicht von den Zwischen-
händlern, sondern vielleicht direet von den kfiniglichen .Salinen
kaufte. Jedenfalls bezahlt sie den Kaufpreis an die l^>ank.
Die in dem Ostrakon für Salz gezahlte Summe erseheint enorm
hoch. Aber es ist zu bedenken: 1) es handelt sich nur um Kupfer-
üeld, 2) die Zahlung mag für das ganze Jahr gelten, 3) wir wissen
nicht, wie gross der in Frage stehende Truppenteil gewesen ist.
§ 10. TsXog a|jia^(i)v.
Für Theben belegt durch Nr. 392, 395, 1054, 1057, 12ül,
alle aus der Kaiserzeit.
Ob man das a|ia^' in ajia^öv oder in äfia^txoO auflösen will,
macht sachlich keinen Unterschied. Soviel scheint sicher, dass durch
diese Steuer die Besitzer von ajiacat, d. h. von Lastwagen, getroffen
wurden. In einigen Fällen wird sie ausdrücklich als ziXoq ä|Jia^Yj;
ao'j bezeichnet, wo mit aou also der Besitzer angeredet ist. Dieser
Ausdruck zeigt zugleich, dass der Wagen .selbst das Steuerobject
darstellt. Das Nächstliegende ist daher, in dieser Wagensteuer eine
Vermögenssteuer zu erblicken. Vermutlich wurde auch der Besitz-
stand an Wagen jährlich deklarirt (Kap. V), und wurde danach
die Steuer pro Jahr resp. pro Monat') wohl nach der Zahl, aber
auch mit Rücksicht auf ihre Qualität, berechnet.
Diese Deutung würde mir ganz zweifellos sein, wenn nicht,
abgesehen von 1057, überall zugleich das teÄo; dvYjXCaaia?) erhoben
würde (vgl. § 8<S). Damit kann eine Vermögenssteuer nicht gemeint
sein. Die Abgabe von den im Besitz befindlichen Eseln könnte
nur ziXoi ovwv o. ä. heissen. Die 6vr|X(aa£ai weist vielmehr auf
'I Die Versleiehuni;' von 392 mit 395 legt tlie Vermutung nahe, dass die
Firma Kaii.f|-.s Haxpatoy -/.ai nexoxo'. für Wagensteuer und für övr|Xaaia zu-
sammen pro Monat 75 Dr. zu zalilen hatte.
WiLCKEN, Ostraka.
10
14C) n. KAl'ITEL.
die gewerbsmässige Verwendung der Esel hin, und so wird der
Gedanke nahe gelegt, ob nicht auch mit der Wagensteuer eine
Abgabe gemeint sei, die für die Verwertung der Wagen erhoben
wurde. Man würde da zunächst an Vermietung denken. Die
Vermietung der Lastwagen spielt in Nr. 1180 eine Rolle. Da
heisst es: [Jital^oü a[ixE(i)V ? S'ß (.^^ ^ ^^'^'^) "'"' |J^-^9-oö ä[xi;7]v
^a'^. Also die iliete für einen Lastwagen beträgt hier pro Tag
2 resp. li Drachmen. Der Unterschied in der Höhe mag auf der
verschiedenen Dauer der Benutzung berulien. Auch in dem grossen
Wirtschaftsl)ueh aus Herraupolis aus der Zeit des Vespasiau (Pap.
Lond. CXXXI Recto) spielt das Mieten von a[jia£ac eine Rolle.
Vgl. Z. 500/1, 517, 565 f., 579 f, auch Z. 30 (wo 2 Mistwagen.
xo-pyjYoi, gemietet werden). Gegen diese Auffassung ist jedoch
wieder einzuwenden, dass der Ausdruck u~lp ty^; «[lacrj? aou eben
für eine N^ermögenssteuor, nicht aber für eine Gewerbesteuer spricht.
Halten wir also an der obigen Deutung von Vermögenssteuer fest,
so bleibt die Schwierigkeit bestehen, dass zvrei verschiedenartige
Steuern mit einer gewissen Regelmässigkeit mit einander copulirt
erscheinen. Dass ein und dieselben xsXwva: beide zusammen ge-
pachtet haben (vgl. 1054), ist zwar ohne Bedeutung. Aber nach
392 und 395 scheint es, als wenn für lieide Posten zusammen eine
Summe berechnet worden sei (s. 145 Anm. 1). Vielleicht bringen
neue Texte Licht.
§ 11. Efc xb 'A|ji|jl((ovc:gv).
Vgl. 321, 702, 1341, 149S, 1527, alle aus Theben, aus
dem Ende des II. Jahrhunderts v. Chr. Vgl. auch 1505.
Während in den beiden letzten Nummern kurz tlq xb 'A[i[jLü)V£lov
gesagt ist, findet sich in den drei anderen, tue sämmtlieh von den-
selben Steuerpächtern, der Firma IIpolTo;, Kovtüv und Compagnie
ausgestellt sind, der Zusatz: lepäc, vrpOM IIoav£|iouv£ü)c. In 321
ist der lehrreiche Zusatz gemacht: twv Espswv 'Ajjiwvo;, d. h. für
die Priester des Ammon.') In 1505 steht nur IIoav£|XGOv. Es ist
') Dieser Zusatz zeigt, dass die Abfiabe wirlilicli als Tempelaljgabe für
den AmnHiiitein|ii'l aufzufassen ist. Daher ist die audere Möglichkeit, in 'A|i;KO-
VEiOV uur eine Lokalangabe zu sehen, abzulehnen. Aus Grenfell (Gr. Pap. I)
XXI 15 geht nänilieh hervor, dass mit tö 'A|i|itov£tov ein Stadtteil Thebens
bezeichnet wurde: Ta 2s /.oima) otxö-säa [y.ai 6;)/.oi TÖi:c'. (sie) sv Ato; 7:ö(/.e'.)
§11. FÜR D^VS AilMOXIDX. 147
also wulil nur eine Eigentüralichkeit dieser Schreiljer, dass sie sieh
einer solchen Ausführlichkeit befleissiiren, und wir werden berechtigt
sein, auch in den beiden anderen Fällen den Zusatz hinzuzudenken.
Also für die Priester des Ammontempels auf der heiligen Nilinsel
Poaneniunis (vgl. Kap. IX) ist das Getreide — es handelt sieh
überall um Weizenlieferungen — bestimmt. Nichts desto weniger
wird es nach 702, 15u5 und 1527 sie, xöv iv Atög toXel ifii ntyUrj'.
■ö-Tjaaupöv abgeführt, also in den grossen Staatsspeicher in Theben!
Dieser scheinbare "Widerspruch löst sich durch die Annahme, dass
der Zusatz zlq xö 'A[i.|jiwvctov xxX. nur besagt, dass das Getreide,
das zunächst in den allgemeinen Thesauros gebracht wird, dazu be-
stimmt war, später dem besagten Ammontcmpel überwiesen zu werden.
Es liegt also im Grunde nichts anderes vor, als wenn sonst das
Getreide in den •S-r^aaupög Espwv überführt wird, nur ist in unserem
Falle die spezielle Bestimmung genauer ausgedrückt. Dass es sich
um Grundsteuer handelt, ist wohl nicht zweifelhaft. — In 1341
findet sich oberhalb des Textes die Randbemerkung tspoO L Q).
Vgl. dazu § 60.
§ 12. T-£p äfiTisXwvwv und UT^sp yso)\iExpiixz ^[JiTrsXwvtov.
Ersteres für Theben belegt durch Nr. 375, 3i>7, 404, 1543,
letzteres gleichfalls für Theben durch 407 und 580, alle aus der
Kaiserzeit. Vgl. auch 1301.
Es kann sachlich und sprachlich wohl kaum ein Zweifel darüber
bestehen, dass die als ÖTisp «[iTisXwvwv , d. h. „für Weingärten"
bezeichnete Steuer die Grundsteuer ist, die vom Weiulande erhoben
wurde. Diese Auffassung findet darin ihre Stütze, dass in den
meisten der angeführten Ostraka der besteuerte Flächenumfang an-
gegeben ist. Es geschieht das in folgender Weise:
In 1543 (a. 9/8 v. Chr.) wird gezahlt für i -^ Arure [x Drachmen].
In 375 (a. 33/4 n. Chr.) „ „ „ i^. „ 11 Dr. H Ob.
In 397 (a. 47/8 „ ) „ „ „ 4 „ 20 Dr.
In 404 (a. 52/3 „ ) „ „ „ i „ 10 Dr.
'fj: [i6Ya(Är,i) ev xcüt 'A|i(i(i)(vsiu)i) [y.]aL iv xot; KspaptEi'o'.g ey^izto 'EcS-Xaääj.
iSülche Hausstellen können nicht „im Ammontempel", sondern nur im Quartier
lies Ammontempels liegen. Von diesem Quartier wird wolü auch in einer the-
baliischen Inschrift gesprochen, die einen ^u^axiTY,; xoTtou ' A\i.\i.mY.Z'.oij nennt.
Vgl, Merriam, Amer. Journ. of archaeol. 188C, S. 149.
10*
148 IV. KAPITEL.
Aus dieser Uebersicht ergiebt sich, dass für die Arure "Weinland
eine bestimmte fixe Geld.summe als Gruudsteuer erliobeu wurde.
Mau denkt unwillkürlich an das Wort dnapoupiov, das wir unten
§ 43 nachweisen werden. Die Uebersicht ergiebt zugleich, dass
in 375, 397, 404 für 1 Arure 40 Drachmen gezahlt wurden.
Dieselbe Abgabe von 40 Drachmen für die Arure Weinland liegt
aber auch in 407 vor, wo \)n(ip) Y£io[Ji(£Tptas) dcn7c(eX(üV(i)v)
quittirt wird; hier werden für | ^ Ai-ure 12 J Drachmen gezahlt.
In 580, wo gleichfalls uTiep yewfJiETpta; a|i7ieXü)Vti)v gezahlt wird,
ist leider das Flächcnmaass nicht angegeben. Sollen wir nun an-
nehmen, dass von den Weinlandbesitzern sowohl unzp (i[ji7ieXü)VWV
als auch \)~ip ■^s.üi^izxp'.a.g dfiTieXwvtüv je 40 Drachmen pro Arure
gezahlt wurden? Ich denke, mau wird nicht fehlgehen, wenn
mau darin vielmehr zwei verschiedene Ausdrücke für eine und
dieselbe Sache, nämlich für die Grundsteuer, erkennt. Wir werden
unten § 21 zu untersuchen haben, wie der Ausdruck uTiep ftw^iExpiaq
afiTceXwvwv statt des einfachen öuep äfjLTteXwvwv sprachlich zu er-
klären ist. Hier kommt es mir darauf au festzustellen, dass
alle Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass mit beiden Wendungen
dasselbe gemeint ist. Auch in Nr. 1301, die wohl ein Auszug
aus dem Kataster ist, werden nach der Ueberschrift reto({i,£Tpca)
'Ayopüiv) (d. h. Landesvermessung des Ortes 'Ayopac) Wein-
gärten genannt, die avä ^ [i, d. h. pro Arure mit 40 Drachmen be-
steuert waren.
Die Ostraka zeigen uns also eine Grundsteuer für Weinland
im Betrage von 40 Drachmen pro Arure. Es würde sehr nahe liegen,
dieses Ergebnis zu verallgemeinern und zu sagen, dass die Grund-
steuer für Weinland im kaiserlichen Aegypten regelmässig 40 Drach-
men betragen habe. Der Londoner Papyrus CIX A belehrt uns aber
eines besseren. Dieser Papyrus '), eine der wichtigsten Urkunden
für die Grundsteuerfrage — er stammt gleichfalls aus Theben und
ist in der Mitte des II. Jahrhunderts n. Chr. geschrieben — zeigt
uns, dass die Weingärten zur Grundsteuer in sehr verschiedener Höhe
veranlagt werden konnten. Der Satz von 40 Drachmen pro Arure
ist zwar auch in dieser Urkunde der häufigste. Vgl. Z. 13, 33, 40, 46,
') F. Kenyon, Catal. of the Greek Pap. in tlie Brit. Mus. 1893, S. 142 ff.
Vgl. dazu meine Bemerkungen in Gott. Gel. Anz. 1894, Nr. 9, S. 733 tf. Das
Weinland ( ä|i;:E/.ü)v) siebt überall, wo. Kenyou axa) las.
§ 12. GRUNDSTEUER FÜR REBEXLAND. 149
(10, 74, Tf), 9S, 104, 117, 131. Danchcu findet sich aber gleich-
zeitig auch der Satz von 20 Drachmen i)ro Arüre (Z. 33, oben'),
von 75 Drachmen (Z. 105), von 150 Drachmen (Z. 33, 104, 117)
und gar von 350 Drachmen (Z. 48, 135, 139). Es scheint also
ein reiner Zufall zu sein, dass die paar O.^traka, die von dieser
Steuer handeln, soweit sie coutrollirl)ar sind, .sännntlicli den Satz
von 40 Drachmen aufweisen, und wir müssen die ^Mcigliclikcit orten
lassen, dass in 580 und 1543, die sich nicht ircnauer berechnen
lassen, vielleicht andere Sätze zu Grunde liegen. Diese grosse Ver-
schiedenheit in der Besteuerung des Rebenlandes — die Steuer
schwankt also zwischen 20 und 350 Drachmen pro Arure — wird
kaum anders als durch die verschiedene Qualität des Bodens und
der Reben sowie durch die verschiedene Lage der Gärten ') erklärt
werden können.
Der Londoner Pa23vrus lässt uns noch tiefer in die Behandlung
der "Weinland-Grundsteuer hineinblicken. Mir ist aufgefallen, dass
diejenigen Summen, die nach dem Satze von 20 oder 40 Drachmen
pro Arure erhoben werden, regelmässig für die Siotxvjacg in Anrechnung
gebracht werden, dagegen diejenigen, denen der Satz von 75, 150
oder 350 Drachmen zu Grunde liegt, ebenso regelmässig für die tepdc.
Mit Sioo'xYjat; und hpi werden die zwei grossen Ressorts der aegyp-
tischen Provinzialkasse bezeichnet, die den gesammten Rechnungen
des Londoner Papyrus zu Grunde liegen und auch in unseren Ostraka
an den verschiedensten Stellen hervortreten (vgl. Kap. VI). Wir
können sie etwa als Staats- und Tempelressort unterscheiden. Bei
dem bedeutenden Umfang der Londoner Urkunde wird man in der
oben mitgeteilten Thatsache kaum einen Zufall erblicken dürfen,
sondern wird annehmen müssen, dass aus den höher besteuerten
Weinländereien die Grundsteuererträge nicht der S'.oiXTjacg, sondern
den lEpx zuflössen. Eine innere Begründung dafür zu finden, dürfte
schwierig sein. Aber die Thatsache scheint mir fest zu stehen, dass
die Grundsteuern aus den besten und ertragsfahigsten Weingärten
der thel>auischen Landschaft dem Tempelressort zugewiesen wurden.
Wir werden somit nach dem Londoner Papyrus annehmen, dass die
Beträge unserer Ostraka, denen der niedrige Satz von 40 Drachmen
'i Dass im Falle mangelhafter Ueberschwemmung Steuererleiciitening ge-
währt wurde, zeigt Grenf. (II) LYI. Vgl. Kap. Y.
150 IV. KAPITEL.
ZU Grunde liegt, für die OioJxTjats, nicht für die 5epa bestimmt waren.
Und icli glaube unsere Texte bestätigen diese Vermutung. Wir
worden unten (§ 131) sehen, dass die Ostraka zwischen den cpO'.vixwvE.;
uikI den (foivtxöJves lzpa.ziy.Cii unterscheiden. Unter letzteren vei-
stehe ich diejenigen Palmgärten, deren Grundsteuer an das Tempel-
ressort abgeführt wird. Da nun in unseren Texten hier lediglich
von iä{i7ieXwvE; , nicht aber von d[j.7i£XtöVES tepaxtxot die Rede ist,
so sehe ich hierin eine Bestätigung dafür, dass die hier gezahlten
Beträge für die StoExrjot? bestimmt waren.
"Wir haben noch einer anderen Beziehung zwischen dem Londoner
Papyrus und unseren Ostraka zu gedenken. Wir werden unten
unter oivo'J zHoc, (§ 86) die Thatsaehe zu besprechen haben, dass
die Weinlandbcsitzer ausser der Grundsteuer noch eine „Weinsteuer"
zahlten. In den uns beschäftigenden Ostraka begegnet ein ent-
sprechender Zusatz zweimal, in 397 und 404. In beiden Fällen
beträgt die Grundsteuer 40 Drachmen pro Arure. Auch in dem
Londoner Pap}Tus wird diese Weiusteuer erwähnt, aber, wie wir
unten nachweisen werden, regelmässig nur bei denjenigen Grund-
stücken, für die der niedrige Satz von 4() Drachmen Grundsteuer
gilt, nicht bei denjenigen, die 75, 150 und 350 Drachmen bringen,
mit anderen Worten, nur bei denjenigen, die für die Dioikese be-
steuert werden. Es stimmt also mit den Angaben des Papyrus
überein, wenn in 397 und 404 die Weinsteuer erwähnt wird. Wenn
sie in 375 und 407 nicht genannt wird, so ist zu bedenken, dass
man sie ja nicht notwendiger Weise zu gleicher Zeit mit der Grund-
steuer zu zahlen brauchte.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Grundsteuer vom
Weinland in der Kaiserzeit zu denjenigen Steuern gehörte, die, um
mich des alten ptolemäischen Ausdruckes zu bedienen, nicht Kpoii
Y£VY)[X.aTa, sondern Tipog a.pyupio'^ erhoben, d. h. nicht in natura,
sondern in Geld bezahlt wurden. W^erfen wir kurz noch einen Blick
auf die Ptolemäerzeit. Für das III. Jahrhundert haben wir die
Flinders Petrie Papyri zu befragen. Bei Mahaffy (II) XLIIIa (bis
Z. 26 iiu'l.) haben wir laut Ueberschrift eine Abrechnung über Ein-
gänge für den ^ipoj äjiTisXwvtüv. Damit ist wohl die Grundsteuer
gemeint, die vom Weinlande erhoben wurde.') Für uns ist hier
') Die aufgeführten Personen sind die Weinlandbcsitzer ; es begegnen auch
Frauen darunter (vgl. 6cOCf!J.a in Z. 22 und wohl auch 6aou; in Z. 2G). An
§ 12. GRUNDSTEUER FÜR REBEXLAND. 151
nur villi Interesse, dass diese Steuer iu Gold gezahlt wurde, wie die
nebenstehenden Summen zeigen. Leider lässt sich die Höhe der
Abgabe nicht berechnen. Von Z. 27 an ist der Text, wie ich am
Original erkannte, von dem vorhergehenden zu trennen. Gleichwohl
handelt auch dieser Abschnitt (Z.27 — 44) neben anderem (dxpoBputov)
von der Weinland -Grundsteuer. ') Aucb hier wird sie in Geld be-
zahlt, wie sich aus der Art erkennen lässt, in der hier die Wein-
steuer (otvou tgO kOtcO ä|i~£A(ii)Vo; ) erwähnt wird. Vgl. unten S 86.
Ferner finden wir die Grundsteuer, und zwar wiederum als Geldsteuer,
im Petr. Pap. (II) XXIXa. Endlich findet sie sich auch in der Bitt-
schrift des KÄewv AtoTE[iOu (Petr. P. II. XIII 17), wo er sagt: uapa-
•(iYfX[i\i7.'. xmi -päy.Topt w; ö[9£(aü)v] Tipi; xä ä|-i7:£Ät-/.a tgö XI — hi],
d. h. „ich bin vom Praktor mit UO Drachmen im Rückstand für die
äij.7:£A:7.ä des 30. Jahres notirt worden." Nach dem Obigen werden
wir iu diesen ä\i.r.z'/.:y.i nicht mit Mahaffy „tlie viue-tax", sondern
vielmehr die Grundsteuer von den ä[j.T:£Aöi)V£S sehen. Der Gegensatz
in der Besteuerung des Weinlandes in Geld gegenüber der des
Weizenlandes in natura tritt hier scharf hervor, indem der Schreiber
fortfährt: xal xoü x)X- -'jpwv xS y (seil, apxxßas). Wir kommen
somit zu dem Endergebnis, dass vom III. Jahrhundert v. Chr. an
die Grundsteuer für Weiulaud regelmässig in Geld, nicht in natura
erhoben wurde. Nur eine Ausnahme wüs-ste ich anzuführen, aber
eine solche, die die Regel bestätigt. Nach dem Dekret von Rosette
Z. 'du f. befreite Ptolemäus V. Epiphanes im 8. Jahre seiner Regierung
die Tempel Aeg^'i^tens von ty); ä[7:oT£TaY][i£vyjS äpxaßrjj 17]', apoupac
-fj; o£p«; y^g xal xfjc a[jLTi£?ixtOo; 6[io[[(i);] xö X£px[itGV x^t dpoüpa:.
Die Tempel zahlten also bis zu diesem Jahre 1 Keramion Wein pro
Arure. Schon Lumbroso (Recherches S. 21t5 1 wies daraufhin, dass
diese Sätze sehr gering und wohl nur durch die privilegirte Stellung
Pachtzins ist hier kaum zu denken, da auch ein IxaTOVTOtpoupo; unter den Zahlern
erscheint. Freilich ganz ausgeschlossen ist es nicht. Der Zusamiuenhane; erf.'ieht,
dass es hier natürlich köuiffliche Pächter sein müssten. Aber auch dann würde
der Text für unsere Frage von Interesse sein, da der Pachtzins gewöhnlich mit
demselben Zahlungsmittel beglichen wird wie die Grundsteuer.
') Weil ich sagte, dass dieser Text zu derselben Urkunde wie die folgende
Seite gehöre, meinte Grenfell, dass auch dieser von der IxTr, xai Sev.axr, handeln
müsse. Das ist aber nicht nötie und auch nicht richtig, wie die Erwähnung
des oivou teXo? zeigt.
152 IV. KAl'ITEL.
der Tempel zu verstehen seien. Wir lernen jetzt, dass die Tempel
nicht nur hin^ii-htlich der Höhe der Veranlagung, sondern auch der
Art der C'oiitriliution bevorzugt waren. Denn oftenbar war es be-
quemer und vorteilhafter, den selbstjiroducirten Wein als baares
Geld zu lief'eni.
Für Syene-Elephantine belegt durch 101, 135, für Theben durch
556, 564, 579, 585, 601, 602, 606, 612, 614, 620, 627, 680.
631, 635, 642, 651, 1290, 1437, 1583, alle aus der ersten
Hälfte des II. Jahrhunderts n. Chr.
Die Lesung ava>' steht fest. Nur in 556 und .564 könnte man
zwischen ava und avy schwanken, doch ist ersteres wohl das Richtige.
Was mit avxv- gemeint ist, weiss ich nicht. Mit Vermutungen
will ich mich nicht aufhalten. In dem hier nicht aufgenommenen
Berliner Ostrakon P. 1 15(5 steht u7i(ep) ava'-'- y_<> Xa(pxxo5). Auch
dies hilft nicht weiter. Hoffentlich bringt einmal ein neues Ostrakon
die evidente Auflösung. In 12! 10 steht unep fi£pia(j.(oO) ava'' ija
(=91?), was mir völlig rätselhaft ist. — Nach den Ausführungen
in § 75 können wir nur vermuten, dass auch der [i£pta|J.ö; a.vx''-
kopfsteuerartig auf die Steuerzahler verteilt war. Hierzu würde
stimmen, dass nach 631 drei Personen — ein Vater und zwei Söhne —
die gleiche Summe von je 3 Obolen zahlen. Nach 630 zahlt auch
noch eine vierte Person dieselbe Summe für dasselbe Jahr.
§ 14. Mspia|i,o? av*.
Für Theben belegt durch Nr. 559, 603, 604 (IL Jahrhundert
11. Chr.).
Ich weiss für av5 einstweilen keine Auflösung vorzuschlagen.
Man beachte, dass in (Id.'! ..für so und so viele Aruren" quittirt wird.
§ 15. TTisp dv5p'.avt(ov.
Für Theben belegt durch 1430, für Syeue-Elephantiue durch
71—73, 94, 100, 105, 151, 152, 154 — 156, 171, 178—180,
182, 183, 201, 249, 254, 261, 1272.
Es handelt sich hier um eine Abgabe, deren Ertrag zur Her-
stellung und Ausbesserung von Statuen oder auch Büsten (7tpoto(xat)
§12 — 15. 153
verwendet werden soll. In einzelnen Fällen wird die darzustellende
Persönlichkeit n;eii;uint, und zwar ist es einmal Trajan, ein ander
Mal Hadriau, und ein drittes Mal oJ xuptoc Kataapeg, d. h. Marcu.s
und Verus. Wir dürfen sicherlich annehmen, dass es auch in den
anderen Fällen sich um Kaiser.«tatuen handelt, und es liegt viel-
leicht am nächsten, sich diese Statuen in Tempeln aufgestellt zu
denken. Wurden doch die Kaiser als Nachfolger der Ptolemäer in
allen Städten Aegyptens als atjvvaot ^£ot verehrt. Unsere Kaiserstatuen
wären danach also zugleich Götterstatnen. Speziell für den Tempel
des Jupiter Capitoliuus in Arsinoe habe ich früher den Nachwei.'^
geführt, dass er mit Kaiserstatuen angefüllt war. Ich erinnere an
die interessante Darstellung, die die arsinoi'tischen Temjielrcchnungen
von der Aufstellung einer neuen Kolossalstatue des Caracalla (im
J. 215) gaben. 1) Natürlich soll damit nicht gesagt sein, dass man
nicht auch ausserhalb der Tempel Kaiserstatucn in Aegypten er-
richtet hätte. -)
Wenn unsere Ostraka nur für die Zeit von Trajan bis Marcus
die Errichtung von Kaiserstatucn bezeugen, so ist das nur ein Zufall.
Augustus scheint es sogar recht eilig gehabt zu haben, seine Statuen
durch ganz Aegypten zu verbreiten. Denn schon im Jalire 24/3
V. Chr. fanden die einbrechenden Aethiopen in Philae, Svene und
Elephantine mehrere Augustusstatueu vor, die sie dann mit sich
fortführten.-^)
In den Ostraka werden nun folgende Sammlungen für Statuen
unterschieden :
1) Im J. 104 n. Chr. wurde für eine Statue (ßnip dvSpiävcos)
gesammelt, vermutlich des Trajan (71- — 73).
2) Im J. 114/5 desgleichen für eine Statue des Trajan (i)4,
100, 105). Hier sind die Texte ergiebiger: uitsp t-|J.>;S v.al 5a7ia-
') Hermes XX S. 430 ö'. uud XXIII S. 629 f. Der Text ist jetzt mit
wenigen Aenderungeu von mir neu edirt in BGU 3G2.
' '^) Vgl. z. B. CIGr. III 4680 und dazu meine Ausführungen im Hermes
XXVII S. 294 A. 1.
") Strabo XVII p. 820. Vgl. dazu Philolog. LIII S. 90 A. Bekanntlieb
wurde es für den ersten Statthalter Aegyptens, G. Cornelius Gallus, verhiingnis-
voll, dass er dem Kaiser hierin Concurrenz machte (Die Cassius LIII 23,5).
Vgl. zu dieser Frage meinen Aufsatz über die ,,Trilinguis von Philae" in der
Zeitschr. f. aegypt. Siirache 1897, Heft I.
154 IV. KAPITEL.
v^fiaxo; ävopiavxo; Tpatavoö. Die xtfxi^ wird den an den Künstler
zu zahlenden Preis, das cai^dcvr^fia wohl die Unkosten für Trausport
und Aufrichtung bedeuten.
3) In den .Jahren 12S/30 werden Eatenzahlungen für eine
Statue, W'ohl des Hadrian, eingezogen. Die Texte sagen: (jTzkp
|iepia[i.oO ^7rix£cpa?io'j ävopiävTO? (151, 152, 1272).
4) In den Jahren 131;'2 wird für die Neuvergoldung einer
Statue — avSpiavio? avxx£x(pua(i)|i£vou) — einkassirt. Hier ist viel-
leicht eher an die Statue eines früheren Kaisers zu denken (151 — 156).
5) Desgleichen zahlt man im J. 138/40 für eine Xeuvergoldung
(171, 182, 183).
6) Im J. 141 wird für eine Statue und eine Büste gesammelt,
wohl des Antoninus Pius (178 — 180).
7) Im J. 143/4 wiederum für eine Neuvergoldung (201).
8) Endlieh zahlt man im J. l(il/2 für 2 Statuen und 2 Büsten,
nämlich des Marcus und Verus (249, 254, 2(51), und später noch-
mals für eine Vergoldung (261).
Dies alles in Svene -Elephantine. In Theben wird nur eine
Statue des Hadrian erwähnt, für die im 2. Jahre des Antoninus
Pius gesammelt wird ( 14.')0J.
Bei der Ausführlichkeit der Texte bleiben wir glücklicherweise
über die Natur dieser Statuensteuer nicht im Unklaren. 'EntxetpaXtov
heisst sie an mehreren Stellen. Dai-aus folgt, dass sie nach An
einer Kopfsteuer umgelegt und erhoben wurde, also pro Kopf in
gleicher Höhe. Auch die Bezeichnungen einzelner Summen als
fji£p:a[i.o; spricht nach § 75 für diese Auffassung. Die in den Ostraka
genannten Summen bestätigen dies. So werden für die Statue unter
1) in allen 3 Fällen je 3 Obolen gezahlt, für die unter 2) des-
gleichen in 3 Fällen je 2 Drachmen und 4 Obolen, für die unter
6) je 4 Drachmen, für die unter 8) je 10. Der letztere Posten
zeigt, dass eine Doppelherrschaft für den Unterthan auch doppelte
Unkosten verursachen kann.
Wer die Statuen errichten hiess, ist unseren Texten nicht zu
entnehmen. Wie Mommsen mit Recht bemerkt, ist Deeretirung
durch die Lokalbeamten das Wahrscheinlichste. Trotzdem i^«t Be-
schlussfassung durch die Commuuen für Aegypten nicht völlig aus-
geschlossen. Vgl. CIGr. III 4699, 12: £2o;£ toI; octcö xü)|j.r);
Boua£{p£(j); xoO Ar;xo[7woX£i]TO'j -apo'.xoOai xal? 7i'jpa[icac xal xoT;
§ 15. STATUEXSTEUER. — §16. ASNON'A. 155
iv aüi[rj XÄTaYStvofiivo'.; TO-OYpa[i[xaT£0a: xal xwjxoypajiiJiaTe'jac
'|)r,['^!a]cjaa{)-a'. xal [Äv]x*£Tvxt a~y]Xr,'/ xtX. Hier beschlicssen
die Gemeindeangehörigen zusammen mit den Lokalbeamten eine
Ehrung.
§ 16. T-£p dvviüVYjg.
Für Elephantiue belegt durch 273, für Theben durch 674,
(379, 682, 698, 1016, 1019, 1479, alle aus dem Ende des II.
oder Anfang des III. Jahrh. n. Chr. Vgl. auch 1264.
Unter der (ouiona versteht man Naturallieferuugen, die als
Zusehlag zu der Grundsteuer erhoben wurden.' i In der Bezeichnung
annona liegt der besondere Hinweis auf die Bestimmung dieser
Xaturallieferungen zur Verpflegung. In Aegypteu konmieii zweierlei
Arten von aunonae in Betracht, die für die Vei-pflegung von Rom
[annona urbü oder eivica) und Alexandrien, sowie die für die Ver-
pflegung der in Aegypten selbst statiouirten Truppen und Beamten
(annona niilitaris).-)
Auf die Bedeutung des aegyptischen Getreides für die Ver-
sorgung der Stadt Rom ist si^äter hinzuweisen, wo wir von
der Grundsteuer sprechen. Wenn ich auch keine directen Be-
weise dafür habe, möchte ich doch meinen, dass für die Bedürf-
nisse der annona vrl/i-i im Princip die Grundsteuer bestimmt war,
und auch in der Regel für sie ausreichend war, dass dagegen für
die annona militaris, die im Lande selbst ihre Verwendung fand,
eben die uns hier beschäftigende Steuer, die annona im engeren
Sinne, ausersehen war. Wenn unter der Letzteren die stadtrömische
zu verstehen wäre, würde sie vielleicht in unserer Sammlung eine
grössere Rolle spielen.
Für diese annona, die zweimal als Iz^i ävvwvr), d. h. als
kaiserliche bezeichnet wird (682, 1019), werden die verschiedensten
Naturalien eingefordert, entsprechend den mannigfachen Bedürftiissen
der aegyptischen Beamtenschaft und der Garnisonen. In den obigen
Texten werden "Weizen, Gerste, Wein und Heu genannt. Vielleicht
wird man auch Nr. 9ül und 101.3 hierher ziehen dürfen, in denen
') Marqiuanlt, R. Staatsv. II'-' S. 232 f. Vgl. 0. Steck, Zeitschr. f. Soc. n.
Wirtschaftsg. IV, S. 329 f.
-) Marquardt a. a. O.
156 IV. KAPITEL.
Gerste und Bohnen für die iTiTiels stXYjS 'HpaxX;av^; geliefert wird,
wiewohl das Wort annona hier nicht begegnet. Doch nicht immer
wurde die Steuer in natura eingefordert. Meist liegt eine Um-
wandlung der Naturalien in Geldsätze, also eine annona adaeratu
vori), so in G79, G9.S (für Gerste), 682 (für Heu), 273, 674.
Correet wird eine solche adaeratio angedeutet mit der Wendung
ÜTzkp ■ct|i'^; (yjipzo'o oder v.p'.%-fic, oder ähnlich), d. h. „für den Preis"
(von Heu oder Gerste). Bemerkenswert ist, dass auch Geldzahlungen
vorkonunen, die nicht als Ersatz für Naturalien bezeichnet sind. So
in 27o (67i£p dvvwvYj?, vgl. Corrigenda). Vgl. 674. Die beiden
letzten Fälle würden jedenfalls am Iciclitcsten ilire Erklärung finden
durch die Annahme, dass die Zahler nicht Grundbesitzer sind, und
darum eben direct in Geld (ohne adaeratio) zahlen. Daraus könnte
man folgern, dass alle steuerpflichtigen Unterthanen zur annona
herangezogen wurden, nicht nur die zur Grundsteuer beitragenden
Grundbesitzer. Doch diese Erklärung wird, ' worauf Mommsen mich
hinweist, durch die Thatsache zurückgewiesen, dass die annona immer
eine Bodenleistnng ist, selbst wenn sie adaerirt wird. Eis bleibt
also nur übrig anzunehmen, dass in den beiden obigen Fällen eine
unvollständige Bezeichnung vorliegt.
Eines ist noch zu bemerken: die annona wurde nicht nach den-
selben Principien wie die Grundsteuer aufgelegt. Beweis: die AVein-
bergbesitzer zahlen die Grundsteuer in Geld (s. oben § 12), dagegen
die annona in natura. Vgl. 1479: Tzacpiayfec, — tnkp Xoyofu i
(ä;vvtl)(v7]e) otvou 5t7:(XoX£pa[xov) a. Sollte in 1264 wirklich elz
xyyCo^/^ac/) zu lesen sein (s. unten S. 1.59), so würde daraus nur folgen.
dass auch hier eventuell adaeratio eintreten konnte.
Die annona begegnet aucli in di^-n Pap}Ti dieser Zeit. Vgl.
BGU 336 (a. 216 n. Chr.), wo Weizen und Gerste in natura für
die annona geliefert werden. Ebenso in BGU 529, 534, aus dem-
selben Jahre. Diese Papyri sowie unsere Ostraka sind meines
Wissens zur Zeit die ältesten Belege für das Vorkommen von
annona im obigen Sinne. In der Literatur liegcguet das Wort wohl
zum ersten Mal in der Mitte des III. Jahrb. v. t'hr. bei ]\Iodestinus
(Dig. XXVI 7, 32, § 6), worauf Seeck a. a. O. hingewiesen hat.
Eine desto grössere RoUe spielt das Wort seit Diocletian. Doch
'; Marquartlt a, a. O. S. 233.
§ 16. .VXNOXA. — § 17. Aru.MiiinA. 157
beruht dieser Unterseliied wolil nur darauf, dass für das Steuerwesen
der vorhergehenden Zeit eine so viel dürftigere Tradition vorliegt.
Für das Vorkommen in der Fapyrusliteratur der jüngeren Zeit ver-
weise icli auf BGU 94,17 (aus diocletianischer Zeit): Sr;|xoaia
T^avxota aiziY.«, xe xal äpYupwä xal ccvv(ij[vav]; BGU 519 (Pacht-
eontract des IV. Jahrhunderts): xiöv SYjixoaJiov xal ii.yvow^ (sie)
X3cl 7:avxo(wv ETitßoXwv. In beiden Fällen tritt der Charakter der
anuoua als Zuschlag zu den ordentlichen Steuern ( SYjjiöatÄ) deutlicli
zu Tage. Vgl. auch Grenf. (II) XCV laus l)yzant. Zeit) : £i; ÄÖYOV
ävvwvwv xwv Yevva:oxxxü)v Sxu&öjv 'lo'jaxtvixvtbv, wo die Be-
stimmung für die militärische Verpflegung hervortritt.
§ 17. Ttop aTxojJiotpag.
Für Theben und Hermonthis belegt durch o22, 332, 352,
354, 355, 711, 12.34, 1235, 1315, 1345, 1518, 1526.
lieber das Wesen der &iz6\ioipix sind wir erst neuerdings durch
Grenfell's Revenue -Papyrus aufgeklärt worden. Nach der vortreft-
lichen Behandlung dieser Abgabe durch den Herausgeber '^) kann
ich mich darauf beschränken, nur die wichtigsten Punkte hier
zur Orientiruug hervorzuheben.
Die ä.-!z6\i.oipx war ursprünglich eine Abgabe, die die Eigen-
tümer von Rebeuland (ä[i7X£Xö)V£s) und Nutzgärten (TixpaSsiaot)^)
') Vgl. namentlicli S. 94 fl"., 119 f. Vgl. auch Mahaffy in der Einleitung
zum Rev. Pap. p. XXVII sq. Sein Vorschlag p. LIV, in der Inschrift von
Telniessos [o£v]r)päs statt [aizjfjpäc, iiuo\i.oipa- zu lesen, wird fünf Zeilen darauf
durch die Inschrift selbst widerlegt.
*) Greufell hat, wie mir scheint, überzeugend nachgewiesen (S. 94 f.),
dass in den 7tapa5s'.ao'. auch Palmen und Obstbäume der verschiedensten Art stehen
konnten, während Mahaffy annimmt, dass die TtapaSs'.aoi. des Rev. Pap. nur Wein
producirten. Durchschlagend ist Grenfell's Bemerkung: Why skould l/ie govern-
inent insist nn money-payment of the tax on wine produced in nitnuätinni, bul
not on wine produced from uuniliiimf Beweisend ist im Besonderen Petr. Pap.
(II) XLIII b, wozu, wie ich am Original gesehen habe, auch XLIII a
Z. i~ ff. gehört. Hier wird unter der üeberschrift Ixxr^s xal Ssxäxrjs, womit die
inöiio'.pa gemeint ist (s. unten), nicht nur für äpiKsXöJVES, sondern auch für
•jo'.v'.xwvs; und für äxpöSpua gezahlt. Die Inhaber der beiden letzteren besitzen
eben 7:apa5^'.ao'. , die vorwiegend oder ausschliesslich Palmen, resp. Obstbäume
enthalten. Wenn dagegen in XXXIX i die TtapaSs'.aoi neben cfOLV.xöJvej er-
scheinen, so sind mit ersteren Gärten gemeint, die verschiedenartige Kulturen
zeigen. Vgl. auch XXVII 1, wo für die äJi6;j.0'.pa (für die iziy;) erst der Ertrag
158 I^'- KAPITEL.
in der Höhe von einem Sechstel des jährlichen Ertrages an die
Tempel Aegyptens zu zahlen hatten. Ptolemaios II. Philadelphos
hat diese Einnahme den alten Göttern Aegyptens entzogen, indem
er bestimmte, dass vom 22. Jahre seiner Regierung au ( = 2(34,3
vor Chr.J diese (X-d|X0'.pa der jüngsten Göttin im aegyptischen Pan-
theon, der schon früher zur Göttin erhobenen königlichen Schwester
und Gemahlin, Arsinoc Philadelphos^), entrichtet werden solle. Formell
■blieb auch jetzt diese 'iy.xrj eine Tempelabgabe, da sie für den
Kultus (e!; ty^v d-\jaim y.sO. ttjv otigvSyjv Rev. Pap. 3ß, I9j der
neuen Göttin-) bestimmt war, und mit Recht hat Grenfell
(S. 120 f.) darauf hingewiesen, dass auch in der Rosettana (Z. 13
bis 15) diese Fictiou darin zum Ausdruck kommt, dass eben diese
«Tiofioipa neben den Tzpö^ohoi iwv tepwv und den auvta^Eii; auf-
gezählt wird.^) Thatsächlich aber war mit dieser Neuordnung für
die königliche Kasse eine bedeutende neue Einnahmequelle erschlossen
(vgl. Mahafty a. a. 0.). Denn dass wirklich der Gesanimtbetrag
der £7.I7J für den Kultus der Philadelphos und der später zu ihr
hinzugetretenen -ö-eoI OiXoTiaxopeg draufgegaugen sei, ist mehr als
unwahrscheinlich. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass nicht
etwa die Priestersehaften der OtXa5eX(yoc, sondern die königlichen
Behörden nunmehr die Einziehung und Verwaltung der exir^ üljer-
nahmen, während dies bis dahin in Händen der Tempelverwaltung
gewesen war.*) Unsere Ostraka zeigen, dass die von den Pächtern
der ä|n:E>.0)V£;, dann der äxpdäpua und axäcfavo'. eingeschätzt wird. I>a auch vor,
den Letzteren die Sv-ty) berechnet wird, ist damit über allen Zweifel erhoben,
dass auch sie unter die ä:tC(ioipa fielen (s. oben § 5). Vgl. übrigens BGU 50,6,
wo Tou eXaiÄvos 7tapa5£aou die Eedc ist, und 348: cfotvtxaj xouj ev t(j) TiapaSiaip
') Ueber die Göttin «tiXäSsXcf 05 vgl. meine Bemerkungen bei Pauly-M"issowa
unter „Arsinoe" und Gott. G. A. 1895, S. 163.
*) In dem Berliner Ostrakon 4412 (Ptolemäerzeit), das ich nur flüchtig
copirt und deshalb nicht in meine Sammlung aufgenommen habe, wird vielleicht
die Göttin ausdrücklich genannt. In Z. 3 las ich ä7tö[ioipav[, iu Z. 4 'Apaivirj;.
In der Lücke danach könnte ['I>iXaäeÄcfou] ergänzt werden.
') Mit Grenfell sind in dem Passus y.a.1 tag y.aO-T|>io'Jaas änoiioipa; tor;
S-sot; unter den Göttern Arsinoe Philadelphos und dife 9-soi <t>0.OKdiops^ zu
verstehen. Dass Letztere augegliedert wurden, zeigt Petr. Pap. (II) XLVI.
*) Wäre die iy.ir, schon früher etwa vom Staat erhoben und nur an die
Tempel abgeführt worden, so hätte Philadelphos bei der Reform nicht nötig
gehabt, über den umfang der Steuerobjecte u. s. w. eine Enquete zu veranstalten.
Vgl. P>ev. Pap. 36 niul 37.
§ 17. du; Ai'oMoiitA. 159
erhobenen Beträge an die königliche Bank, resp. an die königlichen
Magazine abgeführt wurden.
Zur Geschichte der äKÖ^iO'.psi. wollen wir nur noch hinzufügen,
dass sie auch iu der Kaiserzeit fortbestanden hat. Xatiirlicli kann
sie nicht mehr auf den Xahien der Philadelplios erliobeu worden
sein, und wir wissen nicht, welche neue Bestimmung Augustus ihr
gegeben hat. Consequent wäre es gewesen, wenn er sie an den
Etat des neuen Kaiserkultus überwiesen hätte. Früher glaubte ich
das Wort öcTzi\ioip(x. iu Nr. 1264 (aus dem Jahre 183 n. Chr.) zu
erkennen. Doch ist mir diese Lesung bei erneuter Revision des
Originals (1896 i sehr zweifelhaft geworden. Die Lesung st; avvö)v(av)
ist mir wahrscheinlicher. Dagegen las ich mit Sicherheit in dem
Londoner Papj-rus CXCV A (aus dem I. Jahrhundert u. Chr.), dessen
Durchsicht mir Mr. Kenyon freundlichst gestattete, die Worte: xal
ei; d7:ö[i.ot(pxv) ä[i-£Ä(övG;) v9'dav(a) [^:] ^ ^qß^, d.h.: „und
für die a.T:6\i.0'.pa. für 59] Aruren Weinland [zu je 10 Drachmen]
592 Drachmen und 3 Obolen."') Ferner las ich in dem Berliner
PapjTus P. 1422, 15 (II. Jahrh. n. Chr.): xxl o)v (seil. -apaSstawv)
«7iö[j.otp(av) [ir; äY£a9-x:.
Wie der Revenue -Pap^Tus lehrt, war schou vor der Reform
des Philadelplios diese Abgabe in der Weise auferlegt, dass die
Rebenlandbesitzer die r/.xr/ in natura, also in Wein abzuliefern
hatten, während die Gartenbesitzer in baarem Gelde (Silber) zahlten.
Die Verschiedenartigkeit der Zahlungsmittel erklärt sich einfach daraus,
dass der Wein durch's Lagern liekauutlich nicht schlechter wird,
während die Gartenfrüchte dazu nicht tauglich sind. Trotzdem ist
in einzelnen Fällen auch statt der Weinlieferung eine Geldzahlung
eingetreten.'') Diese Bestimmung blieb auch uach der Reform
') Die Lesung H (90) verdanke ich einer freiuuUichen Mitteilung
Kenyon's. Derselbe versicherte mir, dass die SOJ- als Aruren, nicht etwa als
Keramien aufzufassen siud.
ä) So im Pap. Leid. Q und Petr. Pap. (II) XLIII b. Grenfell glaubt,
aus Rev. Pap. 30,20 ö'. schliessen zu sollen, dass die Geldzahlung regelmässig
zvl erfolgen hatte, wenn die Weinbauer nicht rechtzeitig den Wein ablieferten.
Hätte er mit dieser Ausfüllung der grossen Lücke Recht, so hätte es factisch
im Belieben des Einzelnen gestanden, ob er in natura oder in Geld zahlen
wollte. Dagegen spricht aber die Fassung von Rev. Pap. 24 f. ganz entschieden.
Zum mindesten müsste man annehmen, dass die in col. 31 festgesetzten AVeiu-
preise exorbitant hohe gewesen seien, das tritlt jedoch nicht zu. Aber wie ist es
1(30 IV. KAl'ITEL.
bestehen, nur gewährte Philadelphos — wie es scheint, nicht von
Anfang an — einzehieu Klassen, wie den Militärcolonisten, eine
Steuererleichterung, indem er sie statt der sxtyj eine SsxatTj zahlen
Hess. Dies galt jedoch nur für die Rebenlandbesitzer, nicht für die
Gartenbesitzer. Danach wurde die Abgabe, wie Grenfell sah, auch
gelegentlich als 'iy.xrj xxi osxxxrj bezeichnet.^) In den obigen
Ostraka lässt es sich nur zwei Mal mit Sicherheit erkennen, ob es
sich um Besteuerung von äjiTrsXwvs; oder von napäSeicot handelt.
In 711 (Mitte des III. Jahrh. v. Chr. i werden für äii6\i.o'.py. und
oivoXoYta zusammen 10 Keramien geliefert. Hier ist kein Zweifel,
da.ss es sich um Weinlandereien handelt. Die Erhebung in natura
entspricht den Bestimmungen des Revenue -Papyrus. Ueber die
oSvoXoY-Ä vgl. unten § 85. Dagegen ist nach den oben citirteu
Worten des Londoner Textes in der Kaiserzeit ein Systemwechsel
eingetreten. An die Stelle der Ertragsquote ist die feste Taxe pro
Arure getreten, und die Zahlung erfolgt nicht in natura, sondern in
Geld. Dass die Kaiser, die nicht in Alexandrien wie die Ptolemäer
residirten, mehr Wert auf das baare Geld als auf den Wein legten,
ist begreiflich genug, und man würde es verstehen, wenn Augustus
die Steuer in diesem Sinne reformirt hätte. Doch wir werden gut
thun, ehe wir weitere Schlüsse ziehen, Kenyon's Publication des
Textes abzuwarten.
In den anderen Ostraka, die sämmtlich dem II. Jahrh. v. Chr.
angehören, ist nicht ersichtlich, ob es sich um Wein- oder Gartenland
handelt. Grenfell, dem ich schon 1895 mein Material vorlegte.
denn überhaupt mötrlifh , in ilieser Weise den AVeinpreis festzusetzen, da iloeli
Sorten des allerverschiedensten \Yertes gebaut wurden? Das sclieiut mir un-
denkbar. Ich glaube, die Lüelie muss ganz anders aiisgefüllt werden. Die
Uebersehrift des Kapitels lautet ,,äJ:oxo(ii^E'.v lii'i ä7i6]j.oipav". Es wird nnn
gelieissen haben, dass die Weinbauer in bestimmten Terminen den Wein an die
königliehen Kellereien (i.Tlo56y^'.OL) frei abführen (äTioxoai^s'.v) mussten. Wer den
Wein aber nicht ablieferte, der, so möchte ich vermuten, musste für die nunmehr
vom Staat (genauer von den ot xriv (üvTjv E/ovieg) zu übernehmende Abführung
pro Metretes Wein 6 resp. 5 Drachmen zahlen. Damit wäre dann die Ent-
schädigung für die Transportunkosten normirt. Ich lese hiernach in Z. 2 f.:
[ä;iOTl]väTtO lOlX^ TT)V (i)vf/v] IX0U3'. XflZ £VOCpEiX!)U(liv»]J aÜTOlJ ä7t[0X0[ll3^5
"ijv) z:\s.y]v xtX. Grenfell ergänzte äTc[o]i.oina.g. Ich verweise auf 48,4 ; Ttapaxo-
|i'.L^§T(üaav, vgl. ebend. 11 : xd ?e ävr|/.o)|ia t6 e";; xt;v (Ka]pay.0|i'.2Y|V. Ebenso werden
hier die Unkosten für die ä7:oy.O|r.?Yj bestimmt, da es sieh um ä7iGXG|it^E'.v handelt.
') Vgl. Petr. Pap. (II) XLIII b.
§ 17- ly. 161
nahm, wie auch ich es damals that, an, dass es sich überall um
Weinland handele, und da die Zahlung in Geld erfolgt, sehloss
er weiter daraus, dass im II. Jalirli. vor Chr. statt der Wein-
lieferungen die Geldsätze eingeführt seien. „I conjecture that pay-
ment in kind was not allowed after Epiphancs' reign" (Rev. Pap.
S. 121). Die ^Möglichkeit kann zugegeben werden, zumal wir oben
sahen, dass gelegentlich auch schon im 111. Jalirh. die adaeratio
eingetreten war, wenn auch nicht in dem von Gr(^nfell angenommenen
Umfiinge. Doch ist dagegen zu betonen, dass in den obigen Ostraka
sich absolut keine Andeutung dafür findet, dass es sich um Wein-
land handele. Die Texte lassen vielmehr ebenso gut den Gedanken
an die 7:apxo£:aoc zu. Dass in unseren Ostraka gelegentlich die
SxTYj äxpoSpüwv als spezielle Abgabe begegnet, spricht nicht da-
gegen.i) Ich bin daher der Ansicht, dass wir, solange nicht
Beweise für eine Aenderung der Bestimmungen des Philadelphos
nach Epiphanes vorliegen, anzunehmen haben, dass die obigen
Ostraka aus dem II. Jahrh. vor Chr. Belege für die von Philadelphos
vorgeschriebenen Geldzahlungen für TixpaZeiaoi bieten.
§ 18. Mzpic!\i.bc, d7c6po)(v).
Für Theben belegt durch Nr. 613 (143 n. Chr.).
Wenn hier urAp [isptajxoü d7iöp(o(v) quittirt wird, so kann
damit wohl nur auf eine Besteuerung zum Besten der «Tiopot, der
Unbemittelten, der Armen, hingewiesen sein. Zahlten etwa die
e(J7:opot-) für die a— opot? Ich denke an die Unterstützungen, die
z. B. in Athen die Armen und Invaliden aus der Staatskasse er-
hielten. Vgl. Aristot. 'AO'rj. ticX. 40, 4. Doch vielleicht hat Mommsen
Recht, wenn er zu meiner Deutung bemerkt: „Scheint mir zu schön,
um wahr zu sein."
§ 19. 'Apyaiwv itit^so^v.
In 323 wird folgendermassen quittirt: syw "xpä aoO !-{)■ Uaywv
& äp/atwv^) tT^TiEwv Dr. 180. Das ä wird mit Tlay^wv zu verbinden
') Man wird von der Ixtt] äxpoSpütov reden, sobald der Steueri)fliehtige
aus.schliesslich Obstbäume in seiner TtapaSs'.aog bat.
^) Die slTiof Ol, die Wohlbabenderen, als besondere Klasse der Bevölkerung
in BGU 18, 13. 91, 7. 194, 22. 23ö, 12.
') Vgl. Arrian. Anab. III 12,2: ol äpxarci xaXoü|iEvo: pvc. (im Heere
Alexanders). Vgl. Krause, Hermes XXV S. 77.
WiLCKEX, Ostraka. H
11)2 IV. KArrncL.
sein („am ersten Paehon"), nicht mit dem Folgenden. Denn wenn
es heissen sollte, dass die Zahlung für den Monat Pachou erfolgt
sei, so hätte man wohl xoö na)((bv liTjvo? xoü ^^ oder ähnlich
gesagt. 'Apyatcüv lu-itüw wird also für UTtsp &py^xiwv t7i7i£(j)v
stehen. Es handelt sich danach um eine Geldzahlung für den
Truppenteil der o-p'jialo'. tTiT^elj. Ueber die Katur dieser Zahlung
wage ich keine Vermutung.
§ 20. Efg Xo-^o^ dpyixuvYjyöv.
Nach Nr. 1545 sind unter diesem Titel 400 Kupferdrachmeu
für das Jahr 9/10 nach Chr. gezahlt worden. Wir haben unten
in § 117 über das axs'^aviov zu sprechen, die Gratification, die ein
apyr/.'jvrjyö; im Jahre 121/0 vor Chr. erhalten hat. Diese ptole-
mäischen Oberjägermeister sind, wie unser Text lehrt, auch in der
Kaiserzeit im Amt geblieben, und auch jene von der Bevölkerung
pflichtmässig aufzubringenden Gratifieationen scheinen geblieben zu
sein. Denn was hier als „für die Rechnung der Obeijägermeister"
erhoben bezeichnet wird, dürfte seinem Wesen nach von jenem
aTc'^aviOV nicht verschieden sein. Mommsen möchte eher an ein Jagd-
geld denken, das etwa als Aequivalent der Jagddienste gezahlt wäre.
Es ist übrigens sehr zweifelhaft, ob wir uns unter diesen OL^yj.-
xuvYjYOt ein Hofamt vorzustellen haben. Denkt man an die Jagd-
schiffe (§ 70) und Jagdspiesse (§ 69), für die von den Thebanern
Beiträge erhoben wurden, so liegt es nahe, in dem ap}(txuvr;Y&g
lediglich einen thebanischen Lokalbeamten zu sehen, der u. a. jene
Nilpferdjagden zu leiten hatte.
§ 21. 'AyupLxa tsXyj.
Für Theben belegt durch Nr. 705, 707, 715, 738, 744,
751, 7(35, 776, 810, 854, 865, 866, 901, 905, 906, 914, 927,
936, 937, 943, 951, 1010—1012, 1014, 1015, 1258, 1259, 1352,
1431, 1433, 1436, 1447, 1453, 1458, 1461, 1464, 1475, 1476,
1501, 1513, 1514, 1519.
In diesem Paragraphen sind alle -diejenigen Ostraka zusammen-
gefasst, in denen es sich um Spreulieferungen handelt. Leider ist
aus den Texten nicht zu ersehen, nach welchem Princip diese Ab-
gabe der Bevölkerung auferlegt war. Natürlich konnte sie nur von
den Grundbesitzern, auf deren Tennen Spreu ausgeworfelt wurde,
); L'U. FÜR DIK OBKKJÄtiEKMEISTEE. § 21. SI'KKILIEFKRUNÜEN. 1Ü3
i'i-lioben werden. Eingezogen wurde die Abg;il)C von den a,y_'jpo-
-piy.xope^, die auch dTia'.xrjxaJ oder T^apaXYjjji-Tat xyüpo'j, auch
äy'jpxp'.oi hiesseu.
Ohne auf die mannigfache Verwendbarkeit der Spreu (tö
ayjpov) genauer einzugehen, wollen wir hier nur zusammeu-
slcllen, was die Urkunden darüber lehren. Nach Petr. Paj). (II)
XIV 2a wurde die Spreu, was auch .sonst bekannt ist,^) als Zusatz
zum Nilschlamm bei der Ziegclfabrikation verwendet. Vgl. Z. 13:
■cä ä/upa Tipö; tTjV TiXivtt-oXxiav (so las ich am Original statt
7iXtv8-ov xat av). Vgl. hiermit LXX Exod. 5,7: Stoovat äyupx
iw Xaip etg x'Jjv TcÄLVil'O'JpYcav. Danach schlage ich vor, in 1431,
1433, 1582 (vgl. 1475) et? ■n:X(tv{)'oXxEav) zu lesen. — Yv^ehtiger
ist die Rolle, die die Spreu in dem holzarmen Aegypten als Feuerungs-
material gespielt hat.-) Das lehren unsere Ostraka, in denen wir
die Spreu in den meisten Fällen auch da, wo es nicht ausdrücklich
hervorgehoben ist, eben als Heizungsmaterial zu beti'achteu haben
werden. Es scheint, dass die Spreulieferungen meist, wenn nicht
ausschliesslich, an die Militärbäder abgeführt wurden. Die Ostraka
unterscheiden folgende Fälle:
1) Eö; OTiöxaiiatv ßaXave'ou. Vgl. 901, 905, 927, 93G, 1259,
1447. Hier wird die Spreu zum Heizen der Bäder abgeliefert.
In 901 und 1259 wird das Bad als das des Militärlagers von Oücpoov
bezeichnet, in 905 als das der OTiEipa. In 927 quittirt ein Chiliarch
der cohors II Thraeum über den Emjjfang von ayupov Srj^öatov.
Auch in 1168, die als Xö^foc,) «."/ßpou bezeichnet wird, heisst es:
et; xi? xa[X£Övo'JS äytü(Yal) v.l, äv(a) u !^ a o'to. Also eine
aywyTj hat damals den Wert von 400 Kupferdrachmen. Nach einem
unpublicirten Berliner Ostrakon (P. 206) kostete im II/III. Jahrh.
n. Chr. ein yöfioc a/üpou 48 Dr.: xal U7i(£pj X'.[i,ris YÖ([j.ü)vJ
dxüp(ou) p SMS-
*) Woenig, d. Pflanzen im alten Aegypten S. 158 f. Vgl. aueh ilarquarilt,
Privatalt. S. 637 (Mommsen),
*) In einem Wirtschaftsbuch aus dem III. Jahrh. v. Chr. (Pap. Sakkakini,
Eev. Egypt. III) wird zu jedem Tage notirt: gyXa J Obol. Ich lasse dahin-
gestellt, ob dies zum Heizen verwendet worden ist. — Heutzutage wird vielfach
der Mist der grösseren Haustiere als Brennmaterial verwendet. „Die Mädchen
kneten den Mist zu Kugeln, welche gegen die Aussen wände des Wohnhauses
geworfen und dadurch abgeplattet werden. Die Mistscheiben (gille) bleiben
au den Wänden haften und erhärten dort", v. Fircks, Aegypt. 1894, I. S. 207.
n*
104 IV. KAl'ITEL.
2~) Etj Ty,v 7:ap£iJ,ßo),Tgv. Vgl. 1461. Vergleicht man hiermit
ilOl und 1209, so liegt die Vermutung nahe, dass auch diese Spreu
zur Feuerung des Bades abgeliefert wurde. Dieselbe Vermutung
liegt auch bei den nächsten Gruppen nahe.
3) Elq axplaxrjtxd;) yptia.Q eiXv]? 'HpaxXe'.avf/;. Vgl. 1012.
4) Eis xTjv oTztZpoLw. Vgl. 937, 943, 1015, 1453. Dasselbe
begegnet auch in der Form: £15 xyjv ywpir/V. Vgl. 1014, 147G.
In 1014 wird mit xa'jafioO auf den Zweck der Verbrennung hin-
gewiesen. In 1015 heisst es: eij Oüslpav ß 0pax(ti)v).
5) Ek tOa,v. Vgl. 906, 1464. In 906 heisst es genauer:
zl<; X-?jV Iv KÖTtXü) £0>,T;V.
6) Ei; 'i29ix°. Vgl. 1458. Welche Auflösung auch zu wählen
sei, jedenfalls dürfte der Name des thebanischen Stadtteils 'Q'^[
darin stecken.
7) EiQ IIop'.pup£x(. .). Vgl. 951. Ueber das Porphyr-Gebirge
siehe Kap. IX. Vielleicht handelt es sich hier um eine Lieferung
l'ür die dort stationirten Truppen.
8) In 776, 1011 und 1258 quittiren Soldaten über den
Empfang von ayupov.
9) Ei; xö y.ail'Yjy.oy d)(up(ixöv), seil, ziloc,. Vgl. 738, 744,
1352, 1501, 1519. Das Wort xsXo; ist nur in 1352 geschrieben.
Diese Ostraka, die .«ämmtlich dem IL Jahrh. vor Chr. angehören,
während alle in 1 — 8 genannten aus der Kaiserzeit stammen, be-
gnügen sich damit, die Spreulieferungen als eine pflichtmässig zu
liefernde Abgabe zu bezeichnen, ohne die sjDezielle Zweckbestimmung
anzudeuten. Beides fehlt in Nr. 705, 707, 715, 751, 765, 810,
854, 865 (xö «xupdv aou x^; a^j rjTiipou), 866, 914, 1436, 1513,
1514, von denen nur 1436 der Kaiserzeit, die anderen der Ptole-
mäerzeit angehören.
Es sei nur noch hinzugefügt, dass die Benutzung der Spreu
zur Feuerung für Aegypten auch durch das Wirtschaftsbuch von
Hermupolis (Pap. Lond. CXXXI Recto) bezeugt wird. Vgl. Z. 388:
|ita&oO spYÄXOu xOjSaXs'jovxo; äyupo(v) a.nb xfjC inoiüXziüc, bIc, oIxov
zk xö ßaXfavElov). Aehnlich Z. 433, 509, 6l3. Vgl. auch BGU
14 III 17: dxuprjyoövxe; octzo äXwvEa; ir.oixiou £t; ÜTiöxauatv
xa|i.£tvo'j Äouxpöv övot tß.')
') Belege aus den Papyrus Erzh. Rainer bei Wesscly, Dtnksclir. Wien.
Akiul. 42, 1898, S. 9, Anm. 2.
§ 22. DIE BADSTEUER. 165
§ 22. Tzlp ^aXavsiwv.
Kür Thüben belegt durch Nr. 366— 36S, ;!70, i]?:!, ;!74, .".Td
bis 378, 384, 386, 387, 389—391, 398, 401, 403, 405, 406,
409, 411, 424, 425, 429, 436, 443, 453, 456, 462,' 463,
469, 470, 474, 481, 483, 486, 4S8, 492, 501, 516, 518—520,
525, 526, 532, 534, 53(), 538, 539, 542—544, ,54(i, 548, 555,
565— 5()7, 569, 570, 573, 582—584, 5S(;, .591, 598, 617, 619,
623, 62Ö, 634, 636, 641, 645, 651, 665—667, 780—782, 784,
786, 789, 795—798, 807—812, 815, 818, 819, 835, 842—846.
849, 853, 857, 862, 863, 871, 875, 877, 882, 885, 91 (i, 919,
924, 928, 9.32, 955, 1020, 1032, 1033, 1035—1037, 1061, 1243,
1251, 1252, 1287, 1289, 1321, 1368, 1370, 1373—1375, 1378,
1380, 1392, 1393, 1400, 1402—1404, 1409. 1414. 141.5, 1417,
1425. 142(), 1428, 1429. 1452, 1549, 1552, 15(!2, 15(;6. Aus
Elephantine-Syene liegt bis jetzt kein Beispiel vor.
Der Name des besteuerten Objeetes kt iu den vorliegenden
Texten niemals vollständig ausgeschrieben. Meistens ist nur ßa^ oder
ßa geschrieben, seltener ßaXa oder ßaX«. Am weitesten gehen die
Schreibungen ßaXav^ (411) und ßaAav^i (666, 1321, 1378). Letztere
geben den Schlüssel ffir das Verständnis: es kann sich nur um ßaXa-
vela, um Bäder, handeln, wofür ßaXavfjSC eine vulgäre Schreibung
ist.^ Die Abgabe selbst wird nun verschieden bezeichnet. Mau zahlt
entweder if öpov ßaX(av££ou), so in 1368, aus der Zeit des Augustus^),
oder t6 -ziloi ßaXavi^(ou) (1321), oder xö tsXos xgO ßaX(av£Eo'j) (1370),
oder u-lp ßaXavr/o'j), oder endlich xö ßaX«, ßa, ß«. Im letzteren
Falle muss eine adjectivische Ableitung von ßaXxvelov gebildet
werden. Schon im Rheinischen Jahrbuch S. 250 habe ich die Auf-
lösung xö ßaXavixöv vorgeschlagen. Wenn ich auch zur Zeit keinen
Beleg für diese Form beibringen kann, so ist es mir doch nicht
unwahrscheinlich, dass sie hier einzusetzen ist. Das lateinische
') Man könnte sonst nur noch au eine Ableitung von ßäXavoj, Eichel,
denken. Eine Steuer ßaXavri(pöv) oder pa?,avr,(pai Hesse sich wohl denken.
Aher ßaXav- und namentlich ßaXv^ (583) sprechen für ßaXavEicv.
^) $opog wird hier kaum als Pachtzins zu fassen sein, denn in 1370
(gleichfalls aus Augustus' Zeit, vielleicht von demselben ßaXavsus 'ÄTioX^ ge-
sehriebenl steht an der entsprechenden Stelle zö teX(o;) toü ßaX(avs;ou). Freilich
wäre ja trotzdem möglich, dass er in 1368 den Pachtzins für ein verpachtetes
Bad erhöbe.
IGl] IV. KAPITKL.
balneatinnn kommt einmal vor, in 583, wo ßxAve geschrieben ist.
was wohl nicht anders als ßaXv£(aT[.x6v) aufgelöst werden kann.
In vielen Fällen kann man .schwanken, ob man j3aX(av£tou) oder
ßaX(aytx6v) auflösen soll, so nach uTisp. Ich habe im Textdnick
meist da.s letztere gethan, doch kommt nicht viel darauf an.
Was bedeutet nun diese Abgabe für die „Büder"? Unter bat-
neaticum versteht man sonst das Badegeld, das man für die (ein-
malige) Benutzung eines öflentlichen Bades zu zahlen hatte. Da?
ist z. B. im Papyrus Sakkakiui gemeint mit der Bemerkung: „ßaXavsI
so und so A-iel" (Revillout, Rev. Egypt. III S. 121). Diese Be-
deutung ist hier aber schon durch die Varianten mit tIXo; ausge-
.«chlossen. Wir haben es vielmehr mit einer Abgabe zu thun, die
immer für ein ganzes Jahr zu zahlen war. Vgl. tö ßaX(av;x6vl
Toij X. SToUfe. Daher wird sie auch meist durch die üblichen Steuer-
behörden einkassiit, so durch den Ttpxy.TWp ßaXfavixoü) (ÜHO, 10o7)
oder TipaxTtop ipyup'.v.YjQ (passimj, und daher geht auch das Geld meist
an die königliche Bank (vgl. .3G6ff). Ein TipazTWp ßa?.aVciou ^'.Xoi.'(p'.ooz
begegnet in den arsinoitischen Tempelrechnungen (BGU 362 pag. 1,24).
Nur in 1368 und 1370, die beide aus der Zeit des Auguslus stammen,
und in 12()3, aus der Zeit des Tiberius, trägt der Erheber einen Sjie-
zialtitel, der mit ßa'' beginnt. i) Wir werden daher in dem ßaXavtxöv
eine Steuer zu sehen haben, und die schwierige Frage ist nur die,
wer zu dieser Steuer verpflichtet war. Wurde sie von allen Orts-
angehörigen gezahlt? Dafür könnte sprechen, dass sie gelegentlich
als Abgabe des und des Ortes bezeichnet wii-d. Vgl. 862: t6
ßaX(avtxöv) 'Qcfir^ou. Dann könnte man vielleicht annehmen, dass
die Steuer erhoben wurde, um dem Staate ein Aequivalent zu
bieten für die Unkosten, die die Instandhaltung öffentlicher Bäder
verursachte. Jlan konnte eine solche Abgabe mit demselben Recht
ein ßaXavixdv nennen, wie man mit yw[jiaT'.xdv diejenige Steuer
') Man möchte ein Wort bilden, das den Erheber des ßa>.av'.xov bezeichnete
— etwa ßaX(avE'.oitpä>cx(i)p) , nach Analogie von dxupoTcpäxxop. Doch das
Nächstliegende bleibt, wie im Text vorgeschlagen ist, ßaX(av£0;) zu lesen. Man
könnte danach annehmen, dass, als Augustus die Steuer einführte (s. unten), er
die Erhellung der Jahrcsgelder (hier cfdpo; und TsXog genannt) zunächst noch dem
Bademeister, dem ßaXavEÜs, überliess, der ja auch vorher die einzelnen Badegcldei
(balneatica) eingezogen hatte. Später wurde dann auch diese Erhebung den
ordentlichen Stcuercrhebern, den npäy.xofsf, überwiesen.
?^ 22. WK 1^AU!^TEUKK. 167
bezeichnete, die die Uukosten, die durch die Instandlialliiug der
Dämme verursacht wurden, decken helfen sollte. Ob dann für
die Benutzung des Bades im einzelnen Falle ein Eintrittsgeld zu
bezahlen war, lasse ich dahingestellt. Andrerseils bleibt die Möglich-
keit, dass die Abgabe nur von denen erhoben wurde, die das Bad
benutzten. Dann wäre das ßaXavtxdv iiu Grunde doch nichts anderes
als das balneaticum, das Badegeld, das in Form einer Steuer in
einer Pauschalsumme pro Jahr erhoben wurde. Ich sehe in unseren
Texten bis jetzt leider keine Handhal)e, um diese Frage mit Sicher-
heit zu entscheiden. Ehe wir sie weiter untersuchen, sei auf einen
singulären Ausdruck in ÜlT hingewiesen. Da wird quittirt ünep
(ji£p;a(|i.0'j ) ßaAiaveJwv) ouo. Dass das nicht bedeuten kann „für
zweimalige Benutzung des Bades", ist klar. Es bleibt wohl nur
übrig, anzunehmen, dass es in dem beti-effenden Orte zwei Bade-
anstalten gab, für die die jährliche Abgabe zu erheben war. Es
ist dies der einzige Fall, in dem die Zahl der Bäder angegeben
ist Diese Stelle könnte die Deutung nahelegen, dass unser ßa-
Xavtxov nichts anderes wäre, als das Pachtgeld, das die [itail'WTal
ßaXavsiO'j aus den Eintrittsgeldern aufzubringen und an den Eigen-
tümer abzuliefern hatten. In diesem Falle hier hätte der Zahler
zwei Bäder gepachtet. Wiewohl sprachlich gegen diese Erklärung
nichts einzuwenden ist — xo ßaXav.xöv x&O x. ziouq wüi'de gut
dazu passen — , ist sie aus sachlichen Gründen zurückzuweisen.
Vor allem sind die Summen, die hier gezahlt werden, viel zu
klein, als dass wir an die Ablieferung des Pachtgeldes denken
könnten (s. unten). Auch müsste ja danach eine Unmasse von
Bädern für Theben angenommen werden.
Zumal die Ostraka trotz ihrer grossen Zahl über die Natur
des ßa/.xvixöv so wenig lehren, sei hier kurz auf die Angaben
der arsinoitischen Tempelrechnungen verwiesen (vgl. Hermes XX
4.")U fi'. und BGXJ ;)(!2). Da sind zweierlei Abgaben für das
ßaÄavelov des faijümischen Dorfes ^tXaypi's zu unterscheiden :
1) die ä-ocpopa ßaXavcJcj xwfXTjj ^i^ayfiSoc. Diese ist ver-
pachtet au einen [j.iatl'WTris (p. IX 2). 2) das xiXsa^a, das der
Tempel des Jupiter Capitolinus zu Arsinoe für dasselbe ßaXaveiov
zahlt. Vgl. 15. VI 21, X 24. Dieses wird von einem upäxtwp
erhoben. Vgl. jj. I 24. Wie kommt der Jupitertempel in Arsinoe
dazu, die letztere Abgabe zu bezahlen? Ich habe im Hermes XX
168 IV. KAPITEL.
S. 450 angenommen, dass die Dörfer Tpixcofii'a, Ilupptlx u. s. w.,
für die er gleichfall.s xsXlajjLata oder Syjfioata -ceXiaixaxa zahlt,
Eigentum des Tempels gewesen seien. Ich möchte diese Ansicht
heute dahin niodificiren, dass der Tempel in den hetreffenden Dörfern
Grund und Boden oder Fabriken oder andere Steuerobjectc besessen
habe, für die er die Steuern zu zahlen hatte. Denn dass die ge-
sammten Dörfer ihm gehört hätten, wird durch den Text nicht
indieiit, und wird durch die niedrigen Summen, die er zahlt, jedenfalls
nicht wahrscheinlich. Im Dorfe OtXaYP''? gehörte ihm jedenfalls
nur die Badeanstalt. Denn dass er etwa als Grundbesitzer in diesem
Dorfe auch zu dem ßaXaviy.ov habe beitragen müssen, und dass
mit anderen Worten dies iiXea\i.x unserer Abgabe gleichzusetzen
sei, wird u. A. dadurch ausgeschlossen, dass von einem Grundbesitz
in (iJiXaypt; nie gesprochen wird. Wir gehen daher wohl nicht
fehl in der Annahme, dass das TeXssfia die Steuer ist, die der
Tempel als Eigentümer der Badeanstalt zu zahlen hat, dass die
von ihm verpachtete ömo^opä. dagegen eine Abgabe ist, die er von
den Bewohnern von OtXaypt? erhob, ebenso wie der Kaiser, nach
unserer obigen Deutung, ein ßaXavtotov in den Thebänisclien Dörfern
einforderte. Wir setzen also die auocpopa unserem ßaXavcxov gleich.
Leider giebt auch dieser Papyrus keine Antwort auf die Haupt-
frage, ob nur diejenigen zur Zahlung verpflichtet waren, die das
Bad benutzten, oder ob alle Bewohner des Dorfes herangezogen
wurden.
Wir haben noch nachzutragen, dass das jBaXavixöv nicht in
allen Nummern von den kaiserlichen Steuereinnehmern, den npiy,-
xope; ßaXavtxoü oder häufiger äepyuptx'^s (einmal 1061 äuaixTjTYjj
HepiOjjioö ßaXavixoü) erhoben wird, sondern in einer grossen Zahl
von Fällen vielmehr von den xsAwvao oder eTHXYjpyjxal {hjaaupoiJ
Espöv (vgl. 780 ff.). Hier handelt es sich also, wie es scheint, um
Badeanstalten, die nicht von der kaiserlichen Regierung, sondern
ganz wie in dem Berliner Papyrus, von den Tempeln unterhalten
wurden. Das ßaXavtxöv, das hier von xeXwvat erhoben wird, gleicht
also jener dmocpopä., die in dem Papyrus der in Diensten des Tempels
stehende jjuaS-wxi^s einzog. Die XEXwvat thjaaupoO Espwv unterlassen
es leider fast regelmässig, die Summe zu nennen. Nur an zwei Stellen
wird sie genannt (1251, 1252) und da werden nicht, wie man
nach dem Titel der Männer schliessen sollte, Artaben, sondern
§ 22. DIE BADSTEUEK. lÜ'J
Drafliinen genannt. Anf diese schwierige Frage werden wir in
Kap. VI einzugehen haben.
Versuchen wir endlidi, ob unsere Texte uns über die Höhe,
in der diese Steuer dem Einzelnen auferlegt wurde, Auskunft geben.
Die Untorsuchung wird wiederum dadureli erschwert, dass wir meist
nicht mit Sicherlieit sagen können, ob Katen oder Jahresbeiträge
vorliegen. Auffüllig ist, dass gewisse Summen, wie 1 Drachme
l^/o Obolen, ferner 4^/5 Obolen oder auch 2 Drachmen so sehr
häu^g, auch bei verschiedenen Personen, wiederkehren. Viel-
leicht gelingt es einem Anderen, das Princip, nach dem die
Höhe berechnet war, aus den erhaltenen Zahlen zu eruircu. Ich
möchte die Frage noch offen lassen, bemerke aber, dass es nicht
unmöglich ist, dass auch diese Abgabe, ähnlich wie die XaoypacpJa,
innerhalb der Ortschaften in gleicher Höhe erhoben wurde — aber
vielleicht zu verschiedenen Zeiten in verschiedener Höhe. So zahlt
z. B. Kaixrjxi? XlExsapTipeo'j; in Noxo? xal Al'Ij sowohl im J. 69/70
als 84,5 je 4 Drachmen (42!*, 4ß3), während 'Aßw; TipEaß'jxepo;
Ifsxoatpioj an die Steuerbeamten von Charax sowohl 134/5 als
aiich ]37/8 und 139/40 je 2 Drachmen 1/2 Obolen 2 Chalkus zahlt
(570, 583, 598). Diese letztere Summe zahlt aber auch, gleichfalls
für Charax, 'Etccüvuxo? Kafjnrjxto? im J. 132/3 (555). Das sieht
doch aus, als sei das damals der Satz für Charax gewesen. In
der früheren Zeit scheint man in Charax weniger gezahlt zu haben;
da sind die häufigsten Sätze 4V3 Obolen oder 1 Drachme l^/j Obolen
oder auch 1 Drachme 4 Obolen. Andrerseits ist bemerkenswert, dass
der höchste Satz, der sich bis zum II. Jahrhundert findet, 6 Drachmen
4 Obolen vom J. 108/9 auf die Ortschaft Apx(. . .) beschränkt ist,
von der uns keine anderen Sätze vorliegen. Die hohe Summe von
8 Drachmen, die sich in 065 findet, mag sich durch das Datum —
244/5 — erklären. Sollte sich diese Auffassung bestätigen, so hätten
wir anzunehmen, dass das ßaXavL>iöv nach Analogie des Kopfgeldes
aufgelegt war. Wie weit sich diese Analogie erstreckte, lässt sich
noch nicht sagen. — Völlig rätselhaft bleibt mir einstweilen die xp'!xTj
iJaXavstou, die in dem noch unpublicirten Berliner Papyrus P. 1394
(Zeit des Antoninus Pius) begegnet. Zwölf Drachmen werden dafür
gezahlt. Ebenda wird gebucht: Trp[o;6o(wv) ßajXxveiO'j + pq dxo.
Endlich haben wir noch darauf hinzuweisen, dass die Belege
für diese Steuer sämmtlich der Kaiserzeit angehören, von Augustus
170 IV. KAPITEL.
bis zu den Philippi. Für die Ptolemäorzpit liat sich bisher kein
Beispiel gefunden. BaXaveTa hat es sell)stvcrständlich aucli schon
in der Ptolemäerzeit gegeben (vgl. z. B. Mahaffy, Flind. Petr. Pap. II
S. 32). Aber wir wissen nichts von einer ähnlichen Abgabe, die
darauf lastete. Man mag damals einfach ein Badegeld im einzelnen
Falle gezahlt haben. Vgl. oben das Citat aus dem Papyrus Sakkakini.
Es hat danach den Anschein, dass erst Augustus diese Steuer
eingeführt hat. Auf römischem Gebiet möchte ich an das
publicum Inierdmnitum vedkjul huhicarum (CIL IX 5144) erinnern.
Vgl. dazu Marquardt, Privatl. d. Römer I-. S. 273.
In der römischen Zeit scheint die Verbreitung der Bäder in
Aegyjiten eine sehr grosse gewesen zu sein. Nicht nur in den Städten,
auch in den Dörfern waren Badeanstalten zu finden. Vgl. ausser
den schon oben berührten Beispielen BGU ISl, 12: Iv iw'. £v 7M\).r^
Baxy.äooc ,jaXav£iwi. Ueber Militärbäiler vgl. oben S. 163 f. Für
den mempliitischen Gau vgl. Pap. Leijjz. 27 Recto 5: ßaXav[, wo
Wessely ßaXXe liest. Auch auf dem Gutshof bei Hermuj)olis, der
uns durch Pap. Lond. CXXXI Recto (vom J. 78/9 nach Chr.) so
nahe gerückt ist, spielt xö ßaXavsTov eine Rolle. Vgl. Z. 24, 306,
335 u. s. w. Für die b^-zantinisehe Zeit vgl. Paji. Lond. CXIII 6''
(vom J. 633 n. Chr.), wo ein %zp\.yjjii]z Syj[io(atou) ßaXavEou aus
Ar.<innc begegnet. Derselbe in einer Urkunde bei Wessely, Denkschr.
AVien. Akad. 1880, S. 23',t. Die öti'entlichen Bäder von Alexandrien
nennt noch das XIII. Edict Justinians (c. 14). Diese Bäder sind
ein Kennzeichen der hellenistischen Kulturl
§ 23. TTtsp yJsipMva^iou) ßaXav£UT(ü)v).
Für Theben durch Kr. 527 (vom J. 120/1 n. Chr.) belegt. Der
ßaXxveuTTj; (gewöhnlicher ßaXavs'Jc) ist der Bademeister. Das
y^£tp(!)vx;;ov ßaXav£'jxöi)v ist also die Gewerbesteuer, die er für die Aus-
übung seines Geschäftes zu zahlen hat. Ueber die Höhe der Steuer lässt
sich aus diesem einzelnen Falle nichts erschliessen. Zur Gewerbesteuer
im Allgemeinen vgl. unten § 135. Es ist dies in unserer Sammlung
das einzige Beispiel einer Verwendung des Wortes yscpwvaEiov inTheben.
g 21. TeXo? ßacfswv.
Für Theben belegt durch 700 (184/5 nach Chr.), 1068 (1711
n. Chr.) uiiil 1516 (141/0 vor Chr.).
S 22^ 2b. 171
Diese von den „Färbern" ') erhobene Steuer (in der Kaiserzeit
als TsXo? bezeicluiet) ist als Gewerbesteuer zu betrachten. Ueber
die Höhe der Abgabe lässt sich aus diesen drei Quittungen nichts
Sicheres gewinnen. In der ptolemäischen Quittung 1516 ist nur
gesagt, wieviel der Steuerpäehter in dem betreöcndcn Monat au die
Bank gezahlt hat. Aus 1068 geht hervor, dass auch die Färber-
steuer, wie die anderen Gewerbesteuern, monatlich berechnet war.
Vgl: "Ea5(ov — tö y.aS-(fjxov) Te>.(oj) [iYjVÖ(g) Oufl-. So stehen
diese Ostraka mit unserer Haupturkunde über Gewerbesteuer, BGU 9,
im Einklang, die uns zugleich belehrt, dass damals, Ende des
III. Jahrh. nach Chr., die Gewerbesteuer der Färber ])ro Jlonat
24 Drachmen betragen hat (vgl. Col. II 7 AT.). Ob dieselbe Summe
auch schon Ende des IL Jahrh. n. Chr. (Nr. 700 und 1068) normirt
war, lasse ich dahingestellt. Immerhin werden die 8 Drachmen
4 Obolen in Nr. 700 sehr wahrscheinlich nur eine Rate darstellen.
Zur Gewerbesteuer im Allgemeinen vgl. unten § 135.
§ 25. To TOÖ ßoYj^OÖ TSAOC.
Für Koptos belegt durch Nr. 1084 und 1089.
BoTj-S-og ist eine ganz allgemeine Bezeichnung für denjenigen,
der einem Anderen helfend zur Seite steht. Dass in dem obigen
Ausdruck der ßorj{>'6; das Steuerobject, nicht das Steuersubject ist,
ist sicher. Unklar ist dagegen, auf wen der ßor/i^o; zu beziehen
ist. Man hat zwei Möglichkeiten. Entweder bezieht man ihn auf
die xaaaoTiotot, denen hier die Zahlung ihrer Gewerbesteuer quittirt
wird: dann würde die Abgabe dafür erhoben sein, dass sich der
betreffende xaaaoTiotoj einen [Boy]^^ös, sagen wir einen Geschäfts-
führer oder dgl. hielt. Oder aber man bezieht ihn auf den quit-
tirenden Beamten, den Pächter dieser Gewerbesteuer: dann würde
die Abgabe für die Mühewaltungen dieses Secretärs des Steuer-
pächters resp. als Beitrag zu seiner Salarirung erhoben werden.
Letzteres ist mir wahrscheinlicher. Jedenfalls sind uns solche ßoYj&ot
als Secretäre der Steuererheber gerade durch die Ostraka bekannt
genug. Vgl. Kap. VI.
') Ueber die Färberei im Altertum vgl. H. Blümner, Technologie I S. 215,
im Besonderen 220, wo über die aegyptisohe Färberei auf Grund von Plinius XXXV
150 gehandelt wird.
17:3 IV. KAPITEL.
§ 26. Tiloc, yspOLOV.
Für Theben belegt durch: 476, 574, 650, 660, 664, 680, 1040,
1059, 1060, 1063, 1064, 1067, 1073, 1077, 1332, 1410, 1551.
TipO'.oc ist eine in Aegyi>ten häufige, sonst seltene Bezeich-
nung fiii" den Weber. i) Das xeX&g yspScuv ist also die Gewerbe-
steuer, die die Weber für die Ausübung ihres Gewerbes zu zahlen
hatten. Ueber die Gewerbesteuer im Allgemeinen vgl. § 135. Die
Steuer wurde erhoben durch TsXövat yepoCiaxoO)^), die auch einmal
■csXwvat ieXous YspSctov heissen (1067), oder durch £7itir,pyjTal
"j'£p5(taxoO) (664).
Die Höhe dieser Gewerbesteuer zu berechnen wird dadurch
erschwert oder unmöglich gemacht, dass die thebanischen Schreiber
nicht wie die elephantinischen die Schlusszahlungen als solche be-
zeichnen. Wir sind daher immer in Zweifel, ob wir es mit Voll-
zahlungen oder Katenzahlungen zu thun haben. In einigen Fällen
sollte man nach dem Wortlaut annehmen, dass es sich um Ersteres
handelt. Vgl. 650: iy^onty — uTisp t£[Xgu;] ITaj^wv [na]olvo —
Drachmen 4. Vgl. auch 1332: Ersy^(o\itv) — x6 X£X(o;) uu(kp)
}jiT](v(I)v) ©wö- <l>a(I)y: 'Axi-üp — 6 Drachmen. Vgl. endlich 660:
lax(o[i.£v) — 'J7^(£p) äpt9'(jiyja£Wi;) <I>a|i£V(b^ xai Oap|ioO&t xö
X£X(os) — Drachmen 7 Obolen 1. Hiernach möchte man in den
beiden ersten Fällen je 2 Drachmen, im dritten je 3 Drachmen
3'/, Obolen als Normalsumme pro Monat annehmen. Das Divergiren
der Zahlen würde zu der Annahme fuhren, dass in verschiedenen
Jahren die Summen verschieden hoch berechnet waren. Aber
wahrscheinlicher ist mir, dass nur die Ausdrucksweise des Schreibers
incorreet ist, und dass diese Summen doch nur als Raten aufzufassen
sind. Nach 664 werden für einen Monat allein 8 Drachmen von
einer Person gezahlt, und in 1551 wird eine Zahlung von 4 Drachmen
für einen Monat ganz unzweifelhaft als Rate bezeichüet {ä-b xoö
xeXo'jj xoö Toßi). Dazu kommt nocli eine Nachtragszahluug von
2 Drachmen, sodass hier mindestens 6 Dracliijien den Monatsbetrag
ausmachen.
') Vgl. II. Bliininer, Technologie I S. Ifil.
'-) So wird aufzulösen sein, nicht yspSluv, wie ich im Textdruck meist
getlian habe. Die Form ■{Bfd'.a.v.iy entnehme ich dem Berliner Papyrus P. 1500.
§ ■J{\. DIK WEBEESTEUEH. — § 27. l'ÜU IHK L.VXDVEEMESSUXG. 173
s
Die Webersteuer Ijegegnct ausserdem im Berliner Pa])vnis
P. 1500 aus dem Faijum (III. Jalirh. u. Chr.), und zwar unter dem
Xamen YspS'.axdv. Sie wird hier sowohl für die (lYjxpözoXts (Arsinoe)
wie für den vo|i6s (Herakleidesbezirk etc.) bezeugt. Die Weber
waren also über den ganzen Gau verbreitet. Auch in BGU 471, 1
(IL Jahrh. n. Chr. Faijiim) ist mit den Worten r.xpx '(zpo'.wy auf
-ie hingewiesen. In BGU 617 zahlen eine Weberin und in I'ap.
Grenf. (II) LX ein Weber ihr ysipwvä^tov. Doch ist nicht klar
zu erkennen, ob die gezahlten Summen sich nur auf diese Gewerbe-
steuer, oder auch auf die daneben genannte xoTi^ "^P'X^S beziehen.
Vgl. unten § 181. Der Ertrag dieser Webersteuer rauss bei der
grossen Blüte und Bedeutung der Weberindustrie in Aegypten kein
geringer gewesen sein.')
§ 27. Ttop Ysa)|Ji£xp(a$.
Für Theben belegt durch Nr. 513, 576, 587, 593—595, 599,
677, 685, 688, 699, 1292, 1406, 1423, 1427, 1434, 1435, 1448,
1470, 1561, 1572, 1579, 1581.
Während die meisten Texte sich Abkürzungen erlauben, bieten
599 und 1435 das Wort ^eontzplxc, (sie) ausgeschrieben. Auch
in dem nicht publicirten Berliner Ostrakon P. 4362 findet sich
bnip Y£W(j.£xp£ag.
Es besteht wohl kein Zweifel, dass u~zp Y£W[i,£TpEa; der all-
gemeinere Ausdruck für eine Abgabe ist, von der die ÜTcäp yso)-
[itxpix^ ä|i7t£Xü)V(j)v und ^oivixwvtüv (vgl. § 12 und § 131) nur
Spezialisirungen darstellen. Es kann sich überall nur um dieselbe
Steuer handeln. Wir haben nun schon oben darauf hingewiesen,
dass die Abgabe u~kp Y£W[i£xpta; d[i7:£X(i)Vü)v in mehreren Fällen
nachweisbar in derselben Höhe erhoben wird wie die imep a|ji:i£Xa)V(üv,
d. h. wie die Grundsteuer für Rebenland, und bemerkten schon oben,
^) Büchsenschütz, die Hauptstätten d. Gewerbfleiss. S. 62/3. Für die
alten Zeiten vgl. Erman, Aegypten S. 594 ff. Wiedemann, Herodot II S. 147 ff.
— Ein Y^pS'.os unter den Jipsagüxspoi des Dorfes Muohis im Faijüm BGU
6, 13. Mehrere ylpöioi auch in Ptolemais Honiios im Faijüm, nach der Charta
Borgiana, vgl. III 10, IV 13, VII 34, wo überall yspäi; statt J.äpS'.s zu
lesen ist. Sollte das rätselhafte 'OpS-oütpou im Pap. Grenf. (II) LXXIX 1, 3
vielleicht öpS-oO^ou zu lesen sein (vgl. XivoUcpo;) und eine Weberspezijdität
bezeichnen ?
174 IV. KAPITEL.
dass liier -wahrscheinlich nur zwei verschiedene Ausdrücke für ein
und diesellje Sache vorliegen. Auch ein Blick auf Nr. 1301 be-
stätigt diese Annahme.') ^^'ir werden danach auch in den hier
vorliocrcndcn Urkunden Quittungen über Grundsteuer sehen, und
es fragt sich nur, wie es denn möglich ist, dass Zahlungen für die
Grundsteuer als ÖTiep yscöpiexpiag geleistete bezeichnet werden können.
Wir werden unten § 46 ausführlicher darlegen, wie die Um-
legung der Grundsteuer auf der Katastrirung des Bodens beruhte.
Diese Katastrirung aber basirte auf der yetojisTpi«, der Thätigkeit der
Y£())[ieTpa:, der Feldmesser. Sowohl Klassikertexte als auch Urkunden
lassen uns keinen Zweifel darüber, dass diese Kataster in Aegypten
sclion seit den ältesten Zeiten geführt worden sind, dass aber auch
durch die alljährlichen Nilüberschwemmungen, die vielfech die alten
Grenzen der Grundstücke veränderten und andrerseits alljährlich
') Die Abgabe &7rsp yEiojis-pia; ist mir sonst nur noch in BGU 5V2 — 574
begegnet, einer Liste aus dem Anfang des III. Jahrhunderts nach Chr., in der
in alphalietischer Folge Grundbesitzer mit ihren in Geld zahlbaren Steuern auf-
gezählt sind. Nach Angabe des Umfanges der Grundstücke (es begegnen
eXaiäve?, äjiTtslüivES und ■napaSs'.aoi) wird der Steuerbetrag genannt, und zwar
begegnen folgende verschiedene Arten: 1. Et5(ö)v). 2. Ysa)(]i£ip£a5). 3. v^ =
TxevxTjXoaxiis. 4. r,^ = d-cäö^i?- So viel ist wohl a priori sicher, dass einer
dieser Posten die Grundsteuer bezeichnen muss. Die beiden letzten scheiden
aus, da die Grundsteuer nicht als Ertragsquote erhoben wird. Man kann nur
schwanken zwischen eidiöv und YSions-pias. Gegen die Fassung von £l5og als
(jrundsteuer spricht aber Folgendes:
a. In Contracten wird mehrfach von dem verkauften Grundstück aus-
gesagt, dass es 7ia8-apiv äno 5r,|ioato)v -xal :;KVTd; Ei5ou; sei. Vgl. BGU 197, 14;
227, 19; 237, LS. Hier sind mit den 5rj|i6o:a oö'enbar die nauptsteuern (Grund-
steuer und Annona) gemeint, mit Ttavxo; (!) eTSo'j; aber sonstige Abgaben oder
Gebühren. Vgl. auch BGU 334,2: ÜTiEp |iovo5Ea[i(vj;) y^op-cmy xai äXXoJV ixtüv
(■= Eiäffiv). Vgl. auch 236, 9, wo zavxif siäouj hinter dem äpif>|iYjTtx6v ge-
nannt wird.
1). Die im obigen Text für die e'ioYj gezahlten Summen sind für die Grund-
steuer entschieden zu klein. So werden in 574, 5 für mehr als 71 Aruren nur
ca. 29 Drachmen gezahlt, also pro Arure noch nicht 4 Drachmen. Das ist als
Grundsteuer ganz undenkbar. Vgl. auch 573, 3. Dagegen passt der für die
YEO)|iexp(a sich ergebende Betrag durchaus zu den für die Grundsteuer bekannten
Sätzen. So werden in 572, 7 ungefiihr 36 Drachmen, und ebenda 10 ungefähr
45 Drachmen pro Arure gezahlt.
Ich komme somit zu dem Resultat, dass auch dieser Papyrus dafür sjiricht,
dass wir in der Abgabe ü-sp ystoiiEXpJaj die Grundsteuer zu sehen haben.
:t.
175
die Ertragsfahigkeit des Bodens in verschiedener Weise bestimnitoii.
alljäliBÜche Revisionen des Katasters notwendig waren. Herodot
II 109 erzählt, Sesostris habe Jedem einen gleich grossen xXfjpog
zugeteilt und danach eine arco^opYj alljährlich von ihm eingefordert.
Ei 5e Tivo; xoö xXTjpou 6 7roxa|iöi; zi TcxpiXoixo. iX-ä'wv «v "pö?
aÜTÖv sai^iJiatve xo ycysvTjIiIvov. '0 es (seil. ^Isowoxpi;) B~t\iTzs.
xo'j; i-:'jy.z'\)0\i.iyo'Ji ■/.%'. ävxusxpvjaovxa; Saw IXdtaawv 6
ywpo; yl-'ove, oy.wj xoO Äci-cO -/.axä 'ki'{V) xf,: xsxayiJtsvr;; ä-o-^opfj;
xsAeo:. Vgl. Diod. I 82, 2. Diese bewunderungswürdige Genauigkeit
in der Evidenzhaltung des Katasters, die die gerechte Erhebung der
Grundsteuer zum Zweck hatte, ist ebenso auch in der Ptolemäerzeit
und auch in der Kaiserzeit weiter durchgeführt worden. Schon
aus Strabo's Worten (XVII p. 787), „avxYXYj Syj ävaiiexpsloit'a'. TixX'.v
xal -äX:v" war es zu entnehmen. Die Papyrusurkunden führen
uns jetzt noch tiefer in das Detail hinein. In BGU 12 habe ich
einen Text publicirt, der den Bericht einer Inspectionscommis.?ion
enthält, die vom 14. Juli bis 14. Oktober 181 n. Chr. (also während
der Ueberschwemmung!) den Themistes - Bezirk des Arsino'i tischen
Gaues bereiste, um die Dämme und sonstigen Schutzvorrichtungen
zu inspiciren (vgL Z. 16).') Ihre Thätigkeit wird als e-iaxs'ji'.s
bezeichnet. Im Gefolge der zuständigen Gaubeamten befand sich
auch ein Geometer, von dem es Z. 27 heisst: [Y]ew[X£XpoOvxoc xal
^'jXo|i,£xpo'jvxGg 0£o5(i)p[ou xoü] SwxYjpi^o'j ÄTIO vo[JioO 'Hpa[x]Ä£c-
■ix(oX£xou) Y2W[Jt£xpo'j. Wenn es sieh an dieser Stelle auch um die
Ausmessung der Dämme etc. zu handeln scheint, zeigen doch wieder
andere Texte, dass gelegentlich dieser oder ähnlicher iiv.'TAk.'lfV.z,
die eventuellen Veränderungen im Grundbesitz vermessen und in die
Kataster eingefügt wurden. So heisst es in BGU 563 I 11: 1^ dirta-
x(e(];£ü)s) q*^ [«JTzö aix'.xwv ^o:(v:x(i)vg;) -.f:o(pt[io'j) \- rj. Also so
') Das Bruchstück einer ähnlichen Urkunde habe ich in BGU 490 pu-
blicirt. Geometer begegnen auch in den Flinders Petri Papyri (III. Jahrb. vor
Chr.). Vgl. Petr. Pap. (II) I, 1 ('Aa-vivoSmpo'j '(zis>y^i\i^ax>). In (II) XXXVI
werden mit Hilfe eines Geometers die fertiggestellten Dammarbeiten vermessen,
ganz wie in dem oben citirten Berliner Papyrus (über 400 Jahre später). Als
Geometer erscheint auch hier ein Mann mit griechischem Namen ('Ap(i65'.cij),
doch ist sein Stellvertreter ein Aegypter (.uaiaoüx'.og). Ein Grieche ist auch der
'AaxXTiTCäSTis 5 7tpoxsX£'-P'-0|J.Evos :ipö; t7)i YenV^tpia'- im Pap- Leid. L (II. Jahrh.
vor Chr.).
17(1 IV. KAPITEL.
und so viele Aruren waren es auf Grund der lut'axetf't? des 6ten
Jahres. Noch genauer ist die Angabe ebenda in II 17: xal i^
SJ^Lax(£([ietü;) TzpoQ yeoixCexptav) !^^ ■&'£o[ü] Tpa[t]a[voO. Vgl. 18:
iE, i-'.<j/.(i'\itiüi) yS Tißspiou TLAstto iTTftJypCafylvxa). In den hier
hervorgehobenen Jahren war zum letzten Male eine Veränderung in
den Grenzverhältnissen der betreffenden Grundstücke eingetreten und
notirt worden.')
Trotz der nahen Beziehungen zwischen der Landvermessung
und der Grundsteuer, wie sie aus den angeführten Daten hervor-
gehen, ist und bleibt es sehr auffallig, dass in unseren Quittungen
UTtep Y£(i)|ieTpta; heissen soll: „für die (durch die Landverraessung
festgestellte) Grundsteuer". Dennoch scheint mir aus den oben
augeführten Gründen diese Deutung gefordert zu werden. Wir werden
unten in § 71 einen ganz ähnlichen Bedeutungsübergang in der
Formel vnkp Äaoypafftag kennen lernen. Dies übersetzt man all-
gemein, und mit Recht, „für die Kopfsteuer", und doch bedeudet
Xaoypa^ia nichts anderes als die „Volkszählung". Die Volkszählung
leistet aber für die Ermittelung der Kopfsteuer dasselbe, was die
Landvermessung für die Ermittelung der Grundsteuer. Es steht
also in beiden Fällen das Mittel für den Zweck.
Was für Bodenarten in den vorliegenden Urkunden gemeint
sind, in denen weder aixTieXwvej noch i^otvcxwvej erwähnt werden,
lässt sich nicht bestimmen. Da die Steuer regelmässig in Geld
bezahlt wird, können wir nach unseren sonstigen Resultaten nur
sagen, dass es sich wahrscheinlich um Reben- oder Palmenland,
') Auf die Revision der Flurbücher bezieht sich offentiar der Ausdruck
Ttpis ävaiiitpTjaiv iu zwei Wiener Pachtcontracten vom Jahre 301 und 305 n. Chr.
Vgl. Cl'K XL und XLI. Man wird ihn in beiden Fällen auf die vorhergehende
Angabc des Flächeninhaltes der Grundstücke beziehen müssen. In XL ist wohl
nur durch Versehen des Schreibers eine andere Bemerkung dazwischengetreten.
Fraglich ist nur, ob damit auf die letzte äva|i£Tpr,a'.5 hingewiesen wird, oder
auf die bevorstehende. Im crsteren Falle hätte mau wohl eher Kaxä statt npig
gesagt. Es soll also wohl heissen: So und so viele Aruren, vorbehaltlich der
eventuell bei der diesjährigen Wiedervermessung eintretfenden Grenzverschiebungen.
Doch ist die andere Deutung wohl nicht ganz ausgeschlossen. Wessely's Erklärung
ist auf alle Fälle abzuweisen. Auch im Pap. Grenf. (I) LIV 10 steht unmittelbar
hinter dem Flächeninhalt des Grundstückes der Zusatz Jtpöf äva|iETpY|3'.v ox^ivicu,
wo noch besonders auf die Benutzung der Messschuur hingewiesen wird. Vgl.
BGU 526, 13 und iiamentliih 58G, 9. Vgl. auch CIGr. III 4957 Z. GO/61.
§ 27 — 29. 177
Obst- oder Gartenland handelt. Uelier die Höhe der Taxe lässt
sieh ebensowenig etwas ermitteln. 'j Ob das o'. in 15(Jl, 2 zu oivou
zu ergänzen ist, ist sehr zweifelhaft.
TeXog yvacpaXXoXoyMv.
Siehe unten § 63 unter t£/.o; xaaaoTioiwv.
§ 28. 'Tr^kp caTiUoucftov?).
Am Schluss von Nr. 1395 (Theben, vom J. 6G/7 n. Chr.) stehen
die Worte uTcep 5x7l( ). Zuerst glaubte ich, oa7:(av/j[iaxo$)
auflösen zu sollen. Doch folgende Betrachtungen führen zu einem
anderen Resultat. Der Form nach sieht die Urkunde ganz so aus, als
wenn sie eine Gewerbesteuerquittung enthalte. Vgl. xb ziloz © w^)" •I'aöjipt.
Da die vorhergehende Nr. 1394, die von denselben Personen handelt,
im Wesentlichen denselben Text, mit Ausnahme von u) Sx) enthält,
so scheint dieser Zusatz entbehrlich zu sein. Hierzu würde die
Annahme passen, dass damit das spezielle Gewerbe bezeichnet wäre.
Unter dieser Voraussetzung wüsste ich keine andere Erklärung
vorzuschlagen als 5a7:(:5'j^(i()v) im Sinne von „Teppichweber".
Zwar ist dieses Wort durch imsere Nr. 1213 sowie durch Pap.
Paris. 5, col. 19,1 gerade für Theben in der Form xxnlou^cQ belegt.
Aber auch wenn wir nicht bei Schriftstellern-) die Nebenform Sktlc;
neben xaict? hätten, würde ich ein derartiges Schwanken in den
Dentalen unserm aegyptischen Schreiber W£[i[jiu)v9'y;; durchaus zu-
trauen. — Ist dies richtig, so ist auch 1394 als Quittung für die
„Teppichwebersteuer" aufzufassen.
§ 29. Asapö.
Für Syene — Elephantine belegt durch Nr. 1(J4, 106, 114 —
119, 121, 123, 125, 128—130, 140, 141, 144, 148, 151, 152,
154—156, 158, 165, 201, alle aus dem II. Jahrh. nach Chr.
') Das fj(iiau in 1572 kann wohl nur bedeuten, dass die Hälfte der ganzen
fälligen Steuersumme bezahlt wird (vgl. iö 8 in 275), oder aber dass eine halbe
Arure das Steueroliject ist. In 576 und 1427 (beide aus demselben Jahre) steht
e/ [lEpou; ^ r.ip.T.zo'j (iepcj;, was wohl nur bedeuten kann, dass hier i der
Gesammtsumme gezahlt wird. Mit der Y^miJ-'tp-O' speziell hat der Zusatz nichts
zu thun, wie er denn auch bei der Dammsteuer vorkommt.
-) Vgl. z. B. Synes. Epist. 61 (ed. Hercher): AxK'.Sa \iB-xiXr,y -wv Alyur:-
xiu)v v.tX.
WiLCKEN, Ostraka. 12
178 IV. KAPITEL.
Die Erklärung des Wortes 5e!3[i6; hat schon den früheren
Bearbeitern der Ostraka grosse Schwieriglceiten bereitet. Fröhner^)
wies zweifelnd auf oaofiög hin und übersetzte es danach mit „dime".
!Mit grösserer Entschiedenheit trat Conrad Leemans'-) dafür ein,
dass ttG\i6i nur eine dialektische Variante für Saaiidj sei. Ich
kann mich dieser Aniialiiiie nicht anschliessen, weiss aber leider
lieine sichere Lösung des Rätsels zu geben. Ich beschränke mich
darauf, einige Thatsachen hervorzuheben, die für die sachliche
Erklärung zu berücksichtigen sind.
1) A£a[i.oö steht immer nur unmittelbar nach der Erwähnung
der Xaoypa'fia. Wenn diese in mehreren Eaten gezahlt wird, so
folgt &£a[xoO der Schlussrate. Vgl. 123, 140.
2. AsajioO tritt mit demselben Augenblick in unseren Ostraka
auf, wo zum ersten j\Ial die Xaoypa^ta von 17 Drachmen auf 171
erhöht begegnet.
3. Für den osajjiö; wird stets i Obolos gezahlt.
4. Die Summen für Xaoypaiyta und 0Ba\i.6c, werden, wie etwas
Zusammengehöriges, regelmässig zusammenaddirt (zu 17 Dr. 1 Ob.).
5. In Xr. KiO steht zum ersten Male 17 Drachmen 1 Obol für
die AaoyfÄ-^ix. ohne dass der Seafiöc erwähnt wird. Darauf in
167, 182 u. s. w. Dagegen findet sich wieder die Trennung in
XoKi-(pa.tp'.a, und oto^iöq (zu 17 Drachmen J Obol und J Obol) in 1(35
und 201.
Hieraus ergiebt sich: Der Seajxös hängt mit der Xaoypa^ta
eng zusammen, ja der für den §£aji&; gezahlte halbe Obol wird
geradezu als für die Xaoypa^ta gezahlt aufgefasst.
So viel wüsste ich zur Zeit über die sachliche Bedeutung zu
sagen. Wie alier das Wort ozü\).6q hiernach zu erklären ist, ist
mir völlig unklar. Auf Vermutungen will ich verzichten.
§ 30. Ta S7j[jL6aia.
Für Theben belegt durch Nr. 7ü7, 898.
T« 5rj|jLÖa:a (seil. TcXEOfiaxa) ist eine sehr gebräuchliche all-
gemeine Bezeichnung für die öffentlichen Abgaben und I/isten.
•) Rev. Aicheol. XI S. 427 A. 30.
■-) In einer besonderen Abhandlung über „Rcwijzeu van betaalde bebisting
op potsclierven" in „Mededeelingen der kouinküjlce Akademie van VV'eteuscha])pen,
Letterkunde Dcel XI" Amsterdam 18G8.
§29 — 32. 179
Vgl. BGU 18, 13. 39, 16. 87, 20. 94, 17. 103, 9. 15.3, 24. 11)7, 11.
227,19. 234,19.- 339,21. 3ö0, 9. 468,21. In 767, wo Srintwv
oöenbar für SYj[xoat(!üv verschviebeii ist, bedeutet es im Spezielleren
die Grundsteuer. In 898, wo es in einer dem rächtor ausgestellten
Privatquittung neben xb Ix-^op'.ov steht, wird es allgemein auf die
finanziellen Verpflichtungen hinweisen, die laut Contract der Pächter
übernommen hat. Auch hier kann die Grundsteuer darunter ver-
standen werden. Ueber die ^y\\s.öü'.x in Nr. 413 fl'. vgl. unten ^ 74.
§ 31. Ttop SioixT^ascog.
Wir erwähnen diesen in den Ostraka mehrfach begegnenden
Ausdruck hier nur, weil man leicht auf den Gedanken kommen
könnte, dass damit eine bestimmte Steuer gemeint sei. Das ist
aber nicht der Fall. Vielmehr bezeichnet er nur das Ressort, in
welches die betreffende Steuer abgeführt wird. jNIit der ototxyjatg ist
die weltliche, im Besonderen, wie es scheint, die Gemeindeverwaltung
gemeint, während mit dem Parallelausdruck ÖTiJp lepaxixoü oder
I tepöv auf die Tempelverwaltung hingewiesen wird. Vgl. Kap. VI.
§ 32. Ttc^p ootX&v.
Für Syene— Elephantine belegt durch ]S"r. 85, 163, 164, 169,
für Theben durch 578, 600, 605, 610, 613, 622, 625, 633, 637,
1291, 1429, 1477, alle aus dem IL Jahrh. n. Chr.
Nur in 163 und 164 steht ö-£p \itp:a\s.o\) SiuXwv, sonst
immer einfach uTtIp S'.-Xwv (voll ausgeschrieben in 605, 613, 1291,
1477). Ich habe zur Zeit keine Vorstellung davon, was wir uns
unter den StuXä zu denken haben. Ich erinnere nur daran, dass
in den „Actenstücken zur kgl. Bank in Theben" IV 17 tä xk'Öt^-
II (xovxa) oi7tX(ä) begegnen. Da die Abgabe in 163 und 164 als
''< [J,£p'.a[x65 bezeichnet ist, so wird sie, die Richtigkeit unserer Aus-
führungen in § 75 vorausgesetzt, kopfsteuerartig verteilt gewesen sein.
Dafür könnte man anfuhren, dass Nr. 633, 637, 1291, die alle für
dasselbe Jahr quittiren, dieselbe Summe (1 Drachme) nennen.
Andrerseits müsste in 164, verglichen mit 163, eine Ratenzahlung
angenommen werden.
12»
180 IV. K^VriTEL.
§ 33. i-'izzp ctwpuyoc.
Für Elepliautiue belegt durch Nr. 259, für Theben durch 577.
628, 673, 1440, alle au.s der Kaiserzeit.
In 259 i.st von der Lesung (f_[op]GU Siöpuyog nur das zweite
AVort sieher, das ei-stc dagegen sehr unsicher. In 577 ziehen är.oi.:-
T/ixal [jL£p'.a|ioO oiwp'jyo; PolöiIiyS^q die Steuer ein. Dieser „Königs-
kanal" begegnet auch in 1440, wo daneben der „Frauenkanal" genannt
wird. In 628 vfird bizip SLti)pUY(os) quittkt, sowie iu 673 urap •
6Ki)(puY0S) $tX(üvo(s). Es ist schon im Test angemerkt w^orden,
dass dieser letztgenannte Philonkanal, der hier üiir die Kaiserzeit
bezeugt wird, auch im Pap. Paris. 66 begegnet, der, gleichfalls aus
Theben, dem III. Jahrh. vor Chr. angehört.^)
Zu dieser „Kanalsteuer" ist wenig zu bemerken. Für die
Wichtigkeit der Kanäle Aegyptens, dieser wahren Lebensadern des
Landes, Belege bringen zu wollen, hiesse Eulen nach Athen tragen.
Augustus konnte das römische Regiment gar nicht besser einführen,
als indem er das unter den letzten Ptolemäern verkommene Kanal-
netz restaurirte und erweiterte.-) Die Kanalverwaltung bildete
einen der wichtigsten Verwaltungszweige, und der Kanaletat wird im
Gesammtetat eine hervorragende Rolle gespielt haben. Zur Deckung
dieses Etats ist eben die „Kanalsteuer" bestimmt. Denn etwa an
eine Kanalgebühr, die für einmalige oder mehrmalige Benutzung
der Kanäle gezahlt würde, zu denken, wird dadurch ausgeschlossen,
dass die Abgabe für das ganze Jahr aufgelegt (628) und Monat
für Monat bezahlt wurde (673, 1440).
In welcher "Weise diese Abgabe umgelegt wurde, nach welchem
Princij) der Anteil des Einzelnen bemessen wurde, ist leider aus den
vorliegenden Fällen nicht mit Sicherheit zu ersehen. In 259 werden
von mehreren Personen zusammen 512 Drachmen gezahlt, doch ist
hier leider, wie oben bemerkt, der Zusammenhang nicht klar. In 577
zahlt eine Pei-son 2 Drachmen 5 Obolen 2 Chalkus — offenbar eine
Rate, in 62S ein Anderer für das Jahr 145/6 22 Drachmen
') Der Papynis scheint zwei Philonkanäle zu untei-seheiden, erstens (1. 41 f.)
-fjV -/.aJ.o'juivYjV 4>i>.tovos, r^q -ri zz6\i7. y.siia'. sv xßi na9-uptTif)i, und zweitens
(I. 40) -cr,v «tO.tavog iTjv sv zf,: itdÄEi. Im Petr. Pap. (II) 6, 5 begegnet ein
Kleonkanal. Der ist oftenbar nach seinem Erbauer, dem in diesen Texten mehr-
fach genannten Baumeister Kleon genannt.
-) Suet. .\ug. 18. Dio Ca.«s. LI 18,1. Aur. Vict. Epit. 1.
äj 33. DIE KANALSTEUER. — § 34. 181
SOboleii; fiii- ilasseÜH' .lalir 145 U wcnlcii in 14 In tüi' iliii Königs-
uutl ilcn Fraucnkanal pro ^loiuit 'Aop^avö; 2 Dracliinen 4 Obolcn
gezahlt (£i; äplQ-iir^aiw \vqvo:; 'ASpiavoO). Diese inniiatliehe Be-
rechnung liegt auch iu GTo vor.
Daraus, dass die einzelnen in Betracht komiueudcn Kanüle
meist mit Namen genannt werden'), scheint mir zu folgen, dass nicht
alle Unterthaueu zu einer allu'enieinen „Kanalahgalie" herangezogen
wurden, sondern immer nur für dcu einzelnen Kanal die anwuhneude
Bevölkerung, für die die Instandhaltung des betreäeudeu Kanales
eine Lebensfrage war. Ich lasse dahingestellt, ob daraus folgt, dass
die Bewohner in verschiedener Weise herangezogen wurden. Das
Material reicht einstweilen zur Beantwortung dieser Frage nicht aus.
Wir werden unten bei der Dammsteuer (§ 136) nochmals darauf
zurückkommen. — Die vorliegenden Urkunden stammen aus der
Kaiserzeit. Es ist aber wohl kein Zweifel, dass auch die Ptoleinäer
diese Abgabe erhoben haben. Ilireu Fortbestand in der byzantini-
schen Zeit bezeugt eine Quittung bei Wessely, Denkschr. Wien.
Akad. 1889, S. 247, wo gezahlt wird bTz{e.p) MsyäXYj; Atwp('j)Y(o)s.
Ausser dieser in Geld zu zahlenden Abgabe hören wir von
einer Verpflichtung der Bevölkerung, ihre Arbeitskraft der Regierung
zur Instandhaltung der Kanäle zur Verfügung zu stellen. Da diese
Kanalarbeiten mit den Dammarbeiten eng zusammengehören, so
werden wir unten in § lo6 beides gemeinsam behandeln.
§ 34. TTLsp cpax(tJifjs).
Für Theben belegt durch Nr. 408.
Nach diesem Ostrakon zahlen ein Vater und sein Sohn öizep
3p3tx((i'^;) MepivoCvsJwv) für das Jahr 57,8 n. Chr. zu.sammeu
2 Drachmen. Es wird also jeder 1 Drachme gezahlt haben, und das
wird eben die Drachme sein, nach der die Abgabe ihre Bezeichnung
hat. Zur Erklärung dieser Abgabe habe ich zur Zeit nichts bei-
zutragen. Ich verweise nur darauf, dass auch im Pap. Paris. 67, 13
(II. Jahrh. vor Chr.) neben verschiedenen anderen Steuern wie vtxpt-
xfjs etc. auch 5pxx[J.7js geschrieben steht. Und in Pap. Par. 62 V 19
wird unter den Zuschlägen bei Zahlung der Biersteuer auch Er-
wähnung gethan x'^; u-07.£:|ji£vr;i; elc, ttjv STitaxeu'JjV 5pa)(|ifjS a (|itä?j.
') Vgl. BGÜ 10, 17: A'.ojp'JXo; Bo'jßiao-O'j). .\ueh hier ist die Steuer als
die für einen bestimmten Kanal bezeichnet.
182 IV. KAPITEL.
§ 35. EIBo; oder xlXc; syxuxXiov.
Für Theben belegt durdi 1051, 10Ö6, 1378, 1454, 1599.
Vgl. auch 473.
So uusielier auch die Erklärung des "Wortes k-fKXJKXio^ ist
(s. unten), so kann doch über das Wesen dieser Steuer kein Zweifel
bestehen. Es ist eine Verkehrssteuer, die die Veränderungen im
Besitzstand der Bevölkerung belastet. Vor allem wurde der Kaui'
(wvtq) von Mobilien und Immobilien von dieser Abgabe betroffen.
Die TZEVT/jy.oaxY) wvi'wv, die wir unten in § 138 besprechen werden,
ist daher ihrem Sinne nach nur eine spezielle Abart des allgemeinen
Begriffes des xeXo; ayotuv-Atov. Immerhin möchte ich die Frage
offen lassen, ob tbatsächlich nicht ein prinzipieller Unterschied zwischen
beiden bestanden hat. Das iyxüy.X'.ov ist uns, abgesehen von den
obigen Ostraka, sonst vielfach durch die Beischrifteu der griechischen
und demotischeu Contracte überliefert, in denen eben über die Zahlung
dieser Abgabe von der königlichen Bank quittirt wird (die fälschlich
so genannten „trajjezitischen Register"), und zwar wird sie — bisher
liegen derartige Beweise nur aus der Ptolemäerzeit vor — in der
Hohe von -^ oder -^ des Wertes erhoben (s. unten). Die Ver-
mutung liegt daher nahe, dass dieses eyxuxJvtov nur von solchen
Käufen erhoben wurde, die einer contractlichen Fixirung bedurften,
wonach sie etwa unserer heutigen Stempelsteuer entsprechen würde,
dass dagegen die TTsvcrjv.oaxrj (iviwv eintrat, wo ein solcher Contract
nicht nötig war, wie z. B. in dem gewöhnlichen Marktverkehr. In
den erhaltenen Contracten handelt es sich meist um den Kauf von
Häusern oder Bauplätzen, auch von bestimmten Rechten.') Die
Sklavenkäufe, die in lOüG und 1454 zum ersten Älal in Verbindung
nüt <lem sy/'j/Aiov auftreten-'), würden die Vermutung, dass es sich
beim syx'jxÄwv um contractlich stiiiulirte Käufe handelt, nur be-
stätigen. Sollte eine genauere Untersuchung dieser Verhältnisse, die
sehr nötig ist, zu dem Resultat führen, dass ein solcher Unter-
schied zwischen dem lyy.uy.Xtciv und der TcevxTjXoaxY) tüvicdv nicht
bestand, so müsste man nach dem bisher vorliegenden Material an-
i
') Vgl. das Beispiel bei Droysen, Kl. Sehr. I, S. G.
■•') Auch in Kyzikos war das Kaufen von Sklaven (ävSpaTtoSoJvir,) mit
einer Steuer belegt. Vgl. Dittenberger, Syll. n. .'J12.
§ 35. DAS ENKYKLION. 183
nehmen, dass die Kaufsteuer, die zur Ptolemäerzeit -^g oder jL be-
tragen hatte, von den Kaisern — oder einem der letzten Ptolemiier —
auf r,V hcraliirpsetzt worden sei. Einstweilen ist mir diese Annahme
sehr unwahrsclioiulieh.
Das iyv.uv.Xiov umfasst jedoch nicht ausschliesslich nur die Kauf-
steuer (xsXo; wv^s). Wir haben ein Beispiel dafür, dass auch die
Abgabe für eine contractlich stipulirte Teilung (Siaipsa:;) unter das
lyvuv.Xio'^ fiel^), und auch dieses xeXo; Oiaipeaew; beträgt ebenso wie
damals die Kaufsteuer -fy. Ferner wird in der von Revillout-) be-
handelten Londoner Bilinguis auch für ocopsä an das TEÄwviov^) toO
ifXüxXiou gezahlt. Auch die rätselhafte yaÄxiata flicsst el)eu dorthin
(vgl. § 15.5 u. 214). Freilich handelt es sich hier wohl nur um
Zuschlagszahlungen. Ich vermute, dass auch die nach Grenfell (Ij
XXVII col. 3,10 für eine Trapay^wpTjOt; an die Bank gezahlte Ab-
gabe zu den iyvjy.Xioc gehört. "Wir können hiernach diese Steuer,
die den Wechsel des Eigentums trifft, zu den Verkehrssteuern zählen.
Zur Geschichte dieser Steuer verweise ich auf Revillout, Proceed.
Soc. Bib. Arch. XIV, S. 120 f. Hier seien nur die Hauptpunkte
hervorgehoben. — Schon Psammetich I. hat die Steuer eingeführt,
und zwar als osy-aTT; (tV)- Die Ptolemäer haben sie übernommen
und zunächst in dieser Höhe belassen, bis Ptolemaios V Epiphanes
sie auf oig herabsetzte. Wenn Revillout aber meint, dass Ejjijjhanes
diese Reduction in seinem 9. Jahre (vgl. Rosettana!) vorgenommen
habe, so wird diese Annahme durch den inzwischen hinzugekommenen
Petr. Pap. (II) XL VI c als irrig erwiesen. Dieser Text zeigt viel-
mehr, dass die Steuer bereits im vierten .Jahre des Epiphanes -^^
') Vgl. ■\Vieu. Pap. 26 bei Wessely, Wieu. Stud. III, S. 5 f.
-) Vgl. Proceed. Soc. Bibl. Arch. XIV, 1802, S. Gl.
^) Es ist m.W. das einzige Mal, dass hier auf dem Contract die Zahlung
an da-s xsXwvtov toO ä'Cx.UY.XicD notirt wird. Sachlich kommt dieser Stelle die
Suliscription des (i'.39-a)Tr^; im Pap. Paris. 1 7 am nächsten. Sonst wird ge-
wöhnlieh ein weiteres Stadium des Geschäftsganges gebucht, nämlich die gemäss
der vom ä.-n'.ypa.!fsi)i gegengezeichneten Abrechnung (äiaypacpi^) des lEXcövr,;
an die B;mk (xpocTte^a) vollzogene Zalilung. Wiewohl in diesen Baukquittungen
dem Wortlaut nach der Contrahent es ist, der die Steuer an die Bank zahlt,
thut es in Wirkliclikeit der Steuerpächter, nachdem er vorher von dem Con-
trahenten das Geld in seinem ieXüv.ov empfangen hat. Das Merkwürdigste ist,
dass hier nicht nur der Käufer, sondern auch der \'erkäufi'r für das k-i-/.''y/.'/,:^'i
zahlt. Es ist m. W. das einzige Beispiel.
184 rv. KAPITEL.
betnig.i) Wann die Keductiou vorgenommen ist, lasse ich dahin-
gestellt. In dieser Höhe von ^l ist die Steuer dann geblieben, bis
Euergetes II. sie wieder auf -^ erhöhte. In der griechischen Tra-
dition begegnet diese oexa-Tj m. W. zum ersten jMal wiedci- im
44. Jahre des Euergetes II (= 127,6 vor Chr.).'-)
Für die Kaiserzeit wird der Fortbestand der Steuer ausser
durch obige Ostraka auch durch einige Papyri bezeugt. Vgl. Pap.
Paris. 17,21: 'Epfj.oyevvj; KatxtXtou [iwS-wf^? etSoug lyxuv.Xcou xal
•j7:cx£i|iivtov ßxatXr/.fj ypa\i\>.oi,'CBiy. xxX. Er quittirt über den Em-
pfang von TO Y^'"''^!^^'^'^''' "cs^-^^s "c^iS 7ipox£itJi£vr/S wvfj?. Die wvi^
ist in dem vorhergehenden Kaufcontract spezialisirt. ^'gl. ferner
Pap. Berl. Bibl. 21,9: iv'/.oxXzi(ou) ^tx; Pap. Leipz. 5 Pect. 5: £vxux-
Xz'.ou 2[(a) [ita9'[ü)T(Ji)v. Im Berliner Papyrus P. 6957 Col. I. (vom
J. 48 nach Chr.) wird das evxuxXtov für einen Kauf von Haus und
Hof in der Stadt Arsinoe gezahlt. Doch über die Höhe der Abgabe
ist leider allen diesen Texten der Kaiserzeit nichts zu entnehmen
(s. oben).
Was bedeutet hier nun das Wort eyxuxXto?? Seit Boeckh ist
es üblich, es mit „gewöhnlich" zu übersetzen und diese „gewöhnliche"
Steuer sich im Gegensatz zu „ausserordentlichen, besonders aufer-
legten" Zehnten oder Zwanzigsten zu denken.^) Allerdings wird
syx'jxXioj u. a. auch in der Bedeutung „gewöhnlich" überliefert.
Ich kann mir aber nicht denken, dass man diese Verkehrssteuer,
die doch um nichts gewöhnlicher war als die Kopfsteuer, die Grund-
steuer etc., speziell als die „gewöhnliche" bezeichnet haben sollte. Ich
') Mahaffy liest hier in Z. 14: tots ^f<-i = "xai xo . . 7] z'.\i.oc,7 xvji
c.,./J yX (_- -.^,_ £Yxu-/.Xiu)i si-ztoax'»)'.?) zv.e p. Am Original las ich folgemlcrmassen :
xö -s ~ >- (ist oben übei-gcsohrieben) cp;; — c "/.ai x6 Ytvo|iEvov x^'. ä'[v.uv.X{iio:)
^T/.z p. Die kühne Vermutung von Mahaify (Empire S. 314) „the imposing of
this tax may have beert one of the causes of Epiphanes' murder" hat nichts für sich.
*) Im Pap. Turin, n. 23G, wo ich am Original las: £[ig] XY]v l. Für
3000 Dr. werden 300 Dr. Steuer gezahlt. Lunibruso's Edition in Atti della
R. Acad. d. Tor. 1868/9, S. 691 ff. bedarf mancher Cprrectureu.
') Vgl. Droj-sen, Kl. Schriften I, S. 17. Anders Revillout, der a. a. O.
S. Gl xeXwv.ov -oü eyxuxXCou übersetzt mit: „xsXüviov de cette p^riode de
location de l'impöt". Aehnlich Lumbroso, Rech. S. 322: „Le terme d'encyclion,
avcc lequel on designait le droit du dixieme, du vingtiJme, donnS en ferme,
en exprime bien l'annualite, la periodicite." Jlit deuiselben Recht hätte jede
Steuer, die auf ein Jahr verpachtet wird, svx'jx^tos genannt werden können.
§ 35 — 37. 185
möchte von der Grundbedeutung des Wortes ausgehen und sy/.'j-
xXto; als das sich im Kreise bewegende fassen. Sollte man nicht
unter xa h(vJj'^.'k'.(X. die Verkehrsobjecte oder besser die sie repraesen-
tirenden und im rmlauf befindlichen Werte als „die im Kreise
sieh bewegenden" gemeint haben? TeXo? äyxüxXiov würde dann im
Sinne von izkoc, xcöv lyxuxXiwv stehen und nichts anderes als die
„Yerkehrssteuer" bedeuten. Der Umlauf der Werte ist es ja gerade,
der durch diese Steuer getroffen wird.
§ 30. To 3t;xp'.ti-/.6v.
Für Syene-Elephantine belegt durch Nr. 136, [137].
Das eJsxptTtxöv wird eine Abgabe sein, die für das Etgxpivea'ö'at,
für das Hiueingewähltwerdeu , gezahlt wird. Den Schlüssel zu
dieser merkwürdigen Abgabe giebt wohl die Thatsache, dass die
Zahler in beiden Fällen ein priesterliches Amt bekleiden. Das z'.q-
xptxtxov scheint danach eine Gebühr zu sein, die der König (der
Erheber ist ein Tipaxxtop) von demjenigen erhob, der in die
Reihe der xaaa^^dpot 'A[i[i(j)vos (?) hineingewählt wurde. Es ist
a priori nicht unwahrscheinlich, dass auch von anderen Priestern
ein solches elgxptxtxov eingefordert wurde. Es wäre zu untersuchen,
bei welchen Priestertümern ein sE^xpEvsa&xt überhaupt statt fand.
— Es ist hervorzuheben, dass in beiden Fällen — von verschiedenen
Personen — dieselbe Summe, 8 Drachmen 3 Oboleu, gezahlt wird.
§ 37. 'Excpopiov.
Für Theben belegt durch Nr. 898, 1024, 1027, 1237, 1262.
Ps. Aristoteles Oecon. II 1,4 bezeichnet als die wichtigste Einnahme
der satrapischen Oekonomie die ätiö x'^i; yT]?, auxYj Ss lax'.v, y,v ol jiev
v/.<föp'.o^i Ol 5£ SsxaxYjV -po^aYOpEÜoiiaiv. Wiewohl hier unzweifel-
haft mit dem Wort £X-^op:ov die Grundsteuer bezeichnet wird, ist
mir doch kein einwandsfi-eies Zeugnis dafür bekannt, dass diese
Bedeutung auch in den Urkunden der Papyri und Ostraka begegne.
Vielmehr bezeichnet es hier regelmässig, so weit ich das Jlaterial
überblicke, den Pachtzins, den der Grundeigentümer (xl-qpo'T/oc
oder Y£oöX°S) ^'°^ *^^™ Pachtbauern (y£ü3py6s) erhält. Da die
Frage im Zusammenhang noch nicht behandelt ist, mögen einige
Beispiele hierher gestellt sein.
186 I^'- KAPITEL.
1. Petr. Tap. (II) II, 1 (Zeit des Pliiladelphos ). Mehrere
Pächter führen KUige gegen den exaTOVxäpoupoc; Lysauder, von
dem sie den xXfjpos gepachtet haben ((na*waa[jL£V(öv r,iiwv). Die
Pacliturkunde hatte den Zeitpunkt für die Zahlung der iv.tf6pix
bestimmt. (Z. 10.) 0
2. Petr. Pap. (II) XXIX b, c, d (III. Jahrh. vor Chr.). Die
drei Urkunden handeln von xXfjpo:, die ihren Eigentümern (vlr,-
pofjx°0 abgenommen und et; t6 ßaatXtxöv zurückgezogen sind.
Diese v.XrjpoO'/o<. hatten vorher ihre v.Xfipoi an yewpyoi verpachtet
(vgl. b, 6: auYY£Ypa(pö-ai 'AXxsTav npö? 'HXiöSwpov tov yetüpyöv
xoö xX^pou Mah.) und dabei im Contract die Höhe des exi^opiov
festgesetzt (vgl. b: excpopEou TaxTOU). Nach meinen am Original
gewonnenen Lesungen beträgt das Ix^optov in b 1 Artabe (nicht
31, Mab.), in c i)ro Arure 3 Artaben (nicht 93, Mali.), in d gleich-
falls pro Arure 3 Artaben (nicht 93, Mab.). Diese £xq;&pia sollen
nun nach der Einziehung der xXyjpot an die königliche Kasse ge-
zahlt werden.^)
3. Für die Kaiserzeit ist vor allem eine Stelle im Edict des
Ti. Julius Alexander von Bedeutung. CIGr. III 4957 Z. 31:
"Actxov yap iozi tgü; wvyjaa[i£vou; xTi^[JiaTa xat Xinäc, aCcrwv a;i&-
SovTa; (L; SYjiJioatou; yewpyous excpopia dcKociTEiad-ai xwv tSi'wv
loatpwv. Hiermit ist ausdrücklich hervorgehoben, dass die Grund-
M Die Pächter haben nach dem Contract 500 Artaben "Weizen zu zahlen.
Um diese enorme Summe zu begreifen, wird man anzunehmen haben, dass Ly-
sander ihnen seine sämmtliclien 100 Aruren in Pacht gegeben liat. Das würde
für die Arure ein £y.cf6p'.ov von 5 Artaben ergeben — eine Summe, die zu den
oben angeführten Beispielen gut passen würde. Zu diesen Verpachtungen der
y.?.^p&i Tgl. Petr. Pap. (II) XXXVIII a, wo zwei Leute von einem -upiay.ovTd-
poupo; 1 seines xJ.^po?, also 20 Aruren gepachtet haben. In Petr. Pap. (II)
XXIX d verpachtet Lysanias seine 25 Aruren an einen Bauer; Z. 8 ist zu lesen:
ou]YY£Ypäcf9'a'. Ausaviav npig • [ ■ ■ • tov fBmpjöv'] zoü xXVjpou ]X! ^-s-
-) Anders fasst der Herausgeber Mahaffy die Texte auf. Ich construire
folgendermasseu (z. B. b): ,,An Acholpis (Name des Beamten, der den Befehl
erhält). Betreffs des x?,f,po; des Alketas, der zur Domäne eingezogen worden
ist (lies: Toü 'AÄ-/.itou . . . vJkripou toO ävEiX7j|ji|ji.Evou) hat uns der Urkunden-
benahrer Aiwllonios einen Contract vorgelegt, den, wie er sagte, Alketas mit
Heliodoros, dem Pachtbauer des y.Xf;po;, unter Festsetzung von 1 Artabe Pacht-
zins geschlossen hat, und sie haben den üblichen Eid geschworen, dass die Pacht
auf so ^nel von ihnen festgesetzt sei. Dieser Pachtzins soll nun in die könig-
lichen Magazine vermessen werden."
§ 37. DER I'ACIITZIXS. 187
eigentümer nicht zu den ix^opia herangezogen werden dürfen, sondern
nur Leute, wie beispiclshalber die oy,\>.6a'.o'. YEWpyoi, die nicht üo'.a
ISäiy/j bebauen. Die Grundeigentümer zahlten vielmehr Grundsteuer.
Folglich sind Grundsteuer und £x«p6pia zwei verschiedene Dinge.
Letzteres bezeichnet eben den Pachtzins, den der Pachtbauer zahlt,
gleichviel ob er von einem Privaten oder vom König das Land in
Bebauung genommen hat.
4. Der Wiener Papyrus 31 1) (Zeit des Augustus) j^pricht von
Yswpyo'j? ccpeQ.ovtag iy.cfopia ßaatXfixä). Das sind Bauern, die
die Bebauung königlicher Domäne übernommen haben. Ihre Ix-
(popia. werden daher correct als ßaatXtxa bezeichnet.
5. Pap. Leipz. 6 Recto :ipricht in Z. 1 von £x<p(6piov), in Z. 2
von [Aioil-fwaii;).
6. BGU 39 und 227 (vom J. 18G n. Chr. und l.')l n. Chr.)
sind Pachtcontracte, in denen die vom Pächter zu zahlenden dxcpopia
festsresetzt werden. In 3'J werden für 5 Aruren 221 Artabeu, also
pro Arure 4| Artaben, in 227 für 1 Arure 6 Artaben gefordert. —
In BGU 360 werden die yetüpYO'', die Pachtbauern, aufgefordert,
das excpoptov an die neuen Eigentümer, die das Grundstück gekauft
haben, zu zahlen. — In BGU 52ö (Pachtcontract vom J. 8G/7)
verpflichten sich die Pächter, im Voraus x-^jv xwv äx^opowv -cijjirjv
zu zahlen. • — In BGU 538 (vom J. lOU n. Chr.") werden gleich-
falls die ixcpipiy. für den Pächter festgesetzt.
7. BGU 408, 411, Pap. Genev. 13 .sind Quittungen, die der
Grundeigentümer Qftouyß»^) seinem Pachtbauer (yewpYOs) für Zahlung
der ix^öpta ausstellt. Ebenso Pap. Lond. CXXXIX vom J. 48
n. Chr., ausgestellt vom Kleruchen seinen yetöpYGi. Diese leiten zu
unsei'en Ostraka über.-)
Wir dürfen es hiernach wohl als ein gesichertes Resultat be-
trachten, dass (las ix^^dpLOV den Grundzins des Pächters bezeichnet.
Unsere Xr. 1027 und 1262 schliessen sich diesem Ergebnis ohne
Weiteres au, da hier ausdrücklich gesagt ist, dass der Zahler des
ix<p6pcov der Pächter des Feldes ist, ebenso Xr. 898 (vgl. f/; i'(t(hp-
YTjaag |iot Y'^i?)- ^^ letzterer Xummer werden tö Ix'^op'.ov und ix
') Wessely, Wien. StuJ. IV. 1882. Derselbe, d. griech. Pap. d. K.iis.
Samml. Wien 1885. S. 22.
^) Vgl. jetzt auch die M'ieuer Pachtverträge im CPR I, die unsere obigen
Ausführungen bestätigen.
188 IV. KAl'lTEI..
Sifjjicata, die öffentlichen Lasten, unterscliieden. Wir werden aber
auch berechtigt sein, in 1024 und 12o7 die Zahler für Pächter zu
halten. So entsprechen sie ganz den oben unter Nr. 7 angeführteu
Quittungen. 1) Da in den obigen Ostraka die Verpächter überall
Privatpersonen sind, so haben wir es hier nicht mit einer öffentlichen
Abgabe zu thun.
Dass ausser dem Wort sx^öpicv auch cpopoi; in dieser Be-
deutung begegnet, haben wir unten in §§ loo ausgeführt. Es ist daher
wohl nur ein Pleonasmus, wenn der Pachtcontract CPR CCXL 2, 6
von ixtfjopiou xai lyopou ä7io'ca[xTou] spricht.
§ 38. 'EXaiV.a.
Wir stellen in diesem Paragraphen diejenigen Ostraka zusammmen,
die sich auf das Oel beziehen. Im Allgemeinen verweisen wir auf
GreufelTs Eevenue-Papyrus, der uns gelehrt hat, dass Oelfabrication
und Oelhandel vom König monopolisirt waren.-) In den Ostraka
geschieht des Oeles in verschiedenen Verbindungen Erwähnung.
Wer Pflanzen baute, die zur königlichen Oelfabrication ver-
wendet werden, musste natürlich, wie jeder andere Grundbesitzer,
eine Grundsteuer zahlen. Diese wird durch unsere Ostraka mehr-
fach bezeugt, uud zwar für Krotoupflanzer durch 727, 729, 737,
741 , 743, 1608, für Sesampflanzer durch 763, 1520, für Knekos-
pflanzer durch 730, 13.53. Diese Pflanzen treten auch im Revenue-
Papyrus als die für die Oelfsibrication wichtigsten hervor.^) Wie
MahaffÄ-^) vermutet, mag die Olive, die Strabo (^XVIl S. 809) im
Faljüni und in den alexandrinischen Gärten — aber sonst nirgends
in Aegyj)ten — kennt, erst durch die griechischen Colonisten
eingeführt sein.^) Diese Kroton-, Sesam- und Knekoslieferungen
') Der Schreiber von 1022 meint jedenfalls aucli in erster Linie das
sx<föp'.GV, wenn er sagt: ly_u) xä OTaS-Evxa 5ia i:^; n'.iS-mastüj cj siiiaS-toja oot
xz-Tipca. Vgl. auch 758 und 75'J. Letztere Nummer wird mir erst verständlich,
wenn ich annehme, dass ao: in Z. 3 verschrieben ist für |iOt.
'■') Eine königliche Oelfabrik hatte ich schon in den ,,Aetenstücken der
KgL Bank zu Theben" S. ä!)/CO nachgewiesen.
■'i Vgl. die Jlitteilungen von E. P. Wright bei ürenfell, Rev. Pap. S. 124/5.
*) Rev. Pap. S. XXXV f.
') Oder sollte der König etwa nur die Fabrication von Sesamöl, Krotonöl etc.,
nicht aber die von Olivenöl monopolisirt haben? Vielleicht sind beide Ver-
§37—38. 189
wealon mm teils in den S'Yjaaupöc, wo sie dann zunächst lagerton,
ddcr aber direct in die köuiglichcu Oelfabriken (sJvatoupyla ) abge-
führt (so in 7P)7, 741, 743, 16U8j. Dass diese Lieferungen nichts
anderes als die Grundsteuer darstellen, besagen die Texte aus-
drücklich. Vgl. 737: eEs xv^v sraYpla^rjv), 743: uTtep tötiou. Vgl.
§ 46 und § 124. Selbstverständlich -wurde diese Grundsteuer in na-
tura abgeliefert und nicht durch Geld abgelöst, da man ebei^ zur
Fabrication die Katuralioii lirauehte, ein Anderer als der König
sie aber nicht verwenden durfte. Vgl. Rev. Pap. 39,19 f- Dass
diese Grundsteuer nach demselben Princip wie die anderen erhoben
wurde, zeigt Kr. 763, wonach für jede Arure 3 Artaben Sesam zu
liefern waren.
Weniger klar sind diejenigen Ostraka, in denen über die xiijlt]
iXaiou quittirt wird. Vgl. 318, 659, 1502, 1595. Hier handelt
es sich offenbar überall um Erlegung des Kaufpreises für Oel.
Nach dem Revenue-Papyrus können im Allgemeinen nur zwei Gruppen
von Käufern in Betracht kommen, einmal die xaT^vjXoo etc., die den
königlichen Beamten das Oel zum weiteren Betineb abkauften i), und
dann das Publicum, das von diesen Zwischenhändlern sein Oel
bezog. In den obigen Ostraka ist es nicht immer klar, welches
Verhältnis vorliegt. In 318 wird einem XoyeuTvic, einem Beamten,
der auch im Rev. Pappus eine Rolle spielt, die Zahlung von 3000
Kupferdraehmeu bIc, tcixtjv eXaoou quittirt. Leider ist die Mitte des
Textes noch nicht genügend entziffert. Auch 659 und 1502 lassen
manche Frage offen. In 1502 ( wohl Privatquittung) ist wenigstens
Eines klar, dass der Zahler das Oel empfangen hat (ou £X.^-S^-
In 1595 findet sich der Zusatz: xwv IvTaü-S-a axpax£U[iaxü)v (vom
J. 258 n. Chr.). Der Zahler wird hier ein Militärbeamter sein,
der für die am Ort stationirten Truppen das Oel kauft. Da diese
(Quittung ihrem Schema nach für eine Bankquittung zu halten ist
mutungen dahin zu combiniren, d.iss der König von der Monopolisiruug des
Olivenöls Abstand nahm, um zur Einführung der Olivenkultur in Aegypton zu
ermuntern.
') Ich glaube, dass dieser Zwisclienhandel nicht freiwillig war, sondern
als Xs'.TOUpY'-a betrachtet wurde. Sonst hätte es ja leicht kommen können, dass
einmal keine Kauf leute da waren, die geneigt waren, dem König das Oel abzu-
kaufen. Es heisst auch Rev. Pap. 47,14, köjov äii — TimXsiv. So haben wir
hier wohl die Verhältnisse vor uns, die iu Dig. 50, 4, 18, 19 berührt werden:
elaeemporia aptid Äle.rftndrinos patrimonii viuniis exütimatur.
190 IV. KAPITEL.
(ebenso wie 659), so folgt daraus, dass dieser Militärbeamte
nicht von den Zwischenhändlern kauft, sondern direet von der
königlichen Verwaltung. Dasselbe ergab sich in ;U1, wo Salz für
die Tru]ipcn gekauft wird (vgl. S. 145).
G:\uA unbestimmt drücken sich Nr. 687, wo ünkp §Xaio(u), und
1230 aus, wo für EÄaVv.öjv quittirt wird. Eigenartig ist Nr. 333,
wo 'eine Zahlung £•; zb £la:o(upYWv) für xp[a(i[a(T(i)v)] [toO «Sap-
|x]o'jt1". erwähnt wird.
Endlich sei erwähnt, dass in 1157 ztk&yai sXaVpä; begegnen.
Doch hat der Inhalt der Urkunde mit diesem ihrem Amt nichts
zu schaffen. Auch auf 1603 — 1605 sei hingewiesen, in denen ein
Sto'.xYjxVj; die £/,aio'jpYla anweist, gewissen Personen so und so viel
Oel zu verabfolgen. Hieran ist interessant, dass noch in byzan-
tinischer Zeit eine staatliche Controlle über die Oelfabrikeu ausge-
übt wurde. ^) ■ — In 1236 werden für Krotonöl 4 Obolen gezahlt.
§ 39. To iixßaBi5t6v.
Für Theben belegt durch 1024, 1237, 1262, 1358, für Koptos
durch 1080, alle aus der Ptolemäerzeit.
In 1024, 1237 und 1262 wird das i{i,ßa0Lxöv neben dem
ix^cpiov genannt. Daraus ergiebt sich (vgl. § 37), dass auch das
e[jißa0!.7.6v eine Abgabe ist, die von den Pächtern an die Grund-
eigentümer gezahlt wurde. Zu dieser Annahme passt, dass es in
1080 heisst: tö evßaoiy.ov -f;; y/J? [lou. Auch 1358 setzt dieser
Annahme kein Hindernis entgegen.
Aber was bedeutet ejißaoixöv? A.bleitungen von zb e[ißa56v
oder 6 l[ißaoöc:, an die ich zuerst dachte, befriedigen in keiner
Weise. Die richtige Deutung gab Mommseu, der es als „eine Ab-
gabe des Pächters für den Eintritt in das Grundstück" auffasst.
Wir werden xb l[i.ßaSiy.dv danach von -^ i[i^a.oix ableiten, das im
Lexicon rhet. Bekk. An. p. 249, 18 folgendermassen erklärt wird:
'EußaxsOax: 7.al l[ißaT£ia £3-'.v V) vuvl XEyojjilvyj 2tä tgO o e[ji,ßaS£a,
TÖ TÖv 5av£'.a-'^jV £|ißaT£Oaa; xcd zlqEld-er^ etg xä y.T)^|xxTa xoO
6üox,p£0'j iwv/^jp'.ÖL^o'/za. xö Sav£'.ov. Zu dem Wechsel von S und x
I
') Dagegen werden in B.GU 612 Oelfabriken erwähnt, die oline Zweifel im
Privatbesitz sind (a. öG/7). Vielleiclit erkl.ärt es sicli nach dem auf S. 188
Anm. 5 gesagten dadurch, dass hier OÜTenöl jiroducirt sein mag.
§38 — 40. IUI
vgl. übrigens Nr. 1;158, wo £(ißax;[x]oO geschrieben ist. Andrer-
seits vgl. BGU lOl, 16: EvßaosÜEtv. Diese Abgabe, durch welche
der Pächter für die Dauer der Pachtzeit sich in den Besitz des
Grundstückes setzt, wurde je nach den Bestimmungen des Contractes
in Geld oder in natura gezahlt. In 1237 (Genuiseland) wird Geld,
in 1.S58 Weizen geliefert.
Falls meine Ergänzung in 358 lilioc,) £n(ßaStx6v) richtig ist,
so nuisste der Zahler ein Pächter von königlicher Domäne sein, da
die Zahlung an die königliche Bank erfolgt. Doch ist die Ergänzung
nicht sicher.
Mspia[xci? ivXc''|inaToc TSAtov'.y.oO.
Vgl. unten § 138.
§ 40. To SVVOIAIOV.
Für Syene-Elephantine belegt durch 44, für Theben durch
325, 1510, 1540, für Hermonthis durch 319, 324, für Krokodilo-
polis durch 1620.
Das äwöfitov^) ist schon von Boeckh (CIGr. I 1569) als vecti-
gal pecuarium, als Weidegeld erklärt worden. In derselben Be-
deutung, also der römischen scriptura entsprechend, kehrt es in dem
Palmyrenischen Steuertarif wieder (vgl. Dessau, Hermes XIX S. 523).
Hier ist namentlich die Wendung [x]G)v Se ItlI vo^iyjv \Lfzxjo-
|i£V(üv . . il'pefi.jiXTWv ö-^eiXtad'Ct.i . . von Interesse, weil hiermit aus-
drücklich darauf hingewiesen wird, dass eben die Benutzung der
Weide — natürlich der Gemeindeweide — durch das Vieh das
Steuerobject bildet.
Dem entsprechend heisst es in unserer Nr. 319: svvo^tov
XTyj(vil)v) — „Weidegeld für das Vieh". Von -besonderer Bedeutung
aber ist 1540 (vom J. 14/3 vor Chr.), wo angegeben wird, dass das
') Das Weidegeld begegnet ausserdem in BGU 485. Erwähnt wird es bei
Jlahaffy, Petr. Pap. (II) S. [132]. Auch BGU 478—480 berühren diese Ver-
hältnisse. Es sind Meldungen der e7ctT7jpif]Tal vojiSv (so, nicht vö(iu)v) $tXo)-
TSptäos, d. h. der Aufseher der Weiden des Dorfes Philoteris an die ßißX'.ocpü-
Xaxsj 8r||ioaiü)v Xö-cojv. Sie melden, wie es scheint, dass in der und der Zeit
nichts eingekommen sei in ihrem Aufsichtsdistrict (sii'.xr/prjais), „weil es kein
Vieh in dem Dorf gebe". Das zweimalige 9-Ep|iaxa muss ein Provinzialismus
des Schreibers für S-pefiiiaTa sein. Vgl. das häufige xopy.65£'.>.og für xpoxöSsiXo;.
Iil2 IV. KArlTEI,.
evvö|Ji[OV für 42 Schafe (Trpoßaxa) gezahlt wird. Daraus dürfte
folgen, dass die Höhe des £Vv6|jiiov nach der Zahl der auf die
Weide geti'iebeneu Tiere berechnet wurde. Es braucht nur noch
liinzuffefugt zu werden, dass es sich in den vorliegenden Fällen
überall um königliche Weideplätze handelt, denn die Zahlungen
erfolgen au die königliche Bank. Die Erhebung dieses Weidegeldes
war an Pächter vergeben. Sicherlich gab es auch andere Weiden,
die im Besitz von Gemeinden oder von Privaten waren. Wir
werden also das obige lvv6{Jiiov zu den privat^\ii"tschaftlichen Ein-
nahmen des Königs zu rechnen haben.
§ 41. Tö ivoLXiov.
Für Elephantine belegt durch 292, für Theben durch 644.
ÜöA, 661, 671, 1420, 1469, 1580, alle aus der Kaiserzeit.
'EvoJxiov bezeichnet das Mietsgeld, das der Mieter (evotxo;)
seinem Mietsherrn, dem Hausbesitzer, zahlt. Die Wendung unzp
t/oi'/.ioo Hesse hiernach die Deutung zu, das in den obigen Quit-
tungen die Zahlung des Mietsgeldes bezeugt würde. Doch dann
müsste, da es von den staatlichen Organen eingetrieben wird, überall
der Staat der Hausbesitzer sein, was sehr unwahrscheinlich ist.
Gehen wir von Nr. 292 aus. Da lieisst es: bTzip Ivoiy.wu
oixcöv Y- Hier kann unmöglich das Mietsgeld gemeint sein, das
der Betreffende für seine Wohnung zahlt, denn durch drei Häuser
hindurch wird niemand zur Miete wohnen.^) Vielmehr kann nur
das Mietsgeld gemeint sein, das er aus den drei ihm gehörigen
Häusern bezieht. Und so werden wir auch in den übrigen Fällen
üräp Svoixiou deuten: für die Miete, die der Betreffende als Haus-
besitzer einnimmt. Wir haben es also mit einer Vermietssteuer zu
thun, die auf den Hauseigentümern lastet. Oder mit anderen
Worten: es ist eine Gebäudesteuer, die nach dem Ertrag der Miete
erhoben wh-d. In welcher Weise die Steuer umgelegt wurde, lässt
sich aus unseren Texten leider nicht erkennen. Ich will nur er-
wähnen, dass derselbe XaxaßoO; TlavaiiEws im J. 119 und im
Jahre 121 (vgl. 671 und 142(t^ je 84 Drachmen zahlt. Daraus
folgt nur, dass sein Hausbesitz sich in dieser Zeit nicht verändert hat.
') üeber die Verteilung der Familien in den Häusern geben interessante
Aufsehliisse die kürzlich von mir edirten Urlcundcn KGIT 49.3 — 510. Auch
die zahlreichen v.a.'' ciy.iav ä-OYpacat bieten viel Material.
§ 40 — 44 l'J3
§ 42. 'iTOp in{. . . .).
Für Theben belegt durch Xo. 533 und 676.
In beiden Urkunden steht bnizp) £■*, d. h. iizl^. . . .), xal äXXuv.
Der Älöglichkeiten, s? zu ergänzen, sind so viele, dass ich auf einen
Vorschlag verzichten muss.
§ 43. ' Euapoupiov.
Für Theben belegt durch 332, 352, 1532, für Herniontbis
durch 350, für Knptos durch 1234, alle aus dem II. Jahrh. vor Chr.
Das Wort STkapoüptOV, das sich voll ausgeschrieben in 350
findet, ist unseren Lexicis bisher unbekannt. Die Bedeutung^) kann
nicht zweifelhaft sein: wie eTt'.xscpaXtov die Steuer bezeichnet, die
auf dem Kopfe lastet, so muss iTiapouptov die sein, die auf der
Arure lastet. Wir haben also ein Wort vor uns, das so recht
geeignet ist, das, was wir Grundsteuer nennen, zu bezeichnen. Es
ist gewiss nur ein Zufall, dass das STcapoüpiov in den obigen Fällen
immer mit Geld bezahlt wird, also in Anwendung auf Wein-,
Palmen-, Obst- und Olivenland steht. Ich wüsste nicht, weshalb
man nicht auch die in natura gezahlte Grundsteuer für Weizeu-
und Gerstenland inocpoüpiow hätte nennen sollen. Zur Grundsteuer
im Allgemeinen vergl. § 46.
Das Wort begegnet mir auch in einem Berliner Papyrus
(P. 142'2) aus der Zeit des Kaisers jVIarcus ( £[TC]apouptO'j 'f/X^^"
[cj]av). Hier wird es in Beziehung auf Tiapxostaog, auf Gartenland,
gesagt. Bei Grenfell (U) LXV (aus dem 11./ III. Jahrh. n. Chr.)
steht ivapoup'.ov als Bezeichnung für eine Abgabe. Ich vermute,
dass £/iapo'jptov zu lesen ist.
§ 44. TTilp imßoX(-^s).
In 1472 (Theben) bezahlt ein gewisser Panameus ö-'tp Itz:-
ßoX(yis) \ (= xaÄdv-cwvj ß xoö a(ÜToO) ß L (= 254/5) 4 Drachmen.
'ETütßoXT^ bezeichnet eine Abgabe, die als Zuschlag auferlegt wird.-)
•) 5 inäpoupos ist als Gärtner oder „Landmann" überliefert. Wie hier
ävi^p , so ist bei STiapoupiov etwa xsJ.sjjia zu ergänzen. Daraus erklärt sich
die Verschiedenheit der Bedeutung.
^) In dieser Bedetitung als Zusehlag spielt die SJf.ßoXi^ im Justinianischen
Recht eine Rolle. Vgl. Zachariae T. Lingenthal, Gesch. d. Griceh. Rom.
Rechts', S. 228f.
WlLCKEK, Ostraka. 13
11)4 IV- K.M'ITEL.
Vgl. BGU 519, 15 (IV. Jalirh. nacli Chr.): xwv Srjjjioaowv xal ävvovSv
y.ai TaVTcitov iTitßoXöv. Pauameus zahlt also die 4 Drachmen
„für den Zweitalent-Zuschlag des Jahres 254/5". Die Art, wie das Jahr
angefügt ist, macht es wahrscheinlich, dass es sich nicht um eine
ausserordentliche, einmalige oder gar nur den Panameus betreffende
Abgabe handelt, sondern um eine allgemein und jährlich erhobene. ')
Im Uebrigen ist mir die Bedeutung dieses Zuschlages völlig dunkel.
Die geringe Summe von 2 Talenten legt den Gedanken nahe, dass
die Ei-hebung der Abgabe auf einen bestimmten Kreis, sagen wir
auf die Ortschaft, zu der Panameus gehört, beschränkt war. Voraus-
gesetzt, dass w-ir es hier mit einer Vollzahlung zu thun haben, und
dass jene 2 Talente, wie wahrscheinlich, kopfsteuerartig distribuirt
waren, so würden die 2 Talente oder 12(l00 Drachmen auf eine
Bevölkerung von 3000 Steuerpflichtigen für diese Ortschaft führen.
Doch die Praemissen sind ganz unsicher.
§ 45. To iraY2V7j[JL(x.
In 1027 wird das iTZ'.-(b/ri\i(x neben dem lx-.föpLov als eine
Abgabe erwähnt, die der Pächter eines Grundstückes dem Grund-
eigentümer zu liefern hat. Das Wort, das auch sonst, z. B. im
Kevenue-Papyrus häufig gebraucht wird, begegnet in einem ähn-
liehen Zusammenhang wie hier auch in Petr. Pap. (II) IT, I, wo in
Z. 19 sTOyEVTjjiaat (so auch Revillout, Melanges S. 272) statt ztü
Y£vr,[iaai (Mah.) zu lesen ist. Nur ist der Unterschied, dass die
iTZ'.'(V^ri\iO!,zx dort dem Pächter zukommen. Es wäre denkbar, dass laut
Pachtcontract die ini'^e.vfi[ixia., il. h. der Ueberschuss, der über die
zu erwartende Ernte (Y£Vi^|iaxa) hinaus erzielt wird, an Pächter
und Veiiiächter geteilt würde. Doch können die Contracte darüber
sehr verschiedene Bestimmungen getroflfen haben.
§ 46. 'H sraypacff^.
Für Syene belegt durch 295, für Theben durch 703, 709,
712, 722, 733, 735-737, 1253, 1489 (=1254), 1355, 1.356,
ltJ19, 1G21, 1(J22, alle aus der Ptolemäerzeit.
') Darum scheint mir die andere liedeutung von In'.ß^/.T, als ,, Geldstrafe"
hier nielit am Phitz.
§ 44 — 46. 195
Die angeführten (Quittungen liezielien sieh siinnntliili auf Na-
turallieferuugeu. In 712 werden Linsen vermessen, in 7ii7 Krotou,
in 1489 Gerste, iu allen übrigen "Weizen. Die Steuer wird regel-
mässig mit der Wendung (lEjisxprf/.sv £i; tYjV £-'.y?ä'^9jv toO x.
siouc eingeführt. Der Ort der Ablieferung wird meist ausserdem
mit tli xov {iTiaaupov oder einmal tl- tg £}.a:ODpY!ov bezeichnet.
'H iTz:'(px'fy] ist also der Name der Steuer, für welche die Natu-
ralien geliefert werden. In einigen Fällen ist hinzugefügt, dass
diese Steuer für einen bestimmten 167105 gilt. Das geschieht ent-
weder mit der Wendung \jr.ip toü töttcj, wie z. B. in 7i55, oder
aber der Topos ist im Genetiv direct von s-typa'fYj abhängig ge-
macht, so iu 1253, 1619, 1G20, 1622. Wir werden unten in § 124
n:uliweisen, dass hier in allen Fällen unter xÖTio; die Toparchie zu
verstehen ist, der Steuerdistrikt. Dieser besondere Hinweis auf die
Toparchie ist aber an und für sich entbehrlich, und wir werden
ihn auch dort suppliren dürfen, wo die iTZ'.'fpOL'ff] ohne xöizoQ ge-
nannt wird. Wir haben es also in allen Fällen mit Natural-
lieferungeu zu thun, die der Steuerzahler als Angehöriger einer
bestimmten Toparchie zu leisten schuldig ist.
Was bedeutet nun s-iypa'^i^? Von den mannigfachen Be-
deutungen von £7:'.Ypä'.f£tv kann hier nur eine in Betracht kommen:
i-'.'^pi(fzi^ IVA V. = Jemandem etwas auferlegen. In der Gerichts-
sprache bezeichnet es das Auflegen von Strafsummen und dergleichen,
und so spricht auch unser Ostrakon 1615 von der £-iYp(a'.fO|j,£vr;)
^Y|jiia. Im Besonderen aber, und das trifft für unseren Fall zu,
bezeichnet es das Auferlegen von Steuern, Abgaben und Lasten.
So sagt Ps. Aristoteles, Oecon. II 2,29: Mlpwv — OEYjil'els xpy,-
;,iättüv ETxlYpÄ't'^ tolg TT/o'jaiWtä-iO'.s a'jxwv -Ifid-ic, v. äpY'Jpio'j.
So sagt Polybios XXV 2, 11 {ed. Hultsch): 'E-£YP^r''i ^e xal Mi-
i>i'.5ä-r, — -piaxovrx TaXavca. Die Beamten, die in Athen bestimmte
Abgaben zu berechnen und aufzulegen hatten, hiessen ETnyp^'-F^^S)
was Pollux VIII 103 so erklärt: ouxot xa c-^£;Xö{i£va I9' £xxaxo'j
ixxaxw ETXEYpa^ov — £7i£Ypa'.fov Se xal xa x;[iYj(xaxa kv.iaxoic, xaxä
iEiav. Von diesem iTz-.'^pi-^v.w ist -^ et^yp^'t^ '^-'^ "*^^^ Auferlegte,
die auferlegte Abgabe"' abzuleiten. In dieser Bedeutung kommt
z-iypoc-f-q bei den attischen Kednem vor.i) Es ist aber auch,
^) Vgl. Isocrates, trapezit. § 41: sljcopx; v,|itv TipojTay.SsiJ'iS Jt«' ixspojv
i-'.ypacpöv YsvcjjisvMv.
13*
19(3 IV. KAPITIOI..
abgesehen von unseren Texten, in der ptolcmäisehen Kanzleispraolie
nachweisbar. In dem Pariser Papyrus 63, der von der Liturgie
der Bestellung der königlichen Domäne handelt (II. Jahrh. vor Chr. i,
heisst es z. B. Col. III. TD: "km. \iriT ivEo:; "/.aTKoesaTlpav toO \xt-
xpiou XY]V ir.r(pa.-^riv yEvrjS'Yjva;, wo mit der Eraypa-^v^ eben die
Auflage dieses munus gemeint i.«t. Vgl. Z. 152 f: £■/. aujji'.pwvo'j
o'ky.ioxQ'.g \itp:a^'Q xatä tt/v ST^'.ypaiyYjV % ixavö? lazcci -/.ata-
■/.paxclv. In derselben Bedeutung steht das Verbum ebeud. Col. VII 7 :
y.al zcdc. aTCoaxeual; «üxiöv ^Tcoyeypa^-S'ai yvjv, d. h. die Bebauung
des Landes ist ihnen auferlegt. Ebenso Z. 91, wo zu lesen ist: ihq toO
S'.d ToO 7i:pocTäy[xaxo; ti)pta|XEVOU x£[(f]aXatou Traai — iTiiysypai.t-
[13V01I (so auch Revillout, Melanges S. 255 für £vy£ypa|ji[i£vouj.
Endlich heisst es von den Beamten, die die Auflage besorgen, Z. 133:
xav xaTaXaiißavY][x]£ xivag xwv npoc, xxT; Tipoi.y\i.a.iziixic, — It::-
yp(zcp£t[v] [lY] Suva[i£vous, wo Revillout's Aenderung (Melanges S. 256)
£— '.ypa-^£:[a9'a:] sjH'achlieh und sachlich gleich unmöglich ist. Von
£-iypx'.pai redet nach meiner Lesung auch die Stele von AssuAn
Z (52: [iiJpyupixÄs lutypa^is, d. h. „in Geld zu zahlende Abgaben"
(Mahaify, Hermathena IX S. 288 liest £7:iypä['|]aa[-8-a[). — In der
Kaiserzeit begegnet mir das Wort in BGU 5G3 I, 8: iE £7tt-
ax(£<p£Ci)g) y^ TißEpoou uXeiü) l7t[t]yp(acp£vxa), wo es von der Auf-
lage der Grundsteuer gesagt wird. Denselben Sinn hat das Nomen
im Berliner Papyrus P. 1422 Z. 9: wv öctzö iTi'.yp(cc:fric,) xxX.
Dagegen bleibt mir die spezielle Bedeutung unklar in der folgenden
Formel, die sich mehrfach am Schluss von yEipöypix'^x findet: Tg
C£ yz'.pi-^pixfm xoOxo Siaoöv ypacfEv y.a%'a.pm a.Tib iiciypa^fjc -/.al
(iXEcaSoc (= äXE'!-^axo?) xüptov £axw xxX. So im Pap. Lond. in
Pal. Soc. S. II PI. 149. Vgl. BGU 578 und 666. Hier mag die
ETtiypatpiQ sowie die Oelabgabe zu den Gebühren oder Sportein ge-
hören, die eventuell für solche Contracte erholjen wurden.
Aus diesen Beispielen dürfte zur Genüge hervorgehen, dass
i^ ETtiypacpyj ein ganz allgemeiner Ausdruck für das dem Bürger
vom Staat Auferlegte ist. Ich habe keinen Beleg dafür finden
können, dass mit diesem Worte s|)eziell diejenigen Abgalien bezeichnet
wären, die als ausserordentliche zu den ordentlichen hinzugefügt
wurden. Ivigene Revillout hat, wie ich noch in der zwölften Stunde
sehe, in dun „Melanges", in denen er ein reiches Material zur £7::-
ypa-^YJ vorgelegt hat, auf dessen Vervvertung ich zur Zeit leider
§ 40. DIE GKUNDSTEUER. 197
verzichten muss, diese letztere Deutung aufgestellt und sieht, gestützt
auf seine demotischen Acquivalente, in der lTCLYP*'fi^i ,>i'n impot
mipplemeniaire".^ ) In dem griechischen Worte liegt das jedenfalls nicht.
Das, was Revillout vorschwebt, würde griechisch etwa ■npoQe.ni'^poi.'.fr]
heissen (vgl. Tcpo;5txYpacf£;v, Trpocjisxpslv). Ich halte daher die
iTitYpa^T^ unserer Texte nicht für eine Zusatzstcuer, sondern für
eine ordentliche und Hauptsteuer, die ganz allgemein als „die
Auflage" bezeichnet wird.'-')
lieber die spezielle Natur der Abgabe ist damit leider nichts
erschlossen. Ich glaube, die richtige Deutung gewinnen wir lediglich
durch einen Ueberblick über die'gesammten Quittungen über Natural-
lieferungen der Ptolemäerzeit. Abgesehen von den wenigen Nummern,
die sich mit speziell genannten anderen Abgaben befassen (s. unten),
wird eine das Wesen der Naturallieferungen charakterisirende An-
gabe nirgends gemacht. Entweder wird das Getreide eJ; ty^v eni-
Ypa^T^v vermessen, oder 67iep TOTtO'j, oder es steht beides beisammen,
oder aber es heisst statt dessen einfach £;g t6 x . exo;. Wenn ich
auch keinen stricten Beweis dafür erbringen kann, so halte ich es
doch für sicher, dass es sich in allen diesen Fällen um die Zahlung
der Grundsteuer handelt. Wo sollen die Grundsteuerquittungen,
die doch ohne Zweifel mit die wichtigste Rolle gespielt haben werden,
sonst stecken? Bei welcher anderen Naturallieferung hätte man die
Erwähnung der Steuer für überflüssig halten können als bei der
( irundsteuer? Ich gebe zu, dass der Wortlaut der Eiuzelurkunde
zu dieser Auflassung nicht zwingt. Aber, ich möchte sagen, der
(iesammtbefund unserer Urkunden rechtfertigt, ja fordert diese An-
nahme. Es kommt hinzu, dass ganz ähnlich, mit geringen Aus-
nahmen, auch die sämmtlichen Naturalquittungen der Kaiserzeit
') Revillout liest das betreffende Wort liot'n lioti und erklärt es als „le
surplus de l'impöt". Er beruft sich S. 183 für dieselbe Bedeutung des griechischen
sitiYpacpi^ auf Lysias. Leider ist es mir nicht gelungen, das Wort bei Lysias
zu finden. Uebrigens bemerke ich, dass das Wort gerade wegen seiner völligen
Allgemeinheit uatürlich auch auf Steuern angewendet werden konnte, die ihrem
Wesen nach als Zusatzsteuem zu betrachten sind. Aber das Wort selbst drückt
diese Nuance jedenfalls nicht aus.
-) In unseren Texten haben wir nur Belege für die Ptolemäerzeit. Aber
Revillout bringt in den ,,Melanges" S. 186 ein Beispiel für das Vorkommen
dieser Steuer im 20. Jahre des Augustus, lülerdings in einem demotischen Texte
nis houo hotil.
198 IV. KAPITEL.
einer speziellen Erwäliuinig der Steuer entbehren und sich meist
darauf bescliränkeu, die Toparcliie oder den sjieziellen Ort zu nennen.
Wir werden unten seilen, dass es auch hier .«ich überall um Grund-
steuer handelt.
Der alphabetischen Anordnung des Stoffes gemäss, haben wir
die einzelnen Varietäten der Grundsteuer au verschiedenen Stellen
besprechen müssen. Vgl. § 12 5~Ep ä[i7iEX(i)V(i)v, § 27 unkp yeo)-
liBxpiac, § 4.3 sTiapo'jp'.ov. § 124 (mip xör.ou, § 131 UTiep cpotvtv.wvcov.
Hier unter der allgemeiusteu Bezeichnung der Steuer als £7iiypa'.f^
wollen wir versuchen zusammenzustellen, was sich aus dem neuen
Material Neues für die Grundsteuer in Aegypteu ergiebt.
Ich möchte kurz vorausschicken, was wir bisher darüber
wussteu. Von dem allgemein verbreiteten Glauben , dass man
in Aegypten, bis in die späte Kaiserzeit hinein, ein Fünftel der
Ernte habe zahlen müssen, hat uns Giacomo Lumbroso glücklich
befreit. Sein Nachweis (Recherches S. 94), dass Orosius I 8, 9 diese
Nachricht mitsammt dem „usque ad nunc" aus der Genesis 47, 24 ff.
abgeschrieben hat, ist eines seiner glänzendsten und sichersten Re-
sultate, das aber leider nicht überall beachtet worden ist.^) Zugleich
hat Lumbroso mit Recht darauf hingewiesen, dass es sich in der
Genesis nicht um Grundsteuer, sondern um Pachtzins handelt. Damit
fallt dieses Zeugnis für unsere Frage völlig fort. Lumbroso hat
dann auf S. 29.) die Vermutung ausgesprochen, dass die Grundsteuer
(abgesehen von der der Tempel) vielleicht ein Zehntel der Ernte
betragen habe. Neuerdings hat Mommsen (R. G. V S. 573/4 A. 1 )
sich folgendermassen zu der Frage geäussert: „Ziffern besitzen wir
weder für die Domanial- noch für die Grundsteuerquote. — Die
Domanialrente kann nicht unter der Hälfte betragen haben, auch
für die Grund.steuer möchte der Zehnte (Lumbroso a. a. O.) kaum
genügen."
Wenden wir uns zunächst zu der Frage, welche Zahlungsmittel
der Staat bei der Grundsteuer angenommen hat. Auf Grund der
Ostraka imd Papyri können wir zum ersten jSIale die wirtschafts-
geschichtlich so interessante Frage nach dem hierbei hervortretenden
V So findet sicli die alte Auflassung uoeli in der 2. .\uUii<:e von ManjuMidt-
Staatsverw. II (1884) S. 234. Auch O. Seeek, Zeitsclir. f. Soc. u. Wirtsch. IV
1895 S. 338 ff., scheint Lumbroso's Resultat nicht zu kennen. Ef opcrirt durcli-
gehends mit dem „Fünften".
§ 4(5. DIE GEUNDSTEUER. arten der ZAHLUNGSMITTEL. 199
Verhältnis der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft schärfer an-
fassen. Es war bereits bekannt, dass mau in Aesypteu die Steuern,
im Besonderen die Grundsteuern, teils in natura, teils in Geld
zahlte. Das bezeugte die Rosettana Z. 28 ff'., wo es von Ptole-
maios V Ejiiphanes heisst: dtpyjxev 5^ y.ai xä £[v] xolq hpoXi; d^£;-
X6[ieva £'4 xö ßxoiXtxöv — ovxa. st? at'xou xe xal äpyupJou TiX'^O'OS
OU>t öXi'yov. Dafür sprach auch Z. 1 1 f . derselben Inschrift, wo es
vom König heisst: avaxIS-sixev zig xä iepa. apyiipixäs x£ v.y.'.
atxtxä? TCpojoSoi);. Mit diesen -pöqoZoi sind aber, wie uns z. B. die
Stele von Pithom lehrt, bestimmte „königliche" Einnahmen gemeint,
die er den Tempeln überwies. So hat nach dieser Stele Ptolemaios II
Philadclphos im 21. Jahre seiner Regierung (2G.Ö/4) den Tempeln
Aegyptens die Erträge der Häusersteuer und diverser anderer Steuern
des Jahres überwiesen (vgl. Zeitschr. f. Aeg. Spr. XXXII, S. 14)..
Für die Kaiserzeit hatten wir ein entsprechendes Zeugnis in dem Edict
des Ti. Julius Alexander Z. 46/7, wo sich die yewpyoOvxE? über neue
x£X£a|j,axa atxixä xal apyupixa beklagen. Diese Thatsachen
waren bekannt (vgl. Marquardt, Staatsverw. II'-, S. 19.3 A. 3). Aber
in welchem Verhältnis die Natural- und die Geldleistungen zu einander
gestanden, nach welchem Gesichtspunkt die eine oder die andere
gefordert wurde, war uns unbekannt, und man hat sich wohl ver-
schiedene Gedanken darüber gemacht (vgl. z. B. Varges, de statu
Aeg. S. 56). Es scheint mir eines der wichtigsten Ergebnisse unserer
Ostraka und Papyri zu sein, dass wir jetzt in der Lage sind, diese
Frage mit grösserer Sicherheit zu beantworten. Die Urkunden
lehren uns nämlich, dass die Frage, ob in natura oder in Geld zu
zahlen sei, nicht etwa im Belieben des Steuerzahlers stand, auch
nicht im einzelnen Falle durch die besonderen wirtschaftlichen Verhält-
nisse bestimmt wurde, sondern durchgehends und regelmässig
von der Kulturart des besteuerten Bodens abhing. Das
Resultat, das wir im Einzelnen begründen wollen, lässt sich etwa
folgendermassen formuliren :
I. Für Grundstücke, die Weizen, Gerste, Kroton,
Sesam, Knekos tragen, wird in natura gesteuert.
IL Für Grundstücke, die Wein, Palmen, Oliven,
oder Obst tragen, wird Geld gezahlt. Gemüseland wird
bald in natura, bald in Geld besteuert.
200 IV. KAPITEL.
III. Für alle anderen Steuern als die Grundsteuer
(zu der in der Kaiserzeit die annona hinzutritt) wird in
der Regel Geld gezahlt.
Vergleicht man die beiden Klassen von Bodenarten, die wir
unter I und II aufgestellt haben, hinsichtlich ihrer landwirtschaft-
lichen Bedeutung mit einander, so liegt auf der Hand, dass der bei
weitem grösste Teil der Grundsteuern in natura geliefert wurde.
Ob das aber auch <ler grösste Teil der gesammten in Aegypten er-
hobenen Steuern war, wage ich nicht zu berechnen. Wenn ich
auch keine ziffernmässigen Nachweise aus dem Altertum bringen
kann, so ist doch darüber kein Zweifel, dass auch schon damals
wie jetzt der Weizenboden das grösste Kulturareal des Nilthals ein-
genommen hat. Ja, der Weizen muss damals noch eine viel weitere
\^erbrcitung gehabt haben, da er heute durch neueiugeführte Pflanzen
wie Mais, Reis, Baumwolle, Tabak stellenweise zurückgedrängt ist.
Noch heute aber nimmt das Weizenland in Oberaegypten 50 "/g,
im Delta (wegen des Mais) nur 30 "/g des Gesammtareais ein. Auch
die Gerste findet sich in der in natura besteuerten Klasse. Sie war
zwar lange nicht so verbreitet wie der Weizen, bedeckte aber
gleichfalls beträchtliche Strecken. Heute beträgt der Gerstenboden in
Oberaegypten 10%, im Delta 14 "/„ des Kulturlandes. i) Doch
auf diese unsicheren Vergleichungen mit dem Modernen brauchen
wir uns nicht zu beschränken. Die Ostraka selbst, und die Papyri
dazu, zeigen uns, wenn wir sie ins Gesammt überblicken, dass der
Weizen bei Weitem die erste Rolle gespielt hat. Ein klassisches
Zeugnis für die landwirtschaftlichen Verhältnisse im Faijum (aus
dem J. 235/4 vor Chr.) könnten wir in einem der Flinders Petrie
Papyri besitzen, wenn er nur vollständiger erhalten wäre (vgl. Ma-
hafiy II, XXX d). Es ist eine vom Nomarchen des arsino'itischen
Gaues eingesandte üebersicht über das bis zum 30. Hathyr besäte
Land, ausgearbeitet nach den Einzelberichten der Toparchen oder
Topogrammateis. Da heisst es nach meiner Lesung: 'Ev x&i
'Apa'.vofxYj'.' ixupwo MS''ct£'-, «yaxwt wti;'- (t Xp. Darauf folgen
X'Ja[jiü):, -/.pi^fii, [iXöpJfx:, bei denen leider die Ziffern weggebrochen
sind. Auch die weiteren Posten sind verloren. Immcrhiu ist es
') Bädcker, Unteraegypten 2. Aufl. 188.^. S. 80. Vgl. auch die Tabelle
bei V. Fircks, Aegypten 1894, I S. 206.
I
§ 46. DIE GRUNDSTKUEE. GELD- UND NATUKALWIKTSCHAFT. 201
interessant hier die Summe von 134315-J Aruren Weizenland neben
ggQJi-jLj-jij Aruren Linsenland zu finden. Rechnen wir die Arure
zu 2750 Dm (vgl. Kap. Xj, so beträgt das besäte Weizenland über
370 Dkm und das Linsenland über 2^ Dkm. AVie gross das anbau-
fähige Land im Faijnm damals gewesen ist, wissen wir leider nicht.
Mit der heutigen Summe (1277 Dkm, vgl. v. Fircks, Aegypten 1894,
II 8) ist natürlich nichts anzufangen, da gerade im Faijilm die Boden-
verhältnisse sich völlig geändert haben.
Sucht man nach dem Princip, nach dem bei den unter II auf-
geführten Bodenarten die Naturallielerung in eine Geldzahlung um-
gewandelt ist (denn das ist jedenfalls der Gang der historischen
Entwickelung), so kann man vielleicht darauf hinweisen, dass unter
II solche Naturalien vereinigt sind, die vom Staat nicht in natura
verbraucht wurden, z. T. sich auch schlecht speichern Hessen.
Weizen und Gerste dagegen verbrauchte man u. A. zur Verpflegung
des Heeres^) in natura, und in der Kaiserzeit brauchte es der Herr
Aegyptens ausserdem, um den hungrigen Pöbel von Rom zu be-
friedigen. Was nicht verbraucht wurde, wurde thesaurirt, für die
mageren Jahre. Sesam, Kroton und Knekos verbrauchten die Ptole-
mäer gleichfalls in natura, denn sie hatten, wie uns Grenfell's
Revenue-Papyrus lehrt, die Oelgewinnung aus diesen Pflanzen mono-
polisirt. Nach diesem Princip könnte man freilich auch Wein-
lieferungen in natura erwarten. Doch was der Hof an einheimischem
Gewächs überhaupt brauchte, das mögen die königlichen Domänen
reichlich gebracht haben. Das Schwanken gegenüber dem Gemüse-
land ist begreiflich genug. Man wird Gemüse nur so weit in
natura erhoben haben, als man es zur Verproviantirung gebrauchte
(vgl. 712, 858; vgl. auch 1013).
Wir sehen hieraus, dass die Naturalwirtschaft in Aegypten, soweit
sie bei der Besteuerung hervortritt, schon in der Ptolemäerzeit von der
Geldwirtschaft weiter zurückgedi'ängt war, als wir bisher wohl ge-
glaubt hatten. Die Naturalleistungen hafteten in der Regel überhaupt
') Vgl. meine „Actenstücke aus der kgl. Bank" S. 94 f. Die dort ange-
führten Texte zeigen, dass auch bei der Heeresverpflegung allmählich die Geld-
wirtschaft die Naturalwirtschaft zurückdrängte. Von den drei Artaben Weizen,
die nach einem Londoner Papyrus der Soldat ursprünglich (neben dem Gelde)
bekommen sollte, wurde im II. Jahrb. vor Chr. nur uoch eine in natura geliefert!
Vgl. übrigens unsere Ostcaka aus Pselkis.
202 IV- KAPITEL.
nur noch an der Gninclstriicr, und auch hier hielten sie sich
nur bei bestimmten Bddenklassen. Es ist dies um so bemerkens-
werter, als Aegypten ja früher ausschliesslicli die Naturalwirtschaft
gekannt hatte.^) Freilich hatten schon die Perser Geld von Reichs-
wegen in Aegvpten cursiren lassen und hatten bereits, wie uns
Herodot III 91 lehrt, die Steuern teils in Geld, teils in Naturalien
eingefordert. Ja, woiiii wir Herodot's Worte auf die Wagschale
legen, so seheiut es, als wenn schon sie das Princip gehabt hätten,
nur so viel in natura einzutreiben, als im Lande zu Zwecken der
Verwaltung verlnaucht wurde. Denn zu der Erwähnung des ini-
[i£-p£0[i£vou acTOi) fügt er hinzu: atxou yap SuoxaiSexa (jwpiiSa;
ÜEpalcav x£ zölai £v xw Aeuxw xeiyBi xw £v Mlfx^t xazo'.xr^-
|jiEVOtat y.axa[ji£xp£OuaL xai -zolo'. xouxwv iTciY.oüpoiai. Also diese
120000 Artaben^) Getreide wurden lediglich zur Verpflegung der
in Aegypteu stationirten persischen Garnisonen verwendet. Alle
übrigen Abgaben wurden in Geld gezahlt. ä) Diesen Zustand fanden
die Ptolemäer schon vor,') und es ist im Wesentlichen derselbe,
der uns aus unseren Ostraka und Papyri entgegentritt. Leider reichen
unsere Steuerquittuugcn nur bis in die Mitte des III. Jahrhunderts
nach Chr.; auch für die ersten Decennien dieses Jahrhunderts sind
sie nur sehr spärlich. Daher können sie uns keine Belege für die
bekannte Thatsaehe"' ) geben, dass vom Anfang des III. Jahrhunderts
an die Naturalwirtschaft wieder zu wachsen beginnt und die Geld-
wirtschaft immer stärker zurückdrängt. Auf die Gründe dieser
Erscheinung einzugehen, ist liier nicht der Ort; wir wollen nur
darauf hinweisen, dass auch fiir Aegypten diese Thatsache durch
die Papyrusliteratur bestätigt wird. Vgl. unten Kap. VII.
I
') Vgl. z. B. Ell. Meyer, Die ■n-irtschaftliche Entwiekeluns d. Altertums
S. 64 f.
*) Stein sprielit in seinem Commentar irrtümlich von Medimiien. Die
Perser haben den Ae<ry])tcrn die Artabe gebracht. Vgl. Kap. X.
') Nach Herodot's Worten ist anzunehmen, dass dieses Getreide nicht von
Aegypten allein, sondern auch von Kyrene und Barka geliefert wurde. Auch
die 700 Talente beziehen sich mit ;iuf diese Nac'hl)arländer, nicht auf Ai^yptcii
allein, wie Momnisen It.G.V S. 5G0 anzunehmen selieinf.
■*) Ueber Hieronymus' Aniral)e, dass sich unter Philadelplios die jährlichen
Abgaben auf 14800 Talente und li Millionen .\rtalicn Getreide belaufen haben,
vgl. den Schluss dieses Kapitels.
*) Ed. Sleyer, die wirtsch. Entw. S. G.3.
§ 46. DIE GRUNDSTEUER. 203
Wir sind noch den Beweis für unsere obige Einteilung des
Bodens in die zwei Klassen schuldig gel)liel)en. Wollton wir uns
nur auf die Ostraka beschranken, so konnten wir uns kurz fassen
und einfach auf die Texte verweisen, in denen eben zu lesen ist,
dass Weizen, Gerste etc. in natura geliefert werden, dass dagegen
für die Grundstücke der II. Klasse, soweit sie in den Ostraka vor-
kommen, in Geld gesteuert wii'd. Doch das Zufällige, das einer
solchen Urkuudensammlung immer anhaftet und sich der Verall-
gemeinerung hindernd in den Weg stellt, möchte ich durch den
Hinweis auf den Londoner Papp'us CXIX (bei Kenvon S. 140 ff)
beseitigen. 1) Dieser PapjTUS, eine der wichtigsten, hi.^her aber noch
nicht ausgenutzten Quellen für die Grundsteuern Aegyptens, ist
nicht nur durch seine positiven Angaben von grösstem Werte, sondern
auch dadurch, dass er gewisse Dinge mit Stillschweigen übergeht.
Es ist ein Rechnungsbuch, in dem über die staatlichen Einnahmen
aus dem Privatgrundbesitz in Theben (II. Jahrh. n. Chr.) in der
Weise Rechnung gelegt wird, dass die einzelnen Steuerzahler nach
den Stadtquartieren in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt werden,
und bei jedem Einzelnen notirt wird, wie viel er in dem betreffenden
Monat an Grundsteuer gezahlt hat. Vor allem muss hervorgehoben
werden, dass es sich hier lediglich um Geldzahlungen handelt. Es
ist also ein Xoyos apyupcxo?, wie die Papyri derartige Bücher nennen,
dem ganz gewiss ein Xoyo? a'.xiv.6c, oder yevtxos (vgl. BGU 14 II 3)
zur Seite gestanden hat. Der letztere ist uns aber nicht erhalten.
In diesem Xöyo; apyuptxo? handelt es sich nun ausschliesslich um
folgende Boden- resp. Fruchtarten: 1) äiiTtsXwvöc, 2) if otv.xwvic,
3) Xa^aviat, 4j dxpöSpua, 5) TiapaSsoaoL, 6) |i.'jpGJjaXavoL. Dagegen
findet sich niemals Weizen- oder Gerstenboden oder einer der anderen
unserer Klasse I. Bei der gewaltigen Ausdehnung des PapjTUS ist
dies ganz gewiss kein Zufall, vielmehr können wii- mit Sicherheit
annehmen, dass über die Einnahmen aus diesen Ai'ten in einem be-
sonderen Xoyoi; aiWAÖi; Buch geführt worden ist, mit anderen Worten,
dass sie in natura besteuert wurden. Auch unsere Berliner Papn-i
bieten weitere Bestätigungen. BGU 84 (a. 242,3 n. Chr.) handelt
von der «TiaixYjat? oltixüv cpopcöv. Wiewohl es sich hier um die
Abgaben der 57][iöaco'. yscopyoi handelt, ist es doch von Interesse
') Vgl. dazu meine Bemerkunt.'en in den Gott. Gel. Auz. 1894, S. 733 ff.
204 IV. KAPITEL.
ZU sehen, dass hier in natura Weizen, Gerste und Linsen geliefert
werden — also Arten der Klasse I. Dagegen handelt BGU 141
(vom J. 242,3 n. Chr.) von den TeXeafjiaTa apyuptxd. Hier begegnen
eXatwvES, (fotv'.xwvsj, 7iapa5eiaot, «[iTiEXöive? — also lauter Arten
der Klasse II. Die IXatövs; fehlen übrigens in den thebanischen
Rechnungen, weil in der Thebais keine Oliven wuchsen. Vgl. auch
BGU 572 — 574 und dazu oben 8. 174 Anm. In BGU 139 (vom
J. 202) wii'd Weizeuland m natura besteuert, und so mögen sich
noch viele Bestätigungen finden lassen.
Es seheint mir hiernach ein sicheres Resultat zu sein, dass in
der oben angegebenen Weise die Wahl des Zahlungsmittels je nach
der Bodenart ein für alle Male bestimmt war. Dass im Einzelnen
unter ganz besonderen Verhältnissen auch einmal Ausnahmen davon
vorgekommen sein mögen, ist sehr wahrscheinlich. Man hat gemeint,
dass die Kaiser, weil sie mit dem aegyptischen Getreide die Stadt
Rom vier Monate hindurch verpflegen konnten (Joseph, b. i. II 386),
wohl weniger in Geld erhoben hätten als die Ptolemäer, also die
adaeratio, wie sie unter den Ptolemäern bestanden hatte, teilweise
aufgehoben hätten. i) Wir sehen jetzt, dass dem nicht so ist, dass
vielmehr die Kaiser an dem ptolemäischen System nichts geändert
haben. Da wirklich mehr Getreide in der Kaiserzeit als in der
Ptolemäerzeit erhoben worden ist (vgl. den Schluss dieses Kapitels*,
so müssen wir nach anderen Erklärungen dafür suchen. Da wäre
vor allem auf die anuona hinzuweisen (vgl. oben S. 155). Auch
würde die Annahme einer Erhöhung der Taxe für die einzelne
Arure (s. unten) nicht fern liegen. Im Uebrigen hat IMommscn
auf die Möglichkeit hingewiesen, dass ein Teil des nach Rom
gesandten Getreides „aus den eigentlichen Domänen geflossen, ein
anderer vielleicht gegen Entschädigung geliefert worden sei."-) Wie
dem auch sei, an dem ptolemäischen Princip, dass die Natural-
') Vgl. Miinjuardi, R. Staatsvcr. II-, S. 234. — Aurel. Victor (Epit. 1)
sieht den letzteu Grund für den Eifer, den Octavian für die wirtselniftliche
Hebung Aegjptens cntwiekelte, niplit mit Unreelit in seiner Kürsorge für die
„amionu urbis" (Vgl. Tac. liist. I 11: annonae fecuudam) und berichtet, dass zu
Octavian's Zeit jährlich 20 Millionen (modii) Getreide von Aegypten nach Rom
geliefert wurden. Vgl. auch Plin. Panegyr. 30 ff.
■-) Vgl. Mommsen, R. G. V S. ÖGO.
§ 40. DIK GUi:^US'rEUliR. UEDEUTUXG DER BODENART. 205
abgäbe auf ganz bestiniiute Bodeiuirtcn besfliräiikt war, i.<t iiiolit
gerüttelt worden.
Wir haben noch ein \N'orl zu unserer Belianptung unter
III hinzuzufügen, dass alle anderen Bteucrn ausser der Grundsteuer
und der Anuona in der Kegel in Geld gezahlt seien, lieber die
Ausnahmen, die unsere Sammlung bietet, sprechen wir au ihrem
Orte. Es sind ganz wenige Fälle zu uotiren. 80 wurde in der
Ptolemiierzeit für den aTr.pavo; "(ov xaxotxwv Weizen geliefert.
Dieser ail^avo; ist aber eine halb freiwillige Spende, und wenu
die Katoeken sie in natura lieferten, so besagt das vielleicht nur,
dass ihnen diese Art der Zahlung bequemer war (vgl. unten § 118).
Auch bei den in § 1.39, 170, 184, 212 behandelten Abgaben könnte
die Berechnung in natura damit zusammenhangen, dass sie von
griechisch -makedonischen Kleruchen erhoben werden. Sonst wüsste
ich für die Ptolemiierzeit als Ausnahme nur noch auf 1529 hin-
zuweisen, wo zlc, TÖ Ld in Getreide gezahlt wird — eine Abgabe,
die mir leider völlig unverständlich ist. Auch aus der Kaiser-
zeit liegen nur wenige Fälle vor, vgl. 296—301, 918 und 993,
1546. Halten wir aber diesen einzelnen Fällen, in denen meist
unbedeutendere Abgaben und Gebühren erscheinen, die Thatsache
gegenüber, dass alle wichtigen und grossen Steuern, die ausser
der Grundsteuer und der Annona Aegj'pten belasteten, wie die
Kopfsteuer, die Gewerbesteuer, die Badsteuer, die Dammsteuer
u. s. w., alle regelmässig ohne Ausnahme jn Geld gezahlt wurden,
so sind wir wohl zu der obigen Auffassung berechtigt. Auf die
Bedeutung dieses Ergebnisses für die Frage nach dem Verbältuis
der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft werden wir in Kapitel VII
eingehen.
Wir kommen nunmehr zu der zweiten wichtigen Frage, nach
welchem Modus diese in jS^aturalien resp. in Geld zahlbare Grund-
steuer umgelegt worden ist. Wie ich schon oben bemerkte, hat
man bisher immer angenommen, dass in Aegypten eine bestimmte
Ertragsquote geliefert worden sei, und nur über die Höhe derselben
gingen die Ansichten auseinander. Wir lernen jetzt, dass bei der
Grundsteuer dieser Älodus überhaupt nicht in Anwendung kam,
dass vielmehr, sei es in Geld oder in natura, ein fixer
Satz, der nach der Ertragsfähigkeit des besteuerten Bodens
abzuschätzen war, pro Arure festgesetzt wurde. Das einzelne
206 IV. KAPITEL.
Grundstück zahlte also nicht i oder ^ oder irgend einen anderen
Bruchteil des ]-]ruteertragcs, sondern pro Arure eine bestimmte Anzahl
Artaben der betreffenden Fruchtart, resp. einen entsprechenden fixen
Geldsatz. Die Verschiedenheit dieser beiden Systeme ist kurz und klar
von Appian in einer Rede behandelt worden, die er dem M. Antonius
bei seiner Ansprache an die kleinasiatischen Hellenen in Ephesos in
den Mund legt (b. c. V 4). Er sagt: 'Etzü ob ISlTjaev (seil, ^opwv),
00 Tzpo; xa v.n-r^\ixxx 6|i1v l7i£i)-)^xa[ji£v, w? av ViiJ.E'!? äxivSuvov cföpov
£7./iYO0|Ji£V, xIax [ilpT] cpipetv xwv kv.iazozz xap-wv £7i£TäEa|ji£V,
Iva y.al xwv svavxiiov ywOiv(üV(I)|J.EV u[i.!v. Danach hebt Antonius
es als eine besondere Milde und Gerechtigkeit der römischen Re-
gierung hervor, dass man in Asien Ertragsquoten eingefordert habe,
da sie bei diesem System an allen Schwankungen, auch an einem
unglücklichen Ausfall der Ernte teilnehme. Als Gegenstück dazu
bezeichnet er die Steuerumlage upö? xa xt[j.T^jjiaxa , bei der die Re-
gierung sich auf alle Fälle schadlos halte. Mit dem letzten Modus
kann nur der hier in unseren Urkunden befolgte gemeint sein. Die
Festsetzung der Artabenzahl oder des Geldsatzes für die Arure beruht
eben auf der Schätzung (ji\iri\ia.) der Ertragsfahigkeit. Ob die Be-
urteilung der beiden Systeme bei Appian zutreffend ist, kann Zweifeln
unterliegen. Man darf nicht verges.sen, in welcher Situation der
Staatsmann Antonius diese Darstellung gegeben hat. Als Regierungs-
vertreter vergisst er hinzuzufügen, dass bei dem Quotensystem der
Staat auch an den günstigen Ernten seinen entsprechenden Anteil
hat, und dass andrerseits bei dem Tasationssystem im Falle beson-
derer Missernten Steuernachlässe bewilligt wurden. In Aegypten
wenigstens ist dies der Fall gewesen, wie wir unten zeigen werden.
— Koch eine andere Klassikernachrieht möchte ich hierher setzen,
damit sie im Zusammenhange mit unseren Ergebnissen betrachtet
werde. Ich meine die folgende Auseinandersetzung bei dem Gro-
matiker Hygin (ed. Lachmann p. 205): „Agn [auteni] veciigalex
muUfix hahent conditiitiones. In qidbusdam proinnciU ßttcfiiK partem
praetstant certam, uUi quinta», alii septimas, alü peeuniam, et hoc per
soll aestimationem. Certa [enini] pretla ägris coivdituta sunt, ut in
Pannonia ai-vi prhni, arvi secundi, prati, silvae glandif&rae, s'dvae
vulgaris, pascuae. His omnibiia agrii< vecfignl est ad modum ribe^--
üitis per singida iugera condihdwn". Hygin unterscheidet hier klar
das Quoten- und das Taxationssystem. Doch kennt er nur die
I
i; 40. DIE tlKLNUSTEUEK. TAXATIOXS.--Y.STEM. 207
Taxation in Geld. In Aegypten haben wir daneben bei bestimmten
Bodenarten auch die Taxation in natura. Wenn Seeck (Zeitschr.
f. Soc. u. Wirtsch. IV S. 341) meint, dass Hygin mit diesen Worten
„den aegyptisehen Frucbtfünften" bezeuge, so ist das ein Irrtum,
der durch die Worte selbst widerlegt wird. Vgl. auch oben S. 19S Anm.
Zunächst gilt es, die Existenz dieses Systems nachzuweisen.
Es sei vorausgeschickt, dass das Quotensystem in Aegypten durchaus
nicht unbekannt war, nur wurde es nicht bei der Grundsteuer an-
gewendet. Wir linden es z. B. bei der ä7iö[iotpa, die eine Tempel-
abgabe war, und manchen anderen Abgaben. Dass es gerade bei
der Grundsteuer anders war, hätte man vielleicht schon aus der
Rosettana schliessen können, wo ausdrücklich gesagt wird, dass die
Grunilstt'uer der aegyptisehen Tempel eine Artabe Getreide für die
Arure und ein Keramion Wein für die Arure betragen habe (Z. 30,1).
Freilich unterliegt das Tempelland vielfach besonderen ^lassregeln. Da-
gegen bieten die „Actenstücke aus der königlichen Bank zu Theben"
Nr. III u. IV Beispiele dafür, dass auch bei profanen Grundstücken
die Ertragsfahigkeit des Bodens durch Angabe der der Arure auf-
erlegten Taxe bestimmt wurde. Da erscheinen Aruren, die zu je
7 Artaben 4 -i^ Choinikes besteuert waren, neben anderen Aruren, für
die je 5| Artaben 2^ Choinikes oder aber 4^ Artaben eingefordert
win-den. Dasselbe System liegt vor in Petr. Pa]). (II) XLIV 9,
wo es von einem Kürbisgarten (xo aixui^paTCv) heisst: apo'Jpav
£xaax[yiv] opayjjiwv T£aaapaxo[vxa. Dass es sich um die Grund-
steuer handelt, wird durch den Zusammenhang wahrscheinlich. Für
dieses System spricht ferner auch der Ausdruck l7:apO'Jp:ov, den wir-
8. 193 als eine Bezeichnung der Grundsteuer nachgewiesen haben.
Mehr Beispiele bieten uns die Texte der Kaiserzeit. In Nr. 760
unserer Sammlung (aus dem J. 11,10 vor Clu-.) werden Aruren zu
4i Artaben, zu 1 Ailabe und zu 2h^^ Artaben Weizen unterschieden.
In 761 (aus demselben Jahre) werden Aruren zu 6^ Artaben
1^ Choinikes erwähnt. In Nr. 763 steht zu lesen: exäaxY)? apo'jpTj(?)
ar,aä|xo(u) (äpxaßag) y. Auch hier dieselbe Veranlagungsmethode.
In einer Steuerprofession aus dem J. 202 n. Chr. deklarirt ein Grund-
besitzer apoupa; Suo xeXouaae avd TiupoO jjiiav 7J|iiaL) (Hermes XXVIII
S. 236). Hier ist klar und deutlich ausgesprochen, dass die Grund-
steuer für die Ai-ure 14 Artaben Weizen beträgt. Der Versuch Seeck's
;i. a. O. S. 338), diese Angabe mit dem „Fünften" zu combiniren,
208 TV. KAl-lTEI,.
fällt mit seiner falschen Praemisse. S. oben S. 198 Anm. Wir haben
ferner in § 12 und 131 nachgewiesen, dass die ctjiTzsXwvES und
cpotvtxwvss gleichfalls pi'i) Arurc mit einer festen Taxe belegt waren.
Dasselbe ergiebt sieh aus dem schon öfter citirten Londoner
Papyrus CXIX, und zwar lernen wir hier kennen: Palmenland
zu 20, 40, 75, 180 Drachmen pro Arure; Weinland zu 20, 40,
75, 150, ß50 Drachmen pro Arure; Gemüscland (Xaxav.ä) zu
20 und zu 75 Drachmen, Obstland (äxpoS) zu 20 Drachmen,
Garten- und Obstland zu 30 Drachmen (vgl. CXIX. A 5) und
Myrobalanosland zu 30 Drachmen. Auch aus BGU 141 würde sich
eine feste Taxe pro Arure berechnen lassen, wenn der Text besser
erhalten wäre. Doch auch schon so erscheint es nach I 10/1 und
II 14 als wahrscheinlich, dass hier für die in Frage kommenden
(poiVixwveg, «[iTisXtovec, iXaiwvs; und Tiapaoetaoc die Taxe von
1 0 Drachmen für die Arure bestanden habe (Mitte des III. Jahrhs. n. Chr.).
Die Art des Umlagesystems kann nach all diesen Beispielen
nicht mehr zweifelhaft sein. Es fragt sich nur, wie war es möglich,
es durchzuführen, und mit welchen Manipulationen gelang es, für
jedes einzelne Grundstück die Taxe zu bestinnuen. Die Grund-
lage dieser Steuerumlegung bildete, ganz wie bei uns heute, die
genaue Katastrirung des gesammten Kulturbodens, worauf wir in
Käp. V genauer eingehen werden. Die Masseinheit war die Arure,
als deren Vielfaches oder als deren Bruchteil sich jeder steuerbare
Boden darstellen Hess. Wir sehen nun, dass auch bei einer und
derselben Kulturgattung sehr verschiedene Taxen möglich waren.
Bei dem Rebenland finden wir die grössten Extreme: da schwanken
die Steuersätze zwischen 20 und 350 Drachmen, bei den Palmen -
gärten zwischen 20 und 180, und dabei halben diese Taxen gleich-
zeitig nebeneinander bestanden, wie der Londoner Papyrus zeigt.
Auch für den Weizenboden haben wir oben recht verschiedene
Sätze nachgewiesen, freilich sind die Unterschiede hier lange nicht
so gross. Da die Grundsteuer eine Ertragssteuer ist, werden wir
anzunehmen haben, dass die Ertragsfähigkeit des Bodens den
]SIassstal) für die verschiedene Bemessung der Taxen abgegeben hat.
Diese Ertragsfähigkeit wiederum wird wesentlich davon abhängen,
in welchem Masse die Grundstücke an den Segnungen der Nilüber-
schwemmungen teilzunehmen durch ihre örtliche Lage in den Stand
gesetzt waren. Das ist damals wie heute die brennende Frage in
§ 46. DIE GRUNDSTEUER. TAXATION. 209
Aegj'pten, ol) und wie weit künstliche Bewässerung notwendig ist.
Der Unterschied der Rai-Feldcr, d. h. der von der Ueberschwemmung
in hinreichender Weise betroffenen, und der hillier gelegenen, mehr oder
weniger auf die künstliche Bewässerung angewiesenen Scharaki-Felder
hat damals so wie heute bestanden (vgl. v. Fircks, Aegypten 1894,
II S. 209 ff). Schon nach diesem Gesichtspunkt lassen sich sehr
vei-schiedene Taxirungen der Grundrente und damit der Grundsteuer
denken, da die künstliche Bewässerung zu den bedeutendsten Pro-
ductionsunkosten gehörte, die bei der Berechnung der Taxe vom
Bruttoertrag abzuziehen war. Wenn man nun au<^li ausser der
Bewässcrungsfrage die Verschiedenheiten in der absoluten Frucht-
barkeit des Bodens sowie in der Qualität der Frucht.-<orteu in Be-
tracht zieht, so wird es dennoch fraglich bleilicn, ob hierdurch
allein die kolossalen Verschiedenheiten der Taxen, wie sie uns
namentlich bei dem Palmen- und Rebenland entgegentreten (zwischen
20 und 350 Drachmen), erklärt werden können. Ich weise auf
diese Schwierigkeit hin, ohne eine sichere Lösung bieten zu können.
Rein hypothetisch möchte ich die Vermutung wagen, dass vielleicht
auch die Intensität der Bewirtschaftung in der Weise in Frage
kam, dass z. B. die Zahl der Palmenbäume^j und dem entsprechend
die Ausnutzung des Bodens für den Rebenbau für die Steuer-
abschätzung mit in Rechnung gezogen wurde.
Daran schliesst sieh eine andere schwierige Frage an, nämlich
ob für jedes einzelne Steuerobject, für jedes einzelne Grund-
stück die Taxe besonders berechnet wurde, oder aber ob man hier
wie auch sonst im Altertum^) und wiederum heute bei uns feste
Bonitätsklassen gehabt hat, denen die Einzelgrundstüeke nach
ungefährer Abschätzung zugewiesen wurden. Sehen wir, dass in
dem Londoner Pajjyrus und unseren Ostraka eine grosse Zahl
von Grundstücken, namentlich ä[i7teXwv£i; und cpotvtxwvE?, mit
derselben Summe besteuert werden, so liegt es allerdings nahe
') Nach der forma censualis bei Ulpiaii Dig. L 15, 4 pr. rausste in den
Professionen die Zalil der Weinstöclce und der Oelbäume angegeben werden.
Äucli in den Distributionslisten von Tbera und Astyixdaea wird die Zahl der
Oelbäume nach den '(upol (den Gruben) angegeben. Vgl. Mommsen , Hermes
III 8. 4,36 ff.
') Vgl. Hygiu a. O.: arvi prinii, arvi secundi. Weiteres bei Mari|uardt,
Staatsv. II« S. 227 f.
W^iLCKEN, Ostraka. I"^
210 . rV- KAPITEL.
anzuiifliineii, dass hier feste Bouitätsklassen zu Grunde liegen. Denn
dass bei so vielen Grundstücken die Bodenrenten factisch bis
auf den Obolos übereingestimmt hätten, ist doch sehr unwalir-
scheinlich, und es liegt näher anzunehmen, dass die Grund-
stücke von annähernd gleicher Ertragsfähigkeit derselben Steuer-
klasse zugewiesen wurden. Betrachten wir aber andrerseits die
Steuersätze, die wir oben für den Weizenboden nachgewiesen haben,
so machen diese allerdings z. T. den Eindruck, dass sie durch
Abschätzung des einzelnen Grundstückes gewonnen seien. Ich meine
Taxen wie die zu 7 Artaben J ^ Choinikes oder zu Q^ Artaben 1-^ Choi-
nikes. Sollten dies wirklich Normaltaxen für ganze Bonitätsklassen
sein? Sehen sie nicht vielmehr aus wie Taxen, die für einen ganz
liestimmten concreten Fall ausgerechnet sind? Vielleicht ist es nicht
unwichtig, darauf hinzuweisen, dass wir in mehreren Fällen, in denen
es sich um Weizenboden handelt, nachweisen können, dass immer gleich-
hoch besteuerte Stücke in einem und demselben Rayon (acppayis)^)
gelegen haben. So in den „Actenstücken" a. a. O. zweimal und
in der Steuerprofession vom J. 202 n. Chr. Das hat zwar nichts
Verwunderliches, insofern, wie gesagt, die örtliche Lage das Ausschlag-
gebende für die Ertragsfahigkeit ist. Vielleicht darf man aber daraus den
Schluss ziehen, dass die Rayons auch eine steuertechnische Bedeutung
gehabt haben, in dem Sinne, dass sie immer gleich hoch besteuerte
Grundstücke zusammenfassten. Doch das bedarf weiterer Unter-
suchungen. Jedenfalls hat es nach dem Gesagten den Anschein,
als wenn es für den Getreideboden feste Bonitätsklassen in Aegypten
nicht gegeben hat. Nach der letzten Vermutung wäre es aber wohl
möglich, dass das Kulturland in verschieden besteuerte Rayons zer-
fallen wäre, denen die ICinzeläcker angehörten. Andrerseits fanden wir,
dass bei dem Palmen- inid Rebenland die Annahme von Bouitäts-
klassen viel für sich hatte. Sollte vielleicht ein verschiedenes'
') Wcssely hat zuerst auf das Wort acfpayis Lingewiesen (Mitth. PK TU
S. 270), hat aber den Sinn nicht richtig erkannt. In CPR I S. 158 deut. t
er es als „Siegel, gesiegelte Urkunde, ürkundung" und übersetzt iv £ua'.
aifparfic. mit ,,in 2 beurkundeten Losen". Was man sich darunter vor-
stellen soll, weiss ich nicht. Ich habe schon im Hermes XXVII S. 237 A. 2
darauf hingewiesen, dass Eratostlienes die Rayons seiner Erdkai-te als ocppaYtSsE i
bezeichnet hat. Vgl. Strabo II p. 78 und 84. Als Rayons der Flurkarte
haben wir die a'^^ixylizz auch in unseren Vrkuiulen aufzufassen.
§ 46. DIE GRUNDSTEUER. BONITÄTSKLASSEN? 211
Verfahren eingesehlagen worden sein, je nachdem die Taxe in natura
oder in Geld zu berechnen wur? Doch das sind Probleme, die
weiterer Untersuchung bedürfen.
Wir haben ferner noch die Frage aufzuwerfeu , ob die Taxen
bewegliche oder unbewegliche waren, d. h. ob sie für jedes Jahr
neu berechnet wurden oder ein für alle Mal auf dem Grundstück
lasteten. Aus den vielbesprochenen Worten Strabo's (XVII p. 817)
„0.1 yäp [jLEti^o'j? avajjaast; |i£i!^ous xal tx; TzpoQÖomc, G-ayopcijouacv"
könnte man folgern wollen, dass je nat'h dem Ausfall der Ueber-
schwemmung in jedem Jahre die Taxe neu aufgelegt worden sei.
Gegen diese Annahme scheint mir aber die Hteuerprofessiou vom
J. 202 n. Chr. zu .sprechen, in der die Grundbesitzerin Valeria
Paulina von den ihr gehörigen 2 Aruren Weizenboden aussagt
„-csXoLiaas ävä nupoO jifav YjjjLtau aw(xai:t^O|i£va; st? OuaXspt'av
üauXcvou (sie) YjPpoyjf/.'JLas" (vgl. Hermes XXVIII. 236). Denn
wenn die Taxe eine jährlich wechselnde w<äre, so würde die Grund-
besitzerin nicht in der Lage sein, selbst die Höhe der Taxe in der
betreuenden Steuerprofession namhaft zu machen. So scheint diese
Urkunde dafür zu sprechen, dass die einmal für ein Grundstück
berechnete Taxe eine unbewegliche war. Dieselbe Urkunde giebt
uns zugleich einen Fingerzeig für die richtige Auffassung der
Strabonischen Worte. Die Deklarantin erklärt der Steuerbehörde
ausdrücklich, dass ihr so und so hoch taxirtes Grundstück in diesem
Jahre nicht von der Ueberschwemmung erreicht, nicht bewässert
worden sei (Yjßpo/^YjX'jiag). Ich habe schon im Hermes a. a. O. daraus
gefolgert, dass sie die Angabe gemacht habe, weil sie hiernach auf
Steuerermässigung oder Steuernachlass zu rechnen Anspruch hatte.
Dasselbe ergiebt sich aus den gleichfalls a. a. 0. von mir schon
hervorgehobenen Worten des Edicts des Ti. Julius Alexander (CTGr.
III 4957 Z. 57): 7Tpoi)-6|itü5 ytwpy&X^ tou; äv&pwTious [stooxa];
'6x1 Tipö; tö aAr,&£; xyj; ouarfi avaßaase); xx'. xf^q |j£ßp[£]Y[[i£vrj;
Y%, aXÄ'JG'J T^pö; a'jy.ocpavTixv xwv xaxä a'jvo'ji:"/ T:apaYpacfo[[i.£]viov
il) inodvqQK; laxac. Der Praefect wendet sich hier mit scharfen
Worten gegen den jMissbrauch Derjenigen, die nicht nach Maass-
gabe des wirklichen Ueberschwemmungsresultates, sondern xaxä
a6vo({jiv, d. h. 7:p6; aüvxp'.atv ap)(a'.[£a]x£p(i)v xtvwv avaßaaswv, die
Steuern und zwar die Grundsteuern (vgl. •(BWpjtiv, yfiv) ein-
trieben. Ich möchte in diesem Zusammenhange den Ton darauf
14»
212 IV. KAPITEL.
legen, dass der Präfect hier lediglich von der Steuereiutreibuug
(ÄTiatXYjats) siirieht. Nur diese hängt nach seinen Worten von dem Aus-
fall der Ueberschwciumung ab, nicht aber die Steuerveranlagung.
Das Ergebnis, das sich hieraus in völliger Uebereinstimniung mit
der Berliner Steuerprofession ergiebt, möchte ich etwa folgender-
massen formuliren: die durch die Steuerumlage einmal fest-
gelegte Taxe ist eine unbewegliche. Aber die Erhebung
ist beweglich, und zwar nach unten hin, insofern bei mangelhafter
Ueberschwemmung xou^oxeXsta oder aziXzix zu gewähren ist.')
.Jetzt erst verstehen wir Strabo's allgemein gehaltene Worte: höhere
Einnahmen brachten die guten Ueberschwemmungen in der That,
aber nicht dadurch, dass etwa höhere Taxen berechnet wären,
') Für Steuernachlässe, die bei der Steuereiutreibuug bewilligt werden,
lassen eich in unseren Urkunden noch weitere Belege nachweisen. So wird in
BüU 84, die von der ä7iaiTr]aig otxixtüv (pöptov handelt, zuerst die Gesammt-
summe der in Betracht kommenden Arureu genannt, worauf die unbewässerten
Aruren (äßpoxot) davon abgezogen werden. Hier tritt also für die vom Nil
nicht erreichten Felder völlige äteXsia ein. In BGU 198, einer Steuerprofession
vom J. 162/3 n. Chr., macht der Grundbesitzer gleichfalls den Zusatz, dass
seine Felder v[ü]v £v äßpöx» seien. Auch sonst begegnet mehrfach die Chai'ak-
terisirung des Landes als ßpoxo?, oder einmal vs'.XößpoxoS (vgl. Hermes XXVIII
S. 238), andrerseits als äßpoxo?. Vgl. Petr. Pap. (II) XXX b; Pap. Berl. Bibl. 50
(III. S. p. ehr). In diesem Zusammenhange nndet vielleicht auch die merkwürdige
Urkunde BGU li5 ihre Erklärung. Es ist ein Bericht des Dorfschreibers von
Soknopaiu Nesos an den Strategen seines Bezirkes, enthaltend das xax' ävSpa
tujv iXdaaui ifavdvxujv 7tpa£!|j.o'j un' £]iou Tiapä xa liExaSoS-Evxa ütiö xüO x[Yi]g
|i£p(5oj ßaaiX('.xcö) •;p(a\>.\ia.zitof) xoü ev£ax(Bx[o]s xa S (a. 212/3). Es handelt .'.ich
um ein minus von 8 Artaben Gerste, deren Spezialisirung auf die einzelnen
Personen folgt. Es ist wahrscheinlich, dass auch hier ein Steuernachlass, der
durch mangelhafte Bewässerung der betreffenden Grundstücke eingetreten sein
mag, gemeint ist. Es bliebe freilich auch die Möglichkeit, dass der Dorfschreiber
in diesem Falle einen fehlerhaften Anschlag des königlichen Schreibers corrigiren
will. Aber Ersteres hat mehr für sich. Vgl. auch das in der Rechnung ab-
gezogene sdatp'.xov iXäaatoiia in BGU 20,8. Das iXä,aaiO]U/, kommt gleichfalls
in Abrechnung in dem Berliner Papyrus P. 2294. — Aehnlich wie bei der
Grundsteuer trat auch beim Pachtzins eine Ermässigung ein, wenn die Ueber-
scliwemmuug mangelhaft war. So heisst es in einem Wiener Pachtcontract aus
Hermupolis vom .1. 26ß n. Chr. (CPE XXXIX 22'): 'Eav H, 0 [lYi yetvcixo,
äßpoxof iC£vr|-aL äitö To[ö] äjf/j £xou[;], snävai-'xsj sjiavxXijoo) xal zsKiaiü
[xüiv npo]xEi|ievo)v ^öpojv xö ^(iiau. Die künstliche Bewässerung macht eben
so viel Unkosten, dass der Pächter billiger Weise nur die Hälfte des Pachtzinses
erlegen kann.
§ 46. UNBEWEGLICHE TAXE, BEWEGLICHE ERHEBUNG. 213
sondern dadurch, dass im besten Falle die Normaltaxen in voller
Höhe efll'ktiv erhoben wurden. Wir dürfen wohl annehmen, dass
bei der Uereehnung der Normaltaxe sehr gute Ernten voraus-
gesetzt waren.
Im weiteren Verfolg dieser Fragen wird man auch darauf zu
achten haben, ob sich vielleicht Indieien dafür finden, dass Grund-
stücke, deren Rente — von der einzelnen Ueberschwcmmung un-
abhängig — etwa durch intensivere Bewirtschaftung andauernd
gestiegen war, auch dem entsprechend zu einer höheren Grundsteuer
herangezogen wurden, ^^'enn z. B. in einem Olivengarten durch den
Fleiss und die Unkosten des Besitzers der Bestand an Oelbäumen
sich allmählich verdoppelte, sollte dieser Garten nicht entsprechend
höher besteuert worden sein? Hiernach würde die Annahme der
ünbeweglichkeit der Taxe einzuschränken sein. Doch das bedarf
weiterer Untersuchungen. i) Andrerseits ist es sehr wahrschein-
lich, dass, wenn in Folge der Ueberschwemmungcn neues Kulturland
angeschwemmt war, wie das häufig vorkam (damit rechnete z. B.
ein Erlass des Theodosius und Valentinian vom J. 440, Cod.
lust. Vn 41, 3), dem entsprechend auch Erhöhung, nicht der Taxe,
wohl aber der Totalsumme eintrat. Darauf gehen wohl die Worte
in BGU 563,8: 1^ i7i'.öv.{i<\itw(;) y^ Tt^eptcj tiXem e-[i]Yp(a9£VTa).
Endlich noch ein Wort über den Zahlungstermin. AVir werden
im V. Kapitel zu zeigen haben, dass die jüngst aufgestellte Be-
hauptung, dass „die Steuern in Aegypten nachträglich für das ab-
gelaufene Jahr gezahlt" wurden (Ki-all, CPR US. 1 7), nicht zutreffend
ist. Hier sei schon jetzt hervorgehoben, dass der Gesammtbefund
unserer Ostrakasammlung zeigt, dass die in Naturalien zahlbare
Grundsteuer in der Regel von der Ernte des laufenden Jahres
für das laufende Jahr gezahlt wurde, dass aber auch bei dieser
Steuer wie bei anderen die Regierung spätere Nachtragszahhmgen
erlaubte. Da die Ernte in der Thebais im Februar stattfindet, so
konnten natürlich die Zahlungen nur in den letzten Monaten des
') Nach dem obigen Erlass des Theodosius und Valentinian trugen diese
Kaiser Bedenken, wenn Sumjif- und Weideland durch den Fleiss und die Un-
kosten des Besitzers zu Fruchtland umgeschaffen waren, dieses dem entsprechend
zu belasten, ne doleant diligenies operam suam agri dedisse culturae nee dili-
gentiam suam sibi damnosam inlellegant (Cod. lust. VII 41, 3, 1). — Vgl. zu der
Frage Max Weber, Eöm, Agrargesch. S. 164 ff.
214 IV. KAPITEL.
aegyptischcii Jalires erfolgen. Diese erscheinen denn aucli in der
Regel in den Datirungen der Grundsteuerquittungen. In den zahl-
reichen Urkunden dieser Art aus der Ptoleniäerzeit habe ich nur
folgende wenige Fälle von Nachzahlungen, die im nächsten Jalire
erfolgten, gefunden: Xr. 712, 719, 723, 1313, 1350, 135G, 1498,
lö3.'5. Hier ist überall ausdrücklich gesagt, dass im Jahre x für
das Jahr x — 1 gezahlt worden i.st. In allen anderen Fällen ist
für das laufende Jahr gezahlt.
Die Grundsteuerquittungen der Kaiserzeit unterscheiden sich
von denen der Ptolemäerzeit dadurch, dass sie ausdrücklich hinzu-
fügen, von welcher Ernte die Zahlung erfolgt. Das geschieht mit
der Formel : Y^'^i^lJ^^ixos Toö x. etou;. Diese begegnet in unserer
Sammlung zum ersten Mal im Jahre 1/2 n. Chr. (767), und da sie
in den ptolemäischen Urkunden niemals vorkommt, dürfte dieser
Zusatz als eine Neuerung der römischen Verwaltung zu betrachten
sein. Nun wird zwar in anderen Urkunden, z. B. in den Rechnungen
derSitologen (vgl. BGU 61, 64, 67, 188 u. s. w.), die Ernte, von
der gezahlt wird, mit den Worten arro ysyr^iiaTog xoO x. Itou; ein-
geführt. Dass aber der blosse Genetiv in unseren Fällen nichts
anderes meint, geht aus Nr. U95 hervor, wo ausnahmsweise steht:
Y(£.v)ig([xaxos) Toö tS (Itgu?) uJi(£p) Y(£v)i^(|iaxo?) ty (exoug),
was nur heissen kann: von der Ernte des 14. Jahres für die
Ernte des 13. Jahres. Zu dieser Nachtragszahlung vgl. unten.
Nebenbei bemerke ich, dass diese wichtige Stelle uns zugleich
den Beweis dafür liefert, dass, wie oben bemerkt, die Grund-
steuer als eine Ertragssteuer aufgefasst wurde. Sie wird ,,für die
Ernte" gezahlt.
Ueberblicken wir nun unsere Grundsteuerquittungen der Kaisor-
zeit, so sehen wir, dass in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle
das Getreide in den letzten Monaten desselben Jahres geliefert wird,
von dessen Ernte gezahlt wird. Nirgends ist eine Hindeutung darauf,
dass diese Zahlungen etwa nachträglich für das verflossene Jahr
erfolgten. Es ist kein Zweifel, dass wir es, in all diesen Fällen
mit Zahlungen für das laufende Jahr zu thun haben. In dem
fixen Kalender der Kaiserzeit sind es die Monate Pachon, Payni,
Epiph, Mesore, von Ende April bis Ende August, die am meisten
in diesen Quittungen begegnen. Wie die Ptolemäer erlaubten aber
auch die Kaiser eventuell Nachzahlungen im nächsten Jahre.
46. ZAHLUNG FÜR DAS LAUFENDE JÄHE. 215
Folgende wenige Beispiele i) habe idi in unserer Sammlung gefunden
(vgl. CoiTigenda); Nachzahlungen im Thoth = Aug./September des
nächsten Jahres (817, 8.33, 840, 8G1, 89(), 938, 975, 984, 14.')0,
1592), im Phaophi = Sept. Oetober (831, 855, 13G7), im Hathyr
= Oct./ November (949, 950), im Choiak = Nov./December (1006,
1590), im Tvbi = Dee. '.Januar (999), im Phamenoth == Febr./März
(925) und im Pharmuthi ^^ März, April (^15tJ8). In allen diesen
Quittungen wird mit der Ernte des verflossenen (aegyptisehen) Jahres
L'rzahlt, auch in den beiden letzten Fällen, in denen man vielleicht
-clion die Verwendung der neuen Ernte hätte vermuten können.
Darum wird auch in 872 und 1003 eine Nachtragszahlung gemeint
-lin, wiewohl der Phamenoth hier nicht au.sdrücklich als Monat des
nächsten Jahres bezeichnet ist. S. unten Anmerkung. — Unsere
Sammlung bietet aber auch Beispiele von noch späterer Nachzahlung.
Vgl. Nr. 995. Hier wird vcm der Ernte des 14. Jahres für die Ernte
des 13. .Jahres am 23. Thoth, natürlich des 15. Jahres gezahlt. Mit
anderen Worten, am 10, September 235 wird von der Ernte des
Jahres 234/5, die also im Februar 235 eingefahren ist, für das
Kechnungsjahr 233;'4 gezahlt. Hier fällt also der Zahlungstag in
das übernächste Jahr. "Während hier mit der neuen Ernte des
nächsten Jahres gezahlt wurde, wird in 976, wo sich eine ähnlich
späte Nachtragszahlung findet, noch die alte Ernte des normalen
Zahlung-sjahres verwendet: am 8. December 193 wird die Grund-
steuer mit der Ernte des Jahres 191/2 (also vom Februar 192)
beglichen. Wir werden unten in § 109 sehen, dass einige Urkunden
vielleicht die Deutung zulassen, dass im Falle späterer Nachzahlung
auch Geld statt der Naturalien in Zahlung genommen wurde.
§ 47. To dracsxaxov.
In 232 (Elephantine) wird u. A. gezahlt für ettc. (Z. 8). Ist
die Lesung richtig, so wird man es in sTrtOEXaxov auflösen müssen, wie-
wohl dies eigentlich E-d hätte geschrieben werden sollen. Doch ist mir
■ die Lesung sehr unsicher. Vielleicht ist £vot(x{ou) zu lesen. Ueber das
neben dem auvYjYoptxov auftretende ^Tü'.OExaxov vgl. unten § 119.
') Nicht in allen Fällen ist beim Monat ausdrücklich hinzugefügt, dass
er dem nächsten Jahre angehört. Aber wenn z. B. im Thoth mit der Ernte des
I. Jahres gezahlt -nird, so kann natürlich frühestens der Thoth des Jahres
X -|- 1 gemeint sein.
216 rr- kapitel.
§ 48. 'Etli^i^ TtavxoTKoXwv.
Für Theben belegt durch Nr. 347, 348 (II. Jahrh. v. Chr.).
Die Erklärung dieser Steuer hängt wesentlich davon ab, wie
man STTt^l ergänzen will. Entweder wird man an zTzC^rixrjaK;, oder
aber an iTiti^i^fiiov, Synonymen von i^vjjiJa,'^) denken. Aber was
soll das Aufspüren resp. das Strafgeld der „Trödler" (nrnzonwla.'.)
bedeuten? — Da beide Urkunden Bankquittungen sind, die dem .
Steuererheber ausgestellt sind, so ist für die Höhe der Abgabe
nichts daraus zu folgern.
§ 49. Ttop kmv.{ ).
Für Theben belegt durch Nr. 681, 686, 696.
Es bleibt einstweilen ganz unsicher, wie ztzO^ aufzulösen ist.
Im Text habe ich iTzix{apmccc,) vorgeschlagen. Ich dachte dabei
an die von Ps. Aristot. Oecon. II 1 erwähnte Abgabe: i^ duö 'tbv
ßoaxY)[jiax{j)v, eTC'.xap-ta xe xxl Ssxdt-cr; x!)cXou(Ji£V7j. Aber ebenso
gut könnte man auch an £7::x(£'^äAatov) oder auch an das in'.-
x(äpaiov) des nächsten Paragraphen denken.
M
§ 50. 'Ynlp sTOxapafou.
Für Syene — Elephantine belegt durch Nr. 64 und 67.
Bei der Revision der Londoner Texte habe ich mich im
Sommer 1895 nochmals von der Richtigkeit der Lesung s.T::y.a,pa'.o'j
überzeugt. In welchem Sinne das Wort hier aufzufassen ist, bleibt
mir völlig dunkel. Zu 67 vgl. Corrigenda.
§ 51. T~Ep £7I(J)VIÜ)V.
Für Tlicben belegt durch Nr. 1506.
Tcc inwvitx. ist eine aus den Grammatikern bekannte allgemeine
Bezeichnung für die „Kaufsteuer". Vgl. Boeckh, Staatsh. Ath. I'
S. 395. Gilbert, Ilaudb. d. gr. Staatsa. I'I S. 369. In unseren
Urkunden begegnet sie sonst noch im Pap. Paris. 67, IG, wo
Lumbroso (Recherches S. 307) mit Recht STiWViwv statt in wvcuv
liest. Für die Kaufsteuer verweise ich auf § 35 und 138.
') 'Eto!JY(|U(/V findet sich z. B. im Ki-v. Paj). 7,6.
§48 — 52. 217
^ 52. 'Exaipixov.
Für Svene — Elejaliautine belegt durch Nr. 83. Vgl. auch die
thebaiiischen Nr. 504 und 1030.
"Wie das ffiattonwXty.ov die von den l\ia.zi.OTzibXoi,'. erhobene
Gewerbesteuer ist, so ist das eiaip:y.dv die Steuer, die von den
e'aTpat,^) den Prostituirten , erhoben wird. Diese Bezeichnung ist
mir neu, die Sache selbst ist bekannt genug. Für Athen vgl.
Boeckh, Staatshaush. 1^ S. 404. In Syrakus bestand diese ITuren-
steuer unter Dionys (Polyaen V 2,13), in Palmyra unter Hadrian
(Dessau, Hermes XIX S. 516 f.). In Rom wurde sie von Kaiser
Gaius eingeführt, und zwar in der Weise, dass der Normalertrag
von der einmaligen Ausübung des Gewei'bes als Abgabe zu ent-
richten war. Vgl. Sueton, Gai. 40: ex capturis prosHlutarum
quaafum qvaeqiie imo concvbitu mererei.'^) Dieselbe Berechnungs-
niethode hat Dessau a. a. O. für Palmyra nachgewiesen. 3) Fraglich
erschien ihm nur, „in welchen Intervallen die Steuer gezahlt
wurde". Ich denke, auch dieser Gewerbesteuer wird die monat-
liche Berechnung zu Grunde liegen, sodass also die Dirnen Roms
') Ueber die Iletaeren in Aegypten vgl. jetzt Hogartli in ,,Koptos" Ijy
Fliniiers Petrie (180C) S. 31.
*) Vgl. auch Justin. Mart. apol. l,e. 27. Lamprid. vit. Alexand. Severi 24.
Gothofredus zum Cod. Theod. XIII 1,1. Weiteres bei Mommseu, CIL III S. 13750.
^) In der aramäischen Version des Steuertarifes, die hier allein vollständig
erhalten ist, heisst es nach Vogufe's Uebersetzung : „Item exiget publicanus a
muliere: ab ea quac capit denariwn aut plus, denariuvi umcm aimdiere; et ab
ea, quae capit asses octo, exiget asses octo; et ab ea guae capit asses sex, exiget
asses sex." Danach scheint es drei Klassen von Iletaeren dort gegeben zu haben,
die sich durch die verscliiedene Höhe des Normalpreises, den sie forderten,
unterschieden. Die Kegelmässigkeit der Abstufung führt notwendig zu der
Annahme, dass die Behörden bestimmten, welchen Preis die Einzelne zu fordern
habe, resp. zu welcher Klasse sie gehöre. Ich meine, die Art, wie in Rom
der Berechnung der Gewerbesteuer der einzelne concubitus zu Grunde gelegt wird,
führt zu demselben Resultat. Für Athen wird es uns ausdrücklich überliefert,
dass die Agoranomen den Preis, den jede Dirne nehmen durfte, bestimmten.
Vgl. Suidas s. t. S'.äYpajiiia' S'.sypacf)ov yäp o\ äYOpav6|iot össv sSei Xa|ißocv£tv
itaipav IxäaxTjV. Meier (att. Process, ed. Lips. I S. 103 f.) und Boeckh a. a. O.
haben daher mit I'nreeht dies Zeugnis dahin verändert, dass die Agoranomen
nur die Höhe der Steuer bestimmten. Die palmyrenischen Klassen sprechen
dagegen. Aa|ißävE'.v in das Gegenteil y.a'caßa?./.»'.'/ zu ändern (s. Meier), heisst
aus schwarz weiss machen.
218 IV. KAITTEL.
iiutl Palmyras zwölf jMiil im Jahr die betreffende Summe zu zahlen
hatten. Aus Nr. 83 folgt nichts über die Höhe der Steuer.
Mommseu's Güte verdanke ich die Kenntnis der demnächst
im CIL III S. 13750 erscheinenden Inschrift vom Taurischen Cher-
sonnes aus Commodus' Zeit, in der unsere Steuer als TÖ teXo; to
TTOpvtxöv oder capitulum lenocini (also wohl von den Bordellwirten
für ihre Dirnen gezahlt) begegnet. Trotz unserer Ausfiihrungen
auf S. 217 Aniii. 3 dürfte es aus sprachlichen Gründen kaum mög-
lich sein, (■a])ilulum als Kopfsteuer zu fassen. Ich verweise auf
den Commentar von Mommsen a. a. O.
Vielleicht sind auch die thebanisehen Quittungen 504 und
1030 auf dieses iTatptxov zu beziehen. In beiden Fällen wird
einer Frau (oder Mädchen) eine Zahlung für bestimmte Monate
quittirt, ohne dass die Natur der Steuer angedeutet würde. Die
Form dieser Quittungen erinnert an die der Gewerbesteuerquittungen,
insofern die betreffenden Monate hervorgehoben werden. Doch
vielleicht thue ich den Damen Unrecht mit meinem Verdacht.^)
Nr. 1030, aus der Zeit des Tiberius, würde ein Beispiel sein, das
älter ist als Kaiser Gaius. Auch ohne dies liegt die Vermutung
nahe, dass Gaius diese Steuer aus Aegypten entlehnt hat.
•) Ich weiss nicht, ob für diesen Verdaclit vielleicht die Tliatsache spricht,
dass in beiden Fällen die Frauennnameu ohne Hinzufügung des Vater- und
Mutternamens genannt werden. In Nr. 83, in der die Steuerzahlerin ja sicher
eine sxatpa ist, wird nur der Muttername hinzugefügt. Das kommt, ohne Hin-
zufügung von ä.iid-wp, sehr selten vor, vgl. 654, 791, 954. War es etwa den
öffentlichen Dirnen versagt, sieh auch nach dem Vater zu be-
nennen? Die Frage müsste in grösserem Umfange untersucht werden, als es
mir zur Zeit möglich ist. Hier will ich nur noch darauf hinweisen, dass auch
die Thinabdcllah in 1157, die offenbar eine öffentliche Dirne ist, ohne Vater
und Mutter genannt wird. Natürlich folgt daraus nicht, dass alle Frauen, die
von den Beamten oline Vater genannt werden, als Dirnen zu betrachten sind.
Im Uebrigen will ich docli besonders hervorheben, dass in den oben behandelten
Nr. 504 und 1030 das Fehlen einer Angabe über die Natur der Steuer, zu-
sammengehalten mit der Adresse an eine Frau, nioht als Beweis für das
ixa'.p'.y.öv betrachtet werden kann. Mau vergleiche z. B. Nr. 1049, in der
glciclifalls die Steuer niclit genannt wird. Trotzdem handelt es sich hier, wie
wir unten in § 57 nachweisen, um die Flickschneidersteuer. Vgl. auch 1048
und 1050. Auch in 1041 handelt es sich, wenn obige Vermutung betreffs der
Nomenclatur der Dirnen zutrifft, um eine andere Steuer. Denn die SEVX«'(vatS)
führ! den Vatersnamen.
§ 52. DIE HUEENSTEUER. 219
Soeben ist von Grenfell und Hunt eine Urkunde edirt, die sich
auch mit dieser Steuer befasst. Vgl. Grenf. (II) XLI vom ,J. 40 n. Chr.
Der Text bietet noch manche Schwierigkeiten. Jedenfalls ist es
ein Steiierpacht - Angebot (Z. 9 dürfte Of^iaxafiat statt £'fia-a[Jiai
zu lesen sein), und der Ausdruck oE kxx{i)ph\i.a.X(x [J.ca-9'(oij[j.£vo0
in Z. 2tJ, den die Herausgeber richtig auf eine Iletaerensteuer bezogen
haben, zeigt uns, um welche Steuer es sich handelt.') Der Text
lehrt uns, dass es Hetaeren nicht nur in den grossen Städten, sondern
auch in den Dörfern gab, denn die Pacht bezieht sich auf das am
Wüstenrande gelegene Dimeh, die alte HoxvoTixio'j Nfjaog. Das Pacht-
angebot für das Jahr beträgt für das genannte Dorf 288 Drachmen,
zu denen noch allerlei Sportein hinzukommen.
§ 53. T-sp s'jwf. . . .).
Für Theben belegt durch Nr. 1457.
Vorausgesetzt, dass wirklich su™ und nicht zx/- zu lesen ist,
würde ich die Auflösung in £'j(i)(5cü)V) vorschlagen, im Sinne von
„Käucherwerk" (vgl. Diod. I 84). Dieselbe Abgabe begegnet in dem
Berliner Ostr. P. 1610, das ich nicht in die Sammlung aufgenommen
habe. Doch auch hier ist die Lesung des dritten Buchstabens nach
meiner Copie nicht ganz sicher.
§ 54. TeXoc, Csuywv.
In 1028 wird quittirt über den Empfang von ib xaS-^xov xs^-Oi;
i^Euywv Ticvxaxoata (1. TcsvTaxootwv). Ob (^söyo; hier, wie häufig,
ein Paar von Zugtieren resp. ein zweispäuniges Fuhrwerk -j bedeutet,
wird durch die hohe Zahl der ^EÜ'cq zweifelhaft. Zeöyo; kann
aber auch allgemein ein Paar bedeuten (vgl. Kap. X). Der Text
*) In dem Pachtangebot selbst wird, wie mir sclieint, mit dem Wurte
•:sXEO'.<fäpou auf die Hetaeren hingewiesen. In der Bedeutung von Hnre findet
sich das Wort xeXsatpipcJS in LXX Deuteron. 23, 17: oOx lata'. xsXsstföpoj
iiii 9"j-caTlp(Uv 'Iapar;X.
^j Die Abgabe von den Js'JY'»] begegnet auch in der Inschrift von Cos
Ini Eeinach, Rev. d. Etud. greequ. IV 1891 S. 359 (Z. 7). Reinach deutet sie
hier als Abgabe von den roilure^, da die Pferde und Ochsen schon vorher unter
den TSTpoiTioSa als Steuerobjeete aufgeführt sind.
220 IV. KAPITEL.
bietet keinen Aulialt, die Art genauer zu bestimmen. Wenn Zug-
tiere oder Fuhrwerke gemeint sein sollten, so würde diese Abgabe
wie das teXeafjia XKjirjXwv u. :i. z.u den Vermögenssteuern zu
zählen sein.
§ 55. Z7)]ita.
In 1615 (Hermonthis) wird ei? tyjv iTHYPCafOiievYjv) ^rniiav
gezahlt, al.so fiir ein auferlegtes Strafgeld. Auferlegt ist es von
Aiovuaioc, dem StotxYjTYji;. Der Zahler ist ein >t(i)|ioYpa(i.|i.axe6s.
Ehe nicht der Sehluss von Z. 4 entziffert ist, wage ich keine Er-
klärung des Textes.
§ 56. 'H^ioXiov.
In 1546 (Theben) liefern zwei Brüder unter anderem zwei Ar-
taben Weizen flir ■fi\i.idk(iou). Dieses Wort bezeichnet das Ganze und
die Hälfte dazu. Worauf das TJliioXiOV hier zu beziehen ist, bleibt
dunkel.
T-sp r^Tzzipo'j \irjTpoTi6\£MC,-
Vgl. § 21 (Nr. 14.S1, 1433, 1475, 1582).
i
§ 57. TiXoc, fjTiYjxwv.
Für Theben belegt durch Nr. 464, 1039, 1049, 1069—1072, 1282
(alle aus der Kaiserzeit). Dazu kommt Berl. Ostr. P. 228 (a. 40
des Augustus).
Das Wort iqTiYjTT^s bezeichnet den Flieker, den Flickschneider.
Das xlXo? YjTiYjTwv ist also die Gewerbesteuer, die diese Arbeiter
für die Ausübung ihres Gewerbes zu zahlen hatten. Ucber die
Gewerbesteuer im Allgemeinen vgl. § 135. Wie die anderen Gewerbe-
steuern war auch diese pro Monat berechnet und wurde ordnuugs-
gemä.«s auch monatlich bezahlt. Die Erhebung geschah durch xsXwva:
(vgl. 464) oder Iraxr/pyjTal xeXou?. Die angeführten Nummern sind
ausser 1282 und P. 228 (Bankquittungen) lauter Erheberquittungen,
in denen die gezahlte Summe nicht genannt wird. Nur in 464 geben
die Steuerpächter an, dass noch 2 Drachmen an der vollständigen
§54—60. 221
Jahreszahlung 1) fehlen: X(oOiTal 5pax(xal Suo /hß et? TcXripwatv.
hl den Rankciuittuugon 1282 und P. 228 werden versehiedene Raten
;ingi'geben. Doch lässt sich über die Höhe der Steuer nichts Be-
stimmtes daraus entnehmen.
In 1049 wird die Steuer überhaupt nicht mit Namen genannt.
Nur die Vergleichung mit 4G4 macht es mehr als wahrscheinlich,
dass es sich auch hier um die Flicksteucr hamlelt.
§ 58. ^\'~sp ■9'Yja(aupoij).
Für Theben belegt durch Nr. 503, Dl 8, 993.
In 918 und 993 steht unkp {hjaCaupoO) an der Stelle, an der
eigentlich die Angabe des Ortes zu erwarten wäre, wie Xapaxog
oder ähnlich. Jedenfalls handelt es sich in beiden Fällen um Grund-
steuer. In 503 wird über eine Geldzahlung UTiJp •8'rjaaupoö [epwv
quittirt. Da der d-y]oa.\jp6c, in der Regel nur Naturalien annimmt,
liegt wohl eine adaeratio vor.
§ 59. Tukp Tt(^Yj(;) ■9-pE|jLtJidT0)v.
In Nr. 653 zahlt ein Petemenophis uicep Tt([i'^$) •9-p£|ji[j.ata)v
aL 40 Drachmen. Das lässt zweierlei Deutungen zu: entweder, er
zahlt den Preis für Vieh, das er bekommen hat, dann müsste er es
vom Staat erhalten haben, denn an den zahlt er. Oder aber, er
zahlt den Geldwert für das Vieh, das er eigentlich in natura hätte
liefern sollen (adaeratio). Letztere Annahme ist wegen des Tipwxou
ixoug vorzuziehen. Für welche Abgabe das Vieh, resp. das Geld-
aequivalent, zu liefern war, ist aus dem Text nicht zu ersehen.
§ 60. 'Ispou (Ti'jpoö) und hp&c, (xpt^)-^?).
Für Theben belegt durch Nr. 710, 736, 740, 746, 747, 749,
1341, 1343, 1521, alle aus dem II. Jahrh. vor Chr.
Die angeführten Thesaurosquittungen über Grundsteuer tragen
am oberen Rande der Scherbe, über der ersten Urkundenzeile, eine
Randbemerkung, deren Entziflerung mich lange gefoltert hat. Bei
der Herausgabe der Bonner Ostraka ^) , wo sie mir nur einmal
') Sie sagen: äTt^xop-^'' — ^™S Msoopyj X. Die 5 Epagomenentage sind
iiuberücljsichtigt geblieben. Vgl. 1084: s^uy xd {x)iXoc, äiiö ÖÄux liac, Msoopy) X.
ä) Jahrb. d. Ver. v. Alterthsfr. i. Rlieinl. LXXXVI S. 243.
222 IV- KAPITEL.
begegnete, glaubtu ich eine Zahl ilaiiu 7.u erkennen (:£'-(^ = 15| ^).
Als mir dann weitere Beispiele in der Berliner Sammlung entgegen-
traten, die immer mit is. begannen, wurde ich schwankend. Die
Lösung des Rätsels ergab sich mir aber erst im Sommer 1895,
als ich in einem Ostrakon der Sammlung des Heri'n Flinders Petrie
(Nr. 1Ö21) an der betreffenden Stelle klar und deutlich die Worte
fepoö n fand. Nun waren mit einem Schlage auch die anderen Fälle
verständlich. Es zeigte sich, dass die Schreiber meist der Kürze zu
Liebe nur ts" oder tsa? geschrieben hatten, •worauf dann ein Bruch
folgte. Es erga)) sich weiter, dass x" steht, wenn es sich um Lieferung
von TMpöc, handelt, während '.£«;, wenn von v.pid-rj die Rede ist. In
meiner Bleistiftcopie von 740 aber fand ich nachträglich, dass das
bisher unerklärte Zeichen zwischen lea; und d ein x' war, das nun in
Uebereinstimmung mit der Urkunde als x(piO'y;C) zu lesen ist. Dem-
nach ist sicher, dass wir überall tepoO, seil. Tiupoö, oder lepag, seil.
y.p'.d-fjq, zu lesen haben. Dies halte ich auch gegenüber der in-
zwischen von Eug&ne Revillout in den Mclanges vorgeschlagenen
Lösung aufrecht, der in seinen Louvre-Ostraka üljerall ispoO at(xou)
lesen will (und zwar ohne Bruch).
Auf das Wort tepoO oder Izp&c, folgt in den mir vorliegenden
Texten überall ein Bruch, der natürlich als Bruchteil der Aj-tabe
aufzufassen ist. Mir ist aufgefallen, dass dieser Bruch in allen Fällen
zu der in der Urkunde quittirten Summe in demselben oder wenig-
stens annähernd demselben Verhältnis steht. IMan vergleiche:
Nr. 7361) Quittung über H-j^iij Art. Weizen:
746 „ „ 154
1343 „ „15
749 „ „ 20
747 „ „ 20^^ „ Gerste:
740 „ „ 124 + 10H+5=28iG.
1521 „ „ 22 Art. Weizen:
1341 „ „ 50
710 „ „ 70ii(100) „
LEpOÖ
iArt.
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»)
i ..
lepoö
^Art.
J»
i ..
jy
H„
') Aus Rpvillout, Melanies S. 128 ersehe ich, dliss ich in meiner vor zihn
Jahren gemachten Copie dieses Ostrakons die Randbemerkung ülicrselien habe.
Eevillout liest sie: 'lEpcO oi'Ccou). Das ist gewiss verlesen für 'Ispoü ^' Der
Bruch ^ wird diircli die Analogie der anderen Texte verlangt. — AV eitere Bei-
spiele für das angebliche iepoü ot'(xcu) giebt er auf S. 27.5.
§ 60. TKMPELKOEN. 223
Hieraus scheint mir zu li)lgen, dass der fepä; Tcupo^ (resp. die
Espä Y.pi^'f]) im Durclischnitt, nach olieu oder uutcu ahgcriiudet'),
1 **/u der gezahlten Grundsteuer beträgt. Aus dem Ausdruck hpöi
dürfen wir weiter folgern, dass dieses eine Procent für die Tempel-
verwaltung abgeführt wurde. Wir halnn es danach mit einer Tempel-
abgabe zu thun, die aber nicht als soU lu' vom Steuerzahler eingefordert,
sondern von der eingegangeneu Grundsteuer erst von den Thesauros-
bearaten abgezweigt zu sein scheint.-)
Sollen wir nun glauben, dass nur in den einzelnen Fällen, in
denen sich jene Randbemerkung vorfindet, dieses eine Procent für
die Tempelverwaltung reservirt worden sei? Die obigen neun Quit-
tungen sind durchaus den anderen Grundsteuerquittungen conform,
sodass sich gar kein Grund finden licsse, weshalb gerade hier und
nicht auch in den anderen Fällen das Procent berechnet worden sei.
Ich meine daher, dass von jeder Grundsteuerlieferung, die von dem
Steuerpächter an den Thesauros abgeführt wurde, 1 °/q für die Götter
separirt worden ist, dass aber nur gelegentlich diese Alanipulation
von den Thesaurosbeamten in jener — wohl meist nachträglich
geschriebenen — Randbemerkung auf der Quittung, die sie dem
Pächter gaben, notirl worden ist.
Auffällig ist, dass auch in 1341 , wo die gesammte Lieferung
(50 Artaben) für den Ammonstempel auf der Insel Poanemunis
bestimmt ist, trotzdem 1 "/„ Q Artabe) abgezweigt wird. Man wird
annehmen müssen, dass dieser itpb<; Tiupöc, eben für einen anderen
Tempel, wohl den Haupttempel des Ortes, bestimmt war.
§ 61. [l'Tisp] "loicog.
In 13(11 (Theben) wird über eine Zahlung von 300 Drachmen
„für die Isis" quittirt. Also eine Tempelabgabe.
'I)(-9'Ulxd.
Vgl. § 7 (Nr. 343).
') Die Rechnung in 710 ist nicht ganz durchsichtig. In der Subscrij^tion
wird erst 70^|^ wiederholt, dann aber geschrieben: /p = das macht 100. Für
100 würden wir nach Obigem Espoö et, erwarten, für 70 ^|^ aber etwa lepoD ^(j.
Vielleicht steckt ein Fehler in meinen Lesungen von Z. 6.
-') Das etwa 1 "/^ ausserdem als Zuschlag gefordert wäre, «ird dadurch
unwuhrsclieinlich, dass dann auch in allen Fällen über diesen Zuschlag hätte
Quittung ausgestellt werden müssen.
224 IV. KAPITEL.
§ t;2. EJg XY|V xa xwv xX^.
Für Thebezi belügt durch Nr. 14'J(i und 1584.
In 1496 ist mir die Lesung ötä wahrscheinlich, in 1534 dagegen
zweifelhart. An letzterer Stelle fehlt jedenfalls der Abkür/.ungsstrich
über den Buchstaben. KX^ kann entweder in xXTjpoüj^wv, resp.
xÄTfjptüv, oder in xXYjpov6|iü)v aufgelöst werden. Hier ist alles unsicher.
§ 63. TeXog xaaooTioiwv xal yvacpaXXoXoywv.
Für Koptos belegt durch Nr. 1081, 1082, 1084—1090, 1616,
alle aus dem II. Jahrh. vor Chr.
Das Wort xocaaüizoiöq, auch xaaoTtoioi; geschrieben (vgl. 1085,
1087), begegnet in letzterer Form auch in Petr. Pap. (11) XXXII
(1) Z. 10, einem Text aus dem Ende des III. Jahrh. vor Chr.
Mahaöy leitet es von y.aj ab, das Hesyehios mit Sepjia erklärt. Ich
möchte es lieber mit -/.äaaov in Verbindung bringen, das derselbe
Hesyehios als Cfiät^ov -a/ü xat xpaxu TisptßöXa'.ov erklärt, also als
ein dickes und rauhes Obergewaud. Dies Kleiilungsstück wird seinen
Namen eben von dem dicken, rauhen Stoff haben, aus dem es ge-
fertigt wird. Die '/.aaüOTZOioi sind danach die Fabrikanten solcher
Rauhstoffe.')
Der Name der zweiten Handwerkerkategorie (in 1081, 1082,
1086) ei"scheint in verschiedenen Verschreibungen als yvacpaXXoYot
(1082, 1086) oder yvaiyoXXoXoyoi (1081). Wie weit hier etwa
Verlesungen des editor princeps vorliegen, kann ich nicht sagen,
da ich die Originale nicht gesehen habe. Jedenfalls wird überall
Yva^aXXoXoyot herzustellen sein, was von yvaiyaXXov abzuleiten ist.
Letzteres erklärt Blümner (Technologie I S. 206, vgl. 168) als die
') Möglich, dass die xaoaoitotoi aus den %'on ihnen hergestellten StofTen
auch Kleider verfertigt haben. Aber die Nebeneinanderstellung mit den yvayaX-
XoXo-(o: sowie der in der nächsten Anmerkung angeführte Text legen es nahe,
dass wir in erster Linie in ihnen die Stofffabrikauten zu sehen haben. Es ist
übrigens für die Entwickelung der Gewerbe in Aegypten lehrreich zu sehen,
dass die Fabrikation von Rauhstoffen als ein selbstständiges Gewerbe betrachtet
wurde. — Unsere Museen liaben sich in den letalen Jahren mit zahlreichen
Kleideriiberresten aus den aegyptischen Gräbern gefüllt. Sollten die von
G. Schweinfurt (Zeitschr. Ges. Erdk. Berl. 1887 S. 19) erwähnten Rubberstofi'e
vielleicht zu unseren xäaaa gehören? Vgl. auch A. Riegl, d. aeg. Textilfunde
im Oestr. Mus. Wien 1889.
§ 62 — 65. 225
Wollflocken, die beim Kratzen und Scheren der Tücher entstehen.
Da hier die 'fjOL'^iDXoXö-^oi neben den xaaaoTTOioJ erscheinen, werden
wir beide Tli.atigkiitcn mit einander in Verbindung zu setzen und
in den YV«<P«^^oXdYOt wohl diejcuigcu Leute zu sehen haben, die
dieWdllenflocken,') die bei der Fabrikation der Kauhstoflfe entstanden,
zusammenlasen (Aeyecv), wobei natürlich anzunehmen ist, dass ihre
Handlangerdienste sich nicht auf dies ^eyetv allein beschränkt haben
werden.
Die Gewerbesteuer, die diese beiden Klassen von Handwerkern
zu zahlen hatten, war in Ko23tos, woher unsere Ostraka stammen,
an Pächter vergeben, an die ä^ecXyj^oxes ty^v wvt^v. lieber die Höhe
der Steuer lässt sich nichts ermitteln, da, wie meist in den Gewerbe-
steuerquittungen, nur angegeben ist, für welchen Monat gezahlt worden
ist, nicht aber wie viel. In 1088, wo die Summe einmal genannt
ist (einstweilen unsicher, ob 6 oder 200 Drachmen), ist die Angabe
der Monate nicht erhalten.
§ 64. KXscvsv^.
In 18.Ö und 187 quittirt ein teXcüvyj; xXEiveV^, resp. £i5o(u?)
xXeiveV^. Die Bedeutung des letzten Woi'tes ist mir völlig rätselhaft.
In dem kürzlich vom Berliner Museum erworbenen Ostrakon P. 8598
quittirt derselbe Pächter demselben Steuerzahler für dasselbe Jahr
den Empfang dieser rätselhaften Abgabe. In 185 wird für den
Hathyr, in P. 8598 für den Pharmuthi und in 187 für den Pachon
des 5. Jahres des Antoninus Pius quittirt. Aus den beiden letzten
folgt, dass die Steuer für den betreflenden Mann pro Monat 1 Dr.
1 Ob., also für das Jahr 14 Drachmen betrug.
§ 65. TsXog xXwaxYjpLcov (??).
In 1525 (a. 124/3 vor Chr.) schreibt Apollouides, wie es scheint
ein Steuerpächter, an einen gewissen Didymos: Du schuldest mir
■) Dass die in Frage stehenden xäoaa aus Scliafwolle gearbeitet wurden,
geht aus dem oben angeführten Text bei Mahaffy hervor. Ein Gerbermeister
spricht hier von der Bearbeitung der y.m'.S'.a (der Schaffelle), ä xlJ.Xovxej [....]
xä [ix4v spQSia (so möchte ich ergänzen statt Grenfells xiüiS'.a) TOig y.aao7CO'.ot;,
x& 54 äg aö[x(üv SIplimxa TtapaSiSoiiev sl; xö ßaoiX[txov] xxX. Die Schaffelle
werden also vom Gerber gerupft, und die Wolle wird unseren Rauhstoff'fabri-
kanten übergeben.
WiLcKEN, Ostraka. ^^
2'>6 IV. KAPITEL.
J ^ I
für das tIXo; dos Monats Phaoplii 115 v.'/MGzripti{a.). Das letztere
Wort ist nielirfach eorrigirt, ist überdies ohne Abkürzungsstricli
geschrieben, ebenso T£(=X£J^og ?), das ausserdem über der Linie
naeligetragen ist. Ganz ungewöhnlich ist ferner, dass der Pächter
dem Zahler notirt, wieviel dieser ihm noch schuldet. Das alles
sind Sch;vicrigkeiteu, die bei der Erklärung des Textes zur Vorsicht
mahnen. Wenn die obige Deutung richtig sein sollte, so würden
wir ein -csXog vor uns haben, das in natura, in xXtoatigp:a, d. h. in
gesponnenen Fäden, zahlbar war. Doch hier ist alles unsicher.
§ 66. 'H "/vacfixT^.
Die xvacpeij (oft auch Yvatpels genannt) sind die Tuchwalker,
die im Altertum dadurch eine besondere Rolle spielten, dass sie
nicht nur die neuen Fabrikate walkten etc., sondern auch die Reini-
gung von getragenen Kleidungsstücken und anderen gebrauchten Woll-
stoffen besorgten (vgl. Büchsenschütz, die Hauptstätt. d. Gewerbfleiss.
S. 89). Die xvacptxi^ ist also die von den Tuchwalkern erhobene
Gewerbesteuer. Das einzige Ostrakon, das uns diese Steuer bezeugt
(1487), giebt glücklicherweise über die Hohe derselben Auskunft.
iCs heisst da: [Ix^] — trjv xva9:x[YjV toO [irjjvo; 'Ail'up S ß-
Also betrug die Gewerbesteuer der Tuchwalker 2 Drachmen pro
Monat. Die Annahme, dass diese 2 Dradimen hier nur eine Raten-
zahlung bezeichneten, ist unwahrscheinlich.
Bemerken.swert ist, dass die Quittung von einem activen römischen
Soldaten, dem Aurelius Heronianus, aus der Centurie des Hierax,
ausgestellt ist. Dieser sagt: l^w Tiapa aoO eE? X6yo[v ] t^v
xvacpixYjV xtX. Wahrscheinlich wird man den Soldaten hier als
den Erheber der Steuer zu fa.?sen haben, denn die Annalime. (la.«s
es sich um eine Privatquittung handele, führt zu unlösbaren Wider-
sprüchen. Hinter Xoyov könnte wohl der Adressat selbst (aoö) oder
der Name eines ihm nahestehenden gestanden haben. Vgl. Nr. 1083:
I/O) Tiapd aoO eIq xöv "Opou toü <utou aou> Xcyov, d. h. auf ,
Rechnung deines Sohnes. Doch ist es mir wahrscheinlicher, dass
hinter Xöyov der Name des Steuerpächters gestanden, für den der
Soldat hier eintritt. Auf die Verwendung des Militärs bei Ein-
treibung der Steuern werden wir in Kap. VI zurückkommen.
I
§65 — 68. L>27
Diese Walkersteuer wird auch in BGU 337, 23 für das Dorf
SoxvoTiatou Ny^ao; bezeugt.') Die Priesterschaft erklärt, so und so
viel für die Walker (yvaiyEls) des Dorfes au die Verwaltung des
Epistrategcu gezahlt zu haben. Nach einem anderen Text, dessen
Publication mir nicht zusteht, ist es \vahrscheinlich, dass die Erhebiuig
dieser so wie der anderen dort aufgeführten Steuern der Priester-
schaft des Soknopaios übertragen war.
§ 67. TsXog y.opjjiwv.
In 1055 wird über den Empfang von xö ytvöijievov teXo; xop|JiiüV
Tptwv quittirt. Kop|i.ös bedeutet Klotz, Stamm, Stück vom Stamm.
Im Festzug des Philadelphos erschienen Aethiopen, die 20(J(J ißevou
xopjious brachten (Athenae. V 201 a). Was für ein tIXo; im Ostrakon
vorliegt, lässt sieh nicht bestimmen.
i? 08. 'Ynkp xoupscov.
Für Theben belegt durch Nr. 380—382, 1377, 1555 (I. Jahrh.
n. Chr.).
Diese Urkunden, die uns wohl zum ersten Mal über die Gewerbe-
steuer der Barbiere (xoupelc ) Aufschluss geben, 2) sind sämmtlich Bank-
quittungen. Darum nennen sie uns auch die gezahlten Summen,
was die Erheberquittungen vielfach verschweigen. Ferner ist es ein
glücklicher Zufall, dass sie sämmtlich für eine und dieselbe Person
ausgestellt sind, für nicAtt; (^pq Sohn des ll'svevoöcpc;, der zur. Zeit
der Kaiser Gaius und Claudius in Theben das Barbiergeschäft l^etrieb.^)
Nach Nr. 380 zahlte er im ^Mechir 38 n. Chr. für das Jahr 37/8
3 Drachmen 4 Obolen; nach 381 im Mesore 39 für 38 U 2 Drachmen
1 Obol; nach 382 im Mechir 40 für 39/40 3 Drachmen 4 Obolen.
Hiernach könnte man geneigt sein, die Summe von 3 Drachmen
4 Obolen als Norraalsumme zu nehmen ; doch bleibt es hiernach noch
unentschieden, ob sie für das Jahr oder für den Monat Geltung hat.
Für die Beziehung auf das Jahr scheint der Text zu sj)rechen, wenn
') Für die byzantinische Zeit vgl. WesselT, Denksehr. Wien. Akad. Wiss. 1889
S. 232. Damals stand ein eic'.ataxifjs als Zunftmeister an der Spitze der Walker
(ebenso der anderen Gewerbe). Vgl. auch ebend. S. 217.
*) Mommsen erinnert mich au das tonstrinum der le-^c metalli A'ii^ascensis.
Bruns, fönt." S. 268.
^) Nach der Charta Borgiana l)efanden sich iu dem faijAmischen Dorfe
Ptolemais Hormos im J. 191 u. Clir. mindestens 2 Barbiere. Vgl. III 26, IX 5.
10*
228 IV. KAPITEL.
I
er sagt: bnkp xoupswv ß ^ (= Seu-repou etou?) oder ähnlich. Um so
lehrreicher ist es, dass die beiden tblgendeu Nummern uns zeigen, dass
trotzdem die Zahlung nur auf den betreffenden Monat zu beziehen
ist. Nach 1377 zahlt nämlich derselbe ÜTO^vti; für 41/2 3 Drachmen
3 Obolen, und zwar nachträglich im ersten Monat des folgenden
Jahres, also Aug. Sept. 42. Nach 1555 hat er aber bereits vorher
im März (?) 42 gleichfalls für das Jahr 41/2 3 Drachmen 4 Obolen
gezahlt. Daraus ergiebt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass
die Summe nicht auf das Jahr, sondern auf den Monat zu beziehen
ist.') Die Vergleichung der Texte lehrt zugleich, dass sehr wahr-
scheinlich die Gewerbesteuer der Barbiere damals und au jenem Ort
3 Dracluneu 4 Obolen für den Monat, also 44 Drachmen für's Jahr,
betragen hat. Im Allgemeinen vgl. unten § 135.
Sehr wahrscheinlich handelt auch BGU 9 IV 15 — 19 von der
Barbiersteuer. Die Ueberschrift Kopaäxsg muss nach dem Zu-
sammenhang ein Gewerbe bezeichnen. Ich fasse xopaä? als Hypo-
koristikon von xopacOTT^p (Pollux 2, 32) oder xopawTi^i; (Athenae. XII
p. 520 e), die wieder Sj'nom3'ma von xoupeui; sind. Dass sich nach
dieser Annahme auch eine Frau (mit dem klassischen Namen
Euterpe) unter den Barbieren von Arsinoe befindet, ist bemerkens-
wert, kann aber die obige Deutung nicht erschüttern. Die gezahlten
Summen sind in dem Papyrus weggebrochen.
§ 69. KuvYj(YeTHt(j)v) Sopa(x(ov).
Für Theben belegt durch Nr. 579, 1247, 1248, aus der Zeit'
Hadrians.
In 579 wird quittirt VTi(ip) \i£pio(\>.oQ ) xuv^ SopS i"! 1247
für xuv^l Sop". In 1248 ist nur xuv^l Sop/i erhalten. Der Haken
über Qop in 579 steht gewöhnlich für a. Hält man Zop^ und Sop™
zusammen, so ist wohl nicht zweifelhaft, dass in beiden Fällen oopaxcöv
zu lesen ist. Kuv''! löse ich demgemäss adjektivisch in xuvyj(YeTtx(I)v)
auf. Damit sind also Spiesse zum Jagen, Jagdspiesse bezeichnet.
') Noch vorsichtiger ist, einfach zu constatireu, dass Ptolis für das Jahr
41/2 3,3 -|- 3,4, d. h. 7 Drachmen 1 Obol gezahlt hat, und die Frage offen
zu lassen, ob dies eine Rate ist. Aber die Thatsache, dass die monatsweise Be-
reclinung der Gewerbesteuern in den tlicbanisclien Evliebcrquittungen uns vielfach
entgegentritt, sowie die häutige Wiederkehr des Satzes von 3 Drachmen 4 Obolen
machen es sehr walirscheinlieli, dass dieser Satz elien die Monatsstcuer ist.
§68 — 70. 229
Die Abgabe, die die thebanischen Bewobner für diese Jagdspiesse
zu zahlen haben, wird in 579 als |XEp:a|xi? bezeichnet. Das besagt
nach § 75, dass diese Abgabe kopf'stcuerartig in gleichen Raten
verteilt war. Nähere Aufschlüsse über diese merkwürdige Abgabe
erhalten wir durch den nächsten Paragraphen.
§ 70. Kuv7]y{g((dv).
Für Theben belegt durch Nr. 468, 479, 1408, 1564, 1565,
alle aus der Zeit des Domitian.
Die Erklärung dieser Texte bietet grosse Schwierigkeiten. In
479 ist das Steuerobjekt xuV« geschrieben. Das Nächstliegende
■war, dies in xuvw(v) aufzulösen und so eine „Hundesteuer" zu con-
struiren. Das ist denn auch in dem „Ausführlichen Verzeichnis
der Aegyptischen Altertümer" S. 388') geschehen. Auch ich habe
fi'üher an diese Lösung gedacht. Die anderen Texte, die diesem
ganz analog sind, erfordern jedoch eine andere Lösung. In 468,
1408 und 1565 steht y.ov'n geschrieben, in 1664 XL)VYjYt.5. Hält
man diese drei Schreibungen neben einander, so ist es wohl nicht
zweifelhaft, dass überall v.ov-qyioiäV zu lesen ist. In dem un-
publicirten Ostrakon Louvre 85;) 1 glaube ich jetzt in meiner Copie
xuvYjytSos zu erkennen.-) Aber was soll das heissen? Die Bedeutung
„Jägerin" ist ausgeschlossen. Durch die Analogie der noza,[i.o^uka.y.iBt(;,
die in 1408 und dem Louvreostrakon daneben genannt werden, bin
ich auf die Vermutung gekommen, auch hinter xuvvjyts ein vaOs zu
suppliren und darin ein „JagdschifF" zu erkennen.
Wenn die Unterthanen Beiträge für diese Jagdschiffe ebensogut
wie für die Flusswachtschiffe zu zahlen haben, so werden auch diese
Jagdschifle im öffentlichen Dienst stehen, mit anderen Worten, es wird
•) Herausgegeben von der Generalverwaltung der kgl. Museen zu Berlin, 1894.
'■') Ich lese den Text folgendermassen :
K'(uv)-TjyY)>iSo5 xai |iEpi(:|i(B[v]
7ioTa[iocpuX(Kx{?cov) xoS ß(?)'- io]Ji'.xi-
avoO Toü xupiou iiT](vds) (?) Ilaxtuv
5 K(ai) ii(äTo)x(oi)
1 meine Copie hatte am Anfang Ka|iY;xi . . J. — 2 die Jahreszahl ist corrigirt.
Lesung unsicher. — 4 vor v^ ist ausgestrichen X'^ = X(x(paxos). — 5 ist am
Original zu vervollständigen. Am Sehluss scheint dieselbe Subscription zu stehen
wie in 468.
230 IV. KAPITEL.
sich um eine Jagd handeln, die von der Ilegierung betrieben \vird,
und zwar zum Besten der Bevölkerung — denn darin muss der
Kecht.stitel für die ICrhclmng der Abgabe liegen.') Halten wir damit
zusammen, dass nach dem vorhergehenden Paragi-aphen. dieselbe Be-
völkerung auch für die ,,Jagd.spies.se" Beiträge zu zahlen hatte, so
kommen wir der Frage, was denn das für eine Jagd gewesen sein
mag, schon näher. Ich vermute, dass es sich um die Jagd auf
das geföhrliche Nil])ferd — vielleicht auch auf das Krokodil —
handelt. Alte aegyptische Bilder, die uns diese Jagd veranschau-
lichen, zeigen, dass sie vom Schiff aus betrieben wurde, und dass
die Hauptwaffe die lange Harpune war. ]\Iau vergleiche die
interessante Darstellung aus einem thebanischen-) Grabe des mittleren
Eeiches bei Wilkinson „Manners and customs of the ancient Egyp-
tians" 2. Aufl. (Birch) H S. 128.^) Im Wesentlichen übereinstimmend
hiermit beschreibt Diodor I 35, 10 die Jagd folgendermassen :
„'AÄiT/.ETat Se xal toO-c (seil, das Nilpferd) uoXuyeipi'a töv
' TUTitöv-wv xotc a'.OTjpors e[Ji_ßoXioi;. "Otzou yäp äv ^kvy,, auvä-
youaiv in c\j-b r.'koly. u. s. w. .Jene oiorjpx £[ißoX:a sind mit unseren
7.ur/jY£"-xa oöpaxx, und jene TcXoIa mit unseren x'jvv^ytoej zu i<leu-
tificiren. Aber während hier und in den thebanischen Gräbern die
Jäger Privatleute sind , wird die Jagd , auf die unsere Ostraka
hinweisen, nach obiger Deutung von der Ilegierung ausgeübt: dafür,
dass sie den Nil nach Möglichkeit von diesen gefahrlichen Tieren
säubert, lässt sie sich von der anwohnenden Bevölkerung Beiträge
für die Jagdschiffe und gar für die Harpunen zahlen. Dass auch
die Beiträge für den Oberjagdmeister vielleicht in diesen Kreis
hineingehören, erwähnten wir schon oben (§ 2(J).
§ 71. 'l'-sp Xaoypa^i'ag.
Für Svene -Elephantine belegt durch .3—8, 10—12, 18, 20,
21, 24—26, 29—31, 33, 34, 36—39, 41, 46, 47, 49, 51-65,
68—76, 79, 81, 82, 85, 86, 102—104, 106, 113—119, 121, 123,
') Die an sich zulässige Deutung auf eine Besteuerung des Privatsportes
wird mir durch die Analogie der T^oxaiiocfuXocxiSs; iinwahrscheinlich.
^) Nach AVilkinson's Angabe finden sich gerade in tliebanischen Gräbern
mehrfach solche Jagddarstellungen.
') Vgl. auch Erman, Aegvpten u. aeg. Leb. S. 328. Dies beliebte Sujet
ist auch in dem Mosaik von Palaestrina dargestellt. Vgl. Maspero-Steindorff,
.\eg. Kunstgeschichte 1889 S. 180.
Dli; KOPFSTEUER. 231
125, 128— l.'JO, 1411, 141, 144, 14s, 151, 152, 154-156, 158,
160, 165, Km, ItiS, 17(j, 182, 18;], 188—191. 201, 211, 223,
226, 22!), 234, 236, 237, 245, 251, 252, 260, 264, 269, 270,
280, 2!I0, 1269, 1271, 1272, 1322, alle aus der Kaiserzeit.
Für Theben belegt durch 357, 363, 366, 367, 370, 372—374,
383, 384, 387—389, 393, 398, 399, 401, 403, 411, 419, 422,
424, 425, 429, 431, 4;i2, 434, 436—438, 444, 446, 448, 450,
452—454, 457, 460—463, 465, 466, 469, 471, 472, 474, 475,
477, 480—482, 486, 487, 490, 492, 493, 508, 516, 525, 530,
.")36, 543, 548, 563, 567, 569, 575, 582, 584, 609, 619, 626,
(;34, 639, 641, 645, 656, 668, 669, 1052, 1238, 1239, 1242,
1246, 1279, 1283-1285, 1324, 1365, 1366, 1378, 1380, 1384,
1390, 1401, 1402, 1414, 1425, 1441, 1541, 1542, 1549, 1562,
161.'), alle aus der Kaiserzeit.
Wiliielni Fröhuer hat in seinem bahnbrechenden Aufsatz über
die Ostraka zuerst erkannt, dass mit der Abgabe uusp Xaoypa^tas
eine Kopfsteuer gemeint ist. Auf Grund des ihm vorliegenden
Materials, das damals noch unbedeutend war, z. T. auch durch
irrige Lesungen verführt, hat er geglaubt nachweisen zu können,
dass die Hölie die.ses Kopfgeldes in jedem Jahre nach dem
jedesmaligen Ausfall der Ernte bestimmt sei und daher gewissen
Scliwankungen unterlegen habe. Blit ihm haben wir Alle bislier
angenommen, dass die von ihm berechnete Höhe des Kopfgeldes
für ganz Aegypten massgebend gewesen sei. Durch das grosse jetzt
vorliegende Material werden wir die letzten Punkte seiner Deduction
nicht bestätigt finden. Dagegen hat seine Grundauffassung von dieser
Steuer als einer Kopfsteuer durch das neue Material nur neue Stützen
erhalten. Zumal, wie wir sehen werden, die Bezeichnung der
Kopfsteuer als X«oypa-^ta nicht leiclit zu erklären ist, möchte ich
gleich hier an der Spitze dieser Untersuchung darauf hinweisen,
dass unabhängig von dem Ostrakonmaterial auch die Papyri einen
stricten Beweis dafür erbringen, dass die Xao'fpoi.-^ix eine Kopfsteuer
ist. In BGU 1, einer Tempelreehnung aus dem Faijüm (vgl. jetzt
BGU 337), etwa um 200 n. Chr. geschrieben, heisst es, nachdem
die Einnahmen des Jahres mit den Worten XoiTial XT^|i[iaTog SX^^C^I
gebucht sind, folgendermassen (Z. 15): A['t] xal 5[:a]Ypacfö[i.£va:
Et; TÖv X'jp'.axov Xoyov bizkp euiX£:paX£o[u] xöv 67iepatp6vTWV lepewv.
Diese etwas dunklen Worte erhalten helles Licht durch den Londoner
232 IV. KAPITEL.
Papyrus CCCXLYII (aus (k'm J. 2(Jl ii. Chr.), in welchem es nach
dem von der Palaeograpliical Society (Ser. II Taf. 185) publicii-ten
Faesimile folgenderraassen heisst (Z. 5 f.): Aieylpa^avl Teasvoö^t;
riaxüasü)? xal S-coiorjat? 'Ovvü^peui; xal oi >.oOT(oi) ^epc^s Xao-
Yp(aifias) [t]ü)v u-epa'.poüvxwv (sie) töv äpt9'[i,ö(v) xtbv fepewv ■8'^
(= 200/1) [xejxpaxoai'as sßSo|xi^xovxa Itcxä — / ^uo!^ — . Es
unterliegt für mich keinem Zweifel, dass an beiden Stellen ein und
derselbe Vorgang gemeint ist, nämlich das Zahlen einer Abgabe für
die „überzähligen" (s. unten) Priester an die kaiserliche Kasse. Diese.
Abgabe heisst nun im Berolinensis ir.'.xz<^a.X'.ov, im Lon-
dinensis Xaoypa^ta! Das erstere Wort bezeichnet aber das,
was wir eine Kopfsteuer im eigentlichen Sinne nennen, d. h. eine
Abgabe, die Kopf für Kopf in gleicher Höhe erhoben wird (vgl.
jSIommsen bei Hirschfeld, RVG 14 A. 2). Damit ist die Bedeutung
des Wortes Xaoypacpia, sofern es eine Steuer bezeichnet, gesichert.
In demselben Jahre, in dem Fröhner aus den Ostraka von
Elephantine eine Kopfsteuer von durchschnittlich etwa 17 Drachmen
pro Kopf nachwies, veröfteutlichte Eodbertus seine Studien „zur Ge-
schichte der römischen Tributsteuern seit Augustus", in denen er u. a.
den Versuch machte, durch Combination verschiedener Schriftsteller-
nachrichten die Höhe des Kopfgeldes bei den Aegypteru zu berechnen. ^j
Doch das Material war einerseits zu dürftig, andrerseits wurde es
z. T. missverständlich von ihm aufgefasst, und da er auch sonst
von falschen Prämissen ausging, so konnte es nicht anders sein,
als dass sein Resultat, die Aegypter hätten pro Kopf 1 1 Drachmen
gezahlt, ein völlig verfehltes war. Wir wollen nun an der Hand
des grossen neuen Jlaterials versuchen, die wirkliche Höhe der Kopf-
steuer für Aegypten zu berechnen.
Wir beginnen mit den Ostraka aus Syene- Elephantine.
Während wir sonst bei den Ostraka in der üblen Lage sind, nicht
wissen zu können, ob die quittirte Summe die Gesammthöhe der
jährlichen Abgabe oder aber eine Rate bezeichnet, geben uns die
Schreiber von Syene und Elephantine gerade bei der Xaoypafpta die
Möglichkeit, diese Kardinalfrage mit Sicherheit zu beantworten, indem
sie die Schlussrate häufia: ausdrücklich als solche bezeichnen. Das
') Hildebrand's Jahrbücher für NationUlökononne und Statistik IV 186ö,
S. 373 f.
§71. HÖHE DER KOPFSTEUER. 233
gescliieht dadurch, dass sie die vorläufigen Raten gern mit ^7:1 Xöyou
einführen, die Schhissraten aber mit Wendungen wie xal xa; XoiTia;
xoO auxoO Ixouj Opa/|j,i; oder ähnlicli eben als Restzahlungen
chanikterisiren. Wir stehen hier also auf ganz festem Boden.
Folgende Resultate ergeben sich demnach aus den Ostraka:
l.\^)n Augustus an, oder sagen wir vorsichtiger, da für Augustus'
Zeit hier zufallig keine Belege sind, von Tiberius an bis mindes-
tens zum J. 92,3 (spätestens 95,6) betrug das Kopfgeld in
Syene-Elephantine 16 Drachmen. Man vergleiche die Xummern
3 — 39 der obigen Tabelle, dazu 1322. Wohl wird hier meistens die
Summe nur mit 16 Drachmen angegeben, ohne uns eine Gewissheit zu
verschati'en, dass dies wirklich die jährliehe Höhe sei. Nr. 20 nimmt
uns aber allen Zweifel (von J. 73/4), in der erst iid X^you 8 Drachmen
quittirt werden, und darauf die zweite Rate von wieder S Drachmen
bezeichnet wird als „xd; äpyupioy Spayiid; oxxw". Durch den
Artikel wird die Summe als der noch ausstehende Rest bezeichnet.
Sehen wir nun, dass in den anderen Fällen auch meist IG Drachmen
bezahlt werden, auf einmal oder in Raten wie lö-f-l (33) oder
12-1-4 (39) oder in den beliebten Halbraten (3 und 4), so unterliegt
es keinem Zweifel, dass 16 Drachmen damals die Jahressumme war.
2. Von mindestens 96/7 (frühestens 93/4) bis mindes-
tens 112/3 (spätestens 113/4) betrug das Kopfgeld in Syene-
Elfepantine 17 Drachmen.
Man vergleiche die Xummern 46 — 86 der obigen Tabelle, dazu
1269. Dass in diesem Zeitraum die Jahreshöhe wirklich 17 Drachmen
betrug, erhellt aus folgenden Fällen. In 53 wird von den Raten
4-j-4-|-7-|-2 die letzte 2 bezeichnet als xa; Xoniä.q. Ebenso wird
in 81, wo S-j-S-j-l gezahlt werden, die letzte Drachme als xy;v
Xc'.-rjv bezeichnet. Vgl. auch 56 mit 57. Im Uebrigen findet sich
niemals eine höhere Summe als 17, sondern meistens 17 selbst oder
Raten wie 8 + 9, 8 + 8+1, 8 + 4+5, 12 + 5.
3. Von mindestens 114/5 (frühestens 113/4) bis mindes-
tens 170/1 betrug das Kopfgeld in Syene-Elephantine
17 Drachmen und 1 Obol, resp. 17 Dr. | Obol + 5ea[ioö
i Obol. Vgl. 102—264 der obigen Tabelle, dazu 1271, 1272. Wenn
wir hier auch zufällig keinen directen Beweis wie oben haben, so
unterliegt es doch angesichts der überwiegenden Mehrzahl der Fälle,
in denen gerade diese Summe genannt wird , und der Thatsache,
234 IV- KAPITEL.
da?s wohl kloiiiere, aber niemals grössere Summen erscheinen, keinem
Zweifel, dass diese Summe eben der Jahresbetrng- gewesen ist. "Wir
haben diese Periode nur deshalb mit dem Jahre 170/1 begrenzt, weil
in unserer Sammlung kein späteres Beispiel dieser oder einer höheren
Summe vorliegt. Ueber 198; 9 (Nr. 2S(.)) gehen hier zufällig unsere
Ostraka nicht hinaus.
Für alle drei Perioden gilt, dass innerhalb derselben alle Kopf-
steuerpilichtigeu von Svene -Elephantine dieselbe Summe zahlten.
Man braucht nur die citirtcn Nummern zu vergleichen , um dies
bestätigt zu finden. Wir sind somit in der glücklichen Lage, für
die Gemeinden Svene- Elephantine durch die beiden ersten Jahr-
hunderte unserer Zeitrechnung hindurch die Höhe der Kopfsteuer
mit Sicherheit constatiren zu können.
Nach allem, was wir uns bisher von der Kopfsteuer vorstellten,
würde man versucht sein, dieses Eesultat auf ganz Aegypten auszu-
dehnen. Es ist eine der überraschendsten Lehren, die wir den
Ostraka entnehmen dürfen, dass, was für Syene-Elephantine gilt, nicht
auch für ganz Aegypten gilt, sondern dass für eine jede Gemeinde
die Höhe der Kopfsteuer besonders und in verschiedener
Höhe bestimmt war. Zu diesem Resultat kommen wir, wenn
wir die thebanischen Quittungen mit denen aus Syene-Elephan-
tine vergleichen. Die Angaben jener lassen sich in keiner Weise
mit diesen vereinigen. Ja, wir werden zu unserer Ueberraschung
sehen, dass sogar die verschiedenen kleinen Ortschaften,
die in der Kaiserzeit auf deni Boden des alten Theben
lagen, Kopfsteuern von verschiedener Höhe hatten. Anfangs
glaubte ich, aus dem Wirrwarr der widersprechendsten Summen,
die die thebanischen Quittungen zeigen, überhaupt keine festen Sätze
abstrahiren zu können. Zur Klarheit kam ich erst, als ich durch
die Abweichung von den elephantinischen Summen auf das lokale
Miiment aufmerksam gemacht, die Summen nach den einzelnen Ort-
schaften gruppirte. Da ergab .sich das Resultat, dass auch hier
für die einzelnen Gemeinden feste, für alle Bewohner gleiche Kopf-
steuersummen anzunehmen sind, dass aber -die Höhe in den ver-
schiedenen Gemeinden eine verschiedene ist oder doch sein kann.
Die Untersuchung wird bei den thebanischen Quittungen dadurch
sehr ersehwert, dass die Schreiber hier niemals eine Schluss-
zahlung als solche charakterisiren, sodass wir zunächst nie wissen
§ 71. HÖHE DKIt KOPFSTKUER. 23ö
können, ob die qiiittirte Summe eine Kate oder den ganzen Jahres-
beti'ag darstellt. Wir können hier nicht anders operiren, als dass wir
diejenige höchste Summe, die sich für einen Ort bei verschiedenen
Individuen besonders häufig nachweisen lässt, als den Jahresbetrag
annehmen. Wir müssen uns allerdings dabei sagen, dass dieser Schluss
zwar äu.sscrst walirscheinlich ist, ein stricter Beweis aber nicht erbnieht
werden kann. — Die Untersuchung wird ferner ilaihirch erschwert,
dass es in den ersten Deecnnicn der Kaiserzeit nicht Sitte war, die
spezielle Ortschaft namhaft zu machen. Erst vom Jahre 42,;5 n. Chr.
an findet sich die Erwähnung des Lokals hin und wieder, regelmässig
begegnet sie erst von 61/2 an (Nr. 411). Lassen wir die Ostraka
ohne Ortsnamen als für unsere Frage nicht beweiskräftig bei Seite,
so lassen sich aus der übrigen Masse folgende Gruppen herausschälen:
1. Die Quittungen des Ortes Xapa^ nennen fast regelmässig die
Summe von 10 Drachmen. Vgl. 411, 424, 4::5G, 453, 402, 469,
474, 475, 4H1, 482, 486, 487, 492. Nur ein einziges Mal (457)
findet sich eine Teilzahlung von 'i^-\-2i Drachmen. Zumal auch
hier die Summe 10 ist, möchte ich es für mehr als wahrscheinlich
halten, dass die Kopfsteuer in Charax eben 10 Drachmen jährlich
betragen hat. Vom Jahre 113/4 an haben wir für Charax nur
Erheberquittungen, in denen es Sitte ist, die AaoYpa^ta mit dem
ßaXav'.xov ohne Spezifieirung zusammenzuaddiren, sodass wir nicht
ohne Weiteres das Einzelne erkennen können. Es scheint aber,
dass damals auch eine materielle Veränderung eingetreten ist, denn
die Summe der beiden Abgaben, die bis dahin 11 Drachmen 14 Obolen
ergab, wovon 10 Drachmen auf die Xaoypaiyia, 1 Drachme 14 Obolen
auf das ß«Xav:x6v fielen, beträgt von jetzt an regelmässig 12 Drachmen,
also 4J Obolen mehr (vgl. Nr. 508ff.).i) Es ist für uns zunächst
nicht auszumachen, ob diese 44 Obolen auf die XaoYpa-.fta oder auf
das ßaÄav;xdv oder auf beide zu verteilen sind. Jedenfalls müssen
wir es bis auf Weiteres als möglich bezeichnen, dass im J. 113/4
in Charax eine Erhöhung der Kopfsteuer um einige Obolen statt-
gefunden hat. Hierbei erinnern wir uns, dass auch in Syene-
Elephantine im J. 11,5/4 oder 114/5 eine Erhöhung des Kopfgeldes
um -1 Obol nachweisbar war. Es könnte nahe liegen, diese beiden
\) Es ist offenbar ein Versehen, wenn in Xr. 1242 für die Xac^pacpia
allein 12 Drachmen gebucht werden. Da ist die Erwähnung des ßaXav.xöv
ausgelassen.
236 I^'- KAPITEL.
Erscheinungen mit einander iu Verbindung zu bringen. Doch sei
darauf hingewiesen, dass Anfangs der 90er Jahre in Charax nicht
wie in Syene-Elephantine eine Erhöhung statt gefunden hat. Eine
Erhöhung in dem einen Ort hat also nicht notwendig eine Erhöhung
in den anderen Orten zur Folge.
2. Für die Ortschaft Mcmuonia sind uns überhaupt nur vier
Quittungen über Kopfgeld überliefert. In 1378 (a. 42/3) wird über
16 Drachmen quittirt, in 3(36 (a. 51,2) über 8 Drachmen, in 1623
(a. 63) über mindestens 4-(-4-|-4 und iu 1013 (a. 108/9) über
4 -1-8-)- 4. Wir können hiernach nur sagen, dass das Kopfgeld
in den Memnonia in dieser Zeit mindestens 16 Drachmen, vielleicht
gerade 16 Drachmen betragen hat.
3. Aus Ophi liegen uns für die ältere Zeit nur zwei Quittungen
vor: in 446 (a. 77/8) wh-d über 10 Drachmen, in 454 (a. 81/2) über
li -j- 24, (= 10) Drachmen quittirt. "Wollen wir hiernach für diese
Zeit die Kopfsteuer von üphi auf 10 Drachmen jährlich ansetzen,
so müssen wir für die spätere Zeit, von mindestens 133/4 an, eine
Erhöhung von 4 Obolen annehmen. Diese Summe wird nämlich für
Ophi bezeugt durch 563 (a. 133/4), 575 (a. 135/6), 609 (a. 141/2).
Es würde also auch für Ophi wie für Svene, Elephantine und Charax
eine Erhöhung des Kopfgeldes am Anfang des II. Jahrhunderts
anzunehmen sein.
4. Aus dem Orte 'Ay^P'' ßo((ov) liegt eine Quittung aus dem
J.68/9 vor, die 10 Drachmen nennt. In 1425 dagegen, aus dem J. 130/1
werden für Xa.o'fpoL^fioi. und jjaXavr/.öv zusammen 12 Drachmen gezahlt.
Es scheint hier also dasselbe Verhältnis wie in Charax vorzuliegen
(s. oben).
5. Für die Kspajista werden in den beiden Nummern, die uns
aus diesem Ort erhalten sind, je 5 Drachmen 2 Obolen genannt
(vgl. (539 vom J. 148/9 und das nicht publicirte Ostrakon Brit.
Mus. 12696 vom J. 128/9). Es liegt nahe, daran zu erinnern,
dass in Ojjhi zur sellien Zeit 10 Drachmen 4 Obolen, also das Doppelte
gefordert wurde, und daraus den Schluss zu ziehen, dass wir in jenen
Quittungen aus Kerameia Halbratenzalilungen' vor uns haben. Doch
muss weiteres Material abgewartet werden.
6. Für die Ortschaft Noxoc xal At'j' liegt uns eine ansehnliche
Zahl von Quittungen vor, in denen meist über viele kleine Katen
quittirt wird. "Wiewohl auch hier nirgends die Schlussraten als
S 71. DIE KOPFSTEUER IN THEBEN. 237
solche charakterisirt werden, glaube ich doch mit Sicherheit annehmen
zu dürfen , dass die Koijfsteuer dieses Ortes 24 Drachmen l)etragen
liiit. Dunu dies ist die höchste Summe, auf die in vielen Fällen
die einzelnen Katen sich addiron lassen. Die Untersuchung wird
dadurch erschwert, dass diese Quittungen von NÖTO? xai Ai'| in
sofern vielfach ungenau abgcfasst sind, als die Schreiber, die die
Eaten in ein und derselben Urkunde häuften, es gelegentlich ver-
säumten, das Eintreten einer neuen Abgabe besonders hervorzuheben.
Um hier nicht zu sehr in's Detail zu gehen, will ich nur erwähnen,
dass nach Vergleichung der Texte die am Schluss vielfach für
einen der ersten Älonate des neuen Jahres genannten Raten oline
Zweifel sich auf das )(W{jiaxix&v beziehen, auch wenn dies nicht
besonders gesagt ist. Man vergleiche z. B. Kr. 42il, wo das yiy>
correct genannt ist, mit 434, wo ohne Zweifel hinter OtbO- xx)- ein
yu) zu ergänzen ist, ebenso 438, wo es hinter $aä>9t S ergänzt
werden muss u. s. w. Mit Berücksichtigung dieser Besonderheiten
ergiebt sich für die Kopfsteuer durch Addirung der Raten die
Summe von 24 Drachmen in folgenden Fällen: 419, 431, 434, 438,
444 (12 + 8-f-3Dr.-j-2 + 4 0b.), 448, 450, 452, 461,405,472.
Diese Beispiele erstrecken sich vom J. 66/7 bis 86/7. In zahlreichen
anderen Fällen sind kleinere Summen genannt, die als Raten auf-
zufassen sind.
Dies Resultat, dass man in Nöxou xal AE'j) pro Kopf und pro
Jahr 24 Drachmen zahlte, ist in einer Hinsicht von grösster Wichtig-
keit. Von den oben unter 1 — 5 nachgewiesenen Summen könnte
man, da sie sämmtlich kleiner sind als die gleichzeitigen Summen
in Syene-Elephantine, behaupten, sie seien nur als Raten aufzufassen,
und man habe in Theben eben so viel gezahlt wie am Katarakt.
Diese Einwendung wird gegenüber der Ortschaft Noxoi; xal \ii\i
hinfällig, denn von ihr ist es über allen Zweifel erhaben, dass
sie eine höhere Kopfsteuer als Svene zahlen musste. Damit ist auf
alle Fälle unsere alte vorgefasste Meinung von der Gleichheit der
Kopfsteuer innerhalb des ganzen Landes widerlegt.
7. Endlich habe ich auf Nr. 477, 493, 068, 669 hinzuweisen.
Diese Nummern gehören dem Schema nach eng zusammen, und wir
haben schon im Kap. III (S. 96) daraufhingewiesen, dass die Besonder-
heiten des Schemas darauf schliessen lassen, dass sie alle einem
und demselben Lokal angehören. Wenn wir nun sehen, dass die
238 JV- KAPITEL.
Xaoypa^ia in diesen formell so gleichartigen Urkunden regelmässig
8 Drachmen beträgt, so dürfen wir es wohl als ■wahrscheinlich hin-
stellen, dass in diesem uns zunächst noch unbekannten Orte die
Kopfsteuer pro Jahr wirklich auf 8 Drachmen norniirt gewesen ist.
8. Es erübrigt noch, ein Wort über diejenigen Quittungen zu
sagen, in denen der Ort nicht genannt ist. Das sind namentlich, mit
wenigen Ausnahmen, die Nummern 357 — 403, von der Zeit des
Augustus bis in die Zeit des Claudius. Irgend etwas Sicheres über
die Zugehörigkeit dieser Quittungen lässt sich nicht ausmachen; .
man könnte höchstens sagen, dass die grosse Mehrzahl dieser Urkunden,
in denen 10 Drachmen genannt werden, wohl nach Charax oder Ophi
gehören, denn nach Analogie von Syene-Elephantine dürfen wir an-
nehmen, dass auch hier in den thebanischen Ortschaften die Kopf-
steuer nicht allzugrossen Schwankungen unterlegen haben wird. Doch
können wir hier einstweilen zu festen Ergebnissen nicht kommen.
Stelleu wir unsere Resultate zusammen, so ergeben sich für die
Kopfsteuer folgende Sätze pro Jahr und pro Kopf:
Syene-Elephantine . . 16 Dr., danu 17 Dr., dann 17 Dr. 1 Ob.
Charax 10 Dr. Von 113/4 an etwas mehr.
Ophi 10 Dr. Später 10 Dr. 4 Ob.
'Ayopa j3o((Ji)v) .... 10 Dr.
Ktpoc[iBix 10 Dr. 4 Ob.
Memnonia IG Dr.
NÖTOi; xal A£4' ... 24 Dr.
In einem noch nicht publicirten Papyrus, der wohl aus dem
Faijüm stammte, las ich die Worte 'koi.o'(p(a(poü\ieyoi) dvä ^ fi. Danach
betrug an dem betreffenden Orte die Kopfsteuer 40 Drachmen pro Kopf.
So klar die Thatsache der verschiedenen Besteuerung der
Communen vor uns liegt, so unklar bleibt mir der Ursprung dieser
Verschiedenartigkeit. ^) Betrachten wir nun gegenüber diesen neuen
Thatsachen die einzige Klassikerstelle, aus der wir bis auf Fröhner's
Arbeit die Kopfsteuer für Aegypten erschlossen hatten. Es ist Joseph,
b. i. n §385: (i^ AtYUTCTog) uevTigxovTa npoc, xoTg kwza.v.oalot.ic, Ij^ouaa
|iupt«5as avO-pwTzwv Uya. xGJv'AXs^avSpctav xa-coixo'jvxwv, wg Iveaxtv
') Momnisen venmitet, dass die ursprünglich für alle Conimuiien gleiclie
Summe je nach dem AVohlverhalten der einzelnen Ortschaften allmählich modi-
fieirt wurden sei.
§ 71. JOSEPHUS' ZEUGNIS ÜBER l>ll. KUPFSTEUER. 230
iy. TT); xa'S-' IxäaT/jv x£q;aXT]v sJccpopä; ■c£y.|ii^paa'9x:. Jcisi,p]ius
stützt also seine Angabe über die Bevölkerungszalil durch den
ELinweis auf die Kopfsteuer. Wenn letztere ihm geradezu als
Beweis gilt, so geht er offenbar von der Annahme aus, dass diese
Steuer von Allen in gleicher Höhe erhoben wurde, denn nur dann
kann (lureh einfache Division die Bevölkerungszahl sich ergeben.
Aus dieser Josephusstelle hat man lüsher geschlossen, dass die Kopf-
steuer in Aegypten auf alle Unterthanen in gleicher Höhe verteilt
gewesen sei. Unsere Ostraka lehren jetzt, dass diese Annahme falsch
ist. Was ergiebt sich daraus für Josephus? Beloch hat in seiner
„Bevölkerung der griechisch-römischen Welt" (S. 258) mit Recht
hervorgehoben, dass Josephus in seiner Quelle wohl nur den Ertrag
der Kopfsteuer angegeben fand, nicht aber eine directe Angabe
über die Zahl der Bevölkerung. Er fahrt fort: „Und bei der
notorischen Unzuverlässigkeit des Josephus in statistischen Dingen
muss es sehr zweifelhaft erscheinen, ob er die Berechnung der Volks-
zahl nach dem Steuererti-age nach richtiger Methode ausgeführt hat.
Diese Angabe ist also nur mit grosser Vorsicht zu benutzen."
Die Skepsis Belochs hat sich hier glänzend bewährt. Wir können
auf Grund der obigen Resultate jetzt mit Sicherheit behaupten:
Josephus hat eine falsche Methode bei der Berechnung befolgt, da
durch eine einfache Division die Kopfzahl nicht gefunden werden
konnte. Der unten gegebene Nachweis, dass nicht nur die Personen
unter 14 (resp. 12) und über 65 Jahren, sondern auch gewisse Klassen,
die nicht zu den 'AXs^avSpcT; gehörten, von dieser Kopfsteuer frei
waren, zeigt gleichfalls die Unzulänglichkeit dieser Methode. Folglich
hat die von ihm berechnete Summe von li Millionen Einwohnern
(ausser den Alexandrinern) absolut keinen Anspruch auf Glaub-
würdigkeit. Sein Zeugnis über die Bevölkerungszahl ist für uns
also völlig wertlos. Vgl. unten Kap. V.
Dass innerhalb der einzelnen Communen alle Steuerpflichtigen
dieselbe Summe zahlten, geht, wie schon bemerkt, aus unseren Ostraka
hervor. Doch geben sie uns keinen Aufschluss darüber, wer
denn steuerpflichtig war, resp. wer frei von dieser Abgabe war.
Glücklicherweise haben wir von anderer Seite Nachrichten oder
wenigstens Andeutungen darüber. Wir werden für Aegypten wie für
die anderen Länder des Altertums anzunehmen haben, dass von dieser
Kopfsteuer, die nach griechisch-römischer Auffiissung als etwas
240 iV. KAPITEL.
Schimpfliches galt, nur die unterworfene Bevölkerung des Landes
betroflen war. Wurde doch durch die Kopfsteuer nach der Auflassung
des Alterturas die Person, der Kopf als Steuerobject herangezogen, wie
durch die Grundsteuer der Grund und Boden, und wie man durch
Zahlunsr der Grundsteuer sich die Erlaubnis erwarb, Grund und Boden
zu haben, so erkaufte man sich durch die Kopfsteuer das Recht, seinen
Kopf zu tragen, der eigentlich dem König gehörte.') Danach kämen
hier also die eingeborenen Aegypter in Betracht, und ausser ihnen
dürfen wir wohl eine gewisse Schicht von nicht privilegirten, nicht mit
dem alexandrinischen Bürgerrecht beschenkten Griechen hinzufügen,
die in der X'*'P* lebend, z. T. auch durch verwandtschaftliche Ver-
bindungen, sich mit den Aegyptern allmählich verschmolzen hatten.
Zu dieser Annahme passt es, dass fast ausnahmslos die Zahler der
Kopfsteuer in unseren Ostraka acht aegyptisehe Namen tragen. Ich
habe nur in Theben zwei Ausnahmen gefunden: in 399 zahlt ein
'Avxt(pcXos 'AvTtipcXou und in 634 ein öewv Baaaou. Doch bei dem
völligen Ineinandergehen der aegy2:)tischen und griechischen, eventuell
auch römischen Eigennamen in der Kaiserzeit bieten uns diese
Namen allein keine Gewähr dafür, dass wir es wirklich hier mit
reinen Griechen zu tb.un hätten. Sollte es aber der Fall sein , so
würden sie eben zu jener niederen griechisch-aegyptischen Bevölkerung
gehören. Diese allgemeinen Betrachtungen fand ich nachträglich
durch ein Ostrakon des Herrn Flinders Petrie (Nr. 1438) bestätigt,
nach dem der Grossvater jenes Theon einen aegyptischen Namen
trug (^Evoolpt?). Hier haben wir ein interessantes Beispiel für
die Mischung der Namen : der Grossvater führt einen aegyptischen
Namen, der Vater einen römischen (Bassus), der Zahler selbst einen
griechischen (Theon).
Wir werden uns hiernach folgende Klassen als ausgeschlossen
und befreit von dieser Steuer zu denken haben:
1. Die in Aegyi)ten lebenden Römer.
2. Die Alexandriner und alle Griechen und Aegypter, die
alexandrinisches Bürgerrecht hatten. Das ergiebt sich aus der ge-
sammten Stellung der Alexandriner, und wird ausserdem in der oben
') Diese Vorstellung kommt zum Ausdruck z. B. bei Josephus .int. XII g 142 :
(üv ÜTtsp tfj; y.EQpaX^s TeXoöatv. Vgl. auch Dio Cass. LXII 'i: xeifaXäj ÜTtoTEXeis
JtEpt(J!EpEtV.
§ 71. BEFREIUNG VON DER KOI'FSTEUER. 241
liohandelten Josephusstelle sowie im III. ]\IakkaV). 2, 30 (s. unten)
\'orausgesetzt. ' )
3. Ich habe schon in Hermes XXVIII 248 f. darauf hingewiesen,
ihiss CS ausserdem wohl auch noch andere privilegirtc Klassen gegeben
habe, so z. B. die xaTOtxo;. Für letztere kann angeführt werden,
dass in den ÄTioypacpat der zätocxot der Zusatz Xaoypacpotjfievoj,
d. h. kopfsteuerpflichtig, regelmässig fehlt. In BGU 562, 15 tf.
sclieiut der Fall vorzuliegen, dass ein uloq •Ao.zoiy.oo irrtümlich zur
iCopfsteuer herangezogen war (sIq XaoYpa'^tav äv£tXrj|i|i,evoi;). Es
fand darauf nach Meldung des Königlichen Schreibers eine e^exaats
statt, wobei Beweismaterialien (dnoSef^sig) für sein Katökentum von
ihm vorgelegt wurden. Daraufhin entschied dann die Behörde, au^etv
-.'/. Ttpög 101)5 xaTotx(ous) Stxata. Unter diesen Gerechtsamen der
Katöken wird man nach dem Zusammenhang im Besonderen an
die Befreiung von der Kopfsteuer zu denken haben.-)
4. Eine wichtige Frage, auf die ich a. a. O. noch nicht ein-
ging, ist die, ob die aegyptischen Priesterschaften zu dieser Abgabe
herangezogen wurden. ä) Darüber geben uns jetzt die beiden Texte
in Berlin und London Aufschluss, auf die ich im Eingang dieses
Paragraphen hingewiesen habe. Danach zahlten die Priesterschaften
eines aegyptischen Tempels öicJp Xaoypaipias resp. ^TitxecpaXCou
für diejenigen Priester, „welche die Zahl der Priester überschritten"
(ÖTiepatpovTEs). Es war also einem jeden Tempel nur eine be-
stimmte Anzahl von Priestern zu halten erlaubt. Diese, ich
') Es war ein schwerer Eingriflf in die alexandrinischen Privilegien, als
Vespasian ira J. 70 im Zorn über die spottlustigen Alexandriner den Befehl
gab, es solle ihnen eine Kopfsteuer auferlegt werden. Vgl. Dio Cass. LXVI 8, 5 :
xsJ.söaa'. |icv xal Toyj Sg dßoXoy; xa-' ävSpa Ejc;7ipax9'r;va'.. Der Befehl wurde
übrigens dank dem Dazwischentreten des Titus nicht ausgeführt. Es handelt
sich hier um eine für Alexandrien ganz neue Steuer. Dem vorhergehenden
S5 ößoXo'Jj itpo^a'-TE?; wird ein Sprichwort zu Grunde liegen.
-) Vgl. jetzt den Aufsatz von P. Meyer (Philolog. EVI N. F. X 2. S. 193 ff.),
der mir erst während der Correctur zuging.
^) Nach Joseph, ant. XII § 142 wareu in Jerusalem zur Zeit Antiochos'
des Grossen die Ysp°"°-'* '"■"■'■ '■■''• -spEiS f-"-^ o- YP^P-P'"'-'^^'? '^°" tspoS xal ot
tspo^JOcXTai kopfsteuerpfliehtig und wurden erst durch ihn davon befreit. —
Marquardt RStV 11'^ S. 198, Anm. 1 irrt, wenn er auch in den Worten des
Josephus ant. XII 155 „xal ouvaS-poi^ovxe; -cö itposT£xaY|iEvov XEcpdXatov •^Cil<;,
ßaa'.XsDaiv* etsAcuv" einen Beleg für die Kopfsteuer bei den Juden findet.
KstfotXaiov heisst Capital, Summe. Die Kopfsteuer aber heisst droxecfiXa'.ov.
WiLCKEN, Ostraka. IG
242 IV. KAPITEL.
möchte sagen, etatsmässigen Priester waren nach den citirten
Testen oftenbar frei von der Kopfsteuer. Dagegen mussten die
„überzähligen" Priester, die vielleicht durch besondere kaiserliche
Gnade zu halten den Tempeln erlaubt werden musste, wie jeder
gewöhnliche Unterthan das Kopfgeld zahlen , und wir dürfen
wohl weiter annehmen, dass sie auch sonst au den finanziellen
Privilegien der ordentlichen Priester keinen Anteil hatten.') "Wir
gewinnen so einen ganz neuen Einblick in die Behandlung der
Priestersehaften seitens der Regierung. Durch die gesetzmässige
Begrenzung der Priesterstellen sollte offenbar dem allzu grossen An-
drang zu den durch ihre Privilegien äusserst verlockenden Posten
ein Riegel vorgeschoben werden. Mit anderen Worten, die Staats-
kasse sollte durch allzu grosse Ausdehnung der aisAeta nicht zu
sehr geschädigt werden. In unseren Ostraka wird diese Frage nur
einmal gestreift: in 1365 zahlt ein 7:ac7xo("^6po?) Kopfsteuer. Da
die Pastoplioren zu den niederen Priesterklassen gehörten, so wird
man daraus schliessen müssen, dass diese nicht von der Kopfsteuer
befreit waren. Das ist mir wahrscheinlicher als in diesem Falle
anzuuehmen, dass der Zahler zu den „Ueberzähligen" gehört habe.
Auch für die Frage, welche Altersstufen dieser Steuer unter-
worfen waren, müssen wir uns von den Ostraka zu den sonstigen
Quellen wenden. Ich kann zur Zeit nichts anderes darüber bei-
bringen als was ich schon im Hermes XXVIII S. 248 aufgestellt
habe, dass nämlich wahrscheinlich in Aegypten dieselben Bestim-
mungen gegolten haben, die uns für Syrien durch Ulpian (Dig. 50, 15,3)
überliefert sind.-) Danach wären auch in Aegypten die Männer
vom 14., die Frauen vom 12. Jahre an, beide bis zum G5. Jahre
kopfsteuerpflichtig gewesen. Es lässt sich hierfür bis jetzt nur an-
führen, dass das ziemlich umfangreiche Material an Censuseingaben
(xax' oiy.Jav aäoypacpat) dieser Annahme in keinem Punkte wider-
spricht. Ja, Einzelnes kann als besonders übereinstimmend damit
') Einen ähnlichen Unterschied zwischen ordentlichen und ,, überzähligen"
Mitgliedern finden wir bei den Jiatsherrcn griecliisoher (Jemeinden. Ich erinnere
an Plinius ep. ad Trai. CXII: ii quos indulgentia tua rjuibusdam ciritatiha
super legitimum numerum adicere permisit et singula milia denariorum
et bina inlulerunt. Hier zahlen die Ueberzähligen ein Eintrittsgeld (pro iutroitu).
*) Viereck, Philolog. LH (N. F. VI) S. 244 f. (vgl. Anm. 27) hat diese
Vermutung acceptirt. Marquardt StV 11^ 200 denkt irrig an eine Gewerbesteuer.
S 71. DIE KOrFSTEUKK. 243
hervorgehoben werden, so jener 76jährige Hausbesitzer, der in BGU
95,13 sich ausdrücklich als aTzoXtXoiihoc, Tfjg Axo'(pix^iaz bezeichnet.
Im Uebrigen venveise ich auf Hermes a. a. O.
Betreffs der Zalilung dieser Steuer erfahren wir eine merk-
würdige Einzelheit aus dem Berliner Papyrus P. 7097. lu dieser
Eingabe eines lvo:if.oz zu der xax' oixiav tÜTJOYpa^i^ des Jahres
173/4 n. Chr. heisst es Z. 15: Ilapwv Sä 6 7rpoYeYp(a|x|ji£vo;)
aTat)-([ioOxo;?) ['I]a£5wp[o;] svYuaxai Yj|i[ä;] -rw[v] SKtxscpaXt'tüv.
Der Hauseigentümer bürgt also dafür, dass seine Mieter ihre Kopf-
steuern zahlen. Ich möchte auch hier wie oben in dem l-txscpaÄcov
unsere Abgabe uuep XaoYpa^ta? erkennen. Auf die grosse "Wichtig-
keit dieses Passus für die Bedeutung der xax' ofxtav öc-oYpa-^ai
werde ich in Kapitel V einzugehen haben. Auch eine dunkle Stelle
in BGU 350, 9 erhält hierdurch Licht. Der Verkäufer eines Hauses
garantirt wie üblich dem Käufer ße^atcoat? xizö T£ Srjjioaiwv xal
E'.StoTiXßv -ävTUV, erklärt darauf aber die 5y(ixöa:a genauer mit
dmb [JL£V XaoYpa-^iwv 7iaaü)v ölüo twv [Lücke von ca. 30 Buch-
staben £]o; (=£(!)$) ^XEpoi) *ixovLap.oö xax' cixiav äTioYpa^fj;. Vgl.
CPK 206 I 12: ätiö XaoYpa^^fa? xwv sv aüxoTg cpavritjo|i£Vtov i-o-
[■^]t^pi-^d-ai [i£XP- £'^£p5i; iL-0'{poc-ff,q £txovca[JioO. Der Verkäufer
übernimmt also noch bis zum nächsten Census die Bürgschaft für
die Kopfsteuerzahlung der im letzten Census aus diesem Hause Ein-
geschriebenen. Letztere sind nicht nur der Verkäufer und seine
Familie, sondern auch die Ivoixot. Die Kopfsteuer Jenes kann den
neuen Eigentümer des Hauses natürlicli nicht tangircn, wohl aber,
nach Obigem, die der b/or/.G'.. Anders P. Meyer a. a. O. S. 199.
Nachdem wir die sachliche Bedeutung der Kopfsteuer zu fassen
versucht haben, müssen wir noch ein "Wort zu ihrer Bezeichnung
als XaoYp3C!f!a sagen. Dass „Kopfsteuer" nicht die ursprüngliche
Bedeutung dieses Wortes ist, liegt auf der Hand. AxoYpa^ia
kann nichts anderes bedeuten als die Aufzeichnung des Xaog, des
Volkes. Dass solche Volkszählungen stattfanden, war von jeher
bekannt. Dass sie in der Kaiserzeit in 14jährigen Perioden erneuert
wurden, ward gleichzeitig von Kenyon, Viereck und mir nachgewiesen.
Wir werden in Kap. V auf die zu diesem Zweck alle 14 Jahre her-
gestellten xxx' oixtav ä-0Yp3ccpa! genauer einzugehen haben. Diese
periodische Volkszählung wurde offenbar als /.aOYpa'^ix bezeichnet, denn
wir sehen, dass diejenigen Beamten, die speziell mit der Entgegennahme
16»
I
244 IV. KAPITEL.
*
uud Weiterbeförderung der Einzeleingaben betraut waren, Xaoypäcpoi,
d. h. „Volkszähler" genannt wurden (vgl. Hermes XXVUI S. 247).
Es liegt nun auf der Hand, dass die XaoypacpEa der Ostraka von
dieser Art von XaoYpafpi« verschieden ist. In den Ostraka kann
nur von einer bestimmten Steuerart die Rede sein, wie schon der
Wechsel mit iutxetf dXtov über allen Zweifel erhebt. Wie erklärt sich
nun der Ausdruck? Ich habe im Hermes a. a. O. S. 251 die Ver-
mutung ausgesprochen, vielleicht habe die Regierung den Ertrag dieser
Kopfsteuer dafür verwendet, um die gewiss nicht unerheblichen
Unkosten, die die periodischen Volkszählungen verursachten, zu
■decken, uud daher habe man diese Kopfsteuer iiTcep XaoYpatft'as,
wie unsere Quittungen sagen, gezahlt. Nach dieser Erklärung würde
die Laographie- Abgabe einrücken in die Reihe der zahlreichen
Steuern, die zur Befriedigung eines bestimmten Zweckes erhoben
wurden, wie die bnip hiapüfav, ^WfJiaTWV u. s. w. Ich halte diese
Erklärung nicht mehr für richtig, denn unter dieser Voraussetzung
wäre notwendig zu erwarten, dass die Xaoypa^'a, für die man zahlt,
nicht als die des laufenden Jahres bezeichnet würde, wie es that-
sächlich geschieht, sondern als die des nächsten (resp. des letzten)
Periodenjahres. Wir werden vielmehr den Zusammenhang zwischen
der Kopfsteuer-Laographie und der Volkszählungs-Laographie doch
eher in der inneren Verkettung suchen müssen, die thatsächlieh
zwschen diesen beiden Begriffen besteht, in sofern die Volks-
zählung gerade den Zweck hat, wenn auch nicht ausschliesslich, die
Auflage der Kopfsteuer zu ermöglichen (vgl. Kap. V). Ich finde
nun auf dem entsprechenden römischen Gebiet eine ganz ähnliche
sprachliche Metathese: das Wort census wird auch für die auf
einem Vermögensstück ruhende Steuer angewendet, die durch den
census ermittelt ist. In dieser Bedeutung findet sich das Wort
Cod. Just. IV 47,2: nee licere cuidam rem sine cenmi comparare vel
vendere. Hier steht, wie auch die Juristen erklären, census für die
durch den census ermittelte Steuer. Denselben Bedeutungsübergang
haben wir nun auch im Griechischen, wenn mit Xaoypatpt'a diejenige
Steuer bezeichnet wird, die durch den aegy^tischen Census (= Xao-
Ypatpta) vornehmlich ermittelt wird, eben die Kopfsteuer. Für die
anderen Steuern wurden, wie wir in Kap. V sehen werden, alljährlich
noch spezielle a.noypx^a.l eingereicht. Für die Kopfsteuer aber ge-
nügte die alle 14 Jahre wiederholte 'ka.o'^pci.'^l'x. Dieser selbe
§ 71. BEDEUTUNG VON XaoYpacpCa. 245
Bedeutungsübergang liegt auch bei Hesychius und Suidas vor, wenn
sie das Wort xf]vao$ oder xivao; u. a. als £TCX£q;ä5,aiov erklären.
Ich verweise auch auf dif obige Deutung von 6nep yEWjjieTpiaj
(S. 176). Ich glaube daher, dass man die Kopfsteuer die „Volks-
zählungssteuer" genannt hat, weil die Volkszählung in der Hauptsache
die Kopfsteuer feststellen sollte.
Wir haben endlich die wichtige Thatsache zu besprechen,
dass die sämmtlichen Beispiele, die unsere zahlreichen Ostraka für
die Laographie bieten, der römischen Kaiserzeit angehören, und
dass sich bis jetzt nicht ein einziges Beispiel aus der Ptolemäerzeit
gefunden hat. Die älteste Erwähnung geschieht in Nr. 357 aus
dem J. 18/7 vor Chr. Auch in den mehrere Hundert Nummern
betragenden Ostraka, die ich zwar gesehen und gelesen, aber nicht
in dieses Buch aufgenommen habe, ist mir nirgends eine Erwälmung
der Xaoypat'* ^"^^ ^^^ Ptolemäerzeit begegnet. Ebenso ist mir auch
in den Papyri die XaoYpatpta bisher nur in Texten der römischen
Zeit begegnet. Haben wir hieraus den Schluss zu ziehen,
dass diese Kopfsteuer erst von Augustus in Aegypten ein-
geführt sei? Noch im Hermes XXVIII S. 248 wies ich darauf
hin, dass Lumbroso (Recherches S. 297) gezeigt habe, dass diese
Xaoypa^fa als Kopfsteuer auch schon in der Ptolemäerzeit bestanden
habe. Die von Lumbroso herangezogenen Belege waren einige
Stellen aus dem III. IMakkabäerbuch (2, 28, 30. 3, 21. 4, 14.
6, 38. 7, 22). Da diese Stellen die einzige Erwähnung der Xao-
Ypa^f ta in vorrömischer Zeit in unserer gesammten handschriftlichen
und urkundlichen Tradition darstellen, so haben frühere Gelehrte,
ehe Lumbroso diese Belege brachte, nur vermutungsweise es aus-
gesprochen , dass wohl auch die Ptolemäerzeit eine Kopfsteuer
gekannt habe. Vgl. Droysen, Kl. Schrift. II S. 395. Franz CTGr.
niS. 297^ Die Frage scheint nun zunächst durch das Makkabäer-
buch entschieden zu sein; namentlich kommt die erste Stelle in
Betracht, wo von Ptolemaios IV Philopator gesagt wird, er habe
in seinem Grimme gegen die Juden befohlen „TiavT«? to'j; 'louSat'oug
£?S Xaoypacpiav xal oSxsxtx'Jjv Scäö-eaiv a-^^Tjvoc:". Dass Xaoypa^ia
hier nicht etwa die Volkszählung, sondern die in klingendem Gelde
zu zahlende Kopfsteuer bezeichnet, geht aus dem Zusammenhang
unzweifelhaft hervor (vgl. namentlich v. 32). Philopator fügt weiter
hinzu (v. 30), diejenigen Juden, die ihren Gott verliessen, sollten
1
246 IV. KAl'ITEI..
Iqotzo)1z(xi 'AXs^avSpeOaiv sein. Letzteres steht hier geradezu im
Geo-eusatz zum /.aoYpa^^ia^a-. und es ist kein Zweifel, dass der
Autor dieser Erzählung dieselben Verhältnisse vor Augen gehabt
hat, die wir oben aus Ostraka und Paimü für die Kaiserzeit nach-
gewiesen haben. Bisher hat man, soweit ich sehe, keinen Anstand
genonuiion, mit Lunibniso in dieser Erzählung einen stricten Beweis
dafür zu sehen, dass dieselben Verhältnisse schon in der Ptolemäer-
zeit bestanden haben. Aber hat man ein Recht dazu? Es ist von
den Bibelkritikern längst erkannt worden, dass dieses sogenannte
III. Makkabäerbuch nichts anderes ist als eine jüdische Tendenzschrift,
die mit der historischen Wahrheit frei schaltend, bestimmt war,
in einer gegebenen j'olitischen Situation ihre Wirkung auszuüben.
Älänner wie Ewald, Hausrat und Reuss setzen die Abfassung der
Schrift in die Zeit der alexandrinischen Judenverfolgungen unter
Kaiser Gaius.') Schürer (Gesch. d. jüd. Volk. II S. 745) bezeichnet
vorsichtiger das I. Jahrhundert vor Chr. und das I. nach Chr. als
die Periode, innerhalb deren das Buch geschrieben sein müsse.
Wir sehen somit, dass irgend ein Zwang, dieses Buch in die
Ptoleniäerzeit zu verlegen, nicht besteht. Denken wir es uns aber
im I. Jahrb. nach Chr. entstanden, so entbehrt die Erwähnung der
Xy.O'fpy.'ficc, wenn auch der Autor sie in die Zeit des Philopator
verlegt, jeder Beweiskraft für die Ptolemäerzeit. Denn man braucht
dieses traurige Machwerk nur durchzulesen, um zu sehen, dass
Anachronismen von diesem Autor nicht emijfiinden wurden. Ich
komme somit zu dem Resultat, dass das III. Makkabäerbuch keinen
Beweis dafür liefert, dass es in der Ptolemäerzeit eine Xaoypasfia
gegeben habe. Ja, vielleicht sind wir nicht im Unrecht, wenn wir
den Spiess umdrehen und sagen: Weil das III. Makkabäerbuch
die Xaoypai^ta als Kopfsteuer kennt, kann es erst in der
Kaiserzeit geschrieben sein. Mit völliger Sicherheit möchte
ich dies freilich heute noch nicht behaupten, da die Möglichkeit,
dass neue Ostraka oder andere Urkunden doch noch einmal die
XxoYpxYta für die Ptolemäerzeit bezeugen, offen zu lassen ist. Aber
so viel dürfen wir schon heute sagen, dass nach dem jetzt vorliegenden
Material — zumal wenn wir bedenken , dass von Auaustus an die
') So auch Hugo 'Willricli, .ludi'n und Griechen vor der raakkabäischen
Erhebung. 1895 S. 143.
§ 71. EINFÜHErXG DER KOPFSTEUER. 247
Belege fast Jahr für Jahr vorliegen — die Präsuraption dafür
spricht, dass wir es bei der Xaoypai^ca mit einer neuen, erst von
Augustus eingeführten Steuer zu tliun luiben. Immerhin können
wir einstweilen nichts weiter thun, iih liuidc Möglichkeiten in ihren
Consequonzeu zu verfolgen. Wenn Augu.stus das tributum capitis
in Aegypten eingeführt hat, so hat er damit nur dasselbe gethan,
was die Römer nacli der Eroberung Karthagos in der neuen Provinz
Africa einführten. Vgl. Appiau Libyc. lo5: xotg 5e X01-0T5 '^opov
wp:aav £7^1 xr^ yr) xai ir.l zoZz aw|iaatv avopl v.y.\ y^vocixI
6|iOiü)i;. Ebenso in Britannien. Vgl. Dio Cass. LXII 8, wo die
muthige Britin Buduica sagt: oü — xal xöjv a(j)(i.axwv «Oxcöv
Saa^iöv exTjatov ^£po[Ji£v; vgl. ebenda: xecpscXäL; imoxeXe:; -ep'.cpsps'.v.^)
') Was Appian Syr. 50 von der Kopfsteuer bei den Juden sagt, ist nicht
eindeutig, und hat daher zu verschiedenen Interpretationen geführt. Die Worte
lauten: Kai S'.a xaOx" äai'.v 'Iou5a(oi{ änocaiv 5 cfopo? xwv co)|ia-:ti)v ßapuxEpoj
xijs äXXr/g Ttep'.ouoiaj. Leider hat die JIusgrev-Bekkcr'sohe Schlimrabesserung
itsptotxia; für jisp'.ouatas viel Unglück angerichtet, wie denn die Ausführungen
von Kodbertus a. a. O. S. 367 f. auf dieser Lesung basiren und mit ihr fallen.
Aehnlich auch Marquardt, EStV 11^ S. 202. Vgl. dagegen Mendelssohn in
seiner Ausgabe. Das Wort Jispio'jjia = Vermögen findet sich in ganz ähnlichem
Zusammenhang z. B. bei Theophil. Paraphr. Inst. 1, 5, 4: aav'.g Y|T0'. xapxvis,
Iv8-a 'P(0(iaioi äTtsypacpovxo xäj oixsta; Tcepiousiag. Soviel scheint mir sicher,
dass Appian die Höhe und Schwere des jüdischen Kopfgeldes ((pöpoj atB|j.ax(Ov)
aus dem hartnäckigen und wiederholten Widerstand erklären will, den sie den
lliinieru geleistet haben, erst dem Pompeius, dann Vespasian, dann Hadrian.
IVt Ton liegt also auf dem d'.ä xaOx'. Damit ist die Auffassung ausgedrückt, dass
die Kopfsteuer gewissermassen als Strafe für den heftigen Widerstand auferlegt,
res)), erliöht worden ist. Durch die Hinzufügung des Aufstandes des Vespasian
und Hadrian scheint mir angedeutet zu sein, dass die Kopfsteuer der Juden
liUmählieh derartig angewachsen ist, dass sie zu .Vppiau's Zeiten die Abgaben
von ilirem sonstigen Vermögen (iiEp'.o'joia) überstieg. Aus dem Gesagten geht
zugleich hervor, dass das £t5paX(i.cv, das die Juden erst dem Jehova, dann
.^1 it dem Jahre 70 dem Jupiter Capitolinus zahlen mussten, mit dieser Kopfsteuer
nichts zu thun hatte, denn dieser Appianische cpöpof x(üv a(fl|iax(üv ist, wie der
Zusammenhang lehrt, bereits von Pompeius eingeführt worden. Dass Pompeius die
i!v~teuerung des LaiKles regelte, zeigt Joseph, ant. XIV §74; b. i. I § 154. Das
5:5pax|iOv ist vielmehr eine Tempelabgabe, die wie so manche aeg>-ptische nur kopf-
>leuerartig aufgelegt worden ist. Dalier kann ich auch Mommsen nicht beistimmen,
wenn er dieses jüdische Didrachmon als Parallele zu unserer aegyptischen Kopf-
Mfuer hinstellt (bei Hirschfeld RVG S. 14, Aum. 2). Das Analoge ist vielmehr
der A)>pianische cföpo; xÄv oo)(iäxcov. — Wenn Appian fortiiihrt „ecrci Ze xal
I'ipo'.s -/.ai KiÄi^iv sxria'.os, Ixaxoax'^ xoü x'-iiT/iiaxos Jxaaxoi", so braucht man
248 IV. KAPITEL.
i
Autreiionimeu, dass Augustus diese Kopfsteuer in Aegypten neu
eingeführt habe, so erklärt sich ferner damit vielleicht die Nachricht,
dass sogleich der erste Präfect Aegyptens, Cornelius Gallus, einen
Aufstand in der Thebais niederzuwerfen hatte, der Sia lobc, cföpoui;
entstanden war (so Strabo XVII p. 819). Dass dieser grössere
Steuerdruck des neuen Regiments lediglich durch schärfere Erhebung
der schon bestehenden Steuern ausgeübt sei, ist wenig wahrschein-
lich, denn wenn die letzten Ptolemäer auch sonst nicht viel vom
Kegieren verstanden, so konnten sie es doch im Schröpfen mit
Jedem aufnehmen. Die Worte Strabo's legen also die Annahme
nahe, dass Augustus neue Steuern in Aegypten eingeführt habe.
Ueberblicken wir die gesammteu in diesem Kaj)itel autgeführten
Steuern, Zölle und Abgaben der verschiedensten Art, so wüsste ich
keine zu nennen, die von Augustus eingeführt, zugleich in dem
Maasse wie die Kopfsteuer geeignet gewesen wäre, den Zorn der
sonst viel ertragenden Aegvpter zu entfachen.
Auf der anderen Seite ist darauf hinzuweisen, dass die Vor-
bedingungen der Ei'hebung einer Kopfsteuer, nämlich die Conscription
der Volksmassen, in der Ptolemäerzeit vorhanden waren. Dass man
auch damals schon Personenlisten über die gesammte Bevölkerung
geführt hat, werden wir in Kap. V nacliweisen. Danach wird es
uns schwer, die Annahme zurückzudrängen, dass auf Grund dieser
Personenlisten auch eine Personensteuer erhoben sei. Doch fehlt
es uns bisher an jedem Zeugnis dafür. Die Angabe des Ps. Aristoteles
(Oecon. n 2, 25), dass Chabrias dem Könige Taos (XXX Dynastie,
IV. Jahrh. v. Chr.), als er Geld für die Kriegsführung brauchte,
geraten habe, eine Kopfsteuer einzuführen iizb xoü aü)[i.aios, spricht
eher dagegen als dafür. Denn einmal tritt diese Kopfsteuer als
eine ausserordentliche, lediglich zu Kriegszwecken erhobene Abgabe
auf, die also auch sachlich von unserer Aaoypa^ta verschieden ist.
ihm nicht zuzumuten, dass er eine eini)roceutige Vermögenssteuer für eine
Kopfsteuer gehalten habe. Nichts zwingt, hinter sxvio'.oj ein cfopoj xöiv ot))]iolx(j)v
hinzuzudenken (vgl. Marquardt a. a. O.). Vieiraehr ist Jediglich cpopog zu ergänzen.
Der Gedankengang ist folgender: ,,Die Cilicier und Syrier haben sich ohne
Widerstand (ä|iaxi'.) den Römern unterworfen. Darum ist auch diese i leichte) ein-
procentige Vermögenssteuer über sie rerhängt worden. Die Juden allein haben
sich widersetzt, und zwar wiederholentlich: darum ist ihnen die schwer drückende
Kopfsteuer auferlegt."
§ 71. ALTER DER AEGYPTISCHEN KOPFSTEUER. 249
Ferner ergiebt die Stelle gerade mit Sicherheit, dass die persische
Regierung vor König Taos keine Kopfsteuer in Aegypten erhoben
hatte, denn sonst hätte er es uiclit nötig gehabt, sich diesen Rat
vom klugen Athener geben zu lassen. Diese Angabc macht es also
eher wahrscheinlich, dass Ptoleiuaios, als er in's Land kam, keine
Kopfsteuer dort vorfand.^) Immerhin bleibt ja die Möglichkeit, dass
er oder einer seiner Nachfolger sie in Aegypten eingeführt hätte.^)
') Das bleibt bestehen, obwohl derselbe Ps. Aristot. 1! 1, 4 (bis sraxEtfcc-
Xatov zu den Einkünften der Satrapeuwirtschaft zahlt: Ixttj Sä (seil. TtpojoSo;)
fi ÖTiö TÄv äXXo)v, ETiixscpäXatdv i£ xal x^'-ptövagiov 7tposaYopeuo|ievT|. Es ist
eine falsche Interpretation, wenn Marquardt KStV II* S. 202 hieraus folgert,
dass das x^-P''>''«S'o^ auch £7C'.x='.pä?.atov genannt worden sei. Vielmehr werden
Kojifsteuer und Gewerbesteuer deutlich als zwei verschiedene Einnahmen neben-
einander gestellt. Für das Ptolemiierreieh ist dieses Zeugnis für keinen Fall
massgebend , zumal der Verfasser diesen Ptolemiierstaat nicht gekannt zu haben
scheint. Aber auch ob für das Perserreich eine Kopfsteuer aus dieser Stelle ab-
geleitet werden kann, ist zweifelhaft. Denn an der einzigen Stelle, an der derselbe
Verfasser das Kopfgeld für das Perserreich erwähnt (II 2, 1, 4), erscheint es nicht
als ordentliche von Eeichswegen erhobene Steuer, sondern als eine ausserordentliche
Abgabe, die lediglich durch die Willkür des Satrapen in einem einzelnen Falle
aufgelegt wird. Man könnte geradezu aus dieser Stelle den Schluss ziehen, zu
dem wir auch oben auf Grund der anderen Stelle kamen , dass im Perserreich
keine Kopfsteuer erhoben wurde. Wenn Ps. Aristot. II 1,4 in der Liste der
satrapischen Eiunahmen, bei denen er natürlich das Perserreich vor Augen
gehabt hat, dennoch das eTi'.XE^äXaiov aufführt, so hat er wohl damit nicht
mehr sagen wollen, als dass unter Umständen auch ein solches Kopfgeld er-
hoben werden konnte, wie z. B. von jenem Kondalos.
'■') Ich möchte hier ausdrücklich hervorheben, dass die hieroglyphische
Pithomstele, aus der Zeit des Ptolemaios II. Philadelphos, nicht als Beweis für
eine ptolemäische Kopfsteuer angeführt werden darf. Nach der von Brugsch .
und Ermau in der Zeitschr. f. Aeg. Siirache XXXII jüngst gegebenen Ueber-
setzung heisst es zwar {.\bsehnitt E): „Verzeichnis dessen, was seine Majestät
— gab: was man von den Häusern dieser Stadt einzieht und was man von
den Mensehen einzieht als jährliche Steuer, Silber 950." Aehnlich in Ab-
schnitt S. Man könnte hierin leicht den Gegensatz einer Häusersteuer und
einer Personen- oder Kopfsteuer erblicken wollen. Aber der hieroglyphische Text,
in dem die Häuser und die Menschen durch verschiedene Präpositionen mit dem
Verbum des Einziehens verbunden sind, legte mir den Gedanken nahe, dass
die Häuser als Steuerobject, die Menschen aber als Steuersubject zu verstehen
sind. Adolf Erman, dem ich diese Frage vorlegte, hatte die grosse Freund-
lichkeit, sie in folgender Weise zu beantworten: „Es steht wörtlich in Z. 26:
Eingezogenes der Häuser dieser Stadt und Eingezogenes von den Menschen als
jährliche Abgabe — Silber 950. — — Ich denke mir, dass hier unterschieden
250 I^- KAPITEL.
§ 72. Tiloc, Xa)((avtx6v).
In Nr. 787 (Theben, a. 95i'ü) quittircn die TeXimvaO Xa^favcxcö)
oder Aa);^(avYjpxs)') einem gewissen Dexüa:; den Empfang des
-£X(o; I xf|; Xa/avta;. IMan kann hier schwanken, ob man Xayavi'aj
(== Gemüsebau) oder Xaj^aviä; (= Gemüsegarten) lesen soll. Noeh
dunkler sind die folgenden Worte, zumal sie durch fehlerhafte
Sprache entstellt .sind. Kur soviel scheint mir sicher, dass Pekysis
den Gemüsegarten, der auf einer Insel zu liegen scheint, in Pacht
hat, und zwar von einem gewissen 'Axö)?.-) Dass der Pächter
und nicht der Eigentümer das xiXoc, an den Staat zahlt, wird in
dem Pachtcontract festgesetzt worden sein.
Dieses xeXo? lässt sich aus dem Text nicht genauer be-
stimmen. Der Pap. Lond. CXIX lehrt uns, dass die Grundsteuer
von Gemüseland in derselben Weise berechnet wurde wie von
Wein- und Palmenland, d. h. nicht als Fruchtquote, sondern als
feste Geldtaxe für die Arure. In Z. 70 des genannten Pap^Tus heisst
es: Aa.yjmiS.q) av(d| ^ x. In unserem O.strakon ist nicht angegeben,
ob es sich um Geld- oder Naturallieferungen handelt, ä) Nach dem
Londinensis ist anzunehmen, dass eine Geldzahlung gemeint ist.
Auch das eußxoixov und £X'.;;cf:ov von einem la[yayrjpG(; (seil. xXfj-
pozil in 1'2">1 werden mit Geld gezahlt.
Im Pap. Bcrl. Biblioth. 50 steht neben der Erwähnung anderer
Fruchtarten, wie Gerste, Linsen etc.: ).ayiav;ä;) /f — a -=- y. Also
von 1 Arure Gemüseland 3 Artaben. Hier bleibt mir völlig unklar,
worauf sich diese Rechnung bezieht.
Endlich sei erwähnt, dass das noch unedirte Berliner Ostrakon
P. 4G20 nach meiner bisherigen Copie folgendermasseu beginnt:
TOß(i) xÖ- mhipec,) ß TiapaxEX'' 0|i{xaatv) tlc. xö Xot.yJ^oi.v'.y.bv) (^scil. xD.oc)
sind: 1) eine Hiiusersteuer, 2) diverse Steuern, die man von den Menschen
einzielit. — — Ihr Unterscliied zwiselien Steuersubject luid -object mag wohl
das Eiclitige treffen." Hiernach wird man die Pithorastele nicht als Zeugnis
für eine ptolemäische Kopfsteuer anführen können.
') Diese Auflösungen sind besser als >,ax(avias), wie ich im Textdruck
vorschlug.
-1 Diese Erklärung ziehe ich der im Texidruck zu Z. 5 gegebenen vor.
Wie r-po^-x/- zu deuten ist, lasse ich dahingestellt.
") Es wäre daher besser unter die ,, Quittungen mit ungenanntem Zahlungs-
mittel" gestellt worden.
§ 72. DIE GEMÜSESTEUER. 251
Sx(aoTo?) a p ; Y - . Die Anwendung des Wortes iTapaxo[i£^e:v,
das sonst immer in Beziehung auf Naturallicf'crungon gebraucht wird,
deutet wohl darauf" liin, dass die Geldzahhing hier eine Natural-
lieferung vertritt.
Dass die Gemüsehändler eine Gewerbesteuer zahlten, ist a priori
anzunehmen und wird durch BGU 337, 22 bezeugt (XaxavouwXwv).
Diese wird natürlicli in Geld sezahlt.
§ 73. TTülp A7jiJi|jiaxcov.
Afj|Ji[i,a bezeichnet das Einkommen, die Einkünfte, im Gegen-
satz zu ävaXü)|ia, den Ausgaben.') In Nr. 270 (Syene-Elephantine)
wird zwei Männern quittirt: UTilp [J,£pia|i[ü)v] XYj|i[ia(Tiov) ts^
(174/5) sx(aaxos) ^,3 — . Auf den ersten Blick könnte es so
scheinen, als hätten wir eine reguläre P^inkomniensteuer vor uns,
wenn wir uns nämlich ArdijiiTCöv abhängig denken von \iBp'.G\iü)y.
Sachlich erscheint mir das aber dadurch ausgeschlossen, dass beide
Männer genau dieselbe Summe zahlen. Bei einer Einkommensteuer
würde dies voraussetzen, dass sie auch genau dasselbe Einkommen
gehabt hätten. Selbst wenn man diese Unwahrscheinlichkeit für
den einzelnen Fall zugeben wollte, würde doch das Wort [j,epta[ji6g
dagegen sprechen, denn dieses bezeichnet, wie wir in § 75 wahr-
scheinlich zu machen suchen werden, solche Steuern, die auf Alle
in gleicher Höhe kopfsteuerartig verteilt waren. Da dies für die
Einkommensteuer ausgeschlossen ist, so bleibt nur übrig, Xyj[i|j,aTü)v
von |iepLa|iü)v zu trennen, es in dem Sinne von ärnb X7]|X[iaTcov zu
nehmen und darin lediglich einen Hinweis darauf zu sehen, dass
die ungenannte Steuer — denn [jieptajjioi; deutet nur den Charakter
an — von den Einkünften des betreffenden Jahres bezahlt werden
sollte, resp. worden ist. 2) Wie ich mir ISHÖ am Original notirt
habe, wäre es sogar möglich, in der Lücke hinter [iepta[i[ii)V noch
ein icTwö] zu ergänzen. Ich sehe in dieser Bemerkung Ar,[i|jiäTtov
xoO X exou; ein Analogen zu dem in den Xaturalquittungen fast
regelmässigen Zusatz YSVYjiiaxos xoQ x. exou;, wofür auch &Tzb
») Vgl. BGU 1, 14; 14 II 2; 21 II 1; 34 I 1.
ä) Ebenso ist auch in BGU 8 II das mehrmalige Xriiiixäxwv s^ <"'<='' *S
von dem vorhergehenden cfipoj zu trennen.
252 IV. KAPITEL.
^evT^Haxo? stehen kann.') Man begreift, dass in den Natural-
quittungeu der Zusatz so regelmässig gemacht wird, da das Ge-
treide oder der Wein etc. verschiedener Jahre verschiedenen Wert
haben kann. Darum begegnet der Zusatz sogar dann, wenn die
Katuralien nicht in natura geliefert, sondern durch Geld abgelöst
werden. Vgl. §87 und 1 ()9. Andrerseits ist es begreiflich, dass
bei reinen Geldzahlungen der Zusatz Xr(ji[J.aT:(i)v TOö x exou? so un-
gemein selten begegnet, denn ob das Geld aus dem Einkommen
dieses oder jenes Jahres genommen wird, war für den Staat gleich-
gültig. Ich finde den Zusatz nur noch einmal, in 290, wo quittirt
wird uTisp XaoYpCacpt'aj) XTjdxjxaxwv) teU Auch hier kann nur
gemeint sein, dass das Geld für diese Kopfsteuer von dem Ein-
kommen des 15. Jahres zu entnehmen war, resp. entnommen worden
ist. Mit anderen Worten, es ist garnichts anderes als wenn einfach
dastünde: Xaoypacptas teL, „für die Kopfsteuer des 15. Jahres",
denn das ist eben die Kopfsteuer, die von dem Einkommen des
15. Jahres bestritten werden soll. Nach dieser Auffassung ist
also Äy,|i[i.ä~(üV eigentlich übei'flüssig, und daraus erklärt sieh, dass
es so selten gesagt wird.
Es sei hier besonders hervorgehoben, dass es eine einheitliche
Einkommensteuer im modernen Sinne ebenso wenig gegeben hat wie
eine einheitliche Vermögenssteuer. Wie die einzelnen Vermögens-
objecte einzelnen Steuern unterworfen wurden, so sind auch die
einzelnen Einkommensquellen besteuert worden, wofür dieses Kapitel
mehrere Beweise bringt.-) An die Besteuerung solcher Einkommens-
quillen wird man wohl auch in BGU 475 (IL Jahrh. n. Chr.) zu
denken haben, wo es im Hinblick auf Steuereingänge an das
tcpw-XTOv xajieiov heisst: e^ wv zi(;t':zpiyjhioot.v UTzIp Xr^jiiiaxwv xoO
aOxoO I^L cl. h. „von dieser Summe wurden eingetrieben für die
Einkünfte desselben 7. Jahres" so und so viel. Wenn in dem
kürzlich vom Berliner Museum erworbenen Ostrakon P. 8597 ÖT:{hp)
Y£ü)|i(£xpiae) (poivsixrövo;) 'Apaßiag U7t(ip) Xy,ii(tiaxa)v) « S quittirt
') Vgl. BGU 61 I 8: äiio fsvyjiiaxols) xoO , aüxtjü exou;. Aelinlifli
BGU G4, 5; G7, 8 u. sonst.
*) Ich bemerke, dass die zweimalige Erwähnung der XT(|j.|iaTa in BGU 485
mit einer Besteuerung derselben nichts zu thun hat. Hier sind es die Einkiuifte,
die der Staat oder die Gemeinde aus den dort spezialisirten Steuern und Ab-
gaben bezieht.
I
§ 73 — 74 253
■wird, so soll damit wohl nur gesagt sein, dass diese Abgabe fiir
den Ertrag des betreflenden Palnienlandcs im ersten Jahre erhoben
wird. Vgl. dazu § 131.
§ 74. Ets T-^jV Xoystav.
Für Theben belegt durch Nr. 300, 402, 412—418, 420, alle
aus der Kaiserzeit.
Nr. 360, aus dem J. 8 vor Chr., die nur teilweise erhalten
ist, steht für sich. Dagegen sind die anderen Nummern, die
vom J. 52/3 bis 67/8 n. Chr. sich erstrecken, zusammen zu be-
trachten, denn sie sind sämmtlich an dieselbe Person, einen gewissen
ütSoü^ic: IlEXEirjaewi;'), gerichtet und sind auch sämmtlich, abgesehen
von 402, von derselben Person ausgestellt, von einem gewissen
Wevafioijvts üexuaco;. Wir müssen diese Persönlichkeiten etwas ge-
nauer betrachten, da dies für die Auffassung der Abgabe entscheidend
ist. Der Quittungsaussteller 1'"EVa[jioOvc$ bezeichnet sich bald als
irpoaxäxrji; xoO d-eoü (412, 414, 418), bald als ^evv^at; oder
.^evvyjai^) (413, [415], 416, 417), bald als cpevv^a:? xaX Tipoaxaxvj;
xoO ö'EoO (420). Ich habe schon im Text unter Nr. 413 mit
Revillout's Hilfe das merkwürdige Wort (fsw^at? als griechische
Transcription der aegyptischen Gruppe p Im n 'ese, d. i. „der
Priester der Isis" erklärt. Mit dem Titel „Vorsteher des Gottes"
rauss etwas anderes gemeint sein, da in 420 beide Titel neben
einander erscheinen, durch xal verbunden.*) I'evaiioüvcs wird also
Priester an einem Tempel gewesen sein, in welchem Isis und
daneben ein männlicher Gott gemeinsam — wahrscheinlich noch
mit Anderen zusammen — verehrt wurden. Vor dem Namen des
Adressaten steht mehrmals o|Jio^ oder onoXoyw, das ich schon im
Textdruck als ojioXoYW*) erklärt habe. Es ist dies die bei weitem
') Nur in 412 erscheint er mit seinem vollen Namen: IIsxeapvoDcpis
neTe7iai.og 6? xal ütßoOx'.S. Er trug also einen Doppelnamen.
*) cpsw^ai ist die nicht gräcisirte Form.
') Bei dem schlechten Griechisch, das dieser aegyptische Priester schreibt,
hätte man sonst denken können, dass xoö 3-EoD fiir x^; 5-soD oder •C'^j 8-eäj
gesagt wäre. — Beachte übrigens die Dialectform Xo'.yziixv i= lojeian) in 412
and 415.
*) Nach 420, wo die Quittung beginnt: 6|ioXoY<öi iX^tv, könnte man auf
die Idee kommen, das Verbum &\i.oXoy(b darin zu sehen, statt &\ioXö-(iji. Man
I mÜBSte dann annehmen, dass das Verbum an eine ganz falsche Stelle gekommen
254 IV. KAPITEL.
»
älteste Erwähuuns;- jener 6[i.iAoyo'. geDauiiteu Klasse von ländlichen
Ai-beitern, die uns bisher nur durch Lud. Theod. XI 24, (') vom
J. 415 n. Chr. bekannt war.') Unser IltßQÜxtS, der also ein solcher
wäre. Das halte ich aber, trotz des schlechten Griechisch, für uiiinoglich.
Auch paläographisch wäre es höchst unwahrscheinlich, dass das verbum finituiu
mit 0|ioX abgekürzt wäre, zumal hier sonst kaum Abkürzungen vorkommen.
Bei einem Titel hat es dagegen nichts Auffiüliges.
') In diesem speziell auf Aegvpten bezüglichen Erlass des Houorius und
Theodosius heisst es in § 3 : hi sane, giii tncis, guibiis adscripti sunt, derelictis,
et qui homologi more gentilicio nuncupantur, ad alios seu vicos seu domiiws
iransiernnt etc. Ebenda pr. werden sie als homologi coloni bezeichnet. Die
angeführten AVorte lassen darüber keinen Zweifel, dass man im V. Jahrhiuidert
die an die Scholle gefesselten adseripticii darunter verstanden hat. Könnte man
feststellen, was man im Anfang der Kaiserzeit, aus dem unsere Ostraka stammen,
mit 6|i6),OY05 bezeichnet hat, so würde das für die Geschichte des Colonats ein
wichtiger Beitrag sein. Die Ostraka geben keine Auskunft über die Bedeutung;
so müssen wir uns an die Etymologie halten. Zachariae von Lingenthal (Gesch.
d. Griech.-Eöm. Eecht*, 3. Aufl. S. 227) meint: ,, Homologi heissen sie, weil. sie
in den Professionen (d|io}.OYiai) beim Census angegeben werden niussten." Aber
£(ioÄCYta heisst nicht Profession, sondern Vertrag. Profession ist äitoYpa^i^.
Das Richtige hat schon Gothofredus im Commentar zu der Codexstelle: t^oXo-^o'.
conditionales, dediticii, qui videl. sese dedentcs ex pactione quadam banc
in conditionem venerant et recejiti fuerant. 'OiiöXoyo'. sind also Leute, deren
Stellung auf einer i|ioXoYia, einem Vertrage, basirt. Das ist wenigstens die
ursprüngliche Bedeutung. Dass nun tuiter diesen t\i.6Xo-{0\. auch schon in der
frühen Kaiserzeit ebenso wie im V. Jahrhundert ländliche Arbeiter verstanden
wurden, zeigt BGU 560 (II. Jahrh. n. Chr.):
20 . . . ] . YEtüpyoüvxsg 6|iöXoYOt ävSfpsg) p(i5
21 . . j •»'£(up7[oO]vT[E]g 5rj[ioaiav xal o'ja'.ay.T;v Yf,v äv8(pes) pi.£
22 ... ]vSp(. . .) a |Y.YP(«'itoi-?) '-Y £vaivY/s a
23 . . . ] . ÄEv TTjv X(!)iir,v ßoea'.Xix'fij Y''i? 5'.a 5r||i03;(ü(vj
24 [YEtüpYÜJv .... >
Dies steht unmittelbar hinter einer grossen Personenliste (mit Altersangabc
Ich vermute, dass die Zalil in Z. 20 die Gesammtsumnie der vorher aufgeführten
Personen giebt, während die nächsten Zeilen die .Spezificirung enthalten. So
die übliche Formel: •^lio-iia.\ .... Cm siaiv . . . Danach sind im Ganzen 144
. . . YEOYpoüvxe; 6|ioXoYOi aufgeführt woiden (bis zum Alter von 15 Jahren
herab). Von diesen 144 haben 115 Gemeindeland (ST||jLOa;av) und kaiserliches
Privatland (oOoiaXTjV) bestellt. Die nächsten Posten- sind unklar, teils ver-
stümmelt, teils unsicher gelesen. Die 14 Fehlenden sind in einer der grossen
Lücken im Anfang der Zeilen zu ergänzen. In ilif{a.Tixo'.j oder £Yyp(a^oO
könnte man versucht sein, ein Aequivalent für adseripticii zu sehen. Jedenfalls
scheint b\i.iXcfoz hier noch ein weiter Begriff zu sein, der verschiedene Arten
von ländlichen Arbeitern umfasst. Allen gemeinsam wird nur sein, dass sie auf
1
J
>i 7 1. (OLLECTEX. DIE ÖjioXoYOl. 255
öjxöXoYOj ist, hat nach ileu ubigcii Quittungen mehrfach Beiträge
für die Xo'(t'.x geliefert. Das Wort ÄC/ycta, desselhen Stammes wie
XoY£i)£tv = „einsammeln", ist scliun aus der Ptolemäerzeit als
Bezeichnung für ,,Slimmlung, Collecte" l)L'kannt.') Tu den obigen
Ostraka begegnen wir zum ersten Älal einer Collecte, die für Götter
erhüben wird. Pibuchis zahlt sowold für die Collecte der Isis
(413, 415) als auch für die des ungenannten ^eö^ (412, 414).
Beide Collecten stehen selbstständig nebeneinander, denn im J. 63
zahlt Pibuchis für- beide, für Isis 4 Dr. 1 Ob., für „den Gott"
4 Dr. 2 Ob. (413, 414). Nicht innner (vgl. 412), aber meist
findet sich der Zusatz uTcep xwv 5r,jjioat(j)v.-) Dieselbe "Wendung
steht in 417 und 418 und zwar allein. Ausserdem steht in 41(J
und 420 uTiep xwv OYj^ioaEwv x^; ^ew/jaia;. Der Ausdruck xa
OTjiJLÖata ist als eine allgemeine Bezeichnung für die öfTentlichen
Leistungen oder Abgaben bekannt (vgl. § 30). Das Wort (f cwr^aia
muss nach den obigen Bemerkungen das „Priestertura der Isis"
bezeichnen. Die Zahlungen werden also damit als Beitrag zu den
öffentlichen Leistungen der Isispriester bezeichnet. Mir scheint,
dass der Kern der Sache hier besser ausgedrückt ist als oben:
nicht für die Isis, sondern für die Isispriester wird die Collecte
erhoben. Es muss hervorgehoben werden, dass diese Abgabe von
den Priestern selbst eingezogen wird.
Ein Unieura bildet 402: b-kp Xo^^lcci; svcfiXa;. Im Textdruck
Hess ich das Schlusswort noch unerklärt. Ich möchte meinen, dass
Grund einer t\ioXo'{ia (wohl eines Pachtvertrages?) arbeiten. Wenn man die
Bedingungen dieser Verträge l<ennte, Hesse sich das Verhältnis dieser ip.c/.0'(^:
des II. Jahrhunderts zu denen des V. genauer tixiren. Hier müssen wir uns
auf diese Andeutungen beschränken.
') Vgl. die Zusammenstellung von Beweisstellen in dem dankenswerten
Buche von Deissmann ,,Bihelstudien" Marb. 1895, S. 139 ff., der mit Reclit
die Xo^ia im I. Koriutherbriefe IG damit erklärt. Das Wort XoflT. habe
ich auch iu BGU Ö15 7/8 vom J. 19.S n. Chr. hergestellt. Hier erscheint die
Xoyix als Zuschlag (sii:tß/.v)8-evTa) zu den oiiixä 5Tj]iäa'.a, gleichfalls in Getreide
zahlbar. — Irrtümlich hält Eudorff (Ehein. Mus. 1828, S. 137) Xii-sue'.v für
synonym mit \ofi^Ba%-a.: (= Steuern repartiren). Für ihn sind die IxÄcy-axat
daher auch Steuererheber. Vgl. dagegen unten Kap. VI.
') Der aegypti.sche Priester kämpft mit den griecliischen Präpositionen wie
ein Tertianer — heut zu Tage muss man wohl .sagen, wie ein Primaner. Er
schreibt bald ;;ept bald &-spi und meint offenbar 'jr.ip.
256 IV. KAPITEL.
evcpiXac für stj <I>!Aag steht und damit gesagt ist, dass diese Collecte
fiir Philae, vcnmitlich für den berühmten Isistenipel von Philae
bestimmt war.
§ 75. TTOp [isptaiiou oder [iepta[Jiwv.
Für Syene-EIephantine belegt durch Nr. 95—99, [170], 173,
174, 178—180, 186, 196—198, 200, 202—205, 208, 209,
2l'2— 222, 224, 225, 228, 235, 241, 242, 246—248, 253, 256,
258, 270 (vgl. § 73), 283(?), 289, für Theben durch 545, 549—552,
561, 615, 637, 652, 655, 1443.
Es gilt zunächst den Begriff [i£pta[j,6i;, der in den Ostraka
vielfach in Verbindung mit den verschiedensten Abgaben begegnet,
in den obigen Nummern aber ohne jede Zusatzbestimmung auftritt,
möglichst scharf zu fassen. Die Belege stammen säramtlich aus
der Kaiserzeit. Aus der Ptolemäerzeit ist mir das Wort nicht
erinnerlich.
Fröhner') hat die [iepirj\i.o'. als Zahlungen ä coniptes, als
payements partiels, als Ratenzahlungen erklärt. Ich möchte eine
andere Auffassung proponiren. Ich leite das Wort von [xept^etv in der
Bedeutung „verteilen, zuteilen, repartiren" ab und nehme [Jiepiajjiöf
in dem Sinne von xö (i£[xepta|Jievov als „das Zugeteilte", als den
Teil, der durch die Repartition der Gesammtsteuer auf den Einzelnen
entfällt. Ich verweise auf BGU 21, Col. I, vom J. 340 n.Chr.,
wo die Dorfbeamten dem Praepositus pagi unter dem Eide ver-
siehern ,.|j.E[i£ptai)'at xal ä.-!z(y^)zfiad-ai im zi]c. f([i.£T£pas xwpf/ji; eI<;
Toüg i^fiz eyYeYpaii(ievouc: ävSpa; toü? s?y]5 i-{^f{paii\iivou<;
fj.£pta[iOÜ; sqs' Exaatou fiYjvo;". Die \izp'.o[).oi sind hier also von
der zuständigen Behörde an die unten genannten Männer verteilt
und dem entsprechend erhoben worden. Wie man auch über
das Wesen der hier vorliegenden Abgabe urteilen will, so viel ist
sicher, dass sie (in jedem Monat) kopfsteuerartig in gleichen Raten
auf die einzelnen Personen repartirt wurde. Vgl. Col. 11 4: ,,fur
Monat Payni 100 Männer zu 15 Talenten, macht 1500 Talente". s)
') Rev. archeolog. XII, S. 41.
*) Merkwürdig ist die Angabe der vorhergehenden Zeile ävips; pxeY
d. h. I25.J Männer. Das kann nur bedeuten, dass der eine Mann die Steuer
nUT in halber Ilölie zu zahlen hatte. Es Hessen sich verschiedene Gründe
§ 75. Mepioiiot. 257
Hiernach scheint mir klar zu sein, dass das Wort tiepto|i6s nicht die
Teilzahhing, die Ratenzahlung bezeichnet, die der Einzelne als Teil
der gesanimten ihm zufallenden Ahsrabe leistete, denn die Höhe
dieser Raten wird nicht von deu Behörden, sondern je nach den
Verhältnissen von dem Zahler selbst bestimmt. Vielmelir wird
durch dieses Wort der auf den Einzelnen entfallende Steuerbetrag
als ein Teil der gesammteii von der betreffenden Gemeinde auf-
zubringenden Steuersumme charaktei-isirt.
Ueber den Inhalt der Steuer ist durch das Wort nichts aus-
gesagt. So finden \v\r es denn in den verschiedensten Verbindungen
wie [ieptaiiö? i^/oi^ (§ 13), \i. a-'P (§ 14), ^i.. ävSpiävTwv (§ 15),
(i. ä7:6pw(v) (§ 18)j [1. ßaX(avtxoO) (§ 22), |i. omXöv (§ 32),
|i. SiwpüyCwv) (§ 33), [i. xuv''' (§ 09), [x. 7ioxa|jioq5uXax£5wv (§ 99),
[i. oJxo5(o[x{a5) oxotcCIXwv) (§ 113), |x. oxottCeXcov) (§ 113),
[1. oxxTtwvos (§ IIG), |ji. TsXlou;) (§ 122), ji. TeXoug wvcwv (§ 138).
Vielleicht sind mir noch einige Verbindungen entgangen.
Wiewohl durch das Wort |icptl^scv oder [lepLaiiog an sich in
keiner Weise eine Teilung in gleiche Teile indicirt ist, scheint es
mir doch, als wenn man von (isptapiot doch nur bei solchen Abgaben
sprach, welche kopfsteuerartig in gleichen Teilen auf die Be-
völkerung repartirt waren. Dass in dem obigen Papyrus der Fall
«0 liegt, hob ich schon hervor. Aber auch bei den oben angeführten
Verbindungen der Ostraka haben wir, soweit das Material über-
" haupt eine Berechnung zuliess, den kopfsteuerartigen Charakter
aus den erhaltenen Summen erweisen können, so bei [ji£pia[iG$
ivSpcavxtöv, ßaXavtxoO, uoxafio^uXaxtSwv, oxotteXiöv, aiaxEwvoc,
TSÄoug wvt'iov. Auch in den obigen Ostraka, in denen |ieptafiGg
iliiie Hinzufügung der betreffenden Steuer gebraucht ist, scheint
lit..<es Verhältnis vorzuliegen. So wird für 114/5 n. Chr. in 2 Fällen
ie 2 Dr. 1 Ob. gezahlt (96, 97), für 140/1 in 2 Fällen je 2J Ob.
iafiir denken. — Inzwischeu ist mir die eingehende Beliandlung dieser Urkunde
linrli Seeck in der Zeitschr. f. Social- und AVirtschaftsgescli. IV S. 295 ff. be-
;aiint geworden. Den kopfsteuerartigen Charakter der Abgabe hebt anch er
urvor. Im Uebrigen bleibt mir auch jetzt in diesem schwierigen Document
•rli vieles dunkel. Dass der halbe Mann damit zu erklären sei, dass auch
l'nuieu (2=1 Mann gerechnet) unter den ävSpsj seien, glaube ich nicht.
.i-ten wie unsere Nr. 1169 und 1170 sprechen dagegen. 'AvSpej heisst Mäinier,
lii'lit „Köpfe". Letzteres hätte mau etwa mit ao)]iaTa ausgedrückt.
WiLCKCN, Ostraka. 1*
258 IV. KAPITEL.
(178, 179), für 144/5 in 3 Fällen je 3 Dr. J Ob. (200, 202; in
letzter Nummer heist es bei der zweiten Zahlung ausdrücklich: zä^
laa?), für 146/7 in 5 Fällen je 4 Dr. (208, 209, 212, 213,
215) U.S.W. In 242 wird zwei Männern quittirt: ixaaxou avBpö?
^ ad'. Ebenso in 253. Die Ausnahmen, die sich dieser Auffassung
entgegenzustellen scheinen, lassen sich durch die Annahme von
Ratenzahlungen beseitigen.') Ich halte es nach dem Gesagten für
mehr als wahrscheinlich, dass als |i,£pta|jio( diejenigen Abgaben
charakterisirt wurden, die zu gleichen Teilen auf die Köpfe der
Bevölkerung repartirt waren. Es sind das meist — nicht immer —
solche Abgaben, die wir am Ende dieses Kapitels als Zwangsbeiträge
zu gemeinnützigen Zwecken charakterisirt haben.
§ 76. TTilp Y sfxaafioö [iupoß(aXdcv(ov).
Für Syene belegt durch Nr. 1460.
Ich wage keine Erklärung für das Wort eixaojjio;, dessen be-
kannte Bedeutungen hier nicht am Platze zu sein scheinen. Im
Uebrigen entspricht diese Quittung in jeder Hinsicht den im fol-
genden Paragraphen behandelten.
§ 77. Tusp Tpi'twv voi-t [jLupoß(aXav(i)v).
Für Syene belegt durch Nr. 296—300.
Mit {lupoßaXavog wird ein Nutzbaum bezeichnet, dessen Früchte
zur Hei'stellung von Oelen und Salben verwendet wurden. Aus
den mir zugänglichen Hilfsmitteln war es mir nicht möglich, den
Baum botanisch zu bestimmen.^)
In den obigen Texten handelt es sich um eine Abgabe, die
in natura, in Früchten, von den Besitzern solcher Bäume gezahlt
wurde. Ich schicke voraus, dass der Pap. Lond. CXIX (Theben,
II. Jahrh. ii. Chr.) zeigt, dass die Grrundsteuer von [iupoßäXavos-Land
ebenso wie von AVein- und Palmonlaud in Geld, und zwar nach
I
') Meistens sind die abweidieiiden Zahlen kleiner. AVenn in 205 5 Pr.
J Ob. 3 Ch. geziililt «erden, während in 203 und 201 für dasselbe Jahr nur
je 4 Dr., so folgt daraus nur, dass die 4 Dr. trotz der üebereinstimmuug
Raten sind.
') Ist etwa die Balanites aegj-ptiaca hei Woeuig, die Pflanzen im alt. Ae^'.
.S. 319, damit gemeint?
§75 — 78. 259
eiuem festen Satz für die Ai-ure berechnet wurde. Vgl. Z. 80: [lupo^
dv(ä) ^ X. In diesem Falle betrug also die Grundsteuer 30 Dr. fiir
die Arure. Daraus geht soviel mit Sicherheit hervor, dass die obigen
Ostraka nicht von der Grundsteuer handeln.
Im Einzelnen bleibt alles dunkel. In 297 steht: bn(kp ] y
voji [lupci^. Das y wird nach 296 (bnkp •rpti:w[v]) als -i^ zu fassen
sein. Aber was soll voji? Die Ableitungen von yo\ir], vojioc,
vö[iOS befriedigen mich nicht. Ist vielleicht vo|i(ap}(t"'tä)v) zu lesen?
Eine andere Schwierigkeit liegt darin, dass in 297 trotz des vor-
hergehenden Y doch TÖ £Xt[ov] geliefert wird. An eine Raten-
zahlung ist kaum zu denken; dann würde eV.-cov, ohne Artikel,
gesagt sein. — Wenn es in 299 hcisst a7i(ö) fjiax(iou) ay xö
iraßaXXov aot fxepoj, so kann das nur bedeuten, dass der betreffende
Zahler eine Ernte (Y£vyj(ia) von 14 Matien (s. Kap. X) gehabt hat,
und davon den betreffenden Procentsatz abliefert. Vgl. 297: ScTz(o)
|i.ax(tü)Vj L, 10 £Xt;[ov]. Das würde voraussetzen, dass die Eigen-
tümer den Ertrag ihrer Ernte deklariren — vielleicht schon im
Voraus auf Grund einer cjtjvtt'firjatg, wie das bei der ä7t6|ioipa
vorgeschrieben war und durch Petr. Pap. (II) XXVII, 1 vei-anschau-
lieht wird. Bei obigen Ostraka an die äu6[iOipx selbst zu denken,
wird dadurch ausgeschlossen, dass in diesem Falle in Geld zu zahlen
wäre. Vgl. § 5.
§ 78. TTisp vauß(':o'j).
Für Theben belegt durch Nr. 1396.
Das Wort va'jßoov ist trotz mannigfacher Bemühungen noch
immer eine crux interpretum. Wohl zuerst begegnete es im
Pap. Paris. 66. Der Herausgeber Brunet de Presle, der zwischen
der Lesung va'jßta und vauSta schwankte, vermutete, qu'il exprime
une fradion du takiif. yiahaffy, der das Wort in den Petrie Papyri
wiederfand, vermutete darin a Macedonian icord, meaning sum total
pr in gross.^ Er ging hierbei von der irrigen Annahme aus, dass
die darauf folgende Summe eine Geldsumme sei, während sie die
Zahl der Naubien bezeichnet.
Unsere Ostraka bieten nun zunächst zur Erklärung des Wortes
ein Factum, das auf alle Fälle von Interesse ist, wenn es auch das
Rätsel nicht löst. In 1025 heisst es: aTcetpyaaxa: tlq xö 2:xxo[i(JLa
2G0 IV. KAPITEL.
va(uSta) X. Als ich vor Jahren diesen Text mit E. Revillout in
der Eevue Egyptok>gique VI S. 1 1 herausgab, hatte ich statt v" irrig
Y* gelesen und konnte daher nicht merken, dass der demotische
Text ein fast gleichlautendes AYort für vaußtov bietet. Nach Revil-
lout's Lesung heisst es nämlich in der demotischen Beischrift: a
ecrit . . . »ur 30 nebt'. Auf alle Fälle entsprechen diese 30 nebt —
oder genauer nbt, denn die Schrift giebt den Vokal nicht an — den
30 vaußta des griechischen Textes. Mein erster Gedanke war, dass
vaü^iov die Transscription des aegyptischen Wortes nbt sei (das finale t
schwindet früh). Da die Hieroglyphe 7ib einen geflochtenen Korb
darstellt (\ /), vermutete ich, auch im Hinblick auf das koptische
NOyBT „flechten", dass nbt = vaußoov einen Korb bezeichne, und
da die Naubien regelmässig im Zusammenhang mit Erdarbeiten stehen,
vermutete ich weiter, dass sie die Körbe seien, in denen die Erde
abgetragen wird, und dass nach der Anzahl der Körbe die Arbeit
berechnet sei. Gegen diese Hypothese wies Mahaffy (Petr. Pap. II
S. 40) mit Recht auf die Thatsache hin, dass mehrfach Brüche, auch
kleinere Brüche von vaußta begegnen. i) Andrerseits wurde mir
von aegyptologischer Seite mitgeteilt, dass die Form vaüj'Jiov so
wenig aegyptisch aussehe, dass eher das demotische nbt als Trans-
scription des Fremdwortes vaußcov aufzufassen sei.
Bei dieser Sachlage wird es besser sein, auf die Etymologie
einstweilen zu verzichten-) und eine Sacherklärung zu versuchen. Ich
stelle im Folgenden die Punkte zusammen, die für die Auffassung
von vaüßtov von Bedeutung sind. Vor allem ist hervorzuheben, dass
die Naubien regelmässig in Beziehung zu Erdarbeiten (Ipyaj stehen.
Betrachten wir, zu welchen Verben vaußtov in ein Objectsverhältnis tritt:
') So kleine Brüche, wie Mahaöy in Pap. (I) XXIII las, kommen dort aller-
dings nicht vor. In Z. 14, wo er liest und erklärt, vaußia AwXSoä (4834 ..
perhaps 65 — j\j, steht in Wirklichkeit vaößta dwXSCA, ^- ^- 1^34 ü (also f )
Naubien. Derselbe Bruch begegnet in Z. 21, wo ich lese äu^C^ = 5490 J J
(statt uq)). In Z. 4 las ich zum Schluss den Bruch fj=-J. Z. IC (xu8 ■f^l404<
(statt 5u7i5 I- = 4484|). In Z. 8 ist ein zweistelliger Bruch, wie iß', zu ergänzen.
Die auf der folgenden Seite mitgeteilten Fragmente habe ich nicht am Original
vergleichen können. Doch bezweifle ich, dass dort der Bruch -^'^ vorkommt.
■) Eigenartig ist Wessely's Versuch, das Wort aus dem Griechischen ab-
zuleiten. CPR I S. 8 vermutet er, „dass vaußtov die vulgäre Form des hnme-
rischen Wortes vi^Vov, attisch vaCov, von vaöj gebildet ist, Holz zu Wasserbauten
und die Holzsteuer dazu" !
§ 78. DAS NAUBION. 261
1. a.nzpfä.^tad-x:. Vgl. 1023: 'A/ietpYaaTa: . . . IlxTaOj; . . .
vaii|3t3c X. „Patajws liat fertig gearbeitet so und so viele Naubien".
Aehulich in lUäö. Vgl. auch 1222: vaußiwv |Jir^ ä-cpYxaxMvxwv,
auch Petrie Pap. I S. [G6] unten.
2. ipyä[l,ead-ot.i. Vgl. 1043 — 1047: „Du hast gearbeitet —
Y)pY = YipY(aao) für El'pY(aao) — an dem Tieplyw[i.a KXoü^tos
1 Naubiou".
3. avaßaXXetv. Vgl. 1399: „Ihr habt aufgeworfen — fievißa-
Xexe — für den neuen Damm 15 Naubien". Aehulich 1410:
'AvaߣßX(Yjxa;) xo Im^iXXoy aoi vaüßtov. Vgl. 1411. In 15G7
heisst es: 'Avaß(£ßAy;xax£) st; y^w([ia) 'At)'r;v(atwv) vCaußtovj Y^jitau.
Vgl. 1058.
Nur einmal begegnete mir der Ausdruck ävaXcaxetv vaüßiov.
Vgl. Pap. Paris. 66 IV Z. 68 f: xal si? xv^v axpaxrjYixvjv ol'xr^oiv
(ivYp.wxa'. vaüßia äa. „Für die Wohnung — wohl für die Wälle
zum Schutz der Wohnung? — des Strategen sind 1200 Xaubien
aufgewendet worden". Darin liegt wohl nur ein Hinweis auf die
Arbeitskraft, die dazu verwendet worden ist. In 1034 ist die Lesung
i.TZO'.yi(axTJ) unsicher.
Andrerseits lehren uns die Petrie Papyri (I) XXII 2 und XXIII,
wie ich schon in den Gott. Gel. Anz. 1895 S. 148/9 dargelegt habe,
dass der Lohn für die Arbeiter au den Dämmen und Kanälen nach
der Zahl der Naubien, und zwar unter Zugrundelegung des Satzes
von 1 Tetradrachme für 60 Naubia, berechnet wurde. Um diese
Berechnung auszuführen, fand, wie der PapjTus sagt, eine [lexpYjaL;
IpYUV statt. Wie die hiernach aufgestellten Listen aussahen, zeigt
der Papyrus XXIII, der die unmittelbare Fortsetzung von XXII 2
bildet. Da wird zunächst der betreffende Damm nach seiner Lage
und Richtung gekennzeichnet, darauf die Zahl der vaüßta angegeben
(ohne Verbumj, endlich der Lohn berechnet nach der Formel ei; ^
Ttüv 51- (s. oben).
Diese selbe Formel begegnet nun auch gleichzeitig bei der
•Berechnung des Lohnes für die iiüiXiix oder Xwta. Vgl. Petrie
Pap. (II) IV 11 und XXXVI 2. Auch diese Wörter sind bisher
völlig unerklärt. Der Papyrus XXXVI 1 zeigt uns andrerseits, in
welcher Weise die [lExpr^a^g EpYWv stattfand. Xach meiner am Ori-
ginal vorgenommenen Revision des Textes lautet die Ueberscluift:
262 IV. KAPITEL.
Xwta t/. TÖV |l£TpYjT)-£V-c[(D]y
|v x'^t Sttipuyt zfi'. Tzpbq Xl^x 'H'fX'.av.-
ioog -pbc voTOV xvjc KXewvog
5 [ojitopuyo? au[i.7tap6vxos Tewto?
• £a£jiMü)5 xoO Tiapä Teüxoc
[^a]a:X'.x[o]ö Yp(a[iiJiaT£Wc) xcd . uataouxtoj
xoO Tiap' 'Ap|io5toi) y£W[i£xpou.
Also der königliche Schreiber uud ein Geonicter, resp. ihre
Unterbeamteii , vermessen die Erdarbeiten zusammen mit dem
'IjiouStjS, und auf Grund der Vermessung wird die Zahl der fertig-
gestellten Xtüta constatirt. Das Vermessungsresultxit wird in fol-
gender Weise gebucht (Z. IH f.): oyovAa. £ rSkötxoc, y ßa^l'Og a /
dwEX'.a xX^. Vgl. Z. 31 : <t/o'm% it TiXäxos y ßaä-o? a dwiX-.a w?!^'-.
Ich überlasse es den Mathematikern, hiernach den Umfang der
awiXca zu berechnen. So viel aber dürfte hiernach sicher sein, dass,
wie auch Mahaffy bereits bemerkt hat, sie als Mass aufzufassen sind,
und da drei Dimensionen angegeben werden, Länge, Breite und Tiefe,
so handelt es sich um ein Raummass, mit dem die aufgetragenen
oder abgetragenen Erdmassen gemessen wurden. Da wir nun sehen,
dass für 1 vaiiß'.ov derselbe Lohnsatz besteht wie für 1 awEXtov, so
dürfen wir wohl annehmen, dass mit diesen beiden Wörtern ein und
dieselbe Sache bezeichnet ist, vielleicht von verschiedenen Gesichts-
punkten aus aufgefasst, und da auch die oben nachgewiesenen Ver-
bindungen mit (5;ji£pya^£a-9'ai und dvaßäXXeiv sich dieser Deutung
fügen, ist es mir das wahrscheinlichste, dass auch das vatjßtov ein
Raummass ist, mit dem die Erdarbeiten gemessen werden.')
Was bedeutet es hiernach, wenn ein Steuerzahler wie in 1396
•j-lp vaijßöou Geld zahlt? In BGÜ 572, CTR I 16, CCXL 30
schliesst der Zusammenhang es aus, vauß'.ov als Mass zu fassen.
Vielmehr ist hier ohne Zweifel eine Abgabe oder eine X£txoupyta
gemeint, und zwar eine solche, die auf dem Boden lastet. Ich
vemiute, dass wir hier einen ganz ähnlichen Bedeutungswechsel vor
uns haben, wie oben bei y£(i)H£xp:a und Xaoypa^ia: vaüßtov wird
') Die Aegyptologen mögen prüfen, oli nicht ein ZiiSimimenliiing zwischen
diesem vaüß'.ov und dem koptischen NXyBeiS möglieh ist, das in Psalm XVI 5,
XVII 37, CXVIII, 133 den 8iaßi^iiaxa der LXX entspricht.
§78 — 80. 263
auch die Abgabe oder Liturgie bezeichnen, die diiirli das Raum-
mass vaüß'.ov ermittelt und bestimmt wird. Hier kann es sich nur
um die Verpflichtung liandeln, bei öffentlichen Erdarbeiten (für
Deiche, Kanäle etc.) Frohndienste zu leisten (vgl. unten § 136).
Wo nun unep vaußiou Geld gezahlt wird, da- wird der Fall vor-
liegen, dass der Steuerzahler sieh durch das Geld von der Frohu-
arbeit loskauft — also eine Art adaeratio. In BGU 662 wird
ÖTcep vaußto'j xaxoixwv gezahlt. Auch im Pap. Lond. CCCLXXX
(III. Jahrh. u. Chr. 1, wo Jemand vaußoou yxXyiv^iobq) c zahlt, handelt
es sich, wie das vorhergehende äp'.ö'jr/jxt txoO) xaT(o£xwv) zeigt, um
einen xäxotxoc. Dass die Katoeken nicht persönlich die Frohn-
dienste leisteten, passt zu dem, was wir sonst von ihrer Stellung
wissen. Im Pap. Lond. CCCLXXXIII (II. III. Jahrh.) wird das
vaujStov zu den „Einnahmen der Dörfer" gezählt : >,Y/|ji[idcT(i)v xo)|xöjv
Zy vaußEou ISa-fiöv xaxaxXT)pou)(y)ö-£VTWv 'Avxivoeüa[t] xxÄ.
§ 79. T-Ip va'jAoooxcov.
Das Wort vauXo56xog, das unsere Lexica nicht kennen, muss
den bezeichnen, der vaOAOV, Fährgeld, empfangt. Vielleicht ist
damit dasselbe gemeint wie mit Tüop&jjisi)? und TiopeuxTJs. In 1477
wird zugleich für die tpuXxxT^', für oinXCov und für vauXoSoxcov
gezahlt (4 Dr.). Ueber die Höhe der einzelnen Steuer lässt sich
I daher nichts ausmachen.
§ 80. TiXoq vauTCYjywv.
Für Theben belegt durch Xr. 672 (11,111 Jahrh. n. Chr.).
Nau5rr/Y&; bezeichnet den Schiffszimmerraann. Das xlXo;
vauTCYjywv ist also die Gewerbesteuer, die diese Arbeiter zu zahlen
hatten.i) Ueber die Gewerbesteuer im Allgemeinen vgl. § 135. Das
eigenartige Formular der vorliegenden Urkunde haben wir oben
S. 95 erklärt. Wir haben es danach mit einer Bankquittung zu
thun. Ueber die Höhe der Steuer lässt sich aus diesem einen Zeugnis
nichts gewinnen.
•) Anders die Abgabe v3tu[7T;T,Yt]o[u] in Kyzikos bei Ditteiiberger, Svll. 312.
Das muss ein Beitrag für die Scliiflswerften sein.
264 IV. KAPITEL.
§ Sl. 'H VLXpiXY| TIA'JVOU.
Für Theben belegt durch ;!2'.t (III Jahrh. v. Chr.) und 1497
(II Jahrli. V. Chr.).
Eine Abgabe mit Namen Y.^p'.xi] war uns bisher durch mehrere
Zeugnisse bekannt. Vgl. 1) Petr. Pap. (II) XXVII 3, eine Ab-
rechnung über Eingänge aus verschiedenen Dörfern des Faijüm
für die vitptx^, aus dem III. Jahrh. v. Chr. 2) die ZoispapjTi,
aus dem J. 151/0 und 149/8 v. Chr. aus Memphis i), in denen
die i'(Xri'bi<; t"^; vtxptxfjc eine Rolle spielt. 3) Pap. Paris. 67, 14,
Verzeichnis verschiedener Steuern aus dem II. Jahrli. v. Chr., darunter
auch der Y.zpixr}-).
Während die Früheren sich meist damit begnügten, von einer
„Xatronsteuer" zu sprechen, hat Mahaffy a. a. 0. zuerst eine genauere
Erklärung gewagt, indem er sie als an impost on postask or f-oap
bezeichnete. Dass er das Richtige damit getroffen, zeigen unsere
Ostraka, in denen sich zum ersten Male der Zusatz TzXmou findet.
Die gewöhnliche Bedeutung von 6 uXuvög = Waschtrog, Waschgrube
ist hier nicht am Platze. Uns hilft Suidas, der sagt: uXuvö;
ö^u-övü); x6 ayYElov atixö, Tiapo^uTÖvws Se xö -Xuvöfievov. Ich
lese daher uXuvoy, nicht tiXuvoO, und fasse es als „das Gewaschene,
die Wäsche". Es handelt sich also um eine Steuer, die auf dem
für die Wäsche gebrauchten Natron lag, also Waschnatron. Dass
im Altertum das Natron als Reinigungsmittel verwendet wurde
und daher namentlich bei Walkern und Färbern eine grosse Rolle
spielte, ist mehrfach bezeugt. Vgl. H. Blümner, Technologie etc. I
S. 162. Wenn es daneben natürlich auch zu anderen Zwecken
brauchbar war — so zum Einpöckeln von Fleisch (Plin. h. n.
XXXI 111) und daher auch zur Mumisirung von Leichen (Herodot
II 86), — so mag doch die Verwendung als Seife die grösste Be-
deutung gehabt haben. Das Natron, das schon in den altaegyptischen
Texten als h»mn eine Rolle spielt, fand und findet sich noch heute an
i
') Die Zoispapyri sind aus dem 31. uud 33. JaMe datirt. Will mau diese
Zahlen auf Euergeles II beziehen, so würde das 140/39 und 138/7 ergeben, niclil
138 und 130, wie Wessely (Gr. Pap. Kais. Samml. Wiens S. 14) sagt. Doch
Mehreres spricht dafür, dass die Daten auf Philometor gehen.
*) Ich erinnere hier wiederum daran, dass die Uebersclirift nicht (üve[(o)]v,
sondern üv s[io]iv, zu lesen ist.
§ 81. DIE NATROXSTEUER. 265
versehiedeueu Stelleu Aegj'ptens, im Besoiidereu in dem südwestlich
vom Delta gelegenen Natrongau NtxpiwTY,; mit seinen Katronscen
(vgl. Straho XVII p. 803), wo der Käme noch heute am Wädi Natrfiu
haftet. Vgl. Baedeker, Oberaegypten - S. 383. Wie heute die
Gewinnung des Natron auf Kosten der Regierung dort betrieben
wird, so mag sie auch im Altertum iihnlich wie die Salzgewinnung
monopolisirt gewesen sein.') Die Einkünfte, die der König aus der
vtTpLxrj bezog, waren nicht unbedeutende. Vgl. Pap. Paris. 67.
Wie hoch die Natronsteuer im Memphitischen Gau im J. 153/2
A'erpachtet war, lässt sich aus den Zoispapyri nicht ersehen. Denn
die 11 Talente 4000 Drachmen (I 18) sind nicht die Gesammt-
summe, deren Erhebung Dorion gepachtet hat (so Wessely S. 1(5),
sondern, wie schon Perron-) richtig erkannt hat, nur derjenige
Teil der Gesammtsumme, für den Thanubis die Bürgschaft über-
nommen hatte (verbinde Tzpb<; y^XAY.oö oy xXÄayr^ Tvia 8' mit
5td TÖ osSoaö'ai Iv OiByyurjiiOLV. , nicht mit auvEyXaßovxos). Aus
den Ratenzahlungen unserer Ostraka lässt sich nichts über die
Höhe der Pacht folgern.
§ 82. EJg xac, vojjia?.
Für Theben belegt durch No.338, 1257, 1531 (IL Jahrh. v.Chr.).
Vgl. auch 244.
'H voiJiYj wird in diesem Zusammenhang den Weideplatz, die
Weide bezeichnen. Eine Zahlung e'.c, "äg V0[j.d? ist also eine Ab-
gabe für die Benutzung der Weideplätze, und ist identisch mit dem
^vv6(i.;ov (vgl. § 40).^) In 1257 hat der erste Schreiber flcTeXstag
geschrieben, der zweite (Ptolemaios) hat dann zli; lac vona; darüber
geschrieben. Ich meine, dass damit das erste Wort völlig beseitigt
') Ueber die Ausnutzung des Natrons durch die arabisclie Regierung vgl.
Calcasehandi, übersetzt von Wüstenfeld S. ICl. Die Monopolisirung wurde hier
von dem Stellvertreter des Ahmed ben Tüliin eingeführt.
-) Ebenso auch Lumbroso , Eeeherches S. 304. Dagegen scheint er auf
S. 323 zu meinen, dass die 11 Tal. 4000 Drachmen zwar ein Teil der Gesammt-
pachtsumme, aber doch die ganze Summe sei, für die Dorion sich verpflichtet
habe, während seine (li-oxoi andere Summen übernommen hätten. Für diese
Deutung bietet der Text keinen Anhalt.
^) Ich hätte oben noch darauf hinweisen sollen , dass auch der Eev.-Pap.
Col. 72/3 von dem i\'/a\i'.ov handelt.
266 IV. KAPITEL.
sein soll. Wenigstens wüsste ich keine Verbindung zwischen den
beiden Begriffen herzustellen. Dasselbe Ostrakon 1257 legt den
Gedanken nahe, dass diese Abgabe je nach der Anzahl der Stücke
Vieh, die man auf die Weide trieb, berechnet wurde. Denn das
■szfP 0 wird kaum anders denn als 7ipo(ßax(flv) 5 aufzulösen sein.
Dasselbe Resultat ergab sich oben für das Ivv&fitov. Vielleicht ist
auch Nr. 244 anzureihen, falls man in Z. 4 [ü7i(£p) vo|ji]ö)v ergänzt.
Vgl. unten § 102.
Als (popo; vo[i(Sv begegnet die Abgabe auch in BGU 199
Verso 10 und 345, 11.
§ 83. '09-oviYjpa.
Für Theben belegt durch 1499 (II. Jahrb. vor Chr.).
'OS'OViTjpa, ein Wort, das unsere Lexica nicht kennen, be-
zeichnet die Abgabe, die auf den öS-ovta lastet. Aehuliche Bildungen
sind ly^vripä, IXatpa, (^uxr;pa u. s. w.
Die alten Glossatoren erklären Oi^ovYj oder ö&ovtov als ein
„feines, zartes Gewebe" (z. B. Suidas: XsTcxd ö^aajiaT«). Wenn
auch unter dem 6i)-6v'.ov 'Ivotxov des Periplus maris erythr.
Baumwollenstoffe zu verstehen sind, so haben wir doch in dem
öö'ovcov Aegypteus ohne Zweifel vor allem an feine Linnen- oder
Byssosstoffe zu denken i), auch wenn der Zusatz ßuaatvov-) nicht
gemacht ist. Mit öS-oviov kann sowohl ein verarbeitetes Stück
bezeichnet werden^), als auch der unverarbeitete Rohstoff. In
letzterer Bedeutung liegt es ohne Zweifel vor bei Ps. Aristeas (ed.
M. Schmidt p. 09, 16), w'o unter den Geschenken an den Ober-
priester Eleazar auch genannt werden: ßuaaivwv ö^ovt'wv tOTOÜg*)
Ixaxov, denn hier ist der taxös, d. h. das Stück, das 1 Webstuhl
') Vgl. Jlarquanit, Privatleb. d. Etim. II- S. 489. Vgl. 481.
'^) Dieser Zusatz begegnet im Decret von Rosette Z. 17 u. 29. Ferner
bei Ps. Aristeas ed. Schmidt (Merx' Archiv f. Wiss. Erforsch. AT) p. 69, 16 =
Joseph, ant. XII 117. Auch in BGU 1, 3: ö9-ovimv ßuaaivMV. Nach dem Rev.
Pap. 103, 1 ff. seheint es allerdings, als wenn auch die axuTüTieiva und sp'.xa
in die Verwaltung der öS-ov.iipä hineingezogen waren.
') Vgl. z. B. Pap. Paris. .53, 8: 69-övtov iiv.o'.^-qip.io)'). Lunibroso,
Eeeherches S. 14, fasst sie aber zu einseitig als Ics vHemcnts, iion les itoffes.
Siehe oben.
*) So ist mit Lurabroso, Eeeherches S. 109, 7, auf Grund von Joseph,
ant. XII 117 statt sij xo'js zu emendiren.
§ 82— «3. 267
liefert („die Webe"), das Mass, nach dem die Stoffrnasse gemessen
ist. Letroune (Recueil des Inscr. I S. 283) hat die Behauptung
aufgestellt, dass ces dS-övia ctaient des piices d' Hoffe d'une fjrnndeur
connue, autrement on aurait du quelle etail leur dimendon. Lum-
broso (Recherches S. 109 „d'une dimension connue") hat sich ihm
angeschlossen, doch mit Unrecht. Denn Letroune's Einwand wird
durch den Pap. Paris. 32 widerlegt, wo ausdrücklich um An-
gabe der Masse der ö^S-övoa gebeten wird.') So werden sich auch
die sehr verschiedenen Preise, die im Pap. Paris. 52 f. von dO'OVia
notirt werden (vgl. Lumbroso, Kech. S. 14), nicht so sehr durch
die verschiedene Qualität, als durch den verschiedenen Umfang der
Stücke erklären.
Nach unserer Urkunde wird die auf den b%-6v'.a. lastende Steuer
in Geld gezahlt. Am 16. Tvbi hat der Steuerpächter Apollonios
6 Talente abgeliefert, am 2. Pharmuthi weitere G Talente und am
2f). desselben Monats wiederum 5 Talente, in summa 17 Talente. Wenn
der Trapezit die Randbemerkung hinzufügt „Tal. 17 Drach. 208Ü",
so kann das in diesem Zusammenhang nur die Sumniirung dessen
sein, was er im Lauf des ganzen Jahres von Apollonios erhalten
hat. Das ist eine Ausnahme von jener Regel, die wir auf S. 76
erörtert haben. Die 2080 Drachmen muss Apollonios vor dem
16. Tybi gezahlt haben. Es ist sehr auffällig, dass hier offenbar
keine monatliehe Abrechnung mit der Bank stattgefunden hat. Auch
der Berliner Papyrus P. 1364, der den Fortbestand der Abgabe
für das IL Jahrh. n. Chr. bezeugt, lässt auf Bezahlung der Steuer
in Geld schliessen.
Wofür wurde nun diese Steuer gezahlt? Wer war der Zahler?
Wenn ich auch eine definitive Antwort nicht zu geben vermag, so
irlaube ich doch die Frage durch den Hinweis auf den Revenue-
Papyrus fördern zu können. Dieser handelt von Col. 87 — 107 von
der dil-ovir^pä. Diese Columnen sind allerdings' derartig zerfetzt,
dass es unmöglich ist, eine sichere Deutung zu geben. Grenfell
hfit sich daher auch darauf beschränkt, auf die beiden unten zu
behandelnden Citate aus der Rosettana hinzuweisen. Ich möchte
die Vermutung wagen, dass die Othonionfabrikation ebenso
') Vgl. Z. 11 f.: sroXcÄ^aS-ai xa [idxpx twv öS-ovlmv und 22: "ATC6axe'.X[6v]
|io'. xä (lexpa xröv ö9-ovCa)v, öticos auvxö(iu)s äTxoaxaX-J 0(11-/.
268 IV. KAPITEL.
wie die Oelfabrikation (Rev. Fap. 38 — 72) vom König mono-
polisirt wai'. Folgende Momente sprechen dafür.
1. Wie der Anbau der Oelpflanzen von der Regierung auf
das genaueste controllirt wii'd (41 f.), so hier der des Flachses, des
X£vo{. Mir scheint wenigstens, dass die Bestimmungen in Col. 87
(das rechte Fragment gehört nicht dahin) sich mit dem Flachsbau
beschäftigen und den Verordnungen in 41 parallel stehen. Vgl. 87, (y
dpoupas xax[£a7rap[i£vai; (?); 8 dav Se 6 v[o|iäp)(Yji; xxX [irj] octzo-
0£t;'>]i[xxX, a7iOTi]v£Tü) tlc, xö [ßaatXixov. Vgl. damit 41, 3 ff.
2. Mehrere Bestimmungen betreffen den Verkauf. Vgl. 87, 14;
88,8; 91,2: |xyj (?) 7i())]X£tx(üaav £1? xyjv )(w[pav. Vgl. damit
39, 19; 40, 8.
3. Col. 93 scheint von dein Verbot der Einfuhr nach Alexandrien
und anderen Plätzen hin zu handeln und wäre etwa mit 52 zu
vergleichen. Z. ü/7 ist etwa folgeudermassen aufzufassen: „Wenn
Einer dawider handelt, so wird der König über ihn entscheiden
(ebenso 49, 19); aitpiajd-w hh x[wv (5fl-ovi(jü]v xal Ttpoc:£t57i;[paa-
ofiaS-w xxX. Vgl. 52, 10: 'Eäv os v.veg avaywaiv, xoO x£ eXai'ou
ax£p£ai)-ü)aav xal Tcpo^EtgTüpaaasaö-waav xxX.
4. Für ein Monopol spricht auch 96, 1 : "Oao[u] 5' ay Xpstav
£)((i)[[i£V Xtvou oder öS-oviou, verglichen mit 53, 27: "Oa[ou] S'av
XpEiav £xcü|i£v ilx'iou xxX.
5. Desgleichen die Festsetzung der Preise. Vgl. 94,2 und 5:
xöv taxöv h x£, 1 Webe zu 25 Drachmen. In 98 werden für ver-
schiedene aus dd-öwiov gefertigte Kleider (yjxtbvE; und andere) die
Preise festgesetzt. Neben den Kleidern begegnen auch Polster
(x'jXEla) und Kopfkis.sen (npoqy.z^d.la.Kx.') , offenbar auch aus feinen
Linnen hergestellt.
Ich vermute hiernach, dass der Flachsbau in Aegypten unter
königlicher Controlle stand, ebenso wie der Oelpflanzeubau, dass
die Fabrikation von Linnen und ebenso auch die weitere Ver-
arbeitung derselben ausschliesslich in königlichen Werkstätten statt-
fand, und dass der Verkauf an die Consumcuten in ähnlicher Weise
wie beim Oelmonopol geregelt war. Vgl. Deutsch. Litteratz. 1897.
Nr. 26 Sp. 1020. Danach spielten die Xivoupyoi und Xtvutpot dieselbe
Rolle wie dort die IXatoypyot, und die XwQn&la.'. werden sich wie
jene xaTir^Xot gestanden haben, von denen Rev. Pap. 47, 10 ff. handelt.
§ 83. DIE OTHONIONFÄBRIKATION IM MONOPOL. 269
Diese Annahme einer Monopol isirung lässt uns nun auch noch
tiefer in die schon oft behandelten Worte der Rosettana Z. 17 ein-
dringen: „Töv x' dz x6 ßaoiXtxöv ouvTeXouiievwv Iv toIq lepoXc,
ßuaatvwv d&ovüov aTteXuaev (seil. Ptolemaios V Epipliancsj xi ouo
fjilpY)." Die Tempel nahmen ofieubar auch diesem Monopol gegen-
über eine jirivilegirte Stellung ein. Wie ihnen erlaubt war, Oel
für ihren eignen Bedarf zu producii-en (Rev. Pap. 50, 20 — 52, ;$),
so durften sie oflenbar auch öö'ovia für ihre eigenen Zwecke in ihren
Tempelfabriken herstellen, mussten dafür aber ein bestimmtes Quantum
in natura, oder falls sie so viel nicht herstellen konnten, den Preis
dafür (Rosettana Z. 29) au den König abliefern. BGU 1, 3 aus
dem Ende des II. .Jahrh. n. Chr. zeigt uns, dass in dem Tempel in
Soknopaiu Nesos die Othonionfabrikatiou damals darniederlag. Denn
der Tempel musste sogar die für die Bekleidung der Götterstatuen
nötigen Stoffe käuflich erstehen: ei; X£cjj.'?]v öO'ovtwv ßuaatvwv axo-
Xta[iö)(v) xpoöv z(bw •8-£ö)v ... ^p.
In neuem Lichte erscheinen nun die Worte bei Treb. Poll. vit.
Gallien. 6, 4: nam cum ei nuntiafum etisei, Aegyptum desciviase, dkvisse
fertur: „quid, sine Uno Aegyptio esse non possiimu-Hf"
§ 84. TTTsp o?xoo(6[ia)v?).
Für Theben belegt durch Nr. 385 (a.^39 n. Chr.).
Man könnte schwanken, ob o\.v.o^ in oE)coS(o[Jiiai;) oder
o[xoS(&[iü)v) aufzulösen sei. Bedenkt man, dass hinter üTisp ocxo
unmittelbar oL folgt, wodurch die Steuer nicht als eine einmalig
erhobene, sondern als regelmässige alljährlich wiederkehrende
charakterisirt wird, so ergiebt sich die Lesung oixoS(6|ji(j)V) als die
richtige, und wenn man damit Verbindungen wie OTisp xoupewv yL
(vgl. 381) vergleicht, so ergiebt sich weiter, dass wir es mit der
Gewerbesteuer zu thun haben, die die Baumeister oder Zimmer-
meister (oLxoSo[j,ot) zu zahlen hatten.
§ 85. Tulp oiwloyioic,.
In 711, einer Urkunde aus dem IIL Jahrh. v. Chr., vned über
eine Lieferung von 10 Keramieu Wein für änojiofp«? xal otvoXoyta?
quittii-t. Das Wort o'VoXoyta, das unsere Lexica nicht kennen,
kann hier nichts anderes als das „Eintreiben von Wein(lieferungen)"i)
') Auf das Verbum oivoXofEtv im Sinne von „Wein eintreiben" scheint
mir bei Äthenaeus 11 40 f. eine latente Anspielung vorzuliegen. Athenaeus sagt
270 IV. KAPITEL.
bedeuten. Es hat seine Analogieen iu aaoXo'(iOL, dpyupoXoYia,
8aa[ioXoYta> j^op'zoXo'^ia, xpiö-oXoytai) u. s. w. Da für die otvoÄOYta
hier zusammen mit der ä.r.ö[iO'.px gezahlt und quittirt wird, so
werden wir darin keine selbständige Steuer zu sehen haben, sondern
wohl nur eine Gebühr für die otvoXöyot, die den Wein der xnänoipa.
einforderten.
§ 86. Oivou ziloq.
Für Theben belegt durch No. 327, 397, 404.
Aus 327, einer Bankquittung der Ptolemäerzeit, ist für das
Wesen der Steuer nichts zu lernen. Dagegen ergiebt sich aus 3i'7
und 404 (I. Jahrh. n. Chr.), dass diese „AVeinsteuer" von denjenigen
erhoben wird, die Weinland (äjjiTieXwVEs) besitzen, also Wein pro-
duciren. In beiden Fällen wird den Zahlern zugleich über die
Weinberg -Grundsteuer quittirt, und aus dieser Veranlassung ist
angegeben, wieviel Aruren Rebenland der Betreffende besitzt. Damit
ist die alte Auffassung von Franz^), dass mit otvou xeXo; der
Ausfuhr- und Einfühi'zoll für Weine gemeint sei, als irrtümlich
erwiesen. Vielmelu' wird mau diese Abgabe, die von den Weinberg-
besitzern ausser der Grundsteuer — auch ausser der ds7i6|xotpa
(vgl. § 17) — erhoben wird, als Ertragssteuer zu fassen haben.
Vielleicht könnte man sie auch als Verbrauchssteuer fassen, die
indireet von den Producenten erhoben wurde, um auf die Consu-
menten überwälzt zu werden.
Es ist bemerkenswert, dass in den beiden vorliegenden Fällen
die Höhe der Weinsteuer nicht in demselben Verhältnis zum Um-
fang des Weingartens steht. Während der Grundsteuer in beiden
Fällen derselbe Satz von 40 Dr. für die Arure zu Grunde liegt, zahlt
in 397 der Besitzer von i Arure 5 Dr. 2 Ob. Weinsteuer, in 4ö4
aber der Besitzer von ^ Arure nicht etwa die Hälfte hiervon.
da: ToaaSxa oivoXoYrjOavxoj ■T^ioi TtspL oiviüv smövco;. Er hält es für nötig,
das Wort oivoXoYSiv in der Bedeutung „über Weine spreclien" zu paraplirasiren.
Also kannte er die andere Kedeutung und setzte ihre Bekanntschaft bei den
Lesern voraas. '
') Auf dies AVort xpiS'oXoYia, das unsere Lexica gleichfalls nicht kenneu,
stiess ich im Cod. Theod. 14, 26, 1 (vom J. 412 n. Chr.), in der Schreibunir
„crithologia".
-) Franz im CHir. III S*. 297 '>. Vgl. Lumbroso, Uecherches S. 307.
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§ 86. DIE WEINSTEUER. 271
sondern 1 Dr. 1 Ob. Nun ist die Möglichkeit zuzugeben, dass wir
es mit Ratenzahlungen zu tluin liabcii, und diese Möglichkeit
scheint durch den Pap. Lond. CXIX niilicriicrückt. In dieser
gleichthlls tliobanischen Urkunde (IL Jalirh. n. Chr.) besteht ein
fester Satz für die Weinsteuer, nämlich 8 Dr. für die Arure.')
Mau vergleiche:
In Z. 46 werden gezahlt 1 Dr
„ ,, yö ,, „
Danach dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, zumal hier und
dort sonst dasselbe System ist, dass in obigen 0.straka, oder
wenigstens in 404, nur Ratenzahlungen vorliegen. Immerhin müssen
wir auch die andere Möglichkeit offen lassen, dass doch die beiden
Ostraka Vollzahlungen bieten. Dann würde die verschiedene Höhe
der Steuer sich vielleicht durch die verschiedene Qualität der Trauben
erklären. Au eine Verschiedenheit der Qualität des Bodens zu
denken scheint dadurch ausgeschlossen, dass in beiden Fällen der
Boden gleich hoch besteuert ist.
Das otvou xiXoq begegnet uns sonst noch im Pap. Paris. G7, 12
(II. Jahrh. v. Chr.), wo zu lesen ist: ol'vou ziXouc, rciy e, d. h. fiir
Weinsteuer lij Tal. 5000 Dr.-). Für die Kaiserzeit bezeugen sie
ferner der Pap. Leipz. 5 Recto Z. 6 und der oben erwähnte Pap.
Lond. CXIX passim.
§ 87. Ttop Tt[A"^s oi'vou.
Für Theben belegt durch Xr. 662, 691, 697, 1264, 1:574,
1575, 1576, alle aus der Kaiserzeit. Vgl. .")02.
Mit dem Ausdruck ÖTiep Ti[xfjg werden in unseren Urkunden
zwei ganz verschiedene Arten von Zahlungen charakterisirt:
1) Zahlungen für den Preis eines Naturalobjectes, das eigentlich in
') Xu 397, wo 5 Dr. 2 Ob. für | Arure gezahlt werden, liegt also ein
höherer Satz vor.
*) Dass die Ueberschrift nicht ü)V£i[iü]7 heisst, sondern div £[ii]tv, erwähnte
ich schon öfter.
272 IV. KAPITEL.
natura zu liefern war. Dit-s ist die übliche Bezeichnung der
adaeratio. 2) Zahlungen für den Preis einer Sache, die man
erhalten oder gekauft hat. Vgl. unten § 109. In den obigen
Ostraka scheint mir der erste Fall vorzuliegen. Es handelt sich
danach um Geldzahlungen, die an die Stelle von Weinlieferungen
treten. Nur in 126-4 ist ausgesprochen, für welche Abgabe diese
Leistung stattfindet: eis avvö)v(5!v). Vgl. S. 156. In den anderen
Texten ist die Steuer nicht genannt, und wir haben kein Älittel,
sie zu bestimmen. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass es sich
auch hier überall um cihikduc adaerata handelt.
In ö02 ist U7i(ep) xt(|j.Y|L:) olvou durch das darübergeschriebene
U7r(lp) xt(tA'^?) !poi(vcxwv) annuUirt.
§ 88. Tsloc, ovYjXaxwv.
Für Theben bezeugt durch No. 392, 395, 684, 1054.
Die nahe Verbindung, in der diese Steuer mit der Wagen-
steuer (s. oben § 10) auftritt, könnte es nahe legen hier nicht
an die eigentliche Bedeutung von övvjXaxrjs'^), d. h. Eseltreiber,
zu denken, sondern an eine Lieferung der Eselbespannung für
die Wagen. Es ist mir aber nicht bekannt, dass man in
Aegypten die Esel als Zugtier benutzt habe, vielmehr zeigen die
bildlichen Darstellungen den Esel immer nur als Lasttier. Ebenso
die Urkunden. Das übliche Zugtier für Lastwagen ist vielmehr
der Ochse (vgl. Erman, Aegypten S. 650). Alan wird daher
doch wohl diese Eseltreibersteuer von jener Wagensteuer trennen
müs-sen. In 684, wo nur U7i(£p) xiXiouc,) 6vy]k(ixxO)v) quittirt wird,
wird man darin wohl nichts anderes als die Gewerbesteuer der
Eseltreiber zu sehen haben. Schwierigkeiten machen 392 und 395, wo
ein und dieselben Personen uTrIp ävrjA(ax(I)v) und Ö7r(£p) 6t.\t.(x^(6iy)
zahlen. Dass diese Fuhrwerksbesitzer (es tritt hier eine Association
von solchen auf) selbst als Treiber hinter den Eseln herliefen, ist
*) Im Pap. Lond. CXXXI, 321 (ed. Kenyon S. 179) begegnet ein
etpx<5VV)Ä((xxr]{). Diese Bezeichnuug lässt auf eine gewisse Gliederung, auf eine
Organisation der ävvjXcixat schliessen. Vermutlicli schlössen sich auch die
Eseltreiber wie wohl die meisten Gewerbetreibenden zu einem Verein oder
einer Gilde zusammen. Ein collegium mul(ionum) et aeinar( iorum) begegnet
in CIL X 143 (aus Potentia). Vgl. unten §135.
§87 — 89. 273
wenig wahrscheinlich. Es liegt näher anzunehmen, dass sie Esel
zum Vermieten besassen und eben für dieses Vermietungsgeschäft
die Steuer zahlten. Oder hielten sie sich Eseltreiber und zahlten
dafür die Steuer?
§ 89. 'OpjxocfuXaxfa.
Für Syene belegt durch Nr. 2G2, 263, 274, 277, 302—304, 1276,
alle aus der Kaiserzeit.
Diese Texte belehren uns, dass es in Syene eine „Hafenwache"
gab, die von einem acayj:>Xoö\i.zyoq xy^v opjioif uXaxtav oder [itafl-cütTii;
siSouj 6p\i.o^uXa.y.ixq verwaltet wurde. Zur Zeit des Trajan (von
107 — 115 nachweisbar) war sie in der Hand eines 'Avxwvcos
M.o(XyaXoq, offenbar eines Juden mit römischem Bürgerrecht. Von
dieser Hafenwache wurde ein ävdp|i,'.ov erhoben, d. h. ein Hafenzoll,
der nach der Zahl (und gewiss auch Bedeutung) der Befrachtungen,
die man im Hafen von Syene vornahm, bemessen wurde. Denn das
■\vird das Ev6p[jiiOV 5:yü)y£wv bedeuten. Gestützt auf 262, wo die Zahl
der äywYCWV angegeben ist (Äywytwv y), möchte ich in ccfüyioy die
„Schiffslast", die „Fracht" sehen, (ähnlich bei Xenoph., Cyr. 6, 1, 54).
Bei dy^Y'* t^O'.zla^oi.i würde man zunächst an „Frachten machen",
d. h. an das Befrachten von Schiffen denken, und danach würde
es sich nicht um den Import, sondern nur um den Export handeln.
Doch mag läywyta Tzoizlad-M ein allgemeiner Ausdruck sein, der auch
das „Frachten ausladen" ebenso gut vne das „einladen" bezeichnet.
Bei der commerziellen Bedeutung Syene's als Verbindungsplatz zwi-
schen Aeg}'pten und Nubien würde man wenigstens erwarten, dass
Import und Export in gleicher Weise in Betracht kämen. Ich
sehe hiernach in dem £v6p[i'.ov eine Gebühr für die Benutzung der
Hafenanlagen, berechnet nach der Zahl der Frachtgeschäfte.
Nur in einem Falle ist uns die Summe erhalten: in 262 werden
für 3 Frachten im Monat Thoth 2 Drachmen und 1 Obol gezahlt.
Da die Zahl der Frachten zu der Summe in keinem einfachen
Bruch Verhältnis steht, so bestätigt dies die Auffassung, dass Umfang
und Qualität der Frachten auf die jedesmalige Höhe der Steuer
von Einfluss waren.
Eine abweichende Erklärung hat Fröhner, der nur auf Nr. 304
angewiesen war, vorgeschlagen (Rev. Arch. XII S. 43 ff.). Er sieht
in dem Ivöpjicov ein Stationsgeld, das man für jeden Tag, den man
WiLCKES, Ostraka. 18
274 IV. KAPITEL.
im Hafen lag, zu zahlen hatte. Diese Auffassung, die auch in die
2. Authige von Marquardt's Rom. Staatsverwaltung (IL S. 247, 7
untl 275) übergegangen ist, wird jetzt durch Nr. 262 widerlegt, in
der ausdrücklich gesagt wird, dass mau den Zoll für die 3 äywyta
zahle. Auch scheint mir die Deutung, die Fröhner dem aywyta
-oi£la8-at giebt, nicht haltbar. Er übersetzt: /»orw les marchandkes
importees que tu y as laüsees. Auch bezeichnet der in der Urkunde
genannte Zeitraum nicht Ic nombre des joiirs passes en rade, sondern
nur die Zeit, innerhalb deren die einzelnen Frachtgeschäfte ge- ■
macht sind.
Man hat unsere 6p|Jio(puXaxta auch mit der für Leuke-Kome
überlieferten ■zezä.pvq TöJv eE?9epo|iev(j)v (popTiwv in Parallele gesetzt
vmd hat in unseren Urkunden die Erwähnung eines Einfuhrzolles
für die aethiopischen Waren finden wollen. Vgl. Lumbroso, Recherches
S. 312. Aus Obigem geht hervor, dass unser Ivöpiitov von den
Einfuhr- und AusfiihrzöUen ebenso zu trennen ist, wie der für Athen
überlieferte Hafenzoll (£?-Xi[Ji£Vtov genannt) von den dortigen Ein-
fuhr- und Ausfuhrzöllen. Vgl. Boeckh, Staatsh. I^ S. 388 ff.
Die Zahler in den vorliegenden Quittungen sind nicht durch-
reisende Handelsleute, sondern solche, die in Syene - Elephantine
oder nächster Umgegend ansässig waren. Das geht meines Erachtens
aus Wendungen hervor wie: töv IrcotVjaou xd öctcö Xotax X §0)5
3>apjxo0^^t X (Dezember bis April). Die Anwesenheit der Leute wird
vorausgesetzt, und sie haben so zu sagen ihr stehendes Conto im
Hafenamt.!) Daher kann auch monatlich mit ihnen abgerechnet
w-erden. Doch wird das svöp[i'.ov auch von ephemeren Besuchern
des Hafens erhoben worden sein.
§ 90. Efc; Tiapouat'av.
Die Anwesenheit, der Besuch (Tiapouata) von Beamten oder
Truppen, auch vom Staatsoberhaupt, legte der Bevölkerung grosse
') Dass in 304 ein X''l''^tpO'^o;, d- h. ein Gäusezüchter (für XT^iVOTpocpog^,
den Hafenzoll bezahlt, scheint mir nicht anstössig. pr wird die Gänsezüchterei
im Grossen betrieben und Exportgeschäfte von Syene aus gemacht haben. Froh-
ner's Erklärung S. 44 ist jedenfalls zurückzuweisen: er sieht darin einen muni-
cipalen Ehrentitel; der Inhaber soll die heiligen Gänse von Syene gefüttert haben.
Doch von solclien heiligen Gänsen in Syene ist niclits bekannt, auch sehe ich
sonst nichts, was diese Hypothese einigermassen plausibel machen könnte.
§ Sil. DKK HAKENZOLL. — § ÜU. 275
finanzielle Opfer siiif. Bekannt ist die Bittschrift der Isispriester
von Philae (Ende des II. Jahrh. vor Chr.), in der sie sich beklagen,
dass oS TiaperaSrjiioövcES et? -zolc, «IiJAas axpatrjyol xal iizia-zi~oc'. xai
ö-vjßapxat xal ßaaiXcxol Ypa[Ji[iaT£Ts xal iTcoaxa-cat tpuXaxtxwv xal
ol äW.oi -pa[Y]|j.ax'.xol Tcavie; xal ai axoXou^oOaac öuva|i.£'.c xal
•;^ XoiTi'?] OTtTjpeata ävayxäl^ouat i^iia? Tiapouafa? aü-coög Tco'.ela&a:
OÜy_ Ixovtas.') Von Beiträgen für die Tiapouat'a spricht ferner
Petr. Pap. (II) XXXIX e 18 (III. Jahrh. vor Chr.). Nachdem dort
die Klranzspende, der axecpavoi; (vgl. § 118), für das erste Jahr des
Königs aufgeführt ist, heisst es weiter nach Mahaffy's Lesung:
aXXouTtapouaiaa? tß (seil. Artaben). Ich habe bereits in den Gott.
Gel. Anz. 1895 S. 160 vorgeschlagen, statt des mir unverständlichen
aXXou~apo'jaia; vielmehr äXXo'j (seil, axe^avou) Tiapo'joia? zu lesen
und es zu deuten : ferner „für einen anderen Kranz, der anlässlich
der Anwesenheit des Königs geschenkt wurde". Ich halte auch
jetzt diese Interpretation aufrecht, wiewohl soeben der Versuch ge-
macht ist, jenes Compositum zu retten. Stan. Witkowski schreibt in
seinem „Prodromus grammaticae papyrorum graecarum aetatis Lagi-
ilarum" (Krakau 1897) S. 5G: „in iuxtaposUa quae dicitur voce f;
yjj.o'jr.xpooala ocurr'd idem genetlms loci äXXou, quem habemus in
jinp. Taiir. 1 1, 26 xaTayvovTEi; Im xwv (wohl verdruckt für twi)
aXXo'j TYjv xaTo:xtav £X^'^ 1^^-" ■'^'•^ Beispiel für ein Compositum
mit diesem localen aXXou wird nicht gebracht. Aber selbst ange-
nommen, die Composition wäre möglich, was soll hier, wo lediglich
der Name einer Steuer oder eines Steuerobjectes stehen kann, „der
Aufenthalt an einem anderen Ort"? Gerade dieser Versuch, Mahaffy's
Lesung, die er selbst mit einem Fragezeichen versehen hatte, zu
halten, zeigt, dass sie unhaltbar ist. Pap. Grenf. (II) XlVb
(III. Jahrh. v. Chr.) handelt von den Lieferungen für die Tiapouata
eines ototxr^Trjg (vgl. unten § 192 und 193). In der Kaiserzeit
wurde, um den Missbräuchen zu steuern, vom Präfecten Maximus
i Manius Maximus aus Augustus' Zeit?) durch Edict genau geregelt,
was und wie viel für die durchziehenden Truppen zu leisten war.
Dies erhellt aus dem Edict des Cu. Vergilius Capito-) Z. 'Idi:
0-ox£i'n£vov [5]£ |ir]5lva [iy^oev npaxxEiv l^w xwv U7iö Maföjiou
1) CIGr III 4896.
-) CIGr III 4956.
18*
27 G rv. KAPITEL.
axxö'lvtwv. Dasselbe Edict lehrt aber, dass trotz dieser Verfügung
bald wieder Ueberschreitimgen vorgekommen waren. Gegen diese
wendet sich eben das Edict des Capito vom Jahre 49 nach Chr.
Von einem Besuch, den der Statthalter Aegyptens Avillius
Flaccus, derselbe, dessen Zerrbild uns der Jude Philo hinterlassen
hat, im J. 33 n. Chr. in Theben abstattete, berichtet unser Ostrakon
1372. Die richtige Deutung dieser Urkunde verdanke ich Mommsen.
Der Text, wie ich ihn im II. Buch 8. 366 auf Grund meiner
Kevision vom Jahre 1895 gedruckt habe, fuhrt zu unlösbaren
Schwierigkeiten. Mommsen beseitigte sie, indem er vorschlug, IXaße?
in IXaߣ(v) zu ändern. Die Kichtigkeit dieser Conjectur ergab mir
meine Copie vom Jahre 1886, und hier gebe ich der älteren Copie
um so eher den Vorzug, als das Ostrakon seit 1886 durch die
Salzkrystalle sehr stark gelitten hat. Damals hatte ich eXaßs;
gelesen, nicht sXaßes . Was Mommsen verlangte, hat also der
Schreiber selbst gethan, indem er sXaßes nachträglich zu eXaßsv
verändert hat (vgl. Corrigenda). Nun ist alles klar: „ich habe von
Dir so und so viel Drachmen erhalten für den Preis einer Artabe
AVeizen für den Thesauros, den der Statthalter Flaccus für seinen
Besuch empfangen hat."
Von einer TcapouoEa zric, ßaatXtaoTjs handelt die Rechnung
Nr. 1481, aus dem 11. Jahrh. vor Chr.
§ 91. IlevTYjxoan^ (l^aYwy^e).
Für Syene belegt durch Nr. 43, 150, für Hermonthis duich
801, 806, alle aus der Kaiserzeit, Vgl. Ostr. Louvre 7292.1)
Dass an den Grenzen Aegyptens Einfuhr- und Ausfuhrzölle er-
hoben wurden, ist bekannt genügt) und ist auch selbstverständlich.
') Durch ein Versehen ist diese Nummer nicht in meine Sammlung auf-
genommen. Sie lautet nach meiner Copie von 188G/7:
[ ? ] tay |iv]vös 'ASptavoO ^
[ ] V bizip iioLyimyfiz) Ttupoü dptaßöiv
[äxajiöv TtEVTTjXovxa övdii(axog)
[2apa]jii(flvo; üax///////
5 [xal] (fiaxoö -r- /////////a
In 2 kann auch i^a.yitäyt.v.oü') gelesen worden. Das Ostrakon stammt wolil
aus dem Ende des II. Jahrhunderts n. Chr.
•-) Vgl. Lumbroso, Eech. S. 312. Marquardt, llStV IP S. 274 ff.
§90 — 91. 277
Wir wissen ferner aus Agatharchidcs (in Phot. Bibl. p. 447'* ed.
Bekker) und Strabo XYII p. 8V'>, dass im mittclaegyptischen Her-
mupolis Durchfuhrzölle von denjenigen Waren erhoben wurden, die
aus der Thebais stromabwärts gingen. In unseren Ostraka handelt
es sich, wofern ich sie recht verstehe, wiiUt um jene Grenzzölle
noch um diese Binneudurchgaugszölle, vielmehr um Ausfuhrzölle,
die in den (inländischen) Häfen Aegjptens von denjenigen zu zahlen
waren, die nach auswärts, d. h. wohl über die Grenzen der Stadt
hinaus, Waren exportirten. Betrachten wir die einzelnen Fälle.
In Syene wird der Zoll erhoben von den leXwvai TievTYjxoaf^;
oder n£VTT;xoa(Tiovat) Xi(\iiyo(;) Soigvr^i;. Die Lesung Xö hatte Birch
(zu Nr. 150, die ich nicht im Original gesehen habe) als „obscure"
bezeichnet, doch wird sie durch die Schriftspureu in Nr. 43 gestützt.
Die Zöllner bezeichnen sich also als Pächter der nevcTjxoaxi^ des
Hafens von Syene. '^) Sie quittiren den Empfang des xIXoj wv
i^-q-^x'^tq xoucptöv XaYUVwv x. Es handelt sich in beiden Fällen um
die Besteuerung des Exportes von Kufen 2), deren Inhalt nach der
Zahl der Flaschen (Xayuvot), die sie enthalten, bestimmt ist. Der
Stoff ist nicht genannt, doch handelt es sich vermutlich um Wein.
Der Zoll beträgt -^ vom Wert der exportirten Waaren. Der Zoll-
betrag ist nicht angegeben. Vermutlich ist er in Geld, nicht in
natura gezahlt.
In den anderen Fällen handelt es sich um Ausfuhr von Weizen
und Linsen aus Hermonthis. Die Zöllner nennen sich in 801
und 806 xeXövat v (=7i£VXY]xoaTyi?) 'Ep[iwv&(cxou).^) In 801 hat
ein römischer Veteran dafiir, dass er 150 Artaben Weizen und
8 Artaben Linsen exportirt (s^aytov, vgl. Corrigenda), -^ vom
Wert der Ausfuhr zu entrichten. Dass er es in Geld, nicht in
natura zahlt, macht die Anwendung des Wortes xeXelv sehr wahr-
scheinlich.
Da in Hermonthis ebenso wie in Syene der Zoll j^j beträgt,
ist anzunehmen, dass in allen Häfen derselbe Satz bestanden hat.*)
') Das svöp(ilov von Syene hat hiermit nichts zu thun. Vgl. t; 89.
2) Vgl. Kap. X.
') Ich löse hier 'Epti(Ov9-(txou) und nicht 'Ep(iräv9-(=ü){i auf nach Analogie
von Nr. 1569.
*) Ueber die nEvTrjxoaxii als Einfuhr- und Ausfuhrzoll im attischen Reiche
vgl. Boeckh, Staatshaush. P S. 382 f.
278 rr. kapitel.
Hätten wir uur die Beispiele aus Syene, so würde man viel-
leicht die 7:evTr)xoan^ für den aegj'ptischen Grenzzoll halten. Doch
die hermonthitischen Texte belehren uns eines besseren. Auch
weiss ich nicht, ob überhaupt damals in Svene ein Grenzzoll gegen
ICuhic'ii erliobcn werden konnte, da doch auch der südlich angrenzende
Diidckaschoinos römisches Gebiet war. Bei unserer Auffassung bleibt
nur noch fraglich, wo die Zollgrenze anzusetzen ist. Auch wenn
wir in 801 und 806 nach 15(39 'Ep|iwv^( Etou) und nicht 'Epfiuv-
8-i Eto;") auflösen , folgt daraus keineswegs, dass etwa die Gaugrenze
die Zollgrenze gewesen, denn es besagt nur, dass diese Pächter die
Abgabe des ganzen Gaues gepachtet hatten. Die Bezeichnung der
Pächter von Syene als TEXwvai tc. Xtfulvoj) 'ZorjVTjC. sjjricht viel-
mehr dafür, dass die Stadtgrenze oder noch genauer die Hafengrenze
die Zollgrenze war, für deren Ueberschreitung der Zoll zu entrichten
war. Diese Annahme findet ihre Bestätigung durch die in § 151
behandelten Urkunden, die uns zeigen werden, dass auch für die
auf dem Landwege esportirten Waren beim Verlassen der einzelnen
Stadt oder des einzelnen Dorfes ein Zoll, ein Thorgeld, zu entrichten
war. Ich halte es hiernach für wahrscheinlich, dass auch in solchen
Fällen, wo innerhalb des Gaues von einer Ortschaft zur anderen
exportirt wurde, dieser Ausfuhrzoll erhoben wurde. Dass es einen
ganz entsprechenden Einfuhrzoll gegeben hat, zeigt der nächste
Paragraph.
§ 92. IIsvxyjxoaTi^ (Efgaytoy^e) .
Für Theben belegt durch Nr. 1569, vom J. 119 n. Chr.
Die Zöllner, die sieh xsXiovat v (=7i£VT7jxoaT'^g) üepl ©(i^ßa;)
nennen, quittiren über den Empfang des tIXo? Ejaytöyfig etg t£5([i'?jv)
Txy I. "Wenn die Lesung x^' richtig ist, würde das bedeuten, dass
die Zollzahler Waren im Werte von 3 Tal. 5000 Dr. eingeführt
haben und dafür nun r^ (das wäre 460 Dr.) zu zahlen haben.
Es ist wohl kein Zweifel, dass dieser zweiprocentige Einfiihrzoll in
jeder Hinsicht das Pendant zu dem im vorigen Paragraphen be-
handelten Ausfidirzoll ist. Das dort Gesagte gilt auch hier.
Combinirt man diese neuen Daten mit den oben angeführten
schon bekannten Nachrichten, so ergiebt sich, dass der Warenverkehr
innerhalb Aegyptens ausserordentlich mit Zöllen belastet war. Wenn
man z. B. von Theben aus Waren nach Arsinoe importiren wollte,
§91 — 94. 279
so zahlte man zunächst in Theben einen lokalen Ausfuhrzoll von 2%,
darauf bei der Hemiopolitisehen Zollstation, die man zu passiren
hatte, einen Durchgangszoll, dessen Höhe nicht bekannt ist, end-
lieh in Arsinoe einen lokalen Einfuhrzoll vdii wiederum 2"!„. Brachte
man aber gar Waren aus Indien nach Arsinoe, so hatte man
ausser dem Hermopolitischen Dnrchgangszoll und dem Arsinoitischen
Einfiihrzoll vorher in dem Hafen am Roten Meer, in dem man
gelandet war, eine xsiapTYj, also ^ö^/g vom Wert der Waren zu
zahlen (vgl. § 205).
IIsvTyyXoat:^] wvt'wv.
Vgl. unten § 138.
§ 93. TpixTj Tüsptaxspwvtov.
Für Theben belegt durch Nr. 1228 (ptol. Zeit). Vgl. 1362.
nspiaxepwv bedeutet „Taubenschlag, Taubenhaus". Wenn
Pap. Grenf. (Ij XXI 11 einen i])^^ tokov e!^ [Ttjep'.axspwva
äT^oSeSetyiiEVOV nennt, so lässt das wohl darauf sehliessen, dass
solche Taubenhäuser eventuell einen grösseren Raum einnehmen
konnten. Die xpivf] UEpiaTepwvwv ist also eine Abgabe, die in
einem Drittel vom Ertrage solcher Taubenhäuser besteht.
Der Text von 1228 bietet eine Schwierigkeit. Wollte man xoO
nXaxwvo; von xoü Jliwpioc, abhängen lassen, so würde der Gross-
vater des Alexandros genannt sein, was mehr als unwahrscheinlich
ist, auch würde der Genetiv Txeptaxepwvos nach dem vorhergehenden
f Tteptaxepwvwv unverständlich sein. Wir werden daher xoO IlXaxwvos
TZsp'.OTZp&yoq zu verbinden haben und müssen darin die spezielle
Veranlassung der Zahlung erblicken, mit anderen Worten, Piaton
muss der Steuerzahler sein. Also zahlen die Pächter dieser Steuer,
denen hier quittirt wird, die 800 Kupferdrachmen speziell für das
Taubenhaus des Piaton. In einem soeben in Berlin erworbenen
Ostrakou, P. 8622, zahlen zwei Frauen für dieselbe Abgabe
1475 Kupferdrachmen.
§ 94. TikoC, TCOV TXSXStVÖJV.
Für Theben belegt durch Nr. 1523 (II. Jahrh. vor Chr.).
Diese Geflügelsteuer ist eine Vermögenssteuer, die auf den
Besitzern von Geflügel lastet. jMeine Vermutung, dass in 1026, 3
icexTjvwv zu lesen sei, hat sich am Original nicht bestätigt.
280 IV. KAPITEL.
§95. TTisp TCXsovaofJiou.
In 777 (a. 86 n. Chr.) quittirt der Verwalter eines Grund-
besitzers einem gewissen W£V[iCüv^rji;, 1^ Artaben Weizen Smo Xoyou
T:X£ovaa|xo'j erhaltcu zu haben. Wir haben hier keine öffentliche,
sondern eine private Leistung vor uns, denn der Zusanimeuhang legt
den Gedanken nahe, dass Wevjiwvit-rjs der Pächter des Grund-
besitzers ist (vgl. z. B. 898). nXeovxaiioi; mag den Ueberschuss
bezeichnen, der über den im Pachtcontract vorausgesehenen Ernte-
ertrag erzielt ist. Vgl. Rev. Pap. 57, 13. So mag diese Zahlung
einen Zuschlag zum äxtpopcov bedeuten.
§ 96. Ttop TCAiv^(. . .).
Für Theben belegt durch Nr. 512, 572, 592, 1421, alle aus
dem II. Jahrh. n. Chr.
Die Abgabe unsp tcAiv wLrd von den duattriTat [ispicfioO
TtX'.v erhoben. In 1421 scheint die Abgabe pro Arure berechnet
zu sein. Vgl. wj xi]^ \r- so und so viel. Wie diese Abgabe auf-
zufassen ist, bleibt völlig unklar. Ich will nur daran erinnern,
dass wir oben S. 103 Spreulieferungen eIc tc/'u tvfl'oXxt'ccv) kennen
lernten. Es gab also kaiserliche Ziegeleien. Vielleicht handelt es
sich auch hier um Leistungen für diese Ziegeleien. Die Abgabe
wird regelmässig in Kupfer gezahlt.
§ 97. 'Yiikp 7i\oio\) TTpETCOpiOU.
In Nr. 293 (Ende des II. Jahrh. n. Chr.) wird neben den
7io-:a|xo9uXaxt5e$ und der axaxiwv das nXoöov Tzptz&piov als Steuer-
object genannt. Damit kann, wie schon Fröhneri) ge.«agt hat, wohl
nur ein Scliifl' im Dienst des Statthalters gemeint sein. Für die
Instandhaltung dieses Schiffes wurden diese Zwangsbeiträge erhoben.
§ 98. TTilp TTOpSUTMV.
Für Theben belegt durch 335, 345, 1351, 1354, 1357, 1504,
1507, 1508, 1517, alle aus dem II. Jahrh. vor Chr.
Der Genetiv uopsuxwv, dessen Lesung zu finden mir nur mit
vieler Mühe schliesslich gelungen ist (vgl. Corrigenda), wird von
') ßev. ArcWol. XII S. 42/3.
§ 95 — 98. 281
einem Nominativ uopeuxi^; abzuleiten sein. Das ist wieder eine der
zahlreichen Vocabelu, die unsere Lexica nicht kennen. Da wir hier
sehr wahrscheinlich die Bezeichnung eines Standes oder Gewerbes
zu erwarten haben, so leite ich das Wort von dem Aktivum Tiopeuetv
in der Bedeutung „überfahren, übersetzen" ab. '0 T^opS'jtfj; ist da-
mit Synonymon von 6 Tiopeu;, was Hcsychios als T:opd-\iB\)i erklärt.
Wir haben es also mit der Gewerbesteuer der „Uebereetzenden", d. h.
der Fährleute zu thun. Vgl. § 197.
Da die angeführten Urkunden sämmtlich Bankquittungen sind,
die an den Steuererheber ausgestellt sind, so ist über die Höhe der
Gewerbesteuer für den einzelnen Fährman nichts zu gewinnen. Doch
sind die angefiihrten Summen für die Beurteilung der Bedeutung
dieser Steuer nicht ohne Interesse. Es ist ein glücklicher Zufall,
dass wir nicht weniger als fünf Quittungen aus einem und demselben
Jahre haben. Der Jude Sambathaios, der die Erhebung dieser Steuer
für das Jahr 144/3 vor Chr. gepachtet hat, hat in diesem Jahre
folgende Summen erhoben und an die Bank gezahlt:
1. 10 Tybi Dr. 867, (im Ganzen) Dr. 1000 (Nr. 1351).
2. 25 Tybi Dr. 867, [ ] (Nr. 1504).
3. 17 Phamenoth Dr. 867, [ ] (Nr. 335).
4. 10 Payni Tal. 1 Dr. 4434, (im Ganzen) Tal. 2 (Nr. 1507).
5. 19 Epiph Dr. 800, (im Ganzen) Dr. 1040 (Nr. 1508).
)iese Tabelle ist nach mehreren Seiton hin von Interesse.
Zunächst^^s^en wir hier einmal deutlich, dass die in den Quittungen
genannten Sthamen auch dann als Ratenzahlung gefasst werden
können resp. müss^a^ wenn auch der Wortlaut der Urkunde es in
keiner Weise indicirt. ^^s heisst überall nur bjzip nopeuTwv toO x.
Itcu;. Dies gilt im Allgemeinen von den Bankquittungen, die an
die Erheber ausgestellt sind. Die Erheber zahlen natürlich immer
in Raten und haben monatliche Abrechnung mit der Bank. Die
Tabelle ist zugleich ein Beweis dafiir, dass unsere oben S. 76 gegebene
Erklärung der Marginalsummen die richtige ist: sie sind nicht*
anderes als die Gesammtsummen dessen, was der Trapezit im Laufe
des Monats bis zu dem in der Urkunde genannten Datum von dem
betreffenden Steuererheber erhalten hat. Dass die Surnmiruug nicht
auf das Jahr geht, sondern auf den Jlonat, ergiebt deutlich die
Vergleichung von Nr, 1508 mit 1507. Die Marginalsumme ist
282 IV. KAPITEL.
hier im Epiph kleinor als im vorhergehenden Monat Payni. Ich
weise aber darauf hin, dass wir in § 83 eine Ausnahme hien'on
constatirt haben.
Trotz des verhältnismässig grossen Materials lässt sich nicht
berechnen, zu welchem Preise die Steuer pro Jahr verpachtet
war. Wir müssen bedenken, dass, wie der Steuerzahler in freien
Raten zahlte, so in Folge dessen auch der Steuerpächter die fiillige
Summe in entsprechenden Raten an die Bank weiter zahlte. Wenn also
Sambathaios bereits am 10. Pa^'ni (also im Laufe der ersten zehn
Tage des Payni) laut Marginalbemerkung zwei Talente abgeliefert hat,
so folgt daraus nicht, dass etwa monatlich mindestens zwei Talente
abzuliefern waren, mit anderen Worten, dass die Steuer für mindes-
tens 24 Talente pro Jahr vergeben war, sondern die Normalhöhe
des Monatsbetrages kann eine kleinere gewesen sein, ebensogut wie
eine grössere. Der Steuerpächter kann in diesem Monat factisch
mehr als die Normalsumme gezahlt haben, ebensogut, wie er in
anderen Monaten weniger zahlt. Da er am 29. Hathyr z. B. laut
Marginalbemerkung erst 1000 Drachmen gezahlt hat, wird er in
diesem jNIonat sehr wahrscheinlich weit unter der Normalhöhe ge-
blieben sein, wenn er auch noch am 30. Nachträge geliefert
haben sollte.
■ Merkwürdig ist, dass Sambathaios vier Mal eine Rate von
867 Drachmen zahlt (335, 1351, 1354, 1504), davon zwei in
einem und demselben Monat.
§ 99. 'r~£p 7toxa[jioi^uXaxß(ov.
Für Syene-Elephantine belegt durch Nr. 48, 87, 89—92, 104,
108, 112,' 120, 122, 124, 127, 131, 132, 134, 139, 142, 143,
145 — 147, 162, 169, 287, 293, 1274, 1573, für Theben durch
Nr. 439, 440, 507, 1241, 1408, 1413, alle aus dem I/II. Jahrh.
nach Chr.
Die Texte bieten meist -OTaiiOcpu^ oder eine andere Abkürzung,
die uns über die Wortform im Unklaren lässt. 'Ausgeschrieben finden
sich folgende Formen : [7iOTa[io]9uXax£[5o]; in 48, was in 104 zu
7to-a[ic-^u/.(a)x[Sou verschrieben ist. Der Plural findet sich in 293:
7:oxa|i.o:y'jXaxiSwv, und merkwürdig verschrieben in 134: 71ot«[iov-
tf'jÄaxtoe; (für uoTa|i(i)V 9.?). In Theben findet sich statt dessen
§ 98. FÄHRMANNSTEUER. § 99. DIE KLUS!<\VAt'HE. 283
einmal ttotäiiöv cpuXaxf](;), in 440. Für letzteres sagt eine latei-
nische Inschrift (Henzcn ()928 = CIL II IUTO) potamophylackt. Die
Bedeutung ist klar. 'H TiOTa[iocpu?.ax£;, ein AVort, das unsere
Lexica nicht kennen, bedeutet „Flusswaehtschiff' (seil, vaö?), und
polamoph/hicia die Flusswache. Bemerkenswci-t ist der Plural Tioxaiißv
in dem thebauischen Ostrakon. Danach wurde nicht nur auf
dem Nil, sondern auch auf seinen Arnuii luid Kanälen AVache
gehalten.
Die Einrichtung dieser Flusswache ist bekannt genug. Ich
verweise im Allgemeinen auf die Ausführungen von Lumbroso
(L' Egitto 2. Aufl. S. 29 f.). Für die Ptolemiierzeit sind die Wacht-
schiffe auf dem Nil durch Pap. Paris. (53 I 22 bezeugt: „twv änl
Twv ^uXaxiowv [xsxjayulvwv vaux?.rjpo[ia)(t|jiü)v" (II. Jahrh. vor Chr.).
Der Text ergiebt zugleich, dass diese Schiffsbemannungen sieh teils
in Alexandrien (vgl. Z. 20: oc TiapE^eopeuovTs; iv 'AXe^avSpsta-.),
teils in den Gauen befanden. Vgl. Z. 24: „to'j[;] Tiap' aOxwv äizo-
leXBi\i\ibjouq (so las ich am Original statt TioXt\iiri\iiyo\)<;,) era twv
TÖ^wv", wo unter den totiol die Toparchien der Gaue zu verstehen
sind. Für die K.aiserzeit bezeugen unsere Ostraka dieselbe Einrichtung,
und zwar von Vespasian bis Antoninus Pius. Die eben erwähnte latei-
nische Inschrift i) fallt in die Zeit Hadrians (vgl. Hirschfeld R. V.
S. 127). Auch Josephus bestätigt diese Einrichtung, indem er erzählt,
dass, wie die Ptolemäer, so auch die Kaiser den alexandrinischen
Juden die Flusswache (ßuminis cmtodiarn) -) anvertraut hätten. Es
bleibt mir freilich zweifelhaft, ob unter dieser den Juden anvertrauten
custodia die militärische Leitung und Bemannung der WachtschifTe
zu verstehen ist. Man denkt unwillkürlich an die kurz vorher
(§ 44) von demselben Josephus (vgl. Aristeas) aufgestellte Be-
hauptung, dass Ptolemaios I. die Castelle Aegyptens den Juden
zur Bewachung anvertraut habe ! Die Flusswache war aber, wie
Lumbroso richtig hervorhebt, nicht nur da, um die Ordnung auf-
recht zu erhalten und den Handel und Wandel auf den Wasserwegen
^) CIL II 1970: i. Valerio L. f. Qitii: Proculo .... praef. classw
Alexandrin. et potmnophylaciae.
') Joseph, c. Apion. II 5 §64: Maximam vero eis (Judaeis in Alexandria
commorantibus) fidem olim a regibus datam conservaverunt (imperatores), id est
ßuminw custodiam totixisque custodiae ncquaquam, his rebns indignns esse indi-
cantes. Was soll totiusgue custodiae'
284 IV. KAPITEL.
ZU beschützen,') sondern auch um die ordnungsgemässe Eintreibung
der auf den Wasserstrassen fälligen Zölle und Abgaben zu control-
liren, resp. durchzuführen. Hierzu wird man Juden verwendet
haben, die ja schon in der Ptolemäerzeit eine besondere Veranlagung
zu solchen Geldgeschäften documentirten.-) Ob freilich sie allein
zugelassen wurden, wie Josephus glauben machen will, lasse ich
dahingestellt. — Ich denke mir, dass bei den Standquartieren der
Flusswache sich Zollbuden befanden, in denen diese Geschäfte ab-
gewickelt wurden. Vgl. Strabo XVII p. 813: „'E^f;^ 5' ^axlv 'Ep[io-
TioXtttxYj (puXaxT^, xsXü)vc6v xt tüv ex zfiq 0r/ßatSo; xaxatpepo-
lilvwv. Auf die äussere Anlage dieser Stationen wirft die Bezeichnung
axsSta Licht, die abwechselnd neben tpuXaxrj begegnet.^) Es sei
hier auch darauf hingewiesen, dass in unseren Quittungen über
7COxa(io<puXaxioe5 manchmal daneben auch die oTaxöcüv derselben
erwähnt wird. Vgl. § HG.
Unsere Ostraka lehren uns nun, dass für die Instandhaltung
dieser Flusswache eine Abgabe von den Unterthanen erhoben wurde,
denn so werden wir mit Fröhner (Rev. Archeol. XII S. 42) diese
Quittungen zu deuten haben. Meistens wird quittirt uTtIp [i£pLa|JioO
itO"ano;puXaxtSo;, womit über die Bedeutung der Zahlung nichts
ausgesagt ist. Einmal heisst es ÖTiep ö'jitdviou TiOxa[iO<yuXaxtSo?
(104), und in vier Quittungen, die alle aus dem J. 1 13/4 stammen,
heisst es bukp |iia&oO -oxaiio^uXaxiSos (89 — 92). Die letzteren Aus-
drücke weisen darauf hin, dass die Abgabe auch für die Verpflegung und
Besoldung der Mannschaften auf den WachtschiiTen verwendet wurde.
Vergleicht man die gezahlten Summen, so fallt auf, dass die
Beträge für ein und dasselbe Jahr meist gleich hoch sind. So zahlen
') lieber die Bewachung des alexandriuischen Hafens giebt Strabo II p.
101 interessante Auskünfte: ä'/X" 0'J5' äjov t;v äv£u TipooiaYiiaxos l? 'AXsaav-
Sps;«; äväYEa9-a'., y.ac laOia vsvco^iotiev(p ßaatXr/.ä x^'^iV-"^'^^ (ä<^'l- Eudoxosj.
O'JSe ys XaS'stv sxuXsOaoevca eyeüx^io, Tooaüx^ ifpoup? x£y.?.si.a|j.£vou toS ?.i|i4vos
xai TÖJv äXXiüv sJöSiuv, öarj-j xal vOv Ixi 5ta(Jiävouaav l'[ttü\s.f^ fKiEls ein5ir]|xoDvi£S
x^ 'AXsJaväpstqc noXuv xp^vov, vloclxoi xä vSv TtoXu ävctxa'., 'Pwiiaimv e'XO'ixioy
al ßaa'.X'.y.ai 3e cppoupai ito?.'!) f|aav Tc.npoxepat. Man durfte also aus Alexandrien
nicht ohne spezielles 7ipd;xaY|ia, niclit ohne Pass in See stechen.
''] Zahlreiche Juden unter den thebanischen Steuerpächtern des II. Jahrh.
vor Chr., vgl. Kap. VI. Ein Jude auch an der Spitze der 6p|iocpuXax{a in
Syene. Vgl. § 89.
*) Vgl. Agatharchid. bei Pliot. p. 447 b ed. Bekker. Dazu Henzen C928.
§99—101. 285
fiir 75/6 zwei Leute je 4 Obolen (439, 440), fiir 124/5 zwei Leute
je 10 Obolen (131, 132), für 128/9 zwei Leute je 1 Drachme 4 Obolen
(145, 146). In 1573 (für dasselbe Jahr) ist die Summe nicht
erkennbar, doch Vater und Sohn zahlen dasselbe ('iy.xaxO(; . .). Fiir
1 1 3/4 zahlen zwei Leute je 6 Drachmen 5 Obolen (89 , 91), einer
nur 5 Drachmen 3 Obolen. Letzeres kann Rate sein. Auch in dem
soeben in Berlin erworbenen Ostrakon P. 8620 zahlen zwei Leute
für das Jahr 119/20 je 1 Drachme 5 Obolen. Daraus scheint
sich zu ergeben, dass der Betrag alljährlich festgesetzt wurde, und
zwar pro Kopf in gleicher Höhe. Dass auch fiir diesen kopfsteuer-
artig aufgelegten Zwangsbeitrag die Bezeichnung [itpia[i6i so häufig
wiederkehrt, stützt unsere Ausführungen in § 75.
§ 100. Mepio[ic/$ TipaxToptou.
Das Tipaxxcpiov ist das Bureau der Tipxxxope?, der Steuer-
erheber. Aus dem Edict des Tib. Julius Alexander wissen wir, dass
im Praktorion diejenigen gefangen gehalten wurden, die der kaiser-
lichen Kasse verschuldet waren. Vgl. CIGr. III 4957, Z. 17 f:
|j.Yj5' SXü)s v.a(.ioi.xlzUad-o!,i iivac, iXe\)d-ipoDi; . . . zlc, xo TzpocKiäpziow
e^w "cöjv ö^EiXövTWV etg xöv xup'.axiv Xö^(OV. Es war also zugleich
ein Gefängnis für die Steuerschuldner. Um so bitterer mag es die
Bevölkerung empfunden haben, dass sie zur Herrichtung oder In-
standhaltung dieser Schuldgefängnisse aus ihrer Tasche beizutragen
gezwungen wurde. In Nr. 517 (Theben, a. 118) werden für diesen
Zweck 3| Obolen von den Sm(X'.z{r{zaC) (Jt.£p:a[i(oO) upaxxtopfou (sie)
erhoben. Auch dieser Zwangsbeitrag wird kopfsteuerartig aufgelegt
sein (vgl. [lepiafio?).
§ 101. Msptofiös Tipsaiifcu.
In 621 (Theben, a. 145 n. Chr.) quittiren die dTratxvjxai (lepta-
[loO 7ip£atoE(ou). Ich lasse dahingestellt, ob man praesidium hier
im Sinne von Besatzung oder von Lager, Schanze oder dgl. fassen
soll. Jedenfalls scheint hier eine Abgabe vorzuliegen, die mit der
militärischen Besatzung des Ortes in irgend welcher Beziehung steht.
Auch sie wird kopfsteuerartig aufgelegt sein.
286 IV. KAPITEL.
I
§ 102. Ttisp TipoßaTcov.
In 1369 (Theben, vom J. 10 u. Chr.) wird für den Monat
Choiak eine Abgabe für 15 Schafe gezahlt. Der Betrag ist nicht
angegeben. Diese Steuer, die von den Schafbesitzern erhoben wird,
ist als Vermögenssteuer aufzufassen. Um die Besteuerung der Schafe
zu ermöglichen, mussteu die Herdenbesitzer alljährlich eine anoypa-^i^
eim-eichen (vgl. Kap. Y). Speziell über den Besitz an Schafen handeln
BGU 133 und ein Wiener Papyrus bei Hartel, Griech. Pap. Erzh.
Rain. S. 74.*) In den Faijümer Pap3'ri begegnet die Schafsteuer
unter dem Namen (pöpog TtpojBaxwv mehrfach. Vgl. BGU 41, 12;
63, 6; 199, 16; 292, 3. Es sei hervorgehoben, dass die Erhebung
dieser Schafsteuer (ebenso wohl der verwandten Viehsteuern) in
besonderer Weise der Oberaufsicht des Strategen überwiesen gewesen
zu sein scheint. In dem noch unpublicirten Berliner Papyrus
P. 1394 findet sich bei tföpou -poßäxwv — und nur hier — der
Zusatz Ö71Ö (ppov[Ttoa axpaxYjYoö].-) Bemerkenswert ist auch, dass
nach dem Pap. Lond. CCLV der Ertrag des cpopo? TipojSaxwv nicht
wie der der Biersteuer (^uxrjpä) an die Sr;jjioata xpaTie!^«, sondern
zlc. X7;V ^Trl xoüxots xpa7ie^a(v) abgeführt wird, also an ein spe-
zielles Ressort.
Auch iu 244 (Svene) handelt es sich um Besteuerung von
Schafen. Hier ist vor TipojSaxwv fi'eilich eine Lücke, die noch ihrer
Füllung harrt. Vielleicht Hesse sich hier [ü7i(£p) vo[i]ö)v ergänzen.
Dann würde es sich vielmehr um Weidegeld handeln. Vgl. § 40
und 82.
') In dem Berliner Text erklärt der Declaraut, dass von KU updßaxa,
6 alyss und 10 äpvs; des vorigen Jahres 14 Ttpöpaxa zu Grunde gegangen seien,
sodass er nur noch 100 anzeige. Die Rechnung ist sehr einfach, wenn man,
wie Mommsen vorgeschlagen hatte, die 10 Lämmer des vorigen Jahres still-
schweigend als Schafe dieses Jahres mitzählt. Die 6 Ziegen wird er in einem
besonderen uns verloren gegangenen Satze — die Urkupde ist unvollständig —
angezeigt haben. Es ist mir nicht klar geworden, wie Hartel a. a. O. zu
115 Stück kommt, die übrig geblieben seien. Vielleicht liegt hier ein Druck-
fehler vor. Ilpößaxov aber, wie er will, als „Kleinvieh" zu nehmen, verbietet
sich dadurch, dass derselbe Text die «1^2? von den Tipößata unterscheidet.
*) Ergänzt nach P. 1397.
§ 102. DIE SCnAFSTEÜER. — § 103. ZUSCHLAG!:. 287
§ 103. Ta Tcj:o?ctaYpacp6|ji£va.
Es wird kaum nötig sein, alle die Nummern zu citiren, in
denen für xä ■!ipQgCiia-(pOi^ö[izv(x. gezahlt wird. Ueber das Auftreten
dieser Zahlungen in unr^eren Ostraka habe ich Folsrendcs beobaelitet:
1) Sie fehlen regelmässig in den i briefartigen ) Quittungen, die
die Erheber den Zahlern ausstellen, und kommen nur in den Bank-
quittungen vor.
2) Sie fehlen ( bisher) regelmässig in den Texten der Ttolemäer-
zeit und begegnen nur in denen der Kaiserzeit. Am Ende des II.
und im III. Jahrh. nach Chr. werden sie nicht erwähnt.
3) Sie fehlen in Syene-Elephantine und begegnen in Theben,
aber nicht regelmässig. Fast immer werden sie in den Quittungen
aus Xäpa^, 'ßsyi und 'Ay'' ß erwähnt, dagegen fehlen sie mit einer
Ausnahme (489) in denen aus Nötgc xal A['|).
Ich füge hinzu, dass sie auch in den Quittungen aus dem Faijüm
vorkommen, und zwar in Urkunden, die nach meiner Auffassung
wiederum Bankquittungen sind. Vgl. BGU 99, 219, 337, 342.
Vgl. auch Pap. Grenf (II) XLI, 10; XL VIII; LH. Auch für
Panopolis sind sie bezeugt. Vgl. Hermes XXIII S. 593.
So viel über das Vorkommen der TiposScaypacpöiJiEva. Was
liaben wir uns nun darunter vorzustellen? AiaypätfSiv heisst „zahlen".
Also ist xä 7:pocScaypa'^6jJ.£va das, was zu etwas anderem hiuzu-
üt'zahlt wird. Vgl. auch Pap. Paris. 62 V .'i. In der That begegnet
~.i 3rpo;5 niemals selbstständig, sondern immer im Anschluss an eine
vorhergehende Zahlung (vgl. xd xoüxwv Tipogotaypacpofieva). Ich habe
schon im Rhein. Jahrb. LXXXVI S. 249 die Deutung vorgeschlagen,
dass mau an Schreibgebühren oder Aehnliches zu denken habe. Diese
Auffassung wird jetzt durch die Faijümer Urkunden bestätigt. In
BGU 99 steht: xal x« 7ip[o;]5ua-j'pa^ö[ji£va) au\).pöX{o'j) oder auji-
ßoX(cxa), „das, was hinzugezahlt wird für die Quittung", i) wo mit dem
aij|i.,joXov eben die vorliegende Quittung gemeint ist. Ich verweise auf
Revenue-Pap. 20, 14 fi': ["Oax Sä ajuyypä^ovxai ot otxovö|i.Gi xxX . . .,
[irj 7cpxaa£a\)-waav ot ■7ipay[ia[x£i)6[ievot] Ix xwv O'jyypa^fiöv (irjSe
twv a'jjißöXwv [i[r^S£v]. Es wird hier den Oekonomen und anderen
') Zu aü|ißoXov als Quittung vgl. Aetenstütke aus der kgl. Bauk r. Theben
V, VI, VII.
288 IV- K.U'ITEL.
köuitrlielien Beamten ausdrücklich verboten, für die Contracte und
Quittungen, die sie iu den näher bezeichneten, aber durch eine
lyüeke uns unverständlichen Angelegenheiten ausstellen, eine Gebühr
zu erheben. Wenn Philadelphos es für diesen speziellen Fall verr
bietet, muss es sonst üblich gewesen sein. Wir würden aber xä
TiposStaypsccpoiiEva zu eng fassen, wenn wir es nur auf die Quittungs-
gebühren beschränken wollten. Es muss' ein weiterer Begriff gewesen
sein, der auch andere Bureaugebühren in sich schloss. Denn iu
Pap. Grenf. (II) XLI, 10 werden xä TcposStaypacf &|i,£va und xd aujjißo-
?,cxä neben einander genannt. Der Text lehrt zugleich, dass der
Steuerpächter schon in seinem Pachtangebot der Regierung eine
bestimmte Summe für diese beiden Posten in Aussicht stellte. Auf-
fällig bleibt nur, dass wir keine Quittungen haben, in denen der
Pächter den Empfang dieser •7xpoi;S[aYp«<p6|i,£va vom Steuerzahler
bezeugt. Und doch hat er das Geld von der Bevölkerung erhoben,
wie ja auch die Baukc^uittungen besagen. Weshalb uns diese Gebühr
nur in den oben gezeichneten Grenzen, und nicht überall begegnet,
weiss ich nicht zu erklären.
§ 104. Ek ^lp6c,^s\l.0L).
Für Theben belegt durch Nr. 834, 839, 841, 973. Vgl. P. 4229.
npd;'8'(£[ia) bedeutet „Zugabe, Zusatz". In allen Fällen handelt
es sich um Naturallieforungen, teils von Weizen teils von Bohnen
(834,973). Nur in P. 4229 ist adaeratio eingetreten.!) Man fi-agt,
zu welcher anderen Abgabe wird dieses TipösS-ejia hinzugefügt? Die
Antwort dürfen wir wohl dem Pap. Lond. XCIX (ed. Kenyon S. 158 iT.)
entnehmen. In dieser Urkunde aus dem IV. Jahrh. nach Chr., die
Abrechnungen über eingegangene Getreidclieferuugen enthält, werden
durchgehends die Lieferungen für den xavwv und für das 7ip6;^£|Jia
untei-schieden. Der Canon ist nach dem Sprachgebrauch dieser Zeit
die ständige, jährliche Naturalabgabe (vgl. § 175), das Tipo^O'Eiia
also ein Zuschlag zu dieser. So werden wir das npöc,d-z\icx. unserer
Texte (II. Jahrh. n. Chr.) für den Zuschlag der damals üblichen
Naturalabgaben, also vor allem für Grundsteuern und annona, zu
') In dieser Quittung, die nicht in unsere Sammlung aufgenommen ist,
wird gezahlt £i{ 7tpo(j)9-(s|ia) Ti(tir/s) -^-K?) Spaxi[iäs) dxTÖ /' ^ri. Hier wird
nicht Weizen geliefert, sondern der Preis für ^ Artabe Weizen mit 8 Dr. bezahlt.
§103 — 107. 289
betrachten haben. Daher heisst es auch in 839, wie sonst bei den
Gruudsteuerqiiittuugeu, bnkp Y£Vi^((iaTo;) loü otivoq g-cou;. — Die
Erheber, die das Getreide einfordern, ncuuen sich rrpixiopes atTtxyjs,
einmal (973) ÄTiaaYjxyjs xu(a|i(Dv).
Momrascn erinnert mit Recht au die römische mperindidio.
§ 105. Ta Tcpo(;[jL£Tpou[isva.
Dieser Ausdruck besagt auf dem Gebiet der Getreidelieferungen
gewiss das.«elbc, was xa. Trpos5taypa^6|i£voc auf dem der Geldzahlungen
(vgl. § lü3). Er kommt aber sehr viel seltener vor, vgl. 710, 1405
(beide aus der Kaiserzeit). Aelmliche Zuschläge bei Mar<iuardt,
RStV. 112 s. 190 Anm. 4.
§ 106. Tulp Tipoqxi[\i.o\}).
Für Hermonthis und Theben belegt durch Nr. 342, 351,
1232, 1515, alle aus dem II. Jahrhundert v. Chr.
Eine andere Auflösung für 7TpogTt''als 7tp6;xt|jiov dürfte kaum
zu finden sein. Das Wort bezeichnet gewöhnlich das Straf- oder
Bussgeld. Da es sich hier in allen vier Fällen um Zahlungen
an die königliche Bank handelt, werden es Strafgelder sein, die
an den König fielen. Daneben wird die Zahlung von xa xa-S-i^-
xovxa liXt] bezeugt, ohne dass die Höhe derselben angegeben würde.
Bisher war es mir nicht möglich, in 1232 die Gruppe hinter
npogx zu lesen. Ich erkannte nur Tcpo^x ... fffi. Zu den Buss-
geldern vgl. unten § 104.
TTlSp TCpOTOjlCÖV.
Vgl. § 15.
§ 107. TTlSp TTpOUptOU.
In 271 (aus Elephantine) wird quittirt unkp npoupioö (sie)
Tiepl Ootvi" xaXo[u]iJ.£VOV (sie) SavBavxvjv. Die Lesung npoupiou
ist sieher. Fröhner (Rev. Arch. XII S. 33) hat vorgeschlagen, es zu
T:p(a[x)ouptO'j zu vervollständigen, und übersetzt: „pour le navire
pretorien stationnant en Pheuicie (et) appele Sendantexi" '). Ich halte
eine derartige Vervollständigung des Wortes aus palaeographischen
") Wessely (Denkschr. 'Wien. Akad. 1889, S. 184), der Fröhner folgt,
druckt Kpaixouplou ohne Klammern ab, als wenn es so überliefert wäre.
WiLCKEN, Ostraka. 19
290 IV. KAPITEL.
Gründen principiell für unrichtig. Es ist zwar behauptet worden, dass
auch in dieser Weise abgekürzt worden sei, doch sind überzeugende
Beispiele noch uiclit erbracht worden. Man müsste es höchstens
als ein Versehen des Schreibers auffassen. Aber auch das ou
spricht dagegen, da u, schlimmsten Falls o, zu erwarten wäre.
Vgl. izXoiou Tipexiöptou in 293. Ein Wort Tipoüpiov giebt es nun
allerdings nicht. Ich spreche die Vermutung aus, dass Tipoupioo
fiir lypoupiou steht. Solche Vertauschung der Tennis mit der Aspirata
kommt in vulgärer Dialectorthographie vor^). Dann würde die
Abgabe erhoben für ein Castell mit Namen Sandanten(?). Freilich
wäre es nun sehr merkwürdig, wenn ein Bürger von Elephantine
im Jahre 179 n. Chr. für ein phönicisches Castell zahlen sollte. Ist
denn aber die Auflösung <I>o'.vtx(r^v) notwendig? Ich habe in den
Corrigenda \nelmehr die Lesung <I>OLVt7:(G)va) vorgeschlagen, und
denke dabei an einen Ort im unteren Nubien, dem Nachbargebiet
Elephantines (vgl. Kap. ES). Dann hätte man in Elephantine bei-
gesteuert zu der Befestigung des Castells bei Plioiriikon. Dies würde
ganz verständlich sein.
§ 108. Trap Trpo)(( ).
Vgl. G48, 1577.
In 648 werden 20 Drachmen ö-ep Tcpo'^ xoö (autoO) v.^ für
den Monat PajTii gezahlt, in 1577 3 Dr. 3 Ob. uTiep |iep:a|ioO Tipo^'s
In beiden Fällen muss Ttpo'^ eine Abgabe bezeichnen. Ich weiss
keinen befriedigenden Vorschlag zur Erklärung zu macheu. An den
Ortsnamen Upo^^ (vgl. Kap. IX) kann hier nicht gedacht werden.
§ 109. Trap TiiiY^i; Tü'jpoö.
Für Theben belegt durch 359, (3G3, 694, 1325, 1371, 1388,
1391, 1558, 1587. Vgl. 1535.
Es sind Quittungen über Geldzahlungen, die bnkp xtfi'fjg Ttupoö
erfolgen, also Katurallieferungen vertreten sollen. Älit den an-
geführten Worten ist über die Alt der Steuer, für welche die
') Vgl. Pap. Leipz. 4 li. 15 naorfAUm für q:aavjX;ü)v. Pap. Greiif. (I) XLV
4>avE|i'.do); neben nav£|i,£iy,ouj in XLVI, wo dieselbe Person gemeint ist.
BGU 71, 1 9 ff. X'-piVf aiTov, i?6xpai:ov, 'jTiof(,y:no'noi für xs'.föypacfov, i?'.6Ypa?ov,
&:iOYpd90v-05. Vgl. andrerseits BGU 458, 7 ^ftf^^i^tS für tpo?r|Tr/5.
§107 — 110. 291
Zahlung gescliieht, nichts ausgesagt. Wir liaben jedenfalls an solche
Steuern zu denken , die eigentlich in natura zu zahlen waren,
d. h. namentlich an die Grundsteuer und die annona. In § 104
haben wir ein Beispiel solcher adaeratio auch für das np6id-t\iix
ocireben (P. 422il). Dass die Steuer in den obigen Urkunden nicht
genannt wird, haben sie gemein mit den meisten Quittungen über
Katurallieferungen, in denen gleichfalls gewöhnlich nur der Ort,
fiir den die Zahlung erfolgt (br.kp Xapxxo; oder ähnlich), genannt
wird (vgl. § 124). Wie dort wird auch in den obigen Texten
-1 legentlich das Emtejahr angegeben, aus dem der Weizen zu ent-
nehmen war. Wie dort wird auch hier gelegentlich das Ressort
iiiannt, für welches die Lieferung erfolgt. Vgl. OiOtxTQaewg in 350,
1-125. Nach alledem ist wahrscheinlich, dass wir es mit einer
adaeratio der Grundsteuer resp. der annona zu thuu liaben. Wahrend
bei letzterer die adaeratio sehr häufig eintrat (vgl. § 16 und § 87),
scheint sie bei der Grundsteuer nur in Frage zu kommen, wenn
es sich um Nachtragszahluugen handelt. Wenigstens in den vor-
liegenden Fällen sind die Zahlungen, soweit wir diesen Punkt über-
haupt controlliren können, immer Nachtragszahluugen. Vgl. 359,
l.>71, 1388, 1558, 1587, wo überall für die Ernte des verflossenen
Jahres gezahlt wird. Eine sehr verspätete Zahlung liegt in 1325
vor: da wird für das 11. Jahr im 14. Jahr gezahlt. Vgl. S. 215.
In 1535 scheint mir eine adaeratio des Pachtzinses (ex^6p;ov)
vorzuliegen, denn es heisst: Slowxag uuep ou •{s.(ap'{€l<; xXrjpo-j.
Der Grundeigentümer, der xXripoü-/_oc, lässt seinen Pächter ('AXeEav-
5po;) einen Teil (Si.ko) des ihm schuldigen Pachtzinses in Geld an
seine Commilitonen (auvaTpax'.öTa'.)^) zig xö 7:£[p:a?]x£A[ia(?) zahlen.
I § 110. TfiC. TipcÖTY]? S^a[iT;VGU.
In 336 (Theben, vom J. 259/8 v. Chr.) wird die Zahlung
lediglich durch die Worte XYJ? Tipwxr,; ixEa[JiEVGU *''= begründet.
Ebenso heisst es in 1339 (aus demselben Jahre) xf^; oeuxspa;, wozu
man gewiss ein e^afii^voi) zu ergänzen hat. In beiden Fällen ist
^) Ein neuer Beweis dafür, dass wir in den xÄrjpoüxO'- der Petrie Papyri
nicht mit Mahaffy pensionirte Veteranen, sondern active Soldaten zu sehen
haben. Vgl. Gott. Gel. Anz. 189Ö, S. 132. Bestätigt wurde meine Ansicht
anch von Grenfell, Eev. Pap. S. 93.
19»
292 IV. KAPITEL.
lediglieli der Zeitraum angegeben, füir den die Zahlung gilt. Um
welche Abgaben es sich handelt, ist nicht gesagt. Ich möchte
vermuten, dass es sich um die älixT] handelt. Vgl. § 8.
§ 111. Saxxo(96pcov?).
Für Theben belegt durch Nr. 15().'5.
Gleichviel, ob man im Text H'.x&q nToXXES(os) xal fi(£xoxoO
aaxxo(^6pot) oder aaxxo(cpopta5) oder aaxxo(cp6pü)v) ergänzen will,
jedenfalls handelt es sich um eine Gewerbesteuer, die die betreffenden
Arbeiter — nach meinem Vorsehlag Sackträger — zu zahlen haben.
Die Sackträgeri) gjjj(j fyj. Aegypten als eigenes, selbständiges Gewerbe
mehrfach bezeugt. Vgl. BGU 141 II 8: N£cXa|jifjLü)v aaxxo(p(öpo;);
ebend. 286, 4 f.: AupvjXfw üerjoüTt — aaxxocp6p(p. Vgl. auch Pap.
Lond. ed. Kenyon S. 34, Z. 34: SxoTO'^xt? aaxxo^öpoj (II. Jahr-
hundert V. Chr.). Man könnte freilich auch an eine andere Bildung
wie oaxxouoiö; denken. Auch diese Sackfabrikanteu bildeten ein
eigenes Gewerbe. Vgl. Wessely, Denkschr. Ak. Wien 1889, S. 216:
äfiipo-cepo: aaxxOTiocot.
In Rom wui'de die Besteuerung der geruli durch Kaiser
Gaius eingeführt. Sie mussten \ des täglichen Verdienstes abliefern.
Vgl. Sueton Gai. 40.
§ 112. TeXo? aixu(r])pdcTou.
Tö aixui^pai:ov bedeutet das „Gurken- oder Melonenbeet". In
Nr. 1075 wird ein xeXog erwähnt, das von solchen Beeten erhoben
wird. Bei der Lückenhaftigkeit des Textes sind keine Schlüsse über
die Ai-t dieser Steuer zu ziehen. Vgl. Petr. Pap. (11) XLIV.
§ 113. Ttop oxotoXcov.
Für Syene-Elephantiue belegt durch Nr. 249, 286, für Theben
durch 495, 497, 505, 506, 509, 511, 514, 515, 520—524, 529,
541, 545, 547, 551, 566, 571, 585, 610, 616, 618, 625, 629,
632, 640, 1286, 1287, 1422, 1424, 1429, 1570.
') Das von oaxxocpöpoj gebildete Hypokoristikon oaxxäg ist dadurcli
namentlich bekannt geworden, dass der Neuplatoniker Ammonios, weil er sich
seinen Lebensunterhalt ursprünglich als Saokträger verdiente, Ammonios Sakkas
genannt wurde.
§110 — 114. 293
In 497 findet sich die Verbindung \)Tz(ip) axo-(£Xou) ^uJ.faxwv).
Dies führt uns auf die richtige Deutung des Wortes axÖTieXo?.
Wir werden es in seinem ursprünglichen Sinne als „Warte" (vgl.
oxoTCetv) aufzufassen haben, und zwar als die Warte, vnn der die
Wächter (tpüXaxsg) über das Flachland hin Ausschau hielten. Wir
werden unten in § 1.'54 zeigen, dass die Bevölkerung für die
Besoldung dieser ^'jXaxs? besteuert wurde. Die vorliegenden Texte
zeigen, dass sie ebenso auch für die Instandhaltung der „Warten"
ihren Zwangsbeitrag zu zahlen hatten. In 24U heisst es: u7t:(ep)
|iepta{i(oO) oSxo2(o[ita;) ax(o)TC(IXou). Da handelt es sich offenbar
um Neubau oder Ausbesserung einer solchen Warte.
Wiewohl diese Abgabe in den Quittungen meist mit einer
anderen zusammengezogen ist, sodass man die auf den oxotleXos
entfallende Summe nicht mit Sicherheit erweisen kann, genügt doch
das Material, um zu zeigen, dass auch diese Abgabe kopfsteuerartig
auf alle Bewohner in gleicher Höhe rejDartirt war, dass aber die
Höhe in den verschiedenen Jahren, wohl entsprechend den wechselnden
Bedürfnissen, eine verschiedene sein konnte. So zahlen 2 verschiedene
Personen für das Jahr 112/.S dieselbe Summe von 4 Dr. 4 Ob.
(,Ö05, 506), 3 verschiedene Personen die gleiche Summe für 1 19/20,
nämlich 3 Dr. 4J Ob. (521, 522, 1287), 3 Personen dieselbe Summe
von 3 Dr. 2 Ob. für 120/1 (523, 524, 1570), 2 Personen dieselbe
Summe von 3 Dr. 4^ Ob. für 131/2 (547, 551). In allen diesen
Fällen ist noch eine andere Abgabe mit eingeschlossen in die
Summe (meist xal aXÄü)v). Auch hier bewährt sich unsere Auf-
fassung von [lepiafjiö;.
§ 114. TsAog ax'jTscov.
Für Theben belegt durch Nr. 334 und 1359, beide aus dem
IL Jahrh. V. Chr.
In beiden Fällen handelt es sich um die Gewerbesteuer der
axux£l$. Mit diesem Wort bezeichneten die Griechen den Leder-
arbeiter im Allgemeinen, häufiger noch den Schuster im Besonderen^).
Diese Weite des Ausdrucks erklärt sich wohl dadurch, dass die
Schuster nicht ausschliesslich bei ihren Leisten blieben, sondern
') Vgl. Blümner, Technologie I, S. 268.
294 IV. KAPITEL.
vielfach daneben aueli andere Lederarlieiten, im Besonderen auch
die Gerberei mit betrieben'). Welche spezielle Nuancen hier vor-
liegen, lässt sich nach dem Wortlaut nicht ausmachen. Zur
Gewerbesteuer im Allgemeinen vgl. § 135.
§ 115. o\
In Nr. 7G0, 761, 1539, 1546 begegnet die Gruppe a , wie
es scheint, als Bezeichnung einer Abgabe. In allen Fällen handelt
es sich um Naturallieferuugen. Hängt es mit aixoXoyt'a zusammen?
Das würde parallel stehen der Abgabe uTcep oEvoXoyta; in 711 und
würde als eine Abgabe für die Mühewaltung der aizoXö^oi auf-
zufassen sein.
§ 116. liTzkp axaticovog TioxaiJLOcfuXaxßtov.
Für Syene-Elephantine belegt durch Nr. 145—147, 273, 278,
287, 293.
Nur in 278 findet sich der Zusatz 7ioTa|ioq3!jAaxi5(ü)v), wozu
ausserdem noch xal aXXwv spywv tritt. Aber auch in den anderen
Nummern (ausser in 273) werden die Wacbtsehifie unmittelbar
vor oder hinter der siatio-') genannt. Wenn auch der Ausdruck
') Büchsenschütz, Die Hauptstätten des Gewerbefleisses 18G9, S. 91, Aum. 7,
führt aus den Scholieu zu Platon's Apologie d. Sokr. S. IS"* ein Beispiel dafür
an, dass ein und derselbe Mann erst als ■KXo'Ja'.o^ — iv. ßupao5s'4">'-^iS! und dann
als otUTSüg bezeichnet wird. Ich finde denselben Fall bei MahaiFy, Flind. Petr.
Pap. (II) XXXII (1), aus dem Ende des III. Jahrh. v. Chr. Die Eingabe, die von
einem ßupooSE'^r,? , d. h. einem Gerber, geschrieben ist, trägt auf der Rückseile
einen amtlichen Vermerk , den ich , z. T. abweichend von Maliaffy, folgendev-
massen lese: Xa npog xöv ovtuxea
ävaxaXsaaaS-at xöv Tzpöi
Tf,i äsp|xaTr)pä['.].
Der =7:'.ia£/.r|-:Tjj Dorotheos, an den die Klagschrift gerichtet ist, entscheidet
damit, dass der Beamte der 8Ep[iaxr]pä, d. h. der Fellabgabe, die Angelegen-
heit mit dem oxuxeüf an sich ziehen und untersuchen soll. Hier wird also
der ßupaoältjjvjg, wie auch Mahafl'y hervorhebt, als axuxsüj bezeichnet. Ueber
die SEpjiaxrjpd vgl. § 149.
-) Zu dem Gebrauch von axaxtov vgl. BGXJ 320 II 10: Iv x^ axaxiiuvt
xfi; eixosx^; xoiv xXi()povO(i'.Äv xai sXsuOspiröv (a. 194 n. Chr.). Auch die
Stationen der WachtschiiFe waren, wie Avir oben § 99 sahen, zugleich Zoll-
stationcn.
S 114 — 118. 295
äXacov IpYUV mehrdeutig ist, so zeigt er doch, dass hier unter der
etatio, denn zu dieser steht er parallel, die baulichen Aulagen der
Station zu verstehen sind. Jlit anderen Worten, iiir die Instand-
haltung der Stationsanlageu ^vird der Zwangsbeitrag erholien.
Diese Abgabe scheint ebenso wie die für -oxafio^uXaxtSe;
selbst aufgelegt zu sein, d. h. kopfsteuerartig für Alle gleich, aber
in jährlieh wechselnder Höhe. Vgl. 145 — 147.
§ 117. ^tscpaviov.
Ste^ävtov ist das Diminutivuni von axE^avo;. Was der
„Kranz" für den König ist (vgl. den nächsten Paragraphen), das
ist das „Kränzchen" für den gewöhnlichen Sterblichen. Beides
bezeichnet ein Geschenk, eine Dotation. Im Pap. Paris. 42 erhält
ein 5Iaun, der Verbrecher augezeigt hat, zur Belohnung ein Praesent,
ein at£-^7.v'.ov von o Talenten (vgl. Lumbroso, Rech. S. 285). In
unserem Ostrakon 1530 quittirt ein gewisser Xsy&'^apoOg, dass' er
als Oberjäger sein oTS^avoov vom Adressaten erhalten habe und
keine weiteren Ansprüche an ihn habe. Er sagt correct tö y.vo-
[levov (ioi — axc^päviov, nicht xb /Ca^-Yjxov oder ähnlich. Freilich,
in dem Zusatz xou^ev aoi iyxakw liegt doch, dass diese Gratification
nicht so ganz freiwillig erfolgt ist. Wahrscheinlich handelte es sich
um eine alte eingebürgerte Gewohnheit, dem Oberjäger ein gewisses
Praesent zukommen zu lassen.
§ 118. Stacpavs?.
Für Theben belegt durch Nr. 320, 330, 353, 675, 683, 690,
701, 1298, 1311, 1334, 1360, 1376, 1512, 1528, 1556.
Der cts^avoc ist eine in der hellenistischen Welt seit Alexander
dem Grossen weit verbreitete Institution. Man versteht darunter
Geschenke, die den Jlaehthabern in Gestalt goldener Ki-änze —
oder auch nur unter dem Namen derselben — vou der Bevölkerung
bei bestimmten Veranlassungen gespendet wurden '). Lumbroso, der
•) Auch „Geschenke" an auswärtige Mächte wurden so bezeichnet. Vgl.
Suidas s. v. aiECfav:xöv: TiXsaiia Tiapa 'PoSto'.; oOtto; EitaXsiTO, litE'.ä») aüxdvo[io'.
^oav Ol Töd'.o'., ßpax'j Ss z: [ispos Twjia-o'.s iizl Tt|i^ nsiiitovxEs ItTiOiov, tb{
oO cpopov f|YE|i<J3'. (ix/J.5v ■?; iTE'^favov ^iXo'.g S'.SövTEs. ToOto y.oei 'EXXriVOYaXäxaij
xoCs 'AYXupavotg E7f.y,u)piajEi "O Xö-f.ov a-Ecpav.xiv ■f^'p ÄEy^uai näv xo i'i
Xap'.xoj ÄÖY<:' ä'.SöiJLEvov.
296 IV. KAPITEL.
in seinen Recherches S. 315 Belege für Alexander wie fiir die
Seleukideu^) zusiinimengestellt hat, konnte damals noch kein Zeugnis
dafür vorbringen , dass auch im Ptolemäerreich diese Sitte bestand.
Inzwischen haben die Petrie Papyri diese Lücke gefüllt. Neben
verschiedenen anderen Abgaben begegnet im Petr. Pap. (II) XXXIX e
eine Naturallcistuug für a"- axe^avou, was Mahaffy zutreflend als
n national present to Ihe Icing on Im accession erklärt. Die
nächste Zeile, die Mahaffy ,,aX}vOU7iapoua'.a;?" las, haben wir oben
S. 275 in aXkou T^apouaiaj getrennt und dahin gedeutet, dass hiermit
ein zweiter Kj-anz gemeint sei, der aus Veranlassung eines Besuches
des Königs im Faijüm ihm gestiftet war. Schon diese beiden
Fälle zeigen, dass die Widmung eines ,, Kranzes" immer einer be-
sonderen Veranlassung bedurfte; im ersteren Falle liegt sie in dem
TtpöTov zzoc,, im zweiten in der Tiapouaia. Weiteres Material*)
bieten nun unsere Ostraka.
Aus der Ptolemäerzeit stammen Nr. 320, 330, 353, 701, 1311,
1360, 1512, 1528. In 320 begegnen wir einer interessanten Charakte-
risirung solcher Stiftungen. Die Männer, an die die Zahlung erfolgt,
heissen hier oi Tiapa Xlatpwvos xoO Tipög rjj auvxä^Et. Das Wort
auvxa^!5 wurde bekanntlich, me auch die Geschichte des zweiten
attischen Seebundes lehrt, als ein milderer Ausdruck anstatt des ge-
hässigen '^öpoc, betrachtet und bezeichnete nicht mehr als einen „Bei-
trag". Rechtlich sind denn auch diese „Kränze" als freiwillige Gaben
aufzufassen. Doch liest es in der Natur der Dinge, dass thatsäch-
lieh derartige „fi-eiwillige Gaben", von denen man sieh anstands-
halber nicht ausschliessen kann, sich allmählich zu Zwangsleistungerj
umwandeln, und dass die IMachthaber, die ursprünglich die Gaben
nur anzunehmen haben, schliesslich sie wie ein gutes Recht fordern').
') Die von ihm angeführten Stellen sprechen allerdings z. T. nur von der
Besehenkung der Freunde mit goldenen Kränzen durch Alexander. Wichtiger
ist z. B. Arrian. Anab. VII 15, 4, wo erzählt wird, dass die Libyer kommen und
den Alexander mit einem solchen Kranz beschenken (oxE9avoiJvxu)v). — Für die
Seleukiden ist ausser Makk. I 10, 2S — 31; 11, 34. 35;. 13, 37. 39 auch Joseph,
b. i. XII § 142 zu berücksichtigen.
') Vgl. auch Pap. Grenf. (I) XU, aus dem II. Jahrh. vor Chr.: 'VnapSsi
aot eIj oxäcpavov x«^«oö xctXavca 8exa itivxs.
') Im letzteren Sinne erscheinen die oxeyavoi in den Makkabäerbüchern
und bei Josephus.
§ 118. DIE KRANZSPENDE. 297
Unsere Ostraka lehren uns nun , zunächst für die Ptolemiier-
zeit, dass diese „Beiträge" sicli wesentlieli von den Staatssteuern
dadurch unterschieden, dass ihre Erhebung nicht an -ceXwvat ver-
pachtet war. Die Bank- und Thesaurosquittungen geben uns freilich
auf diese Fi-age keine Antwort, da sie den Stand des Zahlers nicht
nennen; aber aus 320, der einzigen Erlieboniuittung (in Briefform)
geht hervor, dass die Erhebung in diesem Falle jenem Manne anvertraut
war, der den selilichten Titel eines ,,6 npb^ vq a'jvxa^et" führte. Ich ver-
mute, dass die Competenz eines solchen Commissionürs sich auf den Gau
erstreckte (vgl. 353: axs^avou 7.axofxo)v IIspl 0rjßa;), vielleicht aber
auch nur auf eine Ortschaft innerhalb dessellicn. Da es nicht rätlieh war,
dass dieser Vertrauensmann die oft recht bedeutenden Summen bei sich
bewahrte, und er auch das Geti-eide vielleicht nicht gut speichern konnte,
so lieferte er, vermutlich allmonatlich'), die an ihn eingegangenen Bei-
träge au die königlichen Institute der Bank resp. des Thesauros ab.
Die Beiträge konnten nämlich sowohl in Geld (32U, 330, 353,
1528) als auch in Getreide, und zwar in Weizen (701, 1311, 1360,
1512), bestehen. Namentlich angesichts dieser Naturallieferungen —
vgl. auch die oben angeführten Petrie Papyri — ist es mir sehr
zweifelhaft, ob die Stiftung wirklich immer schliesslich in Ge-stalt
eines goldenen Kranzes dem König überreicht wurde. Es wäre
sehr denkbar, dass man schliesslich nur den alten Namen dafür
beibehielt und sich darauf beschränkte, dem Könige zu melden, dass
das getreue Volk in seine Bank so und so viele Talente oder in
seine Magazine so und so viele Artaben Getreide abgeliefert habe.
Es ist bemerkenswert, dass die oben angeführten Ostraka aus
der Ptolemäerzeit sämmtlich, mit zwei Ausnahmen, die xaTOixoi
(einmal xizoixoi Ilepl Oi^ßa;) als die Geber nennen. In 1528
werden die xXYjpoö/o; statt dessen genannt. In 320 dagegen ist
der Stand des Gebers überhaupt nicht angegeben, was sieh daraus
erklärt, dass hier der Zahler angeredet wird. So bleibt die Mög-
lichkeit, dass dieser 'HpaxXetOY;; 'AtioXXwvio'j nicht zu jeuer Be-
völkerungsklasse gehört, offen. Andrerseits macht der rein griechische
Name, auch die Höhe des Beitrages^) es nicht unwahrscheinlich.
') Vgl. Nr. 1360: et; Tov -coD |iTi{vo5) axscp(avov).
'') Der Adressat Apion zahlt „für" 'HpaxXstST]; ' Ar.oX'/M'i'.ot) 4400 Draoh-
nieu. Ich sehe keine andere Möglichkeit, als dass diese Summe von Herakleides
aufgebracht ist. Allerdings ist zu bedenken, dass es nur Kupferdrachmen sind.
298 IV. KAPITEL.
dass aucli er ein xäxotxo; oder xXr^poO)^o? war. Audi jene Männer,
die in dem Petrio Pai^yrus iüir den axicpavog zahlen, sind offenbar
y.Xr,poöxoi. Wenn wir sehen, dass gerade diese privilegirten Klassen
in der Ptoleniäerzeit dem Könige Kränze stiften, so liegt die Ver-
mutung nahe, dass diese halb freiwilligen, halb gezwungenen Beiti-äge
gewissermassen ein Aequivalent dafür darstellten, dass sie von
manchen Lasten befreit waren. So mögen sie sie vielleicht weniger
aus reiner Loyalität als aus dem Wunsche, den König in guter
Laune zu erhalten, dargebracht haben, oder auch, um mit den
Worten Gratian's zu reden, -weniger amore jjrojirio nh indulgentiarum
laetitia commoti (s. unten).
Ueber die Höhe der Beiträge, über die Art der Verteilung
geben unsere Texte keine Auskunft. Die Höhe wird natürlich bei
den verschiedenen Kränzen eine verschiedene gewesen sein. Ebenso
wenig vermag ich mit Sicherheit zu erweisen , bei welchen Ver-
anlassungen die axe^avot dargebracht worden sind.
Welche grosse Rolle die goldenen Kränze im ptolemäischen
Aegypten gespielt haben, zeigt die berühmte Darstellung des pliila-
delphischen Festzuges bei Kallixenos (Athenae. V 196a — 2Ui5b).
Uns interessiren hier namentlich die Worte 2u3b: xai xaOx' r^pid'-
jjn^'O"/] Tiävxa xoTg Gixoy6\i.oiq Siä xy,v xwv axsiyavoüvxwv npo9-u\iim
~po ■ xoQ zxc, ^eaj nxpeXd-eiy. Die kolossale Summe, um die es
sieh hier handelt, 2239 Talente 50 iMinen (und zwar in Silber,
vgl. Schluss dieses Kapitels und Kap. X), ist also an die jSaat^txol
otxovö[i.ot, denn an diese wird hier zu denken sein, ausgezahlt worden,
und dies wegen der Bereitwilligkeit der axe^avoövxsg schon vor dem
Feste (anders Droysen, Kl. Schrift. H S. 293). Mit Recht hat Rüh.l
(Jahn's Jahrbb. 49. 1879 S. 627) gegenüber Droysen (Hellenism. HI
1. S. 53) hervorgehoben, dass es sich hier um ein nationales Ehren-
geschenk handelt. Mit T:poi}'ii[jiix ist auf den freiwilligen Charakter
der Gabe hingewiesen. Es ist bemerkenswert, dass man auch von
axs'^avoOv spricht, wenn es sich um Stiftung von Statuen handelt.
Endlich sei darauf hingewiesen, dass nach einer freundlichen
Mitteilung Adolf Erman's auch in der hieroglyphischen Pithomstele
(gleichfalls aus der Zeit des Philadelphos) der axe^avo? genannt wird.
Ei-man übersetzt jetzt den Abschnitt Q der l)esagten Inschrift folgender-
massen: „Verzeichnis alles dessen, was seine Majestät that als
Wohlthat in den Tempeln Aegyptens, als jährliche Steuer und
§ 118. DIE KRAjrzSPENDE. 299
Goldkranz, der seiner Majestät gegeben wurde: Silber 10,050000".*)
Hier ist einmal von Interesse, dass der goldene Kranz ausdrücklich
von den alljährlich einlaufenden Steuern unterschieden winl, und
ferner, dass er als Geldsumme (nach Silberpfunden gerechnet) be-
handelt wird. In Lepsius' Denkmälern kann man Ueberreichungen
goldener Kränze dargestellt sehen. So bringt in IV 2G Ptolemaios VI.
Philometor der Isis von Philae einen Ki-anz dar, und dabei stehen die
Worte: „Er bringt einen Kranz (oder Diadem) von Gold seiner
Mutter".
Aus der Kaiserzeit stammen Nr. (J75, 683, G90, 1298, 1334,
137G, 1550. "Während der axsif xvo; in den ptolemäischeu Urkunden
zufallig nur einmal als jpuacQc, bezeichnet wurde (320), ist die Gabe
hier regelmässig mit axecp' yj>^<^' bezeichnet, was in axetpaVLXÖ; yj)ua6c,
aufzulösen sein wird. Das ist ein genaues Aequivalent für den
römischen Ausdruck aurum coronarium. Schon den Römern der
Republik war diese, wie Mommsen betont, rein griechische Kranz-
spende bekannt geworden, und zwar zunächst in Form von Ge-
schenken , die siseziell den siegreichen Feldherren zur Verherr-
lichung ihres Triumphes von den Besiegten oder auch von den
Provinzialen dargebracht wurden. 2) Auch noch in dem Falle des
L. Antonius, ja auch noch bei Augustus und Claudius steht das
aurum coronarium mit dem Triumph in Verbindung. ^j Allmählich
aber wurde es, ganz wie unser j)tolemäischer axe^avo;, zu einer
Gratification, die die Bevölkerung nicht nur bei Triumphen, sondern
aus den verschiedensten Anlässen dem Kaiser darbrachte. In unsei'er
Tradition finde ich dafür den ersten Beleg für Kaiser Hadriau, von
dem es in Spartian's vita c. 6, 5 heisst: aurum coronarium Jtaliae
remisit, in provinciis minuit. Da dies unmittelbar nach Uebernahme
der Regierung geschah, so sollte dieses aurum coronarium ihm
offenbar anlässlich seines Regierungsantrittes ül^erreicht werden. Die
') Vgl. die Publieation von Brugsch-Ermau in Zeitschi', f. .\eg. Spr. XXXII
1895 S. 13. Vielleicht ti-ilTt man den Sinn noch genauer, wenn man übersetzt
„von der jährlichen Steuer und dem Goldkranz", denn es kann sich doch wohl
nur um eine einmalige Schenkung handeln.
'-) Ueber das aurum coronarium vgl. Gothofredus zum Cod. Theod. XII 13.
Marquardt, Staatsv. 11^ S. 295 f.
') L. Antonius: Dio Cass. XLVIII 4, 6 Augustus: Mon. Anevran. ed.
Mommsen^ S. 89. Claudius: Plin. h. n. XXXIII 54.
300 IV. KAPITEL.
Vcrl)indinig mit der frühereu Auffassung bietet hier und in ähn-
licliou Fällen, wie Jlommsen bemerkt, die den Triumphen correlate
imperatorisehe Acclamation. Die angeführten Worte machen es
sehr wahrscheinlich, dass auch schon früher diese Consequenz ge-
zogen war. Denn die Sammlung der Beiträge wird nicht so schnell
von statten gegangen sein, dass man das remitiere und minuere auf
eingegangene Gelder zu beziehen hätte. Hadrian erwartete vielmehr
nach den Präcedenzfallen der Vergangenheit, dass man ihm ein aurum
corouarium stiften werde.') Für eine noch weitere Ausdehnung dieser
Sitte spricht, dass dem Antoninus Pius anlässlich seiner Adoption ein
aurum coronarium von den Italikcrn und Provinzialen angeboten
wurde (vit. Ant. Pi. c. 4, 10). Andere Beispiele dieser späteren Eut-
wickelung bei jSIarquardt a. a. O. Hier sei nur noch hervorgehoben,
dass als allgemeine Motive für die Stiftung eines aurum coronarium in
einer Constitution des Gratianus, Valentinianus und Theodosius vom
J. 379 -) amor proprkis, indulgentiarum laetitia und res jn-ospere
gestae namhaft gemacht werden, Motive, die ebenso auch von der
ptolemäischen Eegierung als massgebend für die Darbringung der
axs'^av&i autgefasst sein werden. Dass auch in der Kaiserzeit der
freiwillige Charakter dieser Gaben allmählich schwand, braucht kaum
gesagt zu werden. Kaiser Julian musste im J. 362 ausdrücklich
einschärfen: aurum coronarium munus est voluntafis.^)
In Aegypten hat die alte ptolemäische Institution selbstverständ-
lich auch nach der Occupatiön durch Octavian in der alten Weise
fortbestanden. Einen directen Beleg für die Continuität dieser
axeyavot finde ich in einem bisher noch nicht richtig verwerteten
Passus eines Papyrus der Berliner Bibliothek.^) In Nr. 21 Recto
Z. 7f lese und ergänze ich folgendermassen :
STe(pavou xoü ?V7t:p[oa]'&'£v ßa[aiXt7.oO, vuvl S^ dq]
xöv cpEaxov av[aAa][iß(avo[X£Vou)
Dieser Text, in dem dann noch weitere Einkünfte aufgezählt
werden, ist im III. Jahrh. n.Chr. geschrieben. Wenn man noch
damals mit evjcpoa&ev und vuvE den Gegensatz des königlichen und
') Schiller, Gesch. d. Rom. Kaiserz. I 2 S. G21 nennt die Gabe mit Recht eine
,, herkömmliche". Doch ihre Charakterisirung als ,, Thronsteuer" ist nicht zutreö'end.
') Cod. Theod. XII 13, 4.
') Cod. Theod. XII 13, :.
*) Edirt von G. Parthey in „Nuove Memorie d. Istituto ,\rch." II S. 440 ff.
§ 118. DI£ KRANZSPENDE. 301
des kaiserlichen Regiments hervorznlieben für gut findet, so zeigt
das nur, dass man eine alte Formel benutzte, die in den ersten
Zeiten der römischen Occupation geprägt sein mag und seitdem
in den axIiyavos-Acten fortgeführt wurde. So klar wie hier ist es
übrigens sonst wohl selten ausgesprochen , dass an die Stelle der
alten Königskasse der fiscus Caesaris trat. Uns interessirt hier vor
allem, dass die Continuität der Kranzspenden durch jene Worte auf
das schärfste hervorgehoben wird, dass also auch unter den ersten
Kaisern in Aegypten der alte aie^pmoc, fortbestanden hat. Die
urkundlichen Zeugnisse für den kaiserlichen axs^avoj stammen
zufällig alle erst aus dem Ende des zweiten und dem Anfang des
dritten Jahrhunderts nach Chr.
Betrachten wir nun die Ostraka, so fallt uns auf, dass wir
für die Kaiserzeit kein Beispiel einer Naturalleistung für den
Qiitpmoq haben. Ob das Zufall ist oder nicht, muss dahingestellt
bleiben. Nur in wenigen Fällen lässt sich der Anlass zu der
Stiftung des axetpavoi; erraten. In 1376 und 1556 werden bnip
OTEtpavou Ka(a«po5 je 2 Drachmen o Obolen gezahlt. Die eine
Quittung ist am 9. Juni 42 n. Chr., die andere am 4. September
desselben Jahres geschrieben. Mit dem Kalaap, für den der Kranz
bestimmt ist, kann hier nur Claudius gemeint sein,"^) dessen voller
Name in der Datirung erscheint. Wiewohl Claudius, als diese Quit-
tung geschrieben wurde, schon li Jahre auf dem Thron sass, wird
der axe^avos dieser Ostraka ihm doch aus Anlass seines Regierungs-
antrittes bestimmt gewesen sein. Denn dass die Einsammlung der
Beiträge eine längere Zeit erforderte, ja mehr Zeit als die der regel-
mässigen Staatssteuern, wäre sehr begreiflich. Doch vielleicht ist
mit Mommsen an imperator III, das in diesem Jahre beginnt, zu
denken. Da in den beiden Fällen verschiedene Männer dieselbe
Summe zahlen (2 Drachmen 3 Obolen), so ist es sehr wahrscheinlich,
dass dieser axe^avo? kopfsteuerartig in gleicher Höhe repartut war.
Ich lasse dahingestellt, wie w^eit man dies verallgemeinern darf.
Die angeführten Ostraka sind sämmtlich Bankquittungeu,-)
bis auf Nr. 1298, die von den Erhebern ausgestellt ist. Wir sahen,
'■) Wäre Augustus gemeint, hafte das vorgesetzte 9-eoü nicht fehlen dürfen.
Vgl. Kap. XI.
-) In 1376 und 1556 wird die Bank als fj 'Fev((ni)v8-ou) KoX(Xc;iJ9-ou)
xpäTtsJa bezeichnet. Unsere obigen Betrachtungen über Jlersis und Comp.
302 IV. KAPITEL.
dass in der Ptolemäerzeit oi Trpö; ty]'. auvxaEs; die Beiträge ein-
kassirten. In 1298 (vom J. 171 n. Chr.) nennen sich die Erheber,
nach meiner jetzigen Lesung (vgl. Corrigenda): Mepai? xxl \i{izoy^QL)
inl Tüv na.pa.'^. Ich weiss füir Tiapa" keinen anderen Ergänzungs-
vori<chlag als 7iapay.(aT:«^>cwv) , im Sinne von Depositum. Dass
die Beitrage zum air^favo; als Deposita bezeichnet würden, ist nicht
gerade unmöglich, aber denkbar wäre auch, dass Mersis und Comp,
eine Depositenbank gehabt hätten, und dass man daher sie, die als
vertrauenswürdige Männer in der Stadt bekannt waren, mit der
Eintreibung der Beiträge betraut hätte. In diesem einzelnen Falle
wäre, ähnlich wie in jenem Beispiele aus der Ptolemäerzeit, die
Eintreibung des axl^avoc an Privatleute übertragen. Die griechischen
Papyri zeigen uns aber, dass wir diesen einzelneu Fall nicht
verallgemeinem, jedenfalls nicht auf die späteren Zeiten über-
tragen dürfen. In BGU 62 wird der Beitrag von den Tipaxxopej
oxE^avtxoö xw^Yj? IlxoXejiaiOoe Nea? erhoben (a. 199 n. Chr.).
Ebenso heisst es in den arsinoitischen Tempelrechnuugen (BGU
362 I 23): 7ipax(xopi) a':£9[avtxö)v], (a. 213/4 n. Chr.). Hier wird
also auch das axe^avtxöv von den gewöhnlichen Steuererhebern
eingefordert. Ebenso in BGU 452, 458, 518, die zugleich zeigen,
dass unter Elagabal das Kranzgeld, seinem eigentlichen Charakter
entgegen, Jahr für Jahr, ja Monat für IMonat erholien wurde. Das
entspricht ganz der allmählichen Entwickelung dieser ursprünglich
freiwilligen „Gabe" zu einer unfreiwilligen ,, Abgabe".
§ 119. 2uvr;yopi7.ov xal s-'.oiy.axov.
Als ich im Sommer 1895 in Leiden den Papyrus F nochmals
collationirte, gelang es mir, in Z. 3 statt der bisherigen, oft be-
sprochenen Lesung [wjvy^xpixöv die Lesung auvTJYoptxov festzustellen,
sodass der Anfang des Textes nunmehr lautet:
'AXISavSpo; xat ot [Jiixo-
y(jl Oi 7ip5CY[Jia[x]£UO|iEVOl
xö a['j]vrjYopixöv xa[l xö]
iTwtSIxaxov.
könnten den Gedanken nahe legen, hierin eine Privathank zu erkennen und zu
lesen: fi WEvC;it!)v9-ou'i y.oX(Xuß'.3-iy.v)'i ipaTiEja. Die Möglichkeit ist zuzugeben.
Vgl. jedoch oben S. 92.
§118—119. 303
Meine Ueberraschung war nicht gering, als ich gleich darauf "
in Oxford unter den Ostraka von Sayce eines fand (1537), welches
beginnt: 'HpäxXeoTO? 6 7üpxY|xax£'jG[ji£Vo; t[ö] auvr;YOpixöv xal
^7ii(5exai:ov).
To (j'Jvr^YCip'.xov ist das Geld, das der auvr^yopoc;, der juristische
Verteidiger, für seine Verteidigung erhält. Vgl. ArLstoph. Vesp. GS)1.
Das einzige Merkwürdige an den vorliegenden Texten ist, dass dieses
ouvTjYopixov hier nicht etwa an die Rechtsanwälte dircct gezahlt
wird, sondern dass die Erhebung dieses Geldes vom Staat an Pächter
vergeben ist. Ueber upaytiaiEuoiievos im Sinne von Pächter vgl.
Kap. VI. Das legt den Gedanken nahe, dass der Staat die Rechts-
anwälte anstellte und besoldete, wie er auch die Aerzte salarirte
(vgl. § 170). Wie er als Beihilfe zu der Besoldung der Aerzte
ein taxptxQV erhob, so hier ein auvrj'{opiy.6w für die der Anwälte.
Doch ein Unterschied ist zu beachten: zu dem Eaxpcxov wurden,
wie es scheint, Alle, ob krank oder gesund herangezogen, zum
auvYjYopcxov aber wahrscheinlich nur diejenigen, die im einzelnen
Falle eines Anwaltes bedurften. Dafür spricht wenigstens Leidensis F,
wo die Zahlung des auvrjYoptxov ganz deutlich mit einem bestimmten
juristi.scheu Falle in Verbindung steht. Daher werden wir das
auwjYoptxov nicht zu jenen auf Alle gleichmässig verteilten Zwangs-
beiträgen zählen, sondern werden es für eine Gebühr halten, die
nur im Falle der Inansjaruchnahme des staatlichen Instituts der
ao^iiyopoi erhoben wurde. Sind diese Folgerungen richtig, so fallt
auf die Stellung der Anwälte im ptolemäischen Aegypten ein ganz
neues Licht. Es bleibt zu <intersuchen , ob damals vielleicht ein
Zwang bestanden hat, sich vor Gericht durch einen Rechtsanwalt
vertreten zu lassen. Ich kaim diese Frage zur Zeit nicht verfolgen.*)
Der Gedanke, in dem a'jVT^Yoptxov etwa eine auf dem Advocaten-
gewerbe ruhende Steuer zu sehen, wird durch den Leidener Papyrus
abgewiesen, in welchem aegyptische Choachyten die Zahler sind.
Wie das iTtcSexaxov zu fassen ist, ist schwer zu sagen. Das
Wort bezeichnet ein Ganzes und ein Zehntel dazu, aber auch ein
') Vgl. Mitteis, Reichsrecht und Volksrccht S. 48. Zu seinen Ausführungen
auf S. 4 7 bemerke ich, dass der Gerichtshof der Dreissig (Diod. I 75), vor dem
kein Anwalt auftreten darf, nicht in die Ptolemäerzeit, sondern in die alte
Pharaouenzeit gehört. Vgl. meine Observatioues ad hist. Aeg. p. 10.
304 I^'- KAPITEL.
Zehntel, dass zu etwas Anderem hinzugethan wird (vgl. Ps. Aristot.
Oee. II 2, 3). Im Leideusis heisst es von ihm in Z. 17 f.:
r.Bpl [xoO intSJexaxou T[fjg]
6|j.T[v lY5caXoO]jji£v.
Diese Worte zeigen so viel mit Sicherheit, dass auch das
STT'.osxxxov zu den Unkosten des Gerichtsverfahrens gehört.
§ 120. SwiiaTiXOV.
In 1052 wird [uTrCsp)] ow|iaTtxG)v xoö S L (=100/1) quittirt.
Die Erheher nennen sich, wenn unsere Ergänzung in den Corrigeuda
richtig ist, [oi ß] XaoYpä(cpo'.), sind also „Yolkszähler". Ii6y[t.x
bezeichnet die Person; aa)[iaxtx6v wäre also eine Personensteuer.
Sollten die Volkszähler, die die aiojiaxa festzustellen hatten, dafür
eine Gebühr unter dem Namen awfxaxixöv erhoben haben? Wenn
nicht die Xaoypäqsoc daständen, würde das nächstliegende sein,
awjjiax'.xöv als Sklavensteuer zu fassen, d. h. als Steuer, die von
den Herren für den Besitz der Sklaven zu zahlen war (Vermögens-
steuer). Von dieser Besteuerung der Sklaven (awjiaxa) handelt
Petr. Pap. (11) XXXIX b und c (III. Jalirh. vor Chr.). Für die
Kaiserzeit vgl. Pap. Leipz. 25, wo für zwei verschiedene Sklaven
(OGöXoi) dieselbe Summe (22 Dr. 2i Obolen) gezahlt werden. Ebenda
2!) Recto ist überall, wo Wessely SouAyj? liest, vielmehr 5t(a) X"^;
zu lesen. Auch in Z. !• ist statt xou 5ouX vielmehr xoO a(uxoO)
0'.(i.) zu lesen. Dieses Stück handelt also nicht von Sklaven.
§ 121. TsXos xacpwv.
Für Theben belegt durch 658, 1062, 10G5, 1462, 1585, 1591,
alle aus dem II. Jahrb. nach Chr.
Die Erklärung dieser Urkunden bietet ganz besondere Schwierig-
keiten. Die Beamten, die die Steuer erheben, heissen lTitxrjpr;xal
xeXous l\).oiZiou(äXäy oder xeXöva: tjiaxtOJCwXöv.i) Danach müsste
') In 10G2 steht TsX(u)vat) t|iaito7to)X(üv. Nacli correctem Sprachgebrauch
könnte von xeXrävYjg nur der Name der Steuer, nicht die Bezeichnung der Be-
steuerten abhängen. Diese Nachlässigkeit ist charakteristisch für ilen Jargon
unserer Ostraka.
§119 — 121. 305
man annehmen, dass es sich um die von den „Kleiderhändlern"
erhobene Gewerbesteuer handelte. Ganz entgegen den sonstigen Ge-
werbesteuerquittungeii winl hier aber nicht eine regelmässige, für
den Monat berechnete Abgabe für die Ausübung des Betriebes erhoben,
sondern es wird eine einzelne Spezialleistung der Kleiderhändler
besteuert. Die Zaldungen erfolgen nämlich „für die Steuer einer
oder mehrerer xa(fat" (uTiep xlXoug xatf^; oder unkp Taiyfjs), und
zwar werden für eine ix-fr} 2 Drachmen erhoben. Ich habe in der
Deutschen Literaturzeitung 1889, Nr. 37, S. 1353/4 die Erklärung
vorgeschlagen, dass den Kleiderhändlern die Einkleidung der Leichen
zwecks der Bestattung übertragen war, und dass von diesem Verdienst
der Staat für jede costümirte Leiche eine bestimmte Taxe erhoben
habe.i) Ich weiss auch heute noch nichts Besseres vorzuschlagen.
Dass abgesehen von der Gewerbesteuer ein Teil des Gesammt-
tetriebes auch noch einer Spezialsteuer unterliegt, bleibt freilich
sehr aufföllig.
Besondere Schwierigkeiten macht Nr. 1463. Da wird einer
Frau Tspjjiäjjtt; (Femininum von n£p(j,ä|ji'.c) quittirt urAp Tacf^j
neT£X(. . . .) dvSpö; ^ß, also über eine Zahlung der Steuer für
das Begräbnis oder die Bestattung ihres Mannes (denn das muss
ÄVT^p hier bedeuten) Petel( ....). Man könnte hiernach auf den
Gedanken kommen, da.«s die Steuer nicht von den Kleiderhändlern,
sondern von den Leidtragenden erhoben wäre, dass also Jeder,
der eine Leiche costümiren Hess, dem Staate ein Didrachmon zu zahlen
gehabt hätte. Doch das führt zu neuen Schwierigkeiten. Warum
sollte denn eine solche „Begräbnissteuer" regelmässig von denjenigen
Steuererhebern eingezogen werden, die das fixaxiOTiwXixov erheben?
Nach Nr. 1462 müsste unter dieser Annahme H^xaepiiq drei Todes-
fälle auf einmal in seiner Familie gehabt haben. Das ist zwar
') Wenn man diese Erklärung zulässt, so ist damit erwiesen, wie ich schon
a. a. O. hervorhob, dass es schon im II. Jahrli. n. Chr., dem unsere Urkunden
angehören, vorgekommen ist, dass die Leichen nicht nacii altaegvptischer Sitte
in Binden eingewickelt, sondern in Kleider gehüllt wurden. Dies Ergebnis
ist für die Datirung der zahlreichen Kleiderreste, die neuerdings aus den
aegyptischen Gräbern hervorgekommen sind , von grossem Interesse. Vgl. zu
diesen Uebcrresten Alois Riegl, die aegyptischen Te.xtilfuude im K. K. oester-
reich. Museum, Wien 1889 und dazu meine .Anzeige in der Deutsch. Literaturz.
a. a. O.
WiLCKEN, Ostraka. ^^
306 IV. KAPITEL.
nicht unmöglich, spricht aber doch eher gegen als für diese An-
nahme. So ist vielleicht vorzuziehen, doch auch in der T£p\iA\i'.Q eine
Kleiderhändlerin zu sehen, die vielleicht nach dem eben erfolgten
Tod ihres Mannes das Geschäft iiberuoiumen hat und nun für die
Einkleidung seiner Leiche, die sie natürlich von ihrem Geschäft aus
übernimmt, besteuert wird. Doch gebe ich zu, dass die Deutung
auf die Leidtragenden nicht ausgeschlossen ist. Non liquet.
§ 122. Taos.
In Nr. 328, 504, 1030, 1048, lOöU, 1078, 1314, 1335,
1386, 1394, 1412, 1490 wird über den Empfang eines ziXoq (meist
für den und den Monat) quittirt, aber nicht gesagt was für ein
xeXo; es ist. In den meisten Fällen würde ich zuerst an eine
Gewerbesteuer denken. In 1394 ist sie sicher anzunehmen, falls
meine Ergänzung in 1395 UTC(ep) San([5ij^ti)v) richtig ist (vgl. § 28).
In 328 steht: anb toO saxafjievou xIXo'jc;.
Ebenso wenig weiss ich zu sagen, was mit dem [ispcofiö; xIXous
gemeint ist, über den in 554, 624, 670 und 1586 quittirt wird.
Nach dem Titel der Erheber möchte man vielleicht an das liXoq
(Lviwv denken. Aber das ist ganz ungewiss.
§ 123. 'TÜ.OC, ifjC, Tstdpiyj?.
In 1363 quittirt der L^nterbeamte des Agoranomos einer Frau
Thermuthis den Empfang dieses xlXo?. Die Summe stellt den
Betrag für die Zeit vom Tybi bis zum Pharmuthi, also für 4 Älonate.
dar. Die Abgabe ist enorm hoch — 25 "jg. Wofür sie gezahlt
wird, ist nicht gesagt. Da sie vom Agoranomos erhoben wird, ist
sie vielleicht ein Marktgefäll.
§ 124. 'Ynzp TOTOU.
Für Syene belegt durch 295, für Theben durch 723 — 725,
734—736, 740, 742, 743, 745—750, 75.4, 1253, 1312, 1336,
1342, 1350, 1521, 1524, alle aus der Ptolcmäerzeit.
Mit uTzkp -ÖTZou oder unep xoü xotiou ist nicht die Steuer selbst
bezeichnet, sondern nur der Distrikt, für welchen sie erhoben und auf
welchen sie distribuirt ist. Während in den meisten Fällen die
§121 — 124. 307
Steuer selbst ungenannt bleibt, zeigen uns Nr. 295, 735, 736 und
1253, wie wir den elliptischen Ausdruck zu fassen haben. Da
findet sich die Wendung eSg zi^v inr(pot.:fri'^ xoO x. Itou; imkp
xÖKOu oder, wie es in 1253 noch deutlicher heisst: e?; x-^v £7i'.-
Ypacp^jv ToO IIspl ÖYjjja; xÖTiO'j. Wir werden nicht fehlen gehen,
wenn wir hiernach in allen Fällen, in denen UTiep x6izo\j quittirt
wird, ein tlq ttjV ^mypatpriv hinzudenken. Unter lraypa(pTQ aber
ist, wie wir oben S. 194 ff. gezeigt haben, die Grundsteuer zu ver-
stehen. In den oben angeführten Fällen wird regelmässig in Weizen,
Gerste oder Kroton gezahlt.
Was bedeutet nun der, wie wir a. a. O. sahen, entbehrliehe Zusatz
öuep TOTiou? Glücklicherweise lässt uns die älteste unter den ange-
führten Nummern, 1253 (aus der Zeit des Philadelphos), keinen
Zweifel darüber, dass tÖTCOC, hier nicht eine allgemeine Bezeichnung
für den „Ort" ist, an dem der Zahlende sich befindet, sondern da.ss
TOTCog hier wie häufig, im technischen Sinne als Aequivalent für
TOTcap)(ta zu fassen ist. Vgl. auch 1336, gleichfalls aus der Zeit
des Philadelphos, wo unkp toO üspl 0rj(ßa;) seil. XOTCOU, gesagt
ist. üeber die Toparchien vgl. Kaj). V. Ich habe schon in den
„Actenstücken aus der kgl. Bank v. Theben" S. 33, A. 2 nachgewiesen,
dass zur Zeit des Philadelphos die Landschaft Uspi 0y)j3aj noch
nicht, wie im II. Jahrb. v. Chr., ein vo^gc, sondern noch ein xoTtc;
war. Vgl. auch auf den oben S. 65 ff. mitgeteilten Holztafeln: Aw-
p!ti)vo? xoö xoTxapxYjaavxo? xöv Ilepi Qrj[iaq xotxov. Somit sind wir
berechtigt, unter dem zönoc, unserer Ostraka die lOKa.pjioi. zu ver-
stehen.
Nr. 1253 ist aber auch in anderer Hinsicht lehrreich. Es
heisst da eig xr^v OTtypaifrjv xoö Ilspl 0y,ßa; xotxou, während die
anderen alle die lose Verbindung mit bnkp xc-xou wählen. , Damit
ist die Sicherheit gegeben, dass die iTzi.-(pCfi(fr] oder Grundsteuer be-
zeichnet wurde als die Steuer des und des xoTxog. Mit anderen
Worten, unsere Ostraka lehren uns, dass die Grundsteuer in Aegypten
nach den Toparchien des Landes distribuirt war.
Wir wollen auch auf diejenigen jitolemäischen Ostraka hin-
weisen, die mit den hier behandelten im Wesentlichen identisch sind,
nur dass -jTOp xÖTCOU und £t; xVjV |-:ypa'^rjV fehlen, also Nummern
wie 708, 710, 713, 717, 718, 7.30, 732, 741, 756, 1255, 1343,
1367, 1509, 1533. In diesen ist nur über die Lieferung von Getreide
20*
308 IV. KAPITEL.
quittirt, ohne dass gesagt wäre, zu welchem Zweck es erhoben sei.
Ich glaube, dass wir es hier lediglich mit einem elliptischen For-
mular zu thun haben, und dass auch diese Quittungen die Grund-
steuer betreffen. Dasselbe glaube ich auch von denjenigen Nummern
behaupten zu müssen, die sonst mit den eben genannten überein-
stimmen, nur dass sie den speziellen Ortsnamen nennen, für den
die Steuer erhoben wird. Vgl. 7(16, 727, 72!l, 731, 7,^)3, IbOi).
Wenn z. B. in 7(16 vi^aoi) nxoX(£jxat5o;) steht, so ist damit, meine
ich, der Distrikt bezeichnet, für welchen die (ungenannte) Grund-
steuer erhoben wurde. Statt des ganzen xötco? ist hier der einzelne
Ort hervorgehoben.
Wir sind damit zu dem Resultat gekommen , dass fast alle
Quittungen über Naturallieferungen aus der Ptolemäerzeit die Grund-
steuer betreffen, soweit sie nicht ausdrücklich andere Abgaben nennen,
wie den oTs^avo; xöv xaTotxwv (§ 118) und anderes. Auszuschliessen
sind natürlich auch die Quittungen über Spreulieferungen, die für
sich zu betrachten sind (§ 21).
Nicht anders liegt es, wie mir scheint, in der Kaiserzeit. Aus-
drücklich genannt wird die Grundsteuer nur ein einziges JNIal, in
767 mit UTiep üY^fxt'wO/). Vgl. § 30. Aber gemeint ist die Grund-
steuer auch hier in allen Thesaurosquittungen , soweit sie nicht
ausdrücklich eine andere Steuer nennen. Die Toparchie ist auch
in der Kaiserzeit der Steuerbezirk, der der Auflage und Erhebung
der Grundsteuer zu Grunde liegt. So finden wir auch die Toparchie
gelegentlich erwähnt, und zwar in der Weise, dass gesagt ist, in
das Magazin dieser oder jener Toparchie sei das Getreide abgeliefert:
liEliETpyjXEV bIc, 'il'Yjaaupov öcvcü oder xaxto xoTz(a.pyix<;) oder ähnlich.
Vgl. 761, 77S, 7S3, 799, 800, 805, 1009, i;i28, 1596. In
1009 (aus der Zeit des Augustus) heisst es ähnlich wie in den
ptolemäischen Texten: [iSfiexpYjxas ävo) 'ZOTi(apyJ.a.q). Während
dort die Form xotto;, vielfach ausgeschrieben, überliefert war, finden
wir für die Kaiserzeit in 1596 die Form xo7cap)((ia) bezeugt. Was
ich in den Observationes ad hist. Aeg. prov. Rom. p. 2(i f. über
die Gleichwertigkeit der beiden Ausdrüclvc gesagt habe, findet durch
das hier vorgelegte Material eine neue Stütze.
Doch die Fälle, in denen in der Kaiserzeit die Toparchie an-
gegeben wird, sind im Ganzen selten. Weit häufiger ist es, dass,
ganz wie wir es oben für die Ptolemäerzeit kennen lernten, keinerlei
§ 124. DIE TOPÄKCHIE ALS STEUERDISTRIKT. 309
nähere Angabe über die Art der Steuer gemadit wird. Vgl. 762,
768, 771 — 773, 77'J, 790, 7!)2— 794 u. s. w. Dies ist bis auf
Hadrian die vorherrschende Form. Von da an wird es Sitte,
zwar nicht die Toparchie, wohl aber das Dorf zu nennen, für
welches die Grundsteuer erhoben wurde — wie wir es gleichfalls
für die Ptolemäerzeit in einigen Fällen oben kennen lernten. lu
unserer Sammlung begegnet ein derartiger Zusatz zuerst im Jahre
125 n. Chr. (Nr. 820). Von da an wird es inmier häufiger, ja
schliesslich zur Regel. Wir meinen Zusätze wie br.ip Xapaxos
(oder auch bloss Xapaxo;), unkp Noxou xai Atßö;, brAp K£pa|jieiiüv,
hr.kp Nyjawv u. s. w. Kurz die meisten Oertiichkoiten, die wir auf
dem alten thebanischen Boden nachgewiesen haben, begegnen hier
als die Bezirke, für die die Grundsteuer erhoben ist. Es steht hier
der Einzelort an Stelle der gesammten Toparchie. Auf eine Aende-
rung in der Steuerpraxis möchte ich daraus für die Kaiserzeit
ebensowenig wie aus denselben Verhältnissen für die Ptolemäerzeit
schliessen. Dass die Toparchie auch in der Kaiserzeit die Grund-
lage der Steuerverteilung blieb, lehrt eine Gruppe von Berliner
l'apvri, auf die ich schon in den Observationes p. 24 f. kurz hin-
gewiesen habe (BGU 552^557). Es sind Berichte der Sexaicpwxoi
über die eingegangenen Weizenlieferungen, aus dem Herakleopoli-
tisehen Gau'), aus dem 10. Jahre des Kaisers Gallienus. Da sind
die Eingänge nach den Dörfern zusammengestellt, die Dörfer aber
sind nach den Toparchien, in denen sie liegen, grupjiirt. Zum
Schluss einer jeden Toparchie-Abrechnung heisst es dann: Yi(v£Tat)
X07t(ap)^ia;) + -=- x, d. h. „das macht für die Toparchie so und
so viele Artaben Weizen". Wir können somit die Toparchie als
Steuerdistrikt von den Zeiten des Philadelphos bis auf Kaiser
Gallien, also durch sechs Jahrhunderte verfolgen. j\Iit dieser Be-
deutung der Tojoarchie hängt es zusammen, dass in einem noch
unpublicirten Londoner Pap^Tus aus dem 2. Jahre des Hadrian,
den ich durch Kenyon's Güte einsehen durfte, die Thesauros-
beamten geradezu als die Sitologen der und der Toparchie be-
zeichnet werden. Es heisst da: Rxo/Jdo: xal [lEXO/ots atxoXd-
Y'Ois) xo-ap/(ias) AtovuacaSo[? y']tY!]\i{ixxoi) ßL. Vgl. Kenyon,
*) Dass sie nicht zum arsinoitischen Gau geböreu, bemerkte ich schon
Hermes XXVII S. 299 A. 6.
310 IV. KAPITEL.
Catalogue of additions to the departraent of Mss. 1888 — 1894
S. 4-26 Pap. CCXCV.
Ueber die Grundsteuer, die nach diesen Toparchien distribuirt
und erhüben wurde, ist oben in § 4G gehandelt wurden.
125. Tpocpwv 0£A(cpax(DV?).
In 265, 4 (Elephantine) scheint mir nach nochmaliger Revision
des Originals folgendes zu stehen: xal tpocpov (für xpo'fwv) OsX-
(cpaxwv) xxl xXaIwv) ayeXwv. Die Lesung bedarf noch weiterer
Nachprüfung. Wie diese Abgabe aufzufassen ist, lasse ich dahingestellt.
§ 12G. TvxT;.
In 1031 (aus dem Jahre 31 n. Chr.) quittirt der TsXwvYjg
5Vx"^; einer Frau Zsvapoeüg, da.<s er das liloq ScX-.faxL(Sjo; [iiäq
von ihr empfangen habe. Die Abgabe wird als uVx.tj, d. h. als
„Schweinesteuer" bezeichnet, und wird im gegebenen Fall „für
1 Ferkel" erhoben. Diese Schweinesteuer ist zu den Vermögens-
steuern zu zählen.
§ 127. T-sp 7ipo?s5wv cpoivix(ci)v).
Für Syene durch Nr. 276 (vom J. 186/7 n. Chr.) belegt.
Es kommt sachlich auf dasselbe hinaus, ob man 90cv£x(a)v)
oder 'focvtx(ü)V(i)v) auflöst. Unter dieser TipogoSo; kann wohl nur
die Einnahme verstanden werden, die dem Besitzer der (poivixss
oder 90tVLXü)V£5 aus dem Verkauf der Früchte (Datteln) und aus
der sonstigen vielseitigen Nutzbarmachung der Palmen erwächst.
Eine Abgabe, die uTisp TiposoSwv ^O'.vöxftov) erhoben wird, trifft
also dieses Einkommen und ist zu den Einkommensteuern zu zählen.
Genaueres lässt sich über diese Abgabe nicht ernütteln, da der
Schlu.ss der Urkunde nicht vollständig erhalten ist. Nur so viel
sieht man, dass sie in Geld gezahlt wird {vg\. Scaypa'^stv).
§ 128. Tukp v.\ifiq By|[ioaiou -.fOLv.xog und ÜTisp Ttp.fj$ cpoLv.xos.
Ersteres für Syene — Elephantine belegt durch 84, 93, 111,
126, 159, 161, 172, 227, 232, 243, 254, 255, 257, 266, 281,
285, 288, 1268, 127;i, 16(J9, Letzteres für Theben durch 502,
692, 693, 697, 1466, alle aus dem II. und III. .lahrhundert nach Chr.
§ 124 — 128. 311
In Elephantine quittirt man 07i£p xtpj; Syjfiooiou ^oivixoc.
Das AVort cpotv:xo; fiiuk-t sich in 2üt5 voll ausgeschrieben, eben
so Sy}[ioatou in 84, 111, 161, "24i]. Dass damit auf kaiserliche
Palniengärten hingewiesen wird, scheint mir daraus hervorzugehen,
dass die xtjiYJ von den kaiserlichen Praktoren erhoben wird, den-
selben, die auch die kaiserlichen Steuern eintreiben. Ti[xrj bezeichnet
hier den Kaufpreis, denn der Gedanke an eine Adaeratio wird durch
Sv]|i.oa[o'J ausgeschlossen. Es handelt sich hier also nicht um Abgaben
irgend welcher Art, sondern lediglieh um den Kaufpreis von üb-
jecten, die aus der kaiserlichen Domäne gekauft sind. Was ist nun
dieses Kaufobject? Das Nächstliegende scheint zu sein, epcEvt^ als
„Palmenbaum" zu fassen. Sieht man aber, dass in der Regel hinzu-
gefügt wird „yevyJiJiaTOS xoO x. exou?", so wird man vielmehr auf
das hingewiesen, was die Bäume in dem betreffenden Jahre getragen
haben, also die Früchte, die Datteln. Sprachlich ist diese Deutung
durchaus erlaubt, denn Hesyehios sagt unter cpotvt^: zo SIvSpov . . .
xal 6 xapTO^. Ich glaube daher annehmen zu dürfen, dass in
den vorliegenden Texten denjenigen Leuten quittirt wird, die aus
der kaiserlichen Domäfie Datteln gekauft haben. Ueber die Höhe
des Preises lässt sieh nichts eruiren. Die quittirten Summen sind
von sehr verschiedener PI übe, was zu unserer Auffassung passt.
Vielleicht ist es kein Zufall, dass die meisten Quittungen aus dem
October und November stammen. Die Dattelernte findet in Aegypten
im August und September statt. In diesen Fällen handelt es sieh
also um den Ankauf von frischen Datteln aus der neuen Ernte.
Dem widerspricht nicht, dass die Früchte regelmässig als zu dem
Y£V7jfj.a des verflossenen Jahres gehörig bezeichnet werden. Auch
die Früchte, deren Ernte in den Anfang des aegyptischen Jahres
hineinfällt, sind doch gewachsen und geworden in dem vorher-
gehenden Jahre. Sie sind das yevrjjia des Jahres, das kalendarisch
mit dem 28. August abschliesst.
Bei den thebanischen Quittungen, in denen die cpotvcxs; nicht
als Sy][ioatot bezeichnet werden, kann man schwanken, ob TtjjiT)
als Kaufpreis zu fassen ist. Die Möglichkeit, dass es sich auch
hier um den Verkauf kaiserlicher Datteln handelt, ist nicht aus-
geschlossen, und man könnte auf die durch Str.abo XVII p. 818
bezeugten kaiserlichen Palniengärten der Thebais hinweisen. Andrer-
seits besteht aber auch die Möglichkeit, dass mit der Formel UTtsp
312 IV- KAPITEL.
TtliYji; auf eine Adaeratio hingewiesen wird (vgl. § 87). Dann würde
in die.<eu Fällen Geld gezahlt werden, während eigentlich Datteln
als Abgabe zu entrichten waren. Wie in § 87 würde man auch
hier zunächst an die Annona denken. Diese zweite Deutung ist
mir wahrscheinlicher, doch muss ich die Frage offen lassen.
§ 129. [Ttiep .... cpo]ivtx(wv) oea[i(ö)v) \iZ,.
Vgl. Nr. 35 aus Syene vom J. 89 n. Chr.
Schon in der Revue Egj^ptologique VI S. 11 erklärte ich
Stov- als 5la|iat im Sinne von „Bündel". Ich halte an dieser Er-
klärung fest, zumal uns inzwischen auch in den Flinders Petrie Papyri
die BlajiY] als Mass (für Heu) entgegengetreten ist (vgl. Kaj). X).
In diesem Zusammenhange kann cfomE, nicht die Palme, auch nicht
die Palmfrucht, sondern nur den Palmzweig bedeuten. Dass das
Wort diese Bedeutung haben kann, bezeugt Pollux I 244: xaXeaat
5^ xal 6 xXaSoj aoxoO 6|jhovu|jiw5 (fotvt^.^) Wie die vorliegende
Zahlung aufzufassen ist, bleibt mir dunkel. Verbindet man (potvtxwv
direct mit ur.kp, so würden die 47 Bündel Palmzweige (im Besitz
der Zahler) das Steuerobject darstellen. Man könnte aber auch
U7i(£p) xi([ific,) (fiotvixwv ergänzen, und da die Zahlung von Steuer-
pächtern erhoben wird, würde man hier wohl eher an eine Adaeratio,
als an den Kaufpreis denken (vgl. den vorigen Paragraphen).
§ 130. 'i'opog — cpotV^XWV.
Wenn unsere Ergänzung von 1.536 (II. Jahrb. vor Chr.) richtig
ist, wird dort über den tföpo? Twv |i[e|ita9'((i)(i.£vwv I aot] i^otvixwv
quittirt. Oöpoc steht dann in dem Sinne von £x<f optov für den Pachtzins
(vgl. § 133), denn die Quittung macht durchaus den Eindruck einer
Privaturkunde. Dies wäre wohl das älteste Beispiel dieses Sprach-
gebrauches.
Vielleicht liegt dieselbe Abgabe in 1446 vor, wo «tio tpöp(ou)
1 Artabe Datteln gezahlt wird (vgl. Corrig.). Doch ist die Lesung
cp6p(ou) hier nicht sieher. Die Quittung isj; ausgestellt von irj.-
xyjprj(Tai) xxrj([>.ä.TMV), etwa Güterinspectoren. Man könnte sich
') Ueber mannigfache Verwendungen der Palnienzweige vgl. Wönig, die
Pflanzen i. alt. Aeg. S. 313. Als ßai; spielen sie auch im Haushalt des
Jupiter Capitolinus in Arsinoe eine Rolle. Vgl. Hermes XX. S. 458.
I
§128 — 131. ;513
hier als den Grundeigentümer wohl den Kaiser, aber auch einen
reichen Privatmann denken. Dass in dem einen Falle mit Geld,
in dem anderen in natura gezahlt wird, wird in den betreffenden
Pachtcontracten so festgesetzt sein.
§ lol. TTtEp Cp&LVlXWVWV lUul U7i£p y£0)|J,e"pLag CfOLVlXWVOiV.^)
Erstercs für Theben belegt durch Nr. 350, 3(39, 379, 396,
307, 400, 407, 494, 540, 649, 1323, 1326, 1327, 1364, 1382,
1383, 1385, 1389, 1398, 1548, 1554, Letzteres fiir Syene-Ele-
phantine durch Nr. 1.3—15, 17, 22, 88, 157, 184, 210, 238,267,
268, 275, 284, 1610, alle aus der Kaiserzeit.
Dass mit dem Ausdruck unip (focvtv.wvwv die Grundsteuer
bezeichnet wird, die auf dem Palmenboden-) lastet, kann sachlich
und sprachlich kaum in Zweifel gezogen werden. Dass aber auch
mit dem Ausdruck unip ycW|j.£Tp!a^ cpotvixiövwv nichts anderes ge-
meint ist, haben wir oben in ^ 27 nachzuweisen und zu erklären
versucht. In dem vorliegenden Material ist die erstere Formel in
') Der Singular q/OtvtKöivoj ist ausgeschrieben in 184. Dagegen steht in
275 TÖJv 0(0x0)7) cpt;i(vtxtovu)v). Unter einem cpoivf/räv ist ein Grundstück zu ver-
stehen, das ganz oder wenigstens vorwiegend mit Palmen bestanden ist. Nur
von solchen handeln die hier vorgelegten Quittungen. Dagegen kommen hier
solche Grundstücke nicht in Betracht, in denen vereinzelt Palmen steheu , wie
das namentlich in den ii:apaä£'.aot vorkommt. So heisst es in BGÜ 348
(vom J. 156) : KaXüäg Tcoivja'-s xo'j; cf oivtxa; xous ev iS): (1. x^t) Kapaäiami Tto/.i^aag
(1. iitu>.T;aaj.) In einem anderen Falle tinden wir Palmen auf einem Weizenacker
erwähnt (BGU 227). Wohl wird hier das dxcfopiov, wie billig, nach Artaben
Weizen festgesetzt, doch auch von den vereinzelten Palmen scheint eine .\bgabe
festgesetzt zu sein. Denn das ist wohl der Sinn der beiden noch nicht sicher her-
gestellten Worte über Z. 16. So wii-d bei gemischten Anpflanzungen die Be-
zeichnung immer a potiori genommen. Im Faijüm, wo auch die Olive gedieh,
finden wir nach BGU 141 Grundstücke, in denen Olive und Palme neben-
einander und, wie es scheint, in etwa gleichem Verhältnis wuchsen. Ein solches
Grundstück heisst eXaimv xal (po'.viKüiv und wird mit einer einheitlichen Grund-
steuer belastet (vgl. I Z. 10, 12, wo auch sXaKÖvos vor ■x.ai cpo'.viy.fivoc; zu
ergänzen sein wird, und II. Z, 9). — Eine interessante Illustration zu solchen
gemi.schten Anpflanzungen bietet ein aus Theben stammender Grnndriss eines
altaegyptischen Gartens, aus der Zeit der XVIII. Dynastie. Vgl. Erman,
Aegypten u. aeg. Leben S. 2 74.
^1 Für die aegyptischen Palmen verweise ich auf Wönig, Die PHanzen im
alten Aegypten, S. 304 ff.
114 IV. KAPITEL.
Theben üblich, während für Svene — Elephantine bis jetzt nur die
andere bezeugt ist. Die Identität ist liier nicht so evident wie bei
den a|i-£).ä)V£; , weil wir nicht in der Lage sind, wie dort den-
selben Steuersatz für Beide nachzuweisen (S. 147 f.). Das kommt
daher, dass in den elephautinischen Texten niemals der Flächen-
inhalt angegeben ist. Aber was für die ä[i-cXwv£; gilt, muss auch
für die '.poivtxwvEj gelten. Man könnte auf 1301 hinweisen, wo
unter der Ueberschrift Tzo{ [iexpiCK^] nicht nur für ä|j,7i£Äwvc-;, sondern
auch iür ^o:v;v.(I>V£? Grundsteuer berechnet wird. Auch in 407
liegt es sehr nahe, vor ^o(tVf/.ojvwv) aus der vorhergehenden Zeile
ein ■''£W[i£Tp{x; zu suppliren (vgl. d|io!ü)c;j.
Die Grundsteuer für Palmeuland wird regelmässig nicht in
uatura, sondern in Geld gezahlt. Aus den Elephantiner Ostraka
lässt sich über die Höhe der Steuer nichts feststellen, da sie, wie
gesagt, sich darauf beschränken, nur die Geldsumme zu nennen.
Es begegnen die verschiedensten Summen, entsprechend dem ver-
schiedenen Umfang der besteuerten Ländereien. Dass die zahlenden
Personen die Eigentümer der Grundstücke sind, kann nicht bezweifelt
werden; auch Frauen begegnen darunter (vgl. 210j. Meistens ist
zu der Steuer nur die Jahreszahl hinzugefügt, wobei zu bemerken
ist, dass (ausser in L")7 ) immer das verflossene Jahr genannt wird.
In «inigen Fällen steht .statt der einfachen Jahreszahl yr/r^ixaToj
loO X. ETou? (vgl. 88, 184, 267, 268, 275), einmal XrjdmixMV)
ToO X. £xo'j; (1610). Dass die Grundsteuer für Palmenland für das
verflossene Jahr gezahlt zu werden pflegte und nicht wie beim Körner-
boden für das laufende Jahr (vgl. S. 21of.), hängt mit dem Termin
der aegyptischen Dattelernte zusammen. Diese fällt in den August
unil September, also gerade in die Wende des aegyptischen Jahres.
Ich hob schon oben S. 311 hervor, dass die Datteln, die in den ersten
Tagen oder Wochen des neuen Jahres geerntet wurden, mit Recht
als Y£Vy;[ji,a, als Wachstum des verflosseneu Jahres bezeichnet werden
konnten. Da es sich hier nirgends um Naturallieferuugen handelt,
so kann mit YEvVjjiaTo; xoö x. exouj nicht die Ernte gemeint sein,
von welcher die Zahlung erfolgt (vgl. S. 214), sondern für welche
gezahlt wird. Die Richtigkeit dieser Auffassung wird durch ein
soeben in Berlin erworbenes Ostrakon, P. 8597, erwiesen, in welchem
quittirt wird: 'J7i;(£p) ytwii(txp'.aq) q30tv£tx((i)V0)v) 'ApaßEa? ü7i(£p)
Xrj|ji([jiaTa)vj a^. Es ist von denselben Pächtern ausgestellt, die in
I
i
§ 131. GRUNDSTEUER VOM rALMENLANI). Ulf)
iniO einfach Xvirji[iaTti)v) sagen. Es zeigt sich hierin wiedenini,
dass die Grund.steuer als Ertragsstcuer aufgefasst wurde (vgl. >S. 214).
Eine Besonderheit findet sich in 275: da wird tö 5 , d. h. tö XETacp-
TOV gezalilt. Ich ei-wähne es nur, um davor zu warnen, etwa eine
Angabe über die Höhe der Steuer darin zu seilen. Es kann in dem
Zusammenhang nichts anderes bedeuten, als dass der Zahler eine Rate
im Betrage von einem Viertel der auf ihn fallenden Gesammtsumme
entrichtet hat.
Weiter kommen wir mit den thebanischen Urkunden. AVie
bei den d(i.7ieXö)V£; werden wir auch hier den grossen Londoner
Papyrus CXIX zur Ergänzung heranziehen (vgl. oben S. 148).
Aus diesem PapjTus lernen wir, dass in Theben (II. Jahrh. n. Chr.)
die Palmenländereien, soweit sie in Privatbesitz waren, in sehr ver-
schiedener Höhe zur Grundsteuer herangezogen wurden. Es lassen
sich folgende Sätze erkennen: 1. 20 Drachmen für die Arure (Z. 8,
11, 18, 27, 41, 50, 51, 56, 59, 61, 74, 76, 77, 78, 79, 102,
108, 109, 114, 115, 124, 126, 132, 148). 2. 40 Dr. (Z. 57,
60, 73). 3. 75 Dr. (Z. 119) und 4. 180 Dr. (Z. 101). Auch
hier wird die Verschiedenheit des Steuersatzes namentlich in der
verschiedenen Qualität des Bodens ihren Grund haben. Bei den
a,\iiie'k&yeg sahen wir, dass die höher besteuerten Grundstücke an
die tspä, die niedriger besteuerten an die OioixrjOii; zahlten. Das
triöl auf die Palmenländereien nicht in demselben Masse zu. Wohl
gehen die Summen, die nach dem Satz von 20 und 40 Drachmen
für die Arure gezahlt werden, auch hier regelmässig an die o:o'.y.r^aiq,
während der zu 75 Drachmen Besteuerte an die izpi zahlt. Aber
der höchste Satz, der zu 180 Drachmen, geht nicht an die Espa,
sondern an die Stotxvjatj.
Auch in den Ostraka können wir Zahlungen an das Staats-
ressort und solche an das Tempelressort unterscheiden. In mehreren
Fällen werden nämlich die (potvtxwvs? als Espaxcxot bezeichnet (369,
379, 397, 494, 1323, 1548). Nach dem Wortlaut sollte man meinen,
es seien Palmengärteu, die den Tempeln gehörten. Diese Deutung
ist hier aber völlig ausgeschlossen. Es kann kein Zweifel bestehen,
dass es sich hier überall um Privatbesitz handelt. Die Steuerzahler,
unter denen sicli auch Frauen befinden, sind die Eigentümer der
betreffenden Ländereien. Ich sehe in dem Zusatz tspat'.y.ot lediglich
einen Hinweis darauf, dass die Grundsteuer an die lepa, nicht an
316 IV. KAPITEL.
die Stocxrjotc: geht. Andrerseits halte ich dafür, dass diejenigen
tpoivtxwves, die nicht jenen Zusatz haben, au die Stotxyjoti; steuern.
Dass in dieser Weise die Steuererträge auf die beiden Ressorts re-
partirt wurden, dafür bürgt der Londoner Papyrus, der geradezu
auf diesem Grundsatz basirt. Dass es sich iu ihm aber um Privat-
eigentum handelt, unterliegt keinem Zweifel; werden die Grundstücke
doch mehrfach ausdrücklich als fStöxxyjxoi bezeichnet.
Ehe wir versuchen, aus den überlieferten Summen die Höhe
des Steuersatzes zu berechnen, sei ein Wort über die Ratenzahlungen
Yorangeschickt. Ich habe schon in den Göttinger Gel. Anz. 1894
S. 734 darauf hingewiesen, dat^s iu dem Londoner Papyrus die ein-
zelne Rate nicht als Bruchteil der zu zahlenden Gesammtsumme aufge-
fasst wird, sondern als Vollzahlung für den betreffenden Bruchteil
des Grundstückes. Vgl. z. B. Z. 79: W£V|iü)v^7ji; 'ÄTra^ou iyot(Vixwvo;)
EStox(TirjXou) dv(ä) ^v. xß (seil. toO SsTvo? (xr^vöj) anb ärf xiil l^
dXp 0'.Oix(rpzu)c) ^ eTo/X- ^^ besagt: Psenmonthes besitzt im
Ganzen ^ ^ Ai'ureu Palmenland (die Arure zu 20 Drachmen Grund-
steuer). Er zahlt aber zur Zeit (am 22. des betreffenden Monats)
nm- für | davon, d. h. nur für | -^K Arure. Das macht 5 Drachmen
3.J Obolen 2 Chalkus. Dieselbe Art der Ratenberechnung liegt nun
auch in unseren Ostraka vor, nur dass hier nicht ausdrücklich an-
gegeben ist, ob die gezahlte Summe eine Rate oder der volle Betrag
ist. Wir dürfen daher, auch unter der Annahme von Raten, doch
immer die Geldsumme als den vollen Betrag für das angegebene
Stück Land betrachten und sind daher iu der Lage, den Steuersatz
für die Arure zu berechnen. Ich stelle zunächst diejenigen Num-
mern zusammen, in denen der Betrag nach obiger Deutung an
die SioiXYjaLs geht.
In Nr.
3ÖG (19/8 V. Chr.) wird gezahlt für j i ^ ^ Arure— 8 Dr.3 0bol.
1364(16/5 „ ) „ „
1054(37/8 n.Chr.) „
1382 (43i4 „ ) „
1383(43/4 „ ) „
1385(44/5 „ ) „
396(47/8 „ ) „
407(54/5 „ ) „
[P.4434(54i5)„ ) „ „ „ ^ „ -1 „ U „Y)
ilh
„
— 5 ,
, 3
ilV-3^2
n
-6 „ 3|
t\t,S
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-1 „ 5
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»)
— 3 ,
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H
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— 7 ,
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— 1 ,
5
iV^
M
— 1 .
5J
tSt
-1 ,
H
§ 131. GRUNDSTEl'ER VOJI l'ALMENLAND. 317
In Nr.
1389 (57/8 n.Chr.) wird gezahlt für -j^ ^\ ^ Arure — 2 Dr. 1 Ohul.
1398(66/7 „ ) ., „ „ i^, „ -5 „ 4 „
1326(67/8 „ ) „ „ ; ii ,. -7 „ 3 „
1327(77/8 „ ) „ „ „ ? „ -5 ..
540(128/9 „ ) „ „ ,. ? „ — 2 „
649(156/7 „ ) „ „ „ ? „ — 4 „
Der unschätzbare Londoner Papyrus lehrt un.s die interessante
Thatsaehe, dass bei der Berechnung der Grundsteuer für die kleineren
Aruren- Bruchteile Abrundungen, bald nach oben, bald nach unten
vorkamen. Ich habe zur Prolie einige Falle auf S. 145 der Keuyon'-
schen Edition nachgerechnet und fand daselbst mehrere Beispiele
für solche Abrundungen. So müssten in Z. 50 für ^4 Arure bei
dem Satz von 20 Drachmen nicht 2 Obolen, sondern 1 Obol und
7 Chalkus gezahlt werden. Es hat also eine Abrundung der Summe
nach oben um 1 Chalkus stattgefunden. Das findet sich genau so
in Z. Ö4 wieder, und ebenso auch in Z. 59, W'o für ^ -^ Arure
(zu 20 Dr.) 2 Dr. 5 Obolen gezahlt werden. Exact wäre gewesen:
2 Dr. 4 Ob. 7 Chalkus. Dass wir es hier wirklich mit kleineu
Ungenauigkeiten zu thun haben, nicht etwa mit verschiedenen Steuer-
sätzen, wird dadurch über allen Zweifel erhoben, dass ja im Londoner
Papyrus ausdrücklich der Steuersatz in jedem Falle erwähnt wird:
äva hpo!.y\i.a.q x. Dies ist uns um so wertvoller, als in den Ostraka
der Steuersatz nicht genannt wird, sondern von uns eret aus dem
Verhältnis der gezahlten Summe zu der Flächengrösse berechnet
werden soll. Wir werden daher auf Grund des Londoner Papyrus
von vornherein erwarten dürfen, dass auch hier kleine Ungenauig-
keiten begegnen. Die obige Tatelle scheint mir nun zu ergeben,
dass in sämmtlichen Fällen, die controllirbar sind (also ausser den
o letzten), der Satz von 20 Drachmen für die Arure vorliegt. Und
zwar ist die Rechnung exact in 1326, 1383, 138.5 und in P. 4434.
Es ist gewiss kein Zufall, da.ss in diesen Fällen ein kleinerer Aruren-
Bruchteil als ^^ nicht begegnet, und wir können sagen: die Genauig-
keit in der Ausrechnung der Steuersumme geht nur bis -^ Arure.
In allen anderen Fällen, wo -^ und -^ auftreten, haben wir es
mit Abrundungen zu thun. Zur Erleichterung der Nachprüfung
schreibe ich hier den Normaltarif hin:
318 IV. KAPITEL.
1 Arure — 20 Drachmen.
i „ - 5 ,.
Jf „ — 2 „3 OboleD.
1^ „ — 1 ,, 1 „ 4 Chalkus.
/i „ — 1 ,. 7
Hieraus ergiebt sicli, dass auch in den anderen in der Tabelle
aufgeführten Fällen der Satz von 20 Drachmen für die Arure zu
Grunde liegt, dass hier aber Abrundungen, bald nach oben (356, 407,
1398), bald nach nuten (396, 1364, 1382, 1389, 1554) vorliegen.
Die Difibrenz zwischen der normalen und der effelvtiven Summe
beträgt 1, 2, auch 3 Chalkus. Nur einmal (1364) begegnet ein
Nachlass von 6 Chalkus. Ich wünschte, dass das Original nochmals
daraufhin verglichen würde, ob wirklich ^ef dasteht, wie ich ge-
lesen habe, und ob nicht vielmehr ^zf zu lesen ist. Dann würde
auch hier nur eine Abrundung um 2 Chalkus (und zwar nach
oben) vorliegen.
Bei denjenigen Summen, die für cpotvixövs; tepaxtxot gezahlt
werden, sind wir nicht in der Lage, in ähnlicher Weise den
Steuersatz zu berechnen, da hier, wohl nur zufälliger Weise, die
Angabe des Flächenmasses fehlt (369, 379, 400, 494, 1323,
154.S). Nur in 397 ist es angegeben. Hier werden für -gij Arure
4| Obolen gezahlt. Nach dem Satze von 20 Dr. für die Arure
müssten aber 3 Obolen und 6 Chalkus gezahlt werden, und es
wäre sehr merkwürdig, wenn man dies ohne Not nicht etwa auf
4 Obolen, sondern sogar auf 4 Obolen und 4 Chalkus erhöht
hätte. Ich lasse es dahingestellt, ob daher hier vielleicht ein an-
derer Steuersatz anzunehmen ist. Die gezahlte Summe würde correct
sein bei der Annahme eines Steuersatzes von 24 Dr. für die Arure.
Es ist nicht iminteressaut, einige Steuerzahler zu betrachten,
die zu wiederholten Malen begegnen. So zahlt 'Ep[i;a5 ZwöXou
(nach 1382) im J. 43/4 für -^ -r^^ Aruren, und im J. 54/5 (nach
P. 4434) für -jijj. Ich möchte daraus nicht -den Schluss ziehen,
dass sein Grundbesitz sich etwa in der Zwischenzeit um -^% ver-
mindert hätte, wiewohl die Möglichkeit natürlich besteht. Nach
dem, was wir oben über die Ratenzahlungen sagten, ist es vielmehr
näherliegend anziiiiohmen, dass in der zweiten Quittung nur eine
§131 — 133. 319
Ratenzahlung, die den Steuerbetrag von ■^\■; deckte, vorliegt. Ja,
auch die j\ -^^ hraucliten nur einen Bruchteil des Ganzen aus-
zumachen. So erklärt es sich auch, wenn IlExeiievw'ft; riaji.wvil'ou
als Grundsteuer für sein Palmeiiland im J. .'51/2 3 Dr. 4.V Ob. zahlt
(1548), im J. 3(3/7 4J Oboleu (379) und im J. 49,50 8 Dr. 4 Ob.
(1323). Die beiden ersten Zahlungen sind sicher Ratenzahlungen,
vielleicht auch die letzte. Es ist übrigens bemerkenswert, dass diese
Palmenländereien des Petemenophis in allen drei Füllen, durch
18 Jahre hindurch, immer zu den hpa(,v.y.ol cpocvixwvs; gehören.
Wir haben somit den Nachweis geführt, dass in der Kaiserzeit
(I/TI. Jahrl). ii. Chr.) die Palniengärten sowuhl in Svene- Elcphantine
wie in Theben, genau so wie die Weingärten, nicht in natura, sondern
in Geld besteuert wurden, und dass diese Geldsteuer als ein fixer
Satz für die Arure, in verschiedener Höhe, je nach der Qualität des
Bodens, aufgelegt war. Dass sich in unserer Sammlung keine
Quittung über diese Steuer aus der Ptolemäerzeit findet, kann nur
ein Zufall sein. Auch die Papyri bieten so gut wie nichts. Die
(potv'.xwves in Petr. Pap. (II) XLIIIb glaube ich hier ausscheiden
zu müssen, weil es nach der Ueberschrift sich um die ex'Tj xai
Sexair,, d. h. die Apomoira handelt (s. oben S. 157 A. 2). Vielleicht
wird man XXXIXi auf die Grundsteuer beziehen dürfen. Doch ist
der Beweis nicht zu führen.
§ 132. OGptxCov).
In 1546 scheint das Wort !:pGptx(oO) eine Abgabenart zu be-
zeichnen, wie die Gegenüberstellung mit ^ nahelegt. Es mag wohl
von cpopog abzuleiten sein. Doch wage ich keine genauere Erklärung.
§ 133. <l>6po5.
Für Elephantine^) belegt durch Nr. 6.57. Vgl. 11()7. 1177.
Der cföpoc, Y'^S in 657 wird von einem Manne gezahlt, der
das betreffende Grundstück in Pacht hat (•?); e'X'-? ^^ |i'.a9-(i)a;).
') Mit Unrecht habe ich die Nummer in die thebanischen Ostraka ein-
gereiht. Die Eigennamen (IIaxoiiX''jP-'Si nanpeiitS-igg, Il£xexvoO|j.tS) weisen deutlich
nach Elephantine. Sollte der unterzeichnende 'Pou-.fiXXoj Ni^pou vielleicht
identiscl» sein mit dem gleichnamiüien Agoranomos Elephantines, der durch den
Pap. Paris. 17 für das .Jahr 153 n. Chr. bezeugt ist? Dann würde die vorliegende
Quittung in der Agoranomie ausgeslelll sein. In diesenx. Falle wäre allerdings
anzunehmen, dass wir nur eine Copie vor uns haben, nicht das Original I vgl. S. 12).
320 IV. KAl'lTEL.
Wir werden daher in dem ifopos den Pachtzins sehen, den der
Pächter dem Grundeigentümer zahlt. Dieser Pächter erhält Quittung
von drei Männern, die sich als ^mxYjprjxal y^s T|i.ouaäveü)s bezeichnen,
vermutlich die Verwalter des Grundeigentümers, und zwar legt
ihr Titel die Vermutung nahe, dass es sich um kaiserliches Do-
niaiiialhuid liaiidelt, das eben an den Zahler in Pacht gegeben ist.
Wie wir in § 37 gezeigt haben, ist nun zwar die übliche Bezeich-
nung für den Pachtzins iy.(p6pioy. Aber auch ^öpoc, kommt daneben
in dieser Bedeutung vor. In BGU 409 (a. 313 n. Chr.) wird einem
Pächter der Empfang des (föpoi; quittirt. Dabei wird die Urkunde
bezeichnet als ixiod'aTZoyJ]. <^6poc an der Stelle, wo wir nach
Obigem Ix^opoov erwarten würden, begegnet ferner: BGU 303,16
(a. 586 n. Chr. 'jizsp aTiotäxxou (fopou); 307/8 (byz. Zeit); 349,8
(a. 313 n.Chr.); 364,12 (a. 553 n. Chr. unkp aTioxaxxou (p6pou);
396, 7 und 13 (byz. arab. Zeit); Pap. Genev. 10 (a. 323, wo
in Z. 13 [cpöpou] zu ergänzen sein wird); Pap. Grenf. (I) LIV, 12
(a. 378), LVI 11. Die Beispiele stammen sämmtlich aus der jüngeren
Zeit. Vergleiche jedoch das Beispiel in § 130 aus dem II. Jahrh. v. Chr.
Auch im Pap. Lond. CCXVI vom J. 94 n. Chr. steht '-fipoc, für
Pachtzins. Ebenso scheint in BGU 487 (IL Jahrh. n.Chr.) i^öpoc
in Verbindung mit der jjLtaO-cöacs vorzukommen, und vermutlich
sind die ^opot in unserer Nr. 1167 ebenso zu deuten: Abydenos wird
der Grundeigentümer sein, und die anderen Männer, die ihm Weizen
liefern, werden .seine Pächter sein. Vgl. Nr. 1177. Weitere Bei-
spiele für cpopog als Pachtzins bringt jetzt CPR I (vgl. S. 153).
Andrerseits kann aber ^öpoQ auch in dieser Urkundensprache eine
staatliche Steuer bezeichnen. Vgl. z. B. fopoc, ßowv in § 144 u. a.
§ 134. Trap (^'jX(ax'^g) oder cpuX(a%wv) und (rnkp &tj;tovfc'j
(puX(axü)v).
a) Ersteres für Theben belegt durch Nr. 451, 460, 463, 467,
472, 478, 480, 529, 581, 616, 1283, 1285, 1429, 1477.
b) Letzteres für Theben belegt durch Nr. v422, 427, 428, 430,
433, 435, 437, 441, 442, 445, 447, 449, 455, 461, 465, 1281, 1284.
Die Vergleichung der Texte lehrt, dass mit den beiden ver-
schiedenen Ausdrücken ein und dieselbe Abgabe bezeichnet wird.
Drei Quittungen stammen aus Xäpa^ (581, 616, 1477), drei aus
§133—135. 321
einem anderen nicht genannten Orte (451, 467, 478), alle andoroii
aus NÖTOs xal Aii\i.
Es scheint, dass dw^e Abgahe, die für die „Besoldung der
Wächter" erhöhen wurde, in jedem Jahre neu auijrclegt wurde, und
zwar für alle .Steuerpflichtigen immer in derselben Ii<)he, also kopf-
steuerartig. Das ergiebt sich aus den Fällen, in denen wir mehrere
(Quittungen für ein Jahr haben. Für 7.") (> zahlt sowohl Ka|x-^T:5
(441) als W£va£vxt9of|S (442) je 1 Dr. 11 Ob. Für 79,80 zahlt
sowohl 'AtioXXws (451) als Ka|xfjTts (1281) je 1 Dr. Für 83/4
zahlt sowohl Ka|j.^T[i; (461) als fevasvttil'Ofj? (460) je 1 Dr.
Ebenso stellt es sich für 84/5 (vgl. 463 und P. 1787) und 86/7
(vgl. 472 und 1284) heraus. Diese Regelmässigkeit scheint mir dafür
zu sprechen, dass wir es hier nicht mit Raten zu tliun liaben.
Andrerseits sehen wir, dass ein und dieselbe IVrson in ver-
schiedenen Jahren in verschiedener Höhe bezahlt. So zahlt l\.a.\i.rixic,
ÜETEapTipT^ous für 67/8 (422) 1 Dr. 4 Ob., für 69;70, 70/1 und
72/3 (428, 430, 433) je 2 Dr., für 75/6 (441) 1 Dr. H Ob., für
77/8 (447) 1 Dr.
An was für ^'jXaxs; hier im Speziellen zu denken ist, ist schwer
zu sagen. Denn es gab (füAaxsg der verschiedensten Art. Eine
Zusammenstellung des Materiales findet man bei 0. Hirschfeld, Die
aeg. Polizei in der Kaiserzeit nach Papyrusurkunden (Sitzungsb.
Berl. Akad. 1892. 28. Juli). Doch wenn hier von ^uXaxs; schlankweg
geredet wird, so ist es mir am wahrscheinlichsten, dass damit die
Dorfpolizei der betreffenden Ortschaften geraeint ist, die, wie ich
bei Hirschfeld a. a. O. S. 2 bemerkt habe, zu den oy;|Jioatot der
Dörfer gehören. Für das Kostgeld dieser „Wächter" hatten also
die Gemeindeangehörigen alljährlich einen Zwangsbeitrag in der oben
bezeichneten Art beizusteuern. Ueber das (f'jXaxtxcxöv vgl. § 212.
§ 135. Xstpwva^iov.
Für Syene-Elephautine belegt durch Nr. 16, 19, 23, 27, 28,
32, 40, 45, 50, 66, 67, 77, 78, 80, 107, 109, 110, 133, 153,
166—168, 175, 181, 193—195, 199, 20(1, 207, 250, 291, alle
aus dem I. und II. Jahrh. u. Chr. Für Theben vgl. Nr. 527.
Xeipwvä^LOV ist die Steuer, die die )(2tptt)V«XT£e, die Hand-
werker, für die Ausübung ihres Gewerbes zu zahlen haben, also die
WiLCKEN, Ostr.ika. -^
322 n- KAPITEL.
„Gewerbe.-K-iiei". In der Literatur begegnet der Ausdruck nur bei
Ps. Aristot. Oeconom. II 1,4, wo neben der Kopfsteuer, dem imv.z-
<paXiov, das y^eipwva^tov unter den -pojooot der Siitrapenwirtschaft
aufgezählt wird
Untersuchen wir, ob sich aus dem vorliegenden Material ein
Einblick in das System gewinnen lässt, nach welchem die Gewerbe-
treibenden zur Steuer herangezogen wurden. Wir werden unten
sehen, dass man, wie heute, auch im Altertum verschiedene Arten,
diese Steuer aufzulegen, gekannt hat. Für das ptolemäische und
römische Aegypten liegt uns in der Literatur kein Zeugnis vor. Aus den
kurzen aber inhaltscliweren Worten Strabo's (XVII. p. 787) ..loui;
5' ooa £V sipr'jVTi 'C^l'^ "^^ ''■^"^ tsx^^S epyai^oiisv&us, äcp' wv^tep xal
od TipöcoSot ouvirjYOVTO xw ßaaiXsI", durch die die Gewerbesteuer
für die Ptolcmäerzeit bezeugt wird, hatte bereits Lumbroso (Re-
chercbes S. 297) mit Recht geschlossen, dass wohl alle die ver-
schiedenen Gewerbe, die er auf S. 104 f zusammenstellt, einer Ab-
gabe unterworfen gewesen seien. Doch über die Art dieser Gewerbe-
steuer geben Strabo's Worte keinen Aufschluss. Diese Lücke füllen
nun die Ostraka und Papyri.
Betrachten wir zunächst die Ostraka. In den obigen Nummern
wird nm- zwei jNIal das Gewerbe des Zahlenden ausdrücklieh
genannt, in No. 23 und 45.^) In 23 zahlt ein gewisser Pheuopis
für das Jahr 71/2 am 30. Mesore 72 un{tp) xtfpwva^tou) Xiv6i:p(ö(v)
'E?.£^(aVTtvr;5 ) 12 Drachmen. Hier könnte man noch schwanken,
ob die 12 Drachmen Vollzahlung oder Rate sind. Die Zweifel
werden durch Nr. 27 gehoben, wonach derselbe Phenopis für die
Gewerbesteuer des Jahres 75/G am 30. Mesore 7() zahlt locc, X(onziq)
ap-("j(pioi)) 5pa(y(j.äc) töyxTito / ^ t,3, d. h. „er zahlt die noch
restirenden 8 Drachmen, das macht in Summa 12 Drachmen". Damit
scheint mir erwiesen, dass der Leinweber Phenopis 12 Drachmen
zu zahlen hatte, und offeulm.r für's Jahr.''^) Dabei ist die Frage
') Das vou Marquarilt (RStV II- S. 1',I9 A. 5) aus Fröhner citirte xeipovagiov
— xaii'»)X£i(ou) ist aufzugeben. Es ist statt dessen zu lesen: Xao(Ypacp£a;) — xaxi
|i4po;. Vgl. Nr. 104. Natürlich zahlten auch die 5iä7iY)Xoi eine Gewerbesteuer.
') Nachträglich waren mir allerlei Bedenken gekommen, ob die Zahlungen
nicht auf den Monat statt auf das Jahr zu beziehen seien. Ks würde mich zu
weit führen, wollte ich die sehr verwiekelteii uud verschlungenen Wege, auf
denen sich iiieiue Bedenken und dann meine Gegengründe, die mii'h an der
I
§ 135. DIE GEW'ERBESTEUER IN ELEPHANTINE. 323
noch unentschieden, ob diese Summe alf- Quote des jiiliilirlien Ge-
wiimstes oder aber als Fixum, das auf das Gewerbe als solclics gelegt
war, aufzulassen ist. In ersterem Falle wäre anzunehmen, dass
riiunopis im J. 75/6 genau so viel verdient hätte wie im J. 71/2.
In Nr. 45 zahlt ein XivoTitöXr^; Peteyris für das /e'.pwvä^iov
des Jahres itG;7 erst inl Xöyou, also als Rate, 4 Drachmen, darauf
ta? XuT^a? xoO «L ^ öxtw. Dies crgiebt mit Sicherheit, dass auch
der Xtvo7iii)Xy]s Peteyris 12 Drachmen für das Jahr zu zahlen hatte.
No. 50 zeigt, dass derselbe Peteyris für i)8 wiederum 12 Dr. zahlt.
In Nr. 6<) wird ihm für 101/2 die Ratenzahlung is-l löyoo) von
4 Dr. quittirt, während (»7 die Generalquittung') für dasselbe
Jahr 101/2 ist, wonach er auch für dieses Jahr 12 Drachmen gezahlt
hat. Auch dieser Peteyris zahlt also in drei verschiedenen Jahren
immer dieselbe Summe. So werden wir schon hiernach der Meinung
zuneigen, dass die Gewerbesteuer nicht als Quote des Jahresgewinnes
berechnet war. — AtvoTiwXr^g ist der Leiuenhändler, während Xtvuq; o;-)
der Leinweber ist. , Das sind zwei verschiedene Gewerbe, die somit
gleich hoch besteuert waren.
Weitere Gewerbe werden in den obigen Ostraka nicht genannt.
Wohl aber zeigen sie uns, dass andere, ungenannte Gewerbe, in
anderer Höhe besteuert waren. In Nr. lü zahlt eine Frau Thaesis
für 00/1 \)~ip yzipoyoL^ioQj) [iY)(vtatou) (?) ^L Q^i (Jxötpc 'A&up
alten Ansicht festhalten Hessen, bewegten, hier in e.xtenso vorführen. Nur Eines
will ich hervorheben. Wenn der Schreiber (z. B. von Nr. 45) sagt „4 aOiöj xag
Xc'.Tiaj XGÖ aL (^=;tpü)TOU excug)" v.xX, ist es da wahrscheinlich, dass man an
eine Bestzablung für einen bestimmten Monat zu denken habe, während doch
kein Monat in dem Ostrakon erwähnt wird? Aehnlich liegt es in 7 7 und sonst.
Sollten die Summen auf den Mouat zu beziehen sein, so könnte man wohl er-
warten, dass bei den Restzahlungen einmal auch grössere als die Normalsumnien
vorkämen, dass also einmal für zwei Monate nachgezahlt würde. Wer sich die
Mühe giebt, die Frage nachzuprüfen, wird, denke ich, auch zu meinem Resultat
kommen.
') Es ist oöenbar nur eine nachlässige Kürze, wenn der Schreiber hier
einfach die Gesamnitsumme nennt, anstatt die Restzahlung hervorzuheben und
dann die Summe zu ziehen.
*) Die hier gebräuchliche Form Xivu^og (nicht Xtvöütfos) ist in's Lateinische
ak linyphus übergegangen. Vgl. Blümner, Technologie I. S. 184. Ucbrigens
l'iLicgnet in Papyri auch die Form XlvöüifOj, z. B. im Berliner Papyrus P. 1364.
l liier die aegyptischen Leinweber vgl. Büchsenschütz, die Hauptstätten d. Ge-
«crbfleiss. S. 62. Vgl. auch oben S. 268.
21*
324 iV. KAPITEL.
(i^(vü)v) Y 4 Drachmen. Angenommen, dass dies Ostrakon wirk-
lich aus Elephantine stammt/) ist es das einzige Beispiel fiiir
diesen Ort, in dem eine monatliche Berechnung der Gewerbe-
steuer zu Tage tritt, so wie es in Theben üblich war (s. unten).
Sonst tritt uns hier immer die Jahressunime entgegen. Ob die
Ergänzung |iTj(viatou) , W'onach die Gewerbesteuer geradezu als
Monatssteuer bezeichnet würde, richtig ist, lasse ich dahingestellt.-)
Jcdenfolls hatte Thaesis, wenn sie für die drei ersten Monate des
Jahres 4 Dr. zahlt, für's ganze Jahr 16 Dr. zu zahlen. Ihr Gewerbe'
wird also anders als das der Leinweber und Leinonhändler besteuert.
In derselben Höhe wie die Letzteren wird dagegen ein gewisser
Harpaesis, Sohn des Phanophis, besteuert. Der zahlt für's Jahr 103/4
nach Nr. 77 erst 8 Dr., und dann „die übrigen 4 Dr." also 12 Dr.
im Jahr. Das bestätigt Nr. 80 für 107/8, Nr. 109 für llG/7 (hier
wird die zweite Rate von 4 Dr. ungenau mit &X)mq, statt mit läc,
XotTca; bezeichnet) und Nr. 110 für 117/8. Welches Gewerbe
er trieb, bleibt unbekannt.
Mehrere Personen zahlen ferner 20 Dr. 2 Ob. für's Jahr. Es
giebt hier zwar bis jetzt zufallig keinen Fall, in dem es sich, etwa
durch Bezeichnung der Xomoi, nachrechnen liesse, dass dies
wirklich der volle Jahresbetrag und nicht eine Rate sei. Die
Summe begegnet aber so ausserordentlich häufig, dass sieh wohl
nicht daran zweifeln lässt, dass dies wirklich der jährliche Betrag ist.
Folgende Personen zahlen 20 Dr. 2 Ob. als Gewerbesteuer: 1. Na-
cpepaäV; (Nr. 32). 2. Wavavö? (40). 3. KaXadipi<; (133).
4. Utztyyoü^jiQ (153). 5. TltzopZ\).f,%-iQ (166). 6. üaTaEßSt? (167,
175, 181, 195, 199, 206, 250). 7. Zixevtiws (168). 8. Öoio-
[ioOg (193, hier ist )(ecpü)vä^iov ergänzt). 9. Käatg (194). 10. Ein
') Nachträglich kommen mir Bedenken, ob dies Ostrakon nicht vielleicht
aus Theben stamme. Die Quittung steht formell den thebanischen viel näher
als denen aus Elephantine. Auch könnte der Name des Mannes dieser
Frau, WEviiuvS-rij, dafür angeführt werden. Menth ist ein thebanischer Gott,
und die Zusammensetzungen mit seinem Namen sind dort ungemein häufig.
Aus Elei)hantinc wüsste ich sonst keine anzufühi*en. Aber beweisend ist der-
gleichen natürlich nicht.
*) Nach Analogie von Nr. 527 könnte man vermuten, dass in dem [i''i
vielmehr die Bezeichnung des Gewerbes stecke. Man könnte an (ivi^ovönog oder
|iY)XoTpöc()C{ denken. Dass eine ,,Schafliirtin" aber höher besteuert wäre als ein
Leinweber, ist wenig wahrscheinlich.
§ l;55. DIE GEWERBESTEUER IN EI.EPHANTINE. 325
anderer neTOp^fiTjO't? (207). Das sind 10 verschiedene Personen,
die dieselbe Gewerbesteuer zahlen, vielleicht auch dasselbe Ge-
I werbe treiben.
Endlich sei auf Nr. 19 hingewiesen, wo über 20 Dr., und auf
291, wo über 8 Dr. 2 Ob. quittirt wird. In beiden Fällen ist
unklar, ob eine Rate vorliegt.
Aus dem Angeführten ergicbt sieh mit grosser "Wahrseheinliehkeit,
dass in Elephautiue-Syene die verschiedenen Gewerbe in verschiedener
Höhe besteuert wurden, in der Weise, dass jedes einzelne Ge-
werbe mit einem bestimmten, für Jeden, der das Gewerbe
trieb, gleichen Fixum behaftet war. Der Gedanke an eine
Berechnung der Gewerbesteuer als Gewinnstquotc wird ni. E. schon
duich die Tabelle jener Personen, die sämmtlich 20 Dr. 2 Ob. zahlen,
ausgeschlossen. Im Einzelnen haben wir für Elephantine-Syene
folgende Jahresfixa gewonnen: die Leinweber zahlten 12 Dr., eben-
soviel die Leinenhändler, desgleichen ein ungenanntes Gewerbe; ein
anderes ungenanntes Gewerbe, von einer Frau ausgeübt, war mit
IG Dr. belastet, ein anderes mit 20 Dr. 2 Ob.
Diese Auffassung findet durch einen Papyrus der Berliner
Sammlung (BGU 9) ihre volle Bestätigung. Ich habe schon im
„Rheinischen Jahrbuch" S. 254 kurz darauf hingewiesen. Diese
Urkunde steht auf der Rückseite eines Textes aus dem J. 248 n. Chr.,
ist also jünger; wieviel jünger, ist schwer zu sagen. Ich denke, wir
können sie etwa rund um 300 ansetzen, wobei es auf ein paar Decen-
nien mehr oder weniger nicht ankommt. Diese Urkunde enthält nun
Listen von Gewerbetreibenden aus Arsinoe, der Hauptstadt des Faijüm.
Den Namen ist die Wohnung („in der und der Strasse") und eine (offen-
bar von ihnen gezahlte) Geldsumme hinzugefügt. Sie sind nach ihren
Gewerben geordnet, und die Angehörigen ein und desselben Gewerbes
zahlen dieselbe Summe. Die einzige Ausnahme I 13 wird als
Ratenzahlung zu fassen sein. Ich habe schon a. a. O. die Erklärung
aufgestellt, dass diese Summen als Gewerbesteuerzahlungen aufzufassen
sind. Danach zahlten die xpUTWTiwXat ^= jpuxoizGiXxi, die Trödler,
12 Drachmen, die jxupuTiwXai = jxupwTiöXat , die Salbenhändler,
60 Dr., die ßa^sTg, die Färber, 24 Dr., andere Gewerbe, deren
Ueberschrift verloren ist, 8 Dr. und 8 Dr. und 16 Dr. Bei den
xopaätej, den Barbieren (vgl. S. 228), sind keine Summen erhalten.
Zum Glück lässt sich noch mit Sicherheit feststellen, für welchen
326 IV. KAPITEL.
Zeitraum diese Summen fallig waren. In II 11 zahlt ein Färber
das Doppelte von dem, was die Anderen zahlen, und da licisst es:
()Tzk.p [ivjviöv ß. Folglich waren jene Summen numatlieh zu zahlen.
Danaeh können wir für Ar.«inoe fiir die Zeit um 3ÜÜ n. Chr. folgende
Tabelle aufstellen:
Zwei ungenannte Gewerbe zahlten pro Jahr je 12 X 8 == 9'j Dr.
Die Trödler „ „ „ „ 12 X 12 == 144 Dr.
Ein ungenanntes Gewerbe „ „ „ „ 12 X 16 :^ 192 Dr.
Die Färber „ „ „ „ 12 X 24 = 288 Dr. .
Die Salbeuhändler .„ „ „ „ 12 X 60 = 720 Dr.
Vergleicht man diese Zahlen mit denen aus Elephantine, so
fällt ihre gewaltige Höhe auf. Wir werden die Erklärung hierfür
in dem rapiden Sinken des Geldwertes am Ausgang des III. Jahr-
hunderts, in der bekannten Verschlechterung der Münze dieser und der
folgenden Zeit zu suchen haben,') und sehen uns somit ausser Stande,
über das positive Verhältnis dieser Gewerbesteuersummen zu jenen
etwas zu eruiren. Indessen wird man nicht fehl gehen, wenn man
annimmt, dass das relative Verhältnis, dass in diesem Papyrus unter
den verschiedenen Gewerben hinsichtlich ihrer Besteuerung besteht,
in den früheren Zeiten, denen die Ostraka angehören, im Grossen
und Ganzen das.selbe gewesen sein wird, dass also die Gewerbesteuer
der Trödler, der Färber, der Salbenhändler sich auch früher wie
1:2:5 verhalten haben wird. Als Hauptergebnis dieses Textes
möchte ich aber die Bestätigung betrachten, die sie unserem obigen aus
den Ostraka geschöpften Resultat gewährt, dass alle Angehörigen
desselben Gewerbes dieselbe Steuer zu zahlen hatten.
Betrachten wir nunmehr die Gewerbesteuerquittungen aus Theben.
Der Au.sdruck yeipwvä^iov begegnet hier nur einmal (Nr. 527).
Vgl. oben § 23. Im Uebrigen ist es hier Sitte, das Gewerbe selbst
in der Quittung zu nennen, meist in der Form bnhp ßa'^swv
oder ähnlich. Wir haben die einzelnen Fälle in diesem Kapitel
an ihrem Orte behandelt, und haben folgende verschiedene Ge-
werbe als der Gewerbesteuer unterworfen nachgewiesen: 1. die
Fischhändler (§ 6). 2. die Bademeister (.§ 23). 3. die Färber
') Vgl. Wessely, XXII Jahresbcriolit d. K. K. Staatsgymnas. III. Bezirk
Wien 1890/1. S. 14. Nach BGU 13 kostete übrigens im J. 289 n. Chr. ein
Kamel nicht 6 Tal. 3000 Dr., wie Wessely a. a. O. S. 2 liest, sondern sogar
IG Tal. 3000 Dr.
§ 135. DIK (iKWKUBESTEUER IM TA^IJUM U>1) IN DKU TIIEÜAIS. .'527
(§ 24). 4. die Wober (§ 26). .ö. die 'IVi.pichweber (§ 28;. ü. die
öffentlichen Dirneu (§ .ö2). 7. die Flickschneider (§57). 8. die
RaiihstoHVabrikanten (§ Ü3). 9. die Walker (§ 6Ö). 10. die Barbiere
(§68). 11. die Fährleute (§79, vgl. 98, 197). 12. die Schiffs-
zimnierer (§ 80). lo. die Zimmerleute (§ 84). 14. die Eseltreiber
lS88). 15. die Sack[träger] (§ 111). Ki. die Schuster (§ 114).
So umfangreich auch bereits das Material ist, so würde es uns
doch, wenn wir auf diese thobanischen Quittungen angewiesen
wären, über die wichtigsten l'unkte im Unklaren lassen. Auf
die Frage, nach welchem Princip diese Gewerbesteuer berechnet
und aufgelegt war, geben sie uns keine Antwort. Aus ihm allein
kannten wir nicht entscheiden, ob die Gewerbesteuer wie sonst
vielfach im Altertum als Gewinnstquote berechnet wurde, also für
jeden einzelnen Gewerbetreibenden individuell bemessen war, oder
aber ob jene andere Methode, die wir oben für Svene- Klephantine
und Arsinoe nachgewiesen haben, bestanden hat, wonach alle An-
gehörigen desselben Gewerbes in gleicher Höhe steuerten. Andrerseits
ist hervorzuheben, dass in dem bis jetzt vorliegenden Material kein
Moment zu finden ist, das dagegen spräche, die.se zweite Methode
auch für Theben zu supponiren, und da a priori eine gleichmässige
Behandlung innerhalb Aegyptens wahrscheinlich ist, so werden wir
wohl mit Recht auch für Theben annehmen, dass alle Angehörigen
desselben Gewerbes dieselbe Steuer zu zahlen hatten.')
Bessere Auskunft geben die thebanischen Ostraka für eine
andere Frage. Wir haben oben gesehen, dass nach dem Faijümer
Papyrus die Gewerbesteuern für den Monat berechnet waren und
ordnungsgemäss auch monatlich zahlbar waren. Während dies in
den Elephantiner Quittungen sich nur ein einziges ISIal fand, liegt
fiir Theben eine grosse Reihe von Belegen dafür vor, dass es hier
ebenso gehalten wurde. Man braucht nur die Erheberfjuittungen
durchzusehen, um zu finden, dass fast überall gesagt ist: Du hast
für den und den Monat die fällige Steuer (tö xa-9-f,xov teXo?) gezahlt.
M Das gilt auch von den Dirnen, wenn wir annehmen, c-iass sie ähnlich
wie in Paliuyra zur Steuer herangezogen wurden. Gab es auch in Aegypten
verschiedene Klassen mit amtlieh vorgeschriebenem Tarif, so zahlten eben alle
Dirnen, die zur selben Klasse gehörten, dieselbe Steuer. Immerhin ist dies
der einzige Fall, wo nach der Höhe des Einkommens Unterschiede
gemacht werden.
328 IV. KAl'ITEL.
In den meisten Fällen bleibt es ungewiss, wie lioch ein jedes
einzelne Gewerbe besteuert war. Nur bei der Walkerstener ist es
wahrscheinlich, dass sie 12X2 = 24 Dr. im Jahr, ebenso bei der
Barbiersteuer, dass sie 44 Dr. betrug (vgl. § 6G und 68). Diese
Unsicherheit beruht auf folgenden Gründen. Soweit unsere Urkunden
Erheberquittungen sind, beschränken sie sich meist darauf anzugeben,
dass der Adressat — es sind immer briefartige Quittungen —
für den und den IMonat die fällige Steuer gezahlt hat, ohne dass
sie die Summe nennten. Nur selten findet sie sich einmal hinzu-
gefügt. Das mochte überflüssig erscheinen, weil ja das Gewerbe
in der Quittung genannt wurde, die Fixa der einzelnen Gewerbe
aber in den Steuerbureaus bekannt genug waren. Wenn alle
Schneider x Drachmen zu zahlen hatten, so genügte es, wenn in
der Quittung gesagt wurde, dass die Zahlung für die Schneidersteuer
erfolge. — Bei den Bankquittungen müssen wir die Königs- und
die Kaiserzeit scheiden. Unter den Ptolemäern .sind sie regelmässig
auf den Namen des Erhebers ausgestellt, nennen nur die Summen, die
diese an die Bank abliefern, ohne die Beiträge der einzelnen Steuer-
zahler zu .spezificiren. Diese bieten also ebensowenig eine Antwort
auf unsere Frage. Sie können uns höchstens eine ungefähre Vor-
stellung davon geben, was für Summen durch die Erhebung der
betreffenden Steuer eingingen. Anders sind die Bankquittungeu
der Kaiserzeit. Sie geben uns ziffernmässig an, wieviel der einzelne
Steuerzahler im gegebenen Fall ( durch Vermittelung des Erhebers
an die Bank) gezahlt hat. Jedoch ist es meist ganz unsicher, ob
die genannte Summe den Gesammtbetrag des Jahres oder den eines
Monats oder aber eine Rate des Jahres- resp. Monatsbetrages dar-
stellt. Diese Schwierigkeit wird sich allerdings einmal beseitigen
lassen, wenn unser Matei'ial erst grösser ist. Wenn erst mehrere
Quittungen aus benachbarten Jahren, an dieselbe Person ausgestellt,
vorliegen, dann wird sich, so wie wir es schon in § 68 bei den
Y.Qupzii; thun konnten, zunäch.st im einzelnen Fall eine Entscheidung
treffen lassen, und sind erst mehrere Fälle entschieden, dann wird
man auch das Resultat verallgemeinern können, denn dass auch
in diesem Punkt ein fester Usus für die Quittungsschreiber bestanden
hat, ist sehr wahrscheinlich.
Somit bleibt einstweilen, wenn wir auf die Ostraka und Papyri
zurückblicken, als llaujjtresultat die Erkenntnis, dass diejenigen,
§ 135. «IE CJEWERBESTEUEU IN UEli TIIKliAlS. 329
die dasselbe Gewerbe ausübten, eine Ciewerliesteuer in gleicher Höhe
zu zahlen hatten. Jch habe noch hinzuzufügen, dass unsere Ur-
kunden keinen Anhalt dafür bieten, dass in der von den Ostraka
beleuchteten Periode • — \\. Jahrb. vor Chr. bis II. Jahrh. nach Chr.
— eine Aeuderung in diesem Princip eingetreten sei. Dass die
einzelnen Fixa je nach der wirtschaflliehen I^agc geändert werden
konnten, ist a priori wahrscheinlich, und wird durch jeiuMi Faijünier
Papyrus aus der Zeit um 30ü n. Chr. so gut wie siclier.
Dieser Einblick in die Gewerbesteuern i.st um so wertvoller,
als wir liislur nur vereinzelte Notizen über diese wichtige Frage
besassen. Aber selbst diese wenigen genügen, um uns divor zu
warneu, das Resultat, das wir hier an der Hand der aegyptischen
Urkunden gewonnen haben, etwa ohne Weiteres verallgemeinern zu
wollen. Für Aegypten selbst ist durch Ps. Aristot. Oeconnin. II
2,2.') überliefert, dass der aegyptische König Taös auf den Hat
des Atheners Chabrias a~ö xwv t^ÄoEiöv x£ xal epyaaTyjpiuv xal
Töjv aXXvjv Tivä Ipyaatav ly^oviojv ifi<; epYaai'as [lepoc xö Ssxaxov
XcXsOaat d-oxeXelv. Danach musste jeder Gewerbetreibende yVi
seines Gewiunstes dem Könige zahlen. i) Diese Bestimmung ist
natürlich ephemer geweseu, wie die Regierung des Taös selbst.
Aehnlich haben die Byzantier, als sie in Geldverlegenheit waren,
von den Wunderthätern (ß-a'j\xcf.iOKCiiol), Wahrsagern (|xavx£C?),
Quacksalbern ('^apjxax&TiwXa'.) und anderen ähnlichen Leuten eine
Gewerbesteuer im Betrage von -^ des Gewinnstes erhoben (Ps. Aristot.
Oeconom. II, 2, 3: xö xpixov 5e {lipoc, xoO ip'(a(Z,o[xho'j ä-oxsXelv
exa^av). Ebenso hat Kaiser Gaius die Lastträger (geruli) in
der Weise besteuert, dass sie i ihrer täglichen Einnahme dem Staate
zu entrichten hatten (Sueton. Gai. 40). In allen diesen Fällen
wird also anders als im ptolemäischen und kaiserlichen
Aegypten eine bestimmte Quote vom Gewinnst als Ge-
werbesteuer abgeführt.
Andrerseits finde ich den aegyptischen Modus wieder in Pal-
myra, zur Zeit Hadriaus. In dem Steuertarif der Stadt (ed. Dessau,
Hermes XIX. S. 501, vgl. 516) heisst es: ['0 auzög 5Yj|ji]oai(ovrj;
-p[«;]£c £pyaax7ip((.ov[ ] Tt:avxo7T:wX[£t]o)v oxuxtxwv
') Die Ansichten gehen darüber auseinander, ol) dies als eine Gewerbesteuer
(SC) Marquardt, RStV 11' S. 199) oder aber als eine Eiukommensteuer (so Bncckh,
Staatshaush. I^ S. 696) zu fassen ist. Ersteres erscheint mir zutreffender.
330 IV- KAPITEL.
[ ] Ix csovri^v.xQ IxaoTou iiTjvö; xal IpYaaxTjptou
Sxäaxo'J Syjväpiov ä. Wenn ich den Text recht verstehe, hat
man hinter spyaaxi^ptwv die Bezeichnung noch eines Gewerbes
(in adjirtivischer Form) zu ergänzen. Von diesem, sowie von
den Trötllern und Scliustern, wird sonach für den Monat und für
die Werkstatt 1 Denar erhoben. Hier sind also drei verschiedene Ge-
werbe zusammengestellt, die gleich hoch besteuert sind. Das Wichtigste
ist, da.ss aucli hier wie in Aegypten innerhalb eines jeden Gewerbes
jedes Mitglied gleich viel zu zahlen hat, und zwar eine fixe Summe,
die unabhängig vom Jahresertrag tarifmässig für den Monat festgelegt
ist. Aehnlich stelle ich es mir für Aegypten vor. Der palmyrenische
Text lehrt uns aber auch etwas Neues. Er hebt hervor, dass die
Steuer für jede Werkstatt (lpY«axT^ptov) zu zahlen ist.i) Darin liegt,
wenn ich recht sehe, dass nur selbstständige Handwerker, die eine
eigene Werkstatt besitzen, zu dieser Steuer herangezogen werden,
nicht etwa auch die Lehrlinge und Handlanger, die in der Werkstatt
mit arbeiten, auch nicht — und daran ist in diesem palmyrenischen
Tarif wohl noch eher zu denken — die durchziehenden Kara-
wancuhändler, sondern die Ständigen und Ansä.ssigen. Unsere
Ostraka geben auf diese Frage keine Antwort. Ich möchte aber
annehmen, dass auch die in ihnen genannten Handwerker als selbst-
ständige Arbeiter und, soweit die.Katur des Gewerbes es verlangt,
Inhaber von Werkstätten zu betrachten sind.
Endlich sei die Frage untersucht, ob die Regierung bei der
Auflage oder Erhebung der Gewerbesteuern irgend welche Rück-
sicht auf die Vereinigungen der Gewerbetreibenden genommen, resp.
dieselben sich dienstbar gemacht hat. Zunächst ein Wort zu den
Vereinen selbst. Liebenam hat in seinem Buch „Zur Geschichte und
Organisation des römischen Vereinswesens" (1890) gezeigt, wie das
Zusammcnschliessen der Gcwerksgenossen zu Vereinen oder Gilden aller
Orten im nlmischen Reich — wenn auch in verschiedenem Grade —
verbreitet gewesen ist.-) Speziell für Aegypten bringt er freilich
(S. 158; nur zwei Beispiele, die mercatores und die navindarii von
Alexandrion. Hierzu lässt sich noch Manches hinzufügen. In einer
') Auch nacli der obon angeführten Er/älilung von den Stevierreformen
des Königs Taös (Ps. Aristot. Oeeon. II. 2,25) werden die spyaoxr/p'.a besteuert.
-) Die Arbeit von E. Ziebarth über die griechischen Vereine konnte ich
hierfür noch nicht benutzen.
§ 135. im: Gewerbesteuer. — die iiaxuwerkervereine. 331
bei Lunibroso, Kechcrfhos S. 134, wiedergcgebenen Insclirift aus
dem Faijfim (vom Jahre 3 nach Chr.) ehrt xö -/.Y,^^o; xiov a.-b
ToO 'Apatvoettou y.aö-apoupywv xxl TiXaxouvxoTCOiwv den -poaxäxYj?
des laufenden Jahns mit einer steinernen Bildsäule. Da tritt uns
deutlich die Organisation der Gilde entgegen, die hier als 7:Xfj9-og
bezeichnet wird.') Für die Ptoleniäerzeit glaube ich Spuren
des Vereinswesens in dem Pap. Paris. 5 zu liiKlcn. einem
thebanischen Contract aus dem Ende des II. Jahrh. vor Chr. Es
handelt sich liier im Wesentlichen um das Recht der Choachvten an
den Toten. In dem y.ax' avopa xtov a(i)|i,äxü)v finden sich nun fol-
gende Bemerkungen (nach meinen Lesungen):
axuxEWv xoO na&üp{x[o'j]. Col. 3,3.
xapty^E'jxwv (corrigirt aus axuxitov) xöjv iv. xoö Ko-(xtxo'j). Col. 3, 9.
xap'.^suxwv Ko7i(xtxwv). Col. 18. 1. 29,5.
Hiernach scheinen „die Schuster des Pathyritischen Gaues"
und ebenso „die Leiclienbalsamirer des Koptitischen Gaues" in der
thebanischen Nekropole ihren besonderen Begräbnisplatz gehabt zu
haben. Ist diese Auffassung richtig, so lässt das auf eine gildeu-
artige Geschlossenheit der beiden Gewerke schliesseu. Eines ver-
dient noch hervorgehoben zu werden: weder die Kuchenlnickcr im
Faijüm noch diese Schuster und Balsamirer in der Thebais werden
als Vereine einer Stadt oder eines Dorfes bezeichnet, vielnielu-
als Vereine des Gaues. Vgl. namentlich die Worte der Inschrift:
xö izXri^-QZ "^wv dtjib xoO 'Apacvoetxo'J xxX. Daraus ergiebt sich,
dass die Gilde als solche den ganzen Gau umfasste, nicht
eine einzelne Ortschaft. Das schliesst nicht aus, dass die Ge-
werke auch innerhalb der einzelnen Gemeinden ihre Organisation
hatten. So begegnet im Pap. Grenf (II) XLIII 9 vom J. 92 n. Chr.
ein ■f\'(o\i)^zvoc, y^pSttüv X'^; aüxr^g xwjiri;, d. h. von Soknopaiu Nesos.
Einen kleinen Beitrag zur Organisation der Gewerke bieten
auch die Strassennamen. Wenn es z. B. in Arsinoe eine Salz-
händlerstrasse, eine Leinenweberetrasse, eine Fischerstrasse, eine
Pöklerstrasse, eine Linsenhändlerstrasse u. s. w. gab,-) so folgt
daraus doch wohl, dass auch hier wie anderwärts ursprünglich die
') Vgl. hierzu auch Lumbroso, Recherches S. lOG.
^) Vgl. meine Zusammenstellungen in der Zeitschr. GescUsch. Erilk. Berlin
1887. 1. S. 28.
332 IV. KAPITEL.
Innungen bei einander wohnten und dadurch eben den Strassen
ilireu Namen gaben. Diese ursprüngliche Sitte des Zusaminenvvohnens
hat sich auch in Aegypten mit der Zeit gelockert. So sehen wir
in der oben lic^inochcucn Papyrasurkunde aus der Zeit um 300
n. Chr. die Mitglieder ein und desselben Gewerkes in ganz ver-
schiedenen Strassen wohnen. Aber die alten Strassennamen sind
uatiirlieh l)estehcu geblieben, ebenso wie in uuseni modernen Städten.
Auf die innere Gliederung der Vereine werfen Bezeichnungen
wie EaxtüvapxT]; und ap)^ovYjAai:Yi; ein Streiflicht. Ersteres, das in
unseren Ostraka, in Nr. 1154^1156 begegnet, bezeichnet den Vor-
steher der Weberwerkstatt. Der öcpyovY]XäxYjc, der, wie oben S. 272
bemerkt, in dem grossen Wirtschaftsbuch von Hermupolis begegnet,
wird tler Vorsteher des Eseltreiber -Vereins sein.
Die oben angeführteu Beispiele, die durchaus nicht den An-
spruch auf Vollständigkeit machen wollen, legen den Gedanken
nahe, dass auch in Aegypten die gewerblichen Vereine oder Gilden
eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben, ja dass wohl in allen
Gauen solche Organisationen bestanden haben. Es ist jedoch her-
vorzuheben, dass in unseren Gewerbesteuerquittungen aus dem
II. Jahrh. vor Chr. bis zum II. Jahrh. nach Chr. immer der einzelne
Gewerbetreibende es ist, von dem durch die betreffenden staat-
lichen Behörden die Gewerbesteuer erhoben wird. Das hat sich später
bei der grossen Reorganisation des gesammten staatlichen Lebens
durch Diokletian geändert. Wie überhaupt die Tendenz dahin ging,
diese Handwerkervereine ebenso wie die sonstigen Genossenschaften
allmählich immer mehr in den Dienst des Staates zu stellen und sie
als Werkzeuge der Verwaltung zu benutzen '), so ist in der nach-
diokletianischen Zeit die Repartirung und Eintreibung der Gewerbe-
steuer (des chrysargyrum) der Gilde als solcher übertragen worden.
Die Genossenschaft hatte nunmehr für die Ablieferung der auf-
erlegten Pauschsurame einzustehen. 2) Doch für diese Zeit versagen
unsere Ostraka völlig. Hier setzen die byzantinischen Papyri ein.'')
') Vgl. Liebenani , Zur (Icschii-litp iiiiil OrgaiiisiU. d. Rom. Vcicinswesens
1890. S. 50.
■■') Vgl. hierzu: Jlarfiuardt, ESiV IT-' S. 237. E. Kulm, Städtische und
Bürgerliehe Verfassung d. Köm. Reichs I ISfil. S. 281. Liebenani a. a. O. S. 53/4.
^) Vgl. hierzu einstweilen VVessely, Denkschr. Akad. Wien 1»89. S. 216 f.
aneh 232.
§135—136. 333
Zum Schluss möchte ich hervorheben, dass in den vier Jahr-
hunderten, über die sich unsere Gevverbesteuerquittungen erstrecken,
immer nur Geld, niemals Naturalien für diese Steuer geliefert
werden. Das entspricht ganz dem, was wir sonst über das Verhältnis
der Geldwirtschaft zur Naturalwirtschaft wissen. Die Letztere i)riclit
erst wieder mit dem III. .lahrh. u. Chr. herein. Das hat Biichei-
ebenso verkannt wie er die Bedeutung des selbstständigeu Hand-
werks im Altertum verkannt hat. Vg-j. Kap. VII.
§ 13(5. 'l'Tzkp )(tü[jLaxwv.
Für Theben belegt durch Nr. 371, 377, 378, 386, 391, 394,
405, 400, 408, 409, 419, 422, 423, 426, 429, 431, [434, 437,
438], 443, [444, 448], 452, 456, 458, 459, [461], 465, 466,
470, 480, 483—485, 488, 489, 490, 498, 518, 519, 526, 528,
531, 532, 534, 537—539, 542, 544, 546, 565, 573, 585, 586,
591, 623, 636, 667, 1021, 1058, 1243, 1245, 1247, 1280, 1281,
1283, 1288, 1289, 1373—1375, 1378, 1379, 1381, 1387, 1392,
1393, 1397, 1400, 1403, 1407, 1409, 1428, 1429, 1547, 1550,
1553, 1560, 1566, 1570, 1613.
Nur 1021 ist aus der Ptolemäerzeit , alle anderen Nummern
aus der Kaiserzeit (I. — II. Jahrb.).
Die yjx>\iLa.xx, die Dämme oder Deiche, spielen im Leben
Aegyptens dieselbe Rolle, wie die Kanäle, über die wir oben § 33
gesprochen haben. Durch Dämme und Kanäle wird die elementare
Gewalt der Nilüberschwemmung zum Segen des Landes regulirt.*)
Darum waren sie auch der besonderen Fürsorge der Götter unter-
stellt. Eine von Miller in der Rev. Archeol. Sept. 1883 heraus-
gegebene Inschrift aus Koptos vom 8. Jahre des Kaisers Trajan
(No. 2) feiert Isis als die grosse „Dammgöttin": 'latoc xr^ /^(i)[ia-o;
^£ä [isytaTir). Um die Deiche in Stand zu halten oder nötigen-
falls neue aufzuführen, braucht der Staat einmal Geld und zweitens
Arbeitskräfte. Beides mussten die Bewohner Aegyptens liefern, und
nicht mit Unrecht, da ihre Existenz von den Deichen abhing.
') Für diese Thatsache, die noch heute wie vor Tausenden von .Jahren ihre
Bedeutung hat, Belege bringen zu wollen, wäre überflüssig. Wir wollen hier
nur auf Strabo XVII p. 788 verweisen, der mit der ihm eigenen Klarheit die
Bedeutung der StmpuYS? »md Jiapaxwnaxa für die Ueberschwemmung darlegt.
334 IV. KAPITEL.
Ich lasse im Folgenden die Frage offen, ob man in der uns hier
interessircnden Periode ähnlich wie später in der araliischcn Zeit
zwischen „Rcgieriings-Deichcn" und „städtischen Deichen" unter-
schieden hat.') Der Ausdruck X'^^l^"' 5Y(|Jiöa;ov, der sich z. B. im
Pap. Leipz. 13 R. zweimal findet, lässt allerdings auf verschiedene
Arten von Dämmen schliessen.-) Die oben angeführten Urkunden
sind sämmtlich Quittungen, in denen Geldzahlungen bnkp y^ü)[iattxoO
oder U7:£p yioiiätwv bezeugt werden. Das Material ist so gross,
dass es einen Einblick in die Art der Steuerauflage gewährt. Ver-
gleicht man die in den Urkunden quittirteu Zahlungen, so wird man
sehr verschiedene Summen finden. Doch eine kehrt mit auffallender
Häufigkeit wieder, sodass man geneigt ist, in dieser Wiederkehr
mehr als einen Zufall zu sehen. Das ist die Summe von 6 Drachmen
4 Obolen. Sie begegnet oben, wenn ich recht gesehen habe, nicht
weniger als 31 Mal. In 1378 ergiebt sie sich durch Summirung
der beiden Raten von 3 Drachmen 44 Obolen und 2 Drachmen
öi Obolen, in 443 durch Halbiruug der 13 Drachmen 2 Obolen
an die zwei genannten Personen. Die sonstigen Summen sind, wenn
man die Texte richtig interpretirt,^) immer kleiner als Ü Drachmen
4 Obolen. In den Erheberquittungen herrscht die Unsitte, die ver-
schiedenen bezahlten Steuern nicht zu spezialisiren. So wird unser
■/coji.a'Lixöv in den Erheberquittungen (meist aus dem II. Jahrb., nur
in 534 liegt eine Bankquittung aus dieser Zeit vor) gewöhnlich mit
dem ßaXavtxöv zusammenaddirt, sodass mau nicht mit Sicherheit
den Betrag der einzelnen Steuer constatiren kann. Ich möchte nach
dem Gesagten die Vermutung aufstellen, dass im I. Jahrh. n. Chr.
') Vgl. Calcascliaiidi, übersetzt von WiistenfVld , Abh. Gesell. Gott. XXV
1879 S. L-iO.
*) Der Begrift' 8r)|iöa'.os ist in unseren T'rkunilen nicht leieht zu fessen.
Wenn ich recht sehe, wird er nicht auf das kaiserliche, sondern auf das comniu-
nale Gebiet angewendet. Das niüsste noch genauer untersucht werden.
^) Die Quittungen aus Noxog xal Aitjj zeigen manche Ungenauigkeiten.
So liegt in 419 gewiss ein Versehen vor. Das «•- wird sich sicherlich erst auf
die zweite Zahlung vom 29. Thoth beziehen, und die 4.Drachmen vom 28. Thoth
werden für GG/7 gezahlt sein. Vgl. 422. Wir haben schon im Text aus der Jahres-
bezeichnuug «t. gefolgert, dass diese Quittung 419 eine erst später geschriebene
Gesamnitc|uittung ist. Dadurch mag sieh das Versehen erklären. — Ebenso beziehe
ich in 4(;g die 4 Drachmen vom 5. Phaophi auf's Jahr 85/G, die 6 Drachmen
4 Obolen dagegen aufs neue .lahr 86/7.
§ 131). IHK DAMMSTEUER. 335
und in der ersten Hälfte des II. — denn über diene Zeit erstrceken
sieh unsere Urkunden — die Dammsteuer 6 Draelimen 4 Oboleu
für den Kopf des Steuerpflichtigen, und zwar jährlieh, betragen
habe. Ich finde eine Stütze für diese Annahme in BGU 99, wo
ffleichfalls 6 Drachmen 4 Obolen für die )^(i)(jia-a für's Jahr lÜG
n. Chr. quittirt werden, und dies im Faijüm. Ebenso werden im Paj).
Lond. CCXCVI für dieselbe Steuer (j Drachmen 4 Obolen erhoben.')
Der Satz von 6 Drachmen 4 Obolen gilt ebenso in Xäpa^ wie in
Mejjivövia, 'Qcff^ov, und auch im Faijüm. Wenn nach BGU 359
für's Jahr 178j9 7 Drachmen 4 Obolen 2 Chalkus für dieselbe Ab-
gabe gezahlt werden, so lasse ich dahingestellt, ob hier inzwischen
eine Erhöhung eingetreten ist, oder ob, irrtümlich oder stillschweigend,
der Betrag einer anderen Abgabe dazugezählt ist.
Die kopfsteuerartige Auflage der Dammsteuer zeigt, dass keine
Rücksicht darauf genommen wurde, ob die Steuer]iflichtigi'n etwa als
Grundbesitzer noch ein besonderes Interesse au der Instandhaltung
der Dämme hatten oder nicht. Eine solche Klarheit konnten wir
oben bei der Kanalsteuer (^ 33) nicht gewinnen. Insofern .scheint aber
jedenfalls ein Unterschied zwischen den beiden Abgaben zu bestehen,
als jene Kanalsteuer immer für einen besonderen Kanal erhoben
wurde, während hier allgemein für die Dämme gezahlt wird. Auch
schien jene Steuer für den Monat berechnet zu sein, was hier nicht
der Fall ist. Eine Constitution des Honorius und Theodo.*ius vom
J. 412 legt die Vermutung nahe, dass in späterer Zeit die Damm-
steuer in anderer Weise repartirt wurde. Es steht im Cod. Theod.
15, 3,5 geschrieben: „per JBithyniani ceterasque provincias jjossessores
et reparationi piihlici aggeris et ceteris eiumiodi mimerüms pro iiigontm
numero vel capiimn, quae posädere noscuntur, adsiringi cogantur."
Möglich, dass damals die possessores auch zur Wiederherstellung oder
Instandhaltung öflentlicher Dämme nach Massgabe ihres Grund-
besitzes herangezogen wurden.-)
*) Vgl. Kenyon, Catalogue of addit. to the departm. of Mss. 1888 f. Kacli
meiner Lesung (Sommer 1895) stammt der Text übrigens nicht aus dem 4.,
sondern aus dem 24. J. des Antoninus Pius (^160/1). Gleichfalls Faijüm.
■') So war es jedenfalls zur Zeit der arabischen Herrschaft. Calcaschandi
erzählt in seiner Geographie und Verwaltung von Äegypten (deutsch von Wüsten-
feld, Abh. Kgl. Gesell. Gott. XXV 1879. S. 150;i) folgendermassen : „Die
städtischen Deiche. Dies sind solche, für welche einzelne Städte für sich zu
336 IV. KAPITEL.
Wenn uns nun in den Urkunden ausser dieser Geldsteuer
bizkp y^cöfiaTCüv auch noch die Verpflichtung der Unterthanen zu
persönlichen Frohndiensten an den Uainnien und Kanälen entgegen-
tritt, so entsteht die Frage, ob beide Lasten nebeneinander bestanden
haben, oder ob jene Geldsteuer vielleicht als Ablösung von den
Frohnarbeiten zu beti'ucliten ist. ^'ergegenwärtigen wir uns zunächst,
was die Urkunden über diese Frohndienste lehren.
Wo die Urkunden von Arbeiten an Dämmen und Kanälen
sprechen, ist vor allem zu untersuchen, ob es sich um Lohn-
arbeiten handelt, für die der Staat die Arbeiter besoldet, oder aber
um pflichtmässige Leistungen oder Frohnarbeiten der Bevölkerung,
die als Xeixoupytat oder muuera zu betrachten wären, wie jene
Landarbeiten, von denen der Pap. Paris. 63 handelt. Ausserdem
hatte der Staat noch eine dritte Möglichkeit, um die notwendig
erscheinenden Erdarbeiten ausführen zu lassen : er konnte das
Militär dazu requiriren. Sueton (vit. Aug. 18) erzählt uns, dass der
junge Octavian nach der Eroberung Aegyptens im Jahre o() die
Kanäle des Landes, die durch die Misswirtschaft der letzten Ptolemäer
verkommen waren, wiederhergestellt habe, und zwar militari opere.^)
Uns interessiren hier nur die ersten beiden Arten. Dass die
Regierung, soweit die gesetzmässig verfügbaren Kräfte nicht aus-
reichten, mit Lohnarbeitern Damm- und Kanalarbeiten hat ausführen
lassen, ist selbstverständlich und bedarf eigentlich keines Beleges.
Für die Zeit des Ptolemaios II. Philadelphos können wir noch aus
Petric Papyri (I) XXII 2, XXIII, (II) XXXVI die Höhe des
Lohnes berechnen. Ich habe in den Gott. Gel. Anz. 1895 S. 149 den
Nachweis geführt, dass die Formel tlc, ^ tGjv 5"- dahin zu verstehen
ist, dass für die Fertig.«tellung von 60 Xaubia (oder Aoilia), sei es
bei Kanälen oder Dämmen, 4 Silberdrachnien bezahlt wurden. Nach
diesem Tarif wurde im einzelnen Falle das geleistete Arbeitsquantum
bezahlt. Vgl. oben S. 261.
sorgen haben, mit deren Instandhaltung die Sladtfünimandiinten mit iliren
Tnippencorps und anderen Personen beauftragt sind, und wozu die Kosten ans
dem städtischen Vermögen bestritten werden, nachdem die Eigentümer nach
Verhältnis ihres Grundbesitzes ihre Beiträge abgeliefert haben.
Diese Beiträge werden für jedes Jahr besonders festgestellt."
') Nach Calcaschandi (vgl. die vorige Anmerkung) hatte iu arabischer Zeit
der Stadtcoriiniandunt mit seinen Truppencorps für die städtischen Dämme zu sorgen.
§ 136. DÄMM- UND KANALARBEITEN. 337
Wiihreiul wir es hier sicher mit Lohnarbeiten zu tiiuii haben —
Iläa;? xal ol ^izojor. iukI die anderen dort genannten Personen
scheinen die Unternelinier zu sein — ist der Charaivtcr der Arbeit
in unseren Ostraka Nr. lU23, 1025, 1043—1047, auch in der Gruppe
1058, 1399, 1410, 1411, 15(57 zunächst unklar. Es sind Quittungen,
in denen bezeugt wird, dass NN so und so viele Naubia fertig ge-
arbeitet hat (ä:T£pYaC£ai>ac, Ipyal^Ea^at, resp. avaßdcXXetv). Zu
welchem Zweck sind diese Quittungen ausgestellt? Man könnte sich
denken, dass es Bescheinigungen wären, auf die hin die betreffenden
Arbeiter sich von der Kassenverwaltung ihren Loiin auszahlen lassen
sollten. Aber die andere Deutung seheint mir doch die richtigere zu
sein, dass es vielmehr Bescheinigungen von Leistungen sind, die,
ohne Gegenleistung seitens des Staates, pflichtmässig ausgeführt sind.
Ich möchte im Besonderen auf 1410 und 1411 hinweisen, wo es
heisst: avaßljBXYjxa? iö iTiißaXXov go'. vaüßtov. Danach hat der
Adressat den ihm zukommenden, auf ihn entfallenden Teil der
Gesammtarbeit erledigt. Wenn es ferner in 1023 heisst: „dTteipyaa-
tat — £;c 10 ta"- Wv-iot-rä^q vaüß'.x x", so spricht hier die Zeit-
bestimmung ,,fQr das 1 1 . Jahr" m. E. gleichfalls dafür, dass es sich
um eine Liturgie handelt. Man bedenke auch, dass in keiner
dieser Quittungen irgendwie auf Geldaequivalente hingewiesen wird.
So ist es allerdings sehr wahrscheinlich, dass die Erdarbeiten,
die in diesen Quittungen bescheinigt werden , Xe'.TOUpytat oder
munera sind.
Von dieser Verpflichtung, dem Staate unentgeltlich, in bestimm-
ten Grenzen, bei den Dammarbeiten zu helfen, scheint mir der Ber-
liner Papyrus BGU 176 zu handeln. Wenn ich dies kleine Frag-
ment recht verstehe, beklagt sich eine Priesterschaft darüber, dass,
entgegen den Bestimmungen der Präfecten (?), die TcoiSe; aus den
Tempeln fortgezogen würden zu den Dammarbeiten (duoaTiäaö'ai
Toijg TzoHhoLC, d7i6 xiöv tspiov [rcpö; ty;V aTiepyaaiav tüv] xa)jj.dT(i)v),
denn sie seien durch Privileg befreit hiervon (ü7i£]5'(jp£9-rj|i,ev f^g
ä7i:£pYaa[iai;).^) Auch der Pap. Paris. 66 (III. Jahrb. vor Chr.)
') Unter den TCatSsg sind hier wohl Sklaven zu verstehen. Dem gegenüber
hebe ich hervor, dass in der Charta Borgiana (s. unten) unter den Erdarbeitern
begegnet: Ilptüxäs SoöXog Kpov(a)vO{ lEpetoj. Freilieh i